blog.fohrn.com

Neuerungen zum Jahreswechsel bei der VAG

Jeder Jahreswechsel bringt Neuerungen mit sich. Auf die „globalen“ will ich an dieser Stelle gar nicht eingehen, aber da hier ja doch etliche Nürnberger bzw. Franken mitlesen, kommen hier ein paar Infos zu den wichtigsten Neuerungen der VAG:

  • Saufen verboten: Ab dem ersten Januar ist in allen Verkehrsmitteln, auf den U-Bahnhöfen und deren Verteilergeschossen der Alkoholkonsum per Hausordnung verboten. Das ist mal eine nette Neuerung – so richtig sympathisch waren mir die Betrunkenen, teils grölernden oder ob der Beschleunigung der Bahnen herzhaft Reihernden unter den Mitreisenden nie. Mal sehen, ob sich das Alkoholverbot auch positiv auf die Atmosphäre in den Wagen/Bussen auswirkt
  • Wegen Gleisbauarbeiten auf der Linie U1 muss man in Langwasser Mitte zwischen dem 3. bis 9. Januar auf einen Pendelzug auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig umsteigen. Dieser fährt bis Langwasser Süd. Sonderfahrpläne liegen in den U-Bahnzügen der Linie U1 aus
  • Guter Service: Am morgigen Silvestertag fahren die U-Bahnen bis 2.30 Uhr im Zehn-Minuten-Takt, danach bis etwa 4.30 Uhr im Viertelstundentakt und dann alle zwanzig Minuten
  • Und natürlich werden mal wieder die Fahrkarten teuerer. Eine Einzelfahrkarte um 10 Cent, das Tagesticket Solo um 20 Cent – auch MobiCards und Abonnementkarten kosten zukünftig mehr

Der Winterdienst in Nürnberg – eine Katastrophe und eine Frechheit gegenüber uns steuerzahlenden Bürgern!

Was wir derzeit in Nürnberg mit dem Winterdienst der Stadt, vergeben an den „Servicebetrieb Öffentlicher Raum“ (SÖR) mitzumachen haben, ist eine bodenlose Unverschämtheit. Der Winterdienst – systematisch kaputtgespart, während anderen Ortes unsere Stadtväter mit vollen Händen das Geld für Prestigeprojekte herauswerfen – funktioniert nicht mehr.

Bevor ich aber auf die katastrophale Situation in Nürnberg zu sprechen komme, muss ich doch einmal von der wirklich unfassbaren Chuzpe einiger Mitglieder des Deutschen Städtetages berichten: Im Infokanal B5 war zu hören, dass man dort ob der gestiegenen Kosten für den Winterdienst darüber nachdenke, den Winterdienst so drastisch zu reduzieren, dass sich die Autofahrer daran gewöhnen müssten, auf geschlossener Schneedecke zu fahren – wie in Skandinavien.

Was würden die Mitglieder des Städtetages wohl sagen, wenn ich ihnen zuriefe, dass sich dann die Kommunen daran gewöhnen müssten, dass wir ihnen für nicht erbrachte Leistungen auch keine Steuern mehr zahlen?

Meint diese selbstherrliche Kommunalpolitiker-Zusammenrottung, wir leben in einer Bananenrepublik?

Zurück nach Nürnberg: Dass der Winterdienst nicht so richtig funktioniert, mussten wir in den vergangenen Jahren bereits beobachten. Aber das eine halbe Stadt zum Stillstand kommt, weil der Winterdienst selbst seinen basalen Sicherungspflichten nicht mehr nachzukommen vermag, ist neu.

Bereits im Lauf des heutigen Tages kündigte sich neuer, heftiger Schneefall in Franken an, gegen 16 Uhr kroch dann auch der Verkehr im Nürnberger Stadtgebiet nur im Schneckentempo. Während es dem SÖR am Hauptbahnhof und Plärrer noch gelang, ausreichend zu räumen und salzen, glich das Vorwärtskommen in der Nordstadt einer einzigen Rutschpartie. Sofort auf der Fahrbahn festfrierender Schneeregen tat sein Übriges – es war spiegelglatt. Räumfahrzeuge? Fehlanzeige!

Der Winter in diesem Dezember hält einige Überraschungen bereit: Tauwetter und Schneefall und die daraus resultierende überfrierende Nässe wechseln in ungewohnt schneller Frequenz. Und damit finden wir mitnichten die vom Städtetag antizipierte Situation der geschlossenen Schneedecke vor sondern matschig-rutschige Straßen, Blitzeis, gefährliche Glätte. Ein funktionierender Winterdienst ist also umso dringender nötig – und doch nicht vorhanden.

Sind schon die Straßen schlecht befahrbar, so ist die Situation auf den Gehwegen für Fußgänger nicht mindergefährlich: Am Freitag, auf dem Weg von der Lorenzkirche zum Hauptmarkt – der Christkindlesmarkt, Stolz der Stadt und Touristenmagnet findet hier statt –  war gerade bei den Steigungen auf diesem Weg gefährliche Glätte zu beobachten, verursacht durch Matsch. Auch spiegelglatte Treppen zu den U-Bahnhöfen musste ich in dieser Woche beobachten. Schnell kann man so stürzen, sich einen Bruch zuziehen, der Stadt aber ist´s scheißegal.

Bereits Anfang Dezember ging in Nürnberg nichts mehr – Autos standen im Stau, der Nahverkehr brach stellenweise zusammen. Und auch heute fuhren auf manchen Linien der VAG keine Busse – wie auch, wenn der Pennerladen SÖR nicht räumt.

Warum aber klappt es mit dem Winterdienst so gar nicht mehr? Beim BR steht zu lesen:

Die Stadt Nürnberg hatte Mitte November beschlossen, beim Winterdienst zu kürzen. (…) Die Stadt Nürnberg hatte die Kürzungen mit den Erfahrungen während des strengen Winters im vergangenen Jahr begründet. Mitarbeiter und Geräte seien damals überlastet gewesen, zum Teil waren Überstunden aus dieser Zeit bis in den Herbst hinein abgebaut worden, andere Arbeiten mussten liegen bleiben. Außerdem sei in Nürnberg zum Teil „übermäßig viel“ gemacht worden, sagte Förther damals dem Bayerischen Rundfunk.

Ok, nun wissen wir bescheid: Es gibt einfach viel zu wenig Personal für den Winterdienst, wenn Überstunden bis in den Herbst hinein abgefeiert werden müssen. Wurde wegen der Erfahrungen mit dem letzten Winter mehr Personal eingestellt? Natürlich nicht. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der SÖR von den zu wenigen vorhandenen Mitarbeitern auch nicht alle ausrücken lässt – denn so viele Überstunden zu schieben geht ja mal gar nicht. Und dass im letzten Jahr in Nürnberg „zum Teil ‚übermäßig viel‘ gemacht“ worden wäre, war nicht feststellbar. Außerdem ist das kein Grund, in diesem Jahr quasi gar nix zu machen.

Ist die Personaldecke wirklich so dünn? Auf den Seiten des BR liest man:

460 Mitarbeiter waren in den vergangenen Tagen im Großeinsatz. Für eine Räumung der Straßen rund um die Uhr seien jedoch mindestens doppelt so viele Arbeiter nötig gewesen.

Ja, dann stellt diese Leute halt ein, verdammt noch eins! Für das Geld, dass diese nutzlose fahrerlose U-Bahn verschlungen hat, kann man viele, viele Winter exzellent räumen. Und im Bahnjahr der Frau Merkel vom Lokschuppen ins Verkehrsmuseum irgendwelche temporären Dachel bauen, dass ja kein Vogel ihr aufs hochwohlgeborene Haupt scheißen kann, muss auch nicht sein. Es ist ein unumstößlicher Fakt, dass in Nürnberg auf der einen Seite Geld verprasst wird (z.B. für den Delfinfriedhof die Delfinlagune), auf der anderen Seite aber Totalversagen bei der Sicherung von Straßen und Wegen an der Tagesordnung ist.

Danke, liebe Stadträte, dass ihr an eure Prestigepro- und objekte denkt und die Sicherheit der Bürger im winterlichen Straßenverkehr einfach ignoriert – sehr gut. Danke, dass ihr dem Steuerzahler unverholen den blanken Hintern zeigt. Gut zu wissen, dass es Euch lieber ist, Transferleistungen zu zahlen statt Leute in Lohn und Brot zu stellen. Bestens. Wir merken uns das und bei der nächsten Wahl wird dann abgerechnet.

Ende der TV-Analogabstrahlung via Satellit in 2012

Wer heute tatsächlich den Wunsch hat, noch analog fern zu sehen, der bekommt schön langsam Probleme: Nachdem die terrestrische Abstrahlung bereits in den letzten Jahren durch DVB-T ersetzt wurde, wird nun auch die analoge Signalverbreitung über den ASTRA-Satelliten am 30. April 2012 komplett eingestellt. Damit ist auch der in der Bundesrepublik meistgenutzte Fernsehsatellit bald ausschließlich digital.

Der Analogausstieg beim Fernsehen dürfte überwiegend Freunde haben: Zwar ist bei DVB-T die Bildqualität nicht so gut wie bei der analogen Übertrageng (ein terrestrisch analog übertragener Kanal frisst etwa eine Bandbreite von 9 MBits – diese Qualität, insbesondere bei schnellem Bewegtbild, sucht man bei DVB-T vergeblich), dafür lassen sich deutlich mehr Sender empfangen.

Seit dem Jahr 2000 empfängt man auch über ASTRA und Eutelsat einwandfrei digital – die letzten im Fachhandel aktiv vermarkteten Analogreceiver habe ich 2003/2004 gesehen, es handelte sich um Philips-Boxen in recht einfacher Ausführung. Das Digitalangebot über Satellit ist in den letzten zehn Jahren massiv gewachsen und einfache Digitalboxen kosten heute kaum mehr als seinerzeit die billigsten Analogmodelle. Und dennoch geht man davon aus, dass noch etwa 20 – 25% der Haushalte mit Satempfang ausschließlich analog versorgt werden (lt. InfoSAT).

Wer heute also noch willens ist, analog zu empfangen, der hat eigentlich nur eine Möglichkeit: Das Kabelfernsehen. Kabelfernsehen ist per se eine veraltete Technik, die erst einmal einen Haufen Nachteile mit sich bringt: Erst einmal verursacht es laufend Kosten, eine monatliche Gebühr ist an den Anbieter abzudrücken. Dann ist da das Problem mit der Bandbreite – die ist im Kabel erst einmal begrenzter, als über Sat und schließlich wollen sich die Kabelanbieter noch eine Mark dazuverdienen und bieten neben de, Programm auch Internte/VoIP über den Draht an. Das bedeutet für die drahtgebundenen Digitalkunden in erster Linie erst einmal den Empfang von im Vergleich zum Sat-Direktempfang deutlich datenreduzierten Programmen. Und etliche davon kosten extra.

Derzeit ist via Kabel noch ein relativ gutes Programmangebot empfangbar – aber wie wird das in Zukunft aussehen?

Interessant wird es nämlich nach der Analogabschaltung via Sat auch im Kabel. Bislang wurde das analoge Satellitensignal einfach aufs Kabel umgehoben (besonders bei Gewitter konnte man das gut sehen – da schwammen erst die „Fische“ durchs Bild und wenn dann das Signal zusammenbrach, wurde auf ein Testbild geswitched). Ab 2012 muss nun in den Kopfstationen das digitale Satellitensignal analog auf die Anlage umgesetzt werden – die Kabelnetzbetreiber sind also gezwungen, ihre Kopfstationen umzurüsten, um eine sterbende Technik verfügbar zu halten. Ob sich das rentiert? Ob sie das vollumfänglich machen?

Die Lösung: Jetzt schon in die Zukunft investieren: Weg vom Kabel.

Wer jetzt schon darüber nachdenkt, wie er in einem guten Jahr zu seinem Programm kommt, dem darf geraten werden, jetzt schon vorzusorgen und sich vom Kabel sukzessive zu verabschieden: Wer seine Verträge mit dem Kabelversorger frühzeitig kündigt, hat die Chance, sich „autark“ und kostengünstig mit Fernsehprogrammen zu versorgen. Zwei Möglichkeiten möchte ich hier kurz vorstellen:

DVB-T …

… bedeutet nichts anderes, als sich das TV-Programm „aus der Luft“ zu holen. In Städten wird hierzu neben einer Empfängerbox eine Antenne gebraucht – oft genügt hier schon eine einfache Zimmerantenne. Der Receiver kostet um die 50 Euro, je nach Antenne muss mit Anschaffungskosten zwischen 10 und 35 Euro gerechnet werden. Bereits nach etwa einem Jahr hat sich die Investition amortisiert, dann spart man im Vergleich zum Kabelfernsehen bares Geld.

Die Programmauswahl ist nicht so üppig wie im Kabel, die wichtigsten Sender aber sind zu sehen. Mehrkosten entstehen keine.

Satelliten-Direktempfang …

… ist die Technik der Wahl. Die Programmauswahl lässt das Kabelfernsehen im besten Wortsinne „alt“ aussehen, die Bild- und Tonqualität ist um Welten besser. Auch hier gilt: Eine einmalige Investition ist zu tätigen – laufende Kosten entstehen nicht. Allerdings ist ein gewisser Aufwand für die Installation einzurechnen: Der Sat-Spiegel sollte außerhalb des Gebäudes angebracht werden („versteckte“ Lösungen oder das Betreiben einer Satantenne unter Glasziegeln führt nur selten zum gewünschten Erfolg und bedeutet zusätzlichen Aufwand), die Installation muss Windlasten verkraften und anständig verkabelt werden. Oft ist es sinnvoll, diese Arbeiten durch einen Fachbetrieb durchführen zu lassen. So kann eine Anlage für mehrere Teilnehmer gerne einmal 1000 Euro kosten. Einfache Einteilnehmeranlagen mit Spiegel und Receiver gibt es ab 100 Euro, das noch fehlende Montagematerial ist sehr günstig, die Montage muss dann aber selbst durchgeführt werden.

Eine solche Satanlage amortisiert sich nicht so schnell – aber sie ist wesentlich flexibler als der Kabelanschluss, bringt eine deutlich bessere Programmauswahl und ein hervorragendes Bild.

Wer im Mietverhältnis mit Kabel versorgt ist, sollte auf den Vermieter einwirken, sich vom Kabel zu verabschieden oder bei Umzug darauf achten, dass Satellitenempfang gegeben ist.

Warum kein Kabel?

Über Jahre hieng ich am Kabel, jetzt bin ich wieder im Genuss von Satempfang. Mit dem Kabelanaschluss…

  • sind laufende monatliche Kosten verbunden
  • die Bildqualität ist immer wieder schwankend und oft unbefriedigend
  • nicht alle Programme sind empfangbar
  • man ist davon abhängig, welche Programme eingespeist werden
  • digitale Zusatzprogramme werden oft extra abgerechnet

Obwohl die Programmauswahl bei DVB-T geringer ist, kann auch dies Vorteile haben:

  • moderne TV-Geräte verfügen meist über einen eingebauten DVB-T-Tuner
  • ältere lassen sich mit einem Receiver in der Regel sehr kostengünstig nachrüsten
  • sehr niedrige Anschaffungskosten
  • kaum oder kein Installationsaufwand
  • amortisiert sich gegen laufende Kabelkosten in der Regel sehr schnell

Es ist jetzt eine gute Zeit, um sich – sofern möglich – vom Kabelfernsehen zu trennen. Das Kabelnetz, in den frühen 1980er Jahren einstmals sehr modern – ist in die Jahre gekommen. Digitaltechnik wurde ihm immer wieder „angeflanscht“, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein – das rechtfertigt aber nicht die laufenden Kosten.

Gerne binden einen die Kabelanbieter in langen Verträgen. Daher scheint es sinnvoll, sich jetzt von dieser überholten Technik zu trennen, sofern man die Gelegenheit dazu hat.

Wer derzeit sein TV-Programm analog via Sat empfängt, der kann mit geringem Aufwand auf digitalem Empfang upgraden: Meist reicht ein Tausch des analogen Receivers durch einen digitalen. Das kann man selbst tun. Sollte das wider Erwarten nicht funktionieren, weil die Empfangseinheit am Satspiegel zu alt ist (die alten low noise converter, LNC sind hier gerne kritisch), ist auch dieser zu tauschen. Das Tauschteil, ein digitaltaugliches LNB ist günstig nachzukaufen – an der Verkabelung ändert sich in den allerseltensten Fällen etwas. Ein neuer Receiver kostet, je nach Funktionsumfang zwischen 30 und 300 Euro (letztere sind aber Spitzenmodelle mit Festplatte), ein digitaltaugliches Single-LNB für einen Empfänger bekommt man um etwa 30 Euro, Mehrteilnehmer-LNBs für etwa 100 Euro. Beim Umstieg kann man zuerst einmal versuchen, ob ein Digitalreceiver an der vorhandenen Installation funktioniert (gilt nicht für Einkabelanlagen! Hier braucht man einen Receiver, der diese Funktion beherrscht), sollte dies nicht der Fall sein, tauscht der Fachmann das LNC gegen ein modernes LNB. Der Receiver kann behalten und dann genutzt werden.

Kommt mit DAB+ nun die Rettung des Digitalradios?

Die Frage stellen sich Interessierte, Kritiker wie Verfechter des Digitalradios schon länger: Was wird aus DAB? Wird der Nachfolgestandard DAB+ das Projekt digitales terrestrisches Radio in Deutschland retten können oder findet dieser Standard nicht in die Luft und wird das etwas angestaubte DAB dann in näherer Zukunft mangels Wirtschaftlichkeit eingestellt?

Heute flimmert eine Meldung über den Heise-Ticker, die den Freunden des terrestrischen Digitalradios Hoffnung machen dürfte: Die MediaBroadcasst GmbH, die Betreiberin des DAB-Netzes fand mit fünf privatrechlich organisierten Hörfunkanbietern nun die erforderlichen Mitstreiter und teilte dies heute dem Intendanten des DLF (die drei Programme des DLF Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen werden über DAB verbreitet bzw. DRadio Wissen soll zukünftig über DAB+ zusätzlich verbreitet werden) mit. Damit ist ein wesentliches Erfordernis der KEF erfüllt: Diese wollte – kurz gesagt – DAB+ nicht zu einem rein öffentlich-rechtlichen Projekt machen und hat sich ausbedungen, dass auch die Privaten mitzusenden und mitzuzahlen haben. Mission accomplished!

Heise merkt an, dass DLF und DKultur weiterhin im „alten“ DAB-Format verbreitet werden, lediglich DRadio Wissen soll von den Öffis in MPEG4 senden. Bei DXaktuell kennt man auch schon die Sender des neuen deutschlandweiten Bouquets: Lounge FM (A), Evangeliumsrundfunk, Radio Rauschgold (was auch immer das ist, die wollen AOR machen und sind durch die BLM lizenziert), litera (wie Rauschgold mir ebenfalls gänzlich unbekannt), das Leipziger Webradio 90elf, RemiX Radio (?) und Energy Hamburg.

Ich persönlich freue mich, dass es für DAB weitergeht. Leider bedeutet DAB+ auch für alle, die jetzt ein DAB-Radio haben, dass sie sich i.d.R. einen neuen Empfänger kaufen müssen. Diesen Schritt werde ich definitiv nicht so schnell mitmachen, da ich ja gerade erst eine neue DVB-S-Box gekauft habe und nicht schon wieder Geld für noch ein Radio ausgeben will. Jedem, der jetzt über die Anschaffung eines Digitalradios nachdenkt, mag ich außerdem dringend raten, das Gerät noch nicht dieses Weihnachten unter den Baum zu legen – wir wollen erst einmal sehen, wie schnell das DAB-Netz umgerüstet wird. Laut Heise-Meldung soll das ja schon nächstes Jahr stattfinden (was mir derzeit schwerfällt zu glauben, außerdem ist damit noch nicht gesagt, wie lange es dauert).

Und das neue „Deutschland-Bouquet“? Na, ich weiß ja nicht… Dass ich mir Energy Hamburg reinziehen werde, bezweifle ich eher, Lounge FM und RemiX Radio klingen zumindest hinreichend interessant und was „litera“ bieten wird, zeigt dann die Zeit.

Dass aber die Anforderungen der KEF nach Fristverlängerung taggenau erfüllt wurden, ist schon ein positives Signal.

Menschen 2010 im ZDF: Gottschalk holt sich die Absolution.

Ich hatte nicht vor, über den Unfall bei „Wetten dass“ zu schreiben und ich habe es mir bislang auch tunlichst verkniffen. Dass dieser Unfall geschehen ist, kann man meines Erachtens niemandem anlasten – Samuel K. wäre bei dieser Wette nicht angetreten, wenn er nicht überzeugt gewesen wäre, sie gewinnen zu können. Samuels Vater hätte das Auto, das in den Unfall verwickelt war, nicht gefahren, wenn er seinem Sohn nicht vertraut hätte. Und das ZDF? Das Redaktionsteam hätte die Wette wohl nicht zugelassen, wenn man davon hätte ausgehen müssen, dass der Wettkandidat sich in große Gefahr begibt – wohl selbst dann nicht, wenn dem ZDF die Wette ursprünglich zu trivial war. Es ist schiefgegangen. Leider. Das hätte niemand erwartet. Ich denke, dass der Unfall als normales Risiko einer Extremsportart bezeichnet werden darf – niemand wollte ihn, er ereignete sich trotzdem.

Mich nimmt Wunder, dass man in der Öffentlichkeit – besonders bei den Privatsendern – die Schuldfrage stellte. Sie kann nur unbeantwortet bleiben. Es ist für mich nicht vorstellbar, dass man den Unfall Samuels billigend in Kauf genommen hat.

Auch der Abbruch der „Wetten dass“-Sendung war folgerichtig. Gottschalk machte, als er den Abbruch der Sendung mitteilte, auf mich zwar einen überraschend gefassten, ja fast abgeklärten Eindruck – aber dafür ist der Mann Moderations- und Medienprofi.

Ich habe nichts darüber geschrieben, weil ich mich nicht an der Debatte um Schuld oder Unschuld beteiligen wollte – ich bin nach wie vor der Meinung, dass man für den schlimmen Unfall keinen Schuldigen benennen kann. Es ist passiert – allein das ist schlimm genug.

Auch hat mich der Umstand, dass der Vater Samuels den in den Unfall verwickelten Wagen lenkte, sehr berührt. Man kann die Schuldgefühle, die diesen Mann plagen müssen, wohl kaum ermessen. Hierzu bedarf es keiner weiteren Worte.

Warum schreibe ich dann über die Sache? Heute, beim Abendessen lief der Fernseher – und gleich nach der Tagesschau entschied ich, dass mir nicht der Sinn nach dem Tatort steht. Und so blieb ich bei der ZDF-Sendung „Menschen 2010“ hängen – Gottschalk führte ein Interview mit Samuels Vater. Ich bin – einige Stunden nach diesem Interview – immer noch irritiert über dieses Interview.

Gottschalk sagt schon zu Beginn der Sendung, bei der Anmoderation des vorab aufgezeichneten Interviews mit Samuels Vater, dass er es war, der fragte, ob er denn zu einem solchen Interview schon bereit wäre. Dann folgt das Interview – Gottschalk sitzt die Fragen stellend in einem Sessel, der Vater spricht von einer Videoleinwand. Allein dieses Setting verstört mich. Warum, so frage ich mich, wird hier eine technische Distanz über die Videoleinwand geschaffen? Wäre es nicht möglich gewesen, dieses Gespräch „auf Augenhöhe“ aufzuzeichen? Wenn dieses Interview überhaupt sein muss, warum dann dieses ungünstige Setting? Was signalisiert das dem Vater, was dem Zuschauer?

Es ist traurig, den Vater zu sehen. Er spricht gedämpft, atmet schwer, schließt immer wieder die Augen. Man merkt deutlich, wie viel Kraft es ihn kostet, dieses Interview zu geben. Das Interview selbst ist kurz, es ist augenscheinlich gut vorbereitet. Es wurde aufgezeichnet – das bedeutet für den Interviewten in aller Regel einen reduzierten Druck, denn Fehler werden geschnitten. Aber: Der Vater Samuels scheint alle Kraft aufzuwenden, um dieses Interview zu geben.

Ich möchte anmerken, dass ich es mir an Stelle des ZDF verkniffen hätte, Samuels Vater zu interviewen und dies zu senden – selbst dann, wenn der Vater proaktiv darum gebeten hätte. Man weiß, dass solche Interviews für Angehörige immer eine große emotionale Belastung darstellen. Guter, seriöser Journalismus verzichtet darauf, Angehörige kurz nach einem in welcher Art auch immer erlittenen Schicksalsschlag zu exponieren. Dies geschieht zum Schutz und zu Entlastung der Angehörigen. Das ZDF verzichtet auf diesen Schutz und wenn man Gottschalk genau zuhört, so lässt sich erkennen, dass das Interview im Interesse des ZDF liegt.

Im Privatfernsehen gelten andere Regeln. Hier werden Angehörige sehr gerne kurz nach dem Schicksalsschlag interviewt und Szenen ausgewertet, die sie am Rande der Erschöpfung, der Artikulationsfähigkeit zeigen, weinend, mit schmerzverzerrtem Gesicht. Gern wird der Bildbeitrag so gestaltet, dass diese Interviewausschnitte das erlittene Leid testieren. Diesen schlechten Stil pflegt das ZDF mit dem Interview nicht – aber es wird ein Interview geführt. Warum?

Ich habe den Eindruck, dass sich Gottschalk mit diesem Interview eine Art Absolution erteilen lässt: Das Testat kommt – wie bei den Privaten auch – von einem Angehörigen, dem Vater. Es wirkt zwar subtiler, in der Sache ist es aber ähnlich.

Über Hoffnung auf Genesung spricht der Vater, er sagt, was ihn hält, betont seine Verwurzelung im christlichen Glauben, dankt für erwiesene Anteilnahme, für Nähe, dass die Familie nun nicht allein ist. Manches mag man beruhigend aufnehmen.

Doch das Setzen positiver Signale gelingt nicht immer.

An einem Punkt wird dies besonders deutlich: Gottschalk fragt Herrn K.: „Wie kann es für Sie weitergehen?“, dieser antwortet: „Also im Moment planen wir von Halbtag zu Halbtag, von Tag zu Tag.“

Warum diese Frage zu einem Zeitpunkt, an dem zwar Hoffnung auf Genesung für Samuel besteht, von dieser aber nicht ausgegangen werden kann? Warum überhaupt eine Frage nach der Zukunft an einen Menschen, der im Hier und Jetzt Belastungen ausgesetzt ist, die man niemandem wünscht?

Gottschalk versucht, auch das erscheint mir unpassend, der Situation etwas positives abzugewinnen. Er tut dies mit aller gebotener Vorsicht, das halte ich im zu Gute. Das öffentliche Interesse sei nicht Neugier sondern Anteilnahme, sagt er. Woher nimmt er diese Sicherheit?

Und da bohrt diese eine Frage schon wieder: Warum dieses Interview? Gottschalk liefert eine mögliche Begründung: „Das war ja auch bei der Öffentlichkeit oft so, das Interesse erlahmt und es gibt andere Schlagzeilen. Mein persönliches Interesse wird auf jeden Fall bei Euch bleiben, bei seiner Seite bleiben und wir lassen Euch da nicht alleine“*.

Es mag sehr einfühlend wirken, sich „der Sache anzunehmen“, bevor das „öffentliche Interesse“ verloren geht – aber ist es das wirklich? Auch auf die Gefahr hin, dass besagtes Interesse mit der Zeit verschwindet, halte ich es für besser, sich lieber dem möglichen Vorwurf stellen zu müssen, man hätte zugewartet, bis die Sache vergessen wäre als ein kraftzehrendes Interview mit einem Angehörigen zu führen.

Irgendwie riecht die Sache nach PR: In den Nachrichten aller öffentlich-rechtlichen Hörfunksender wurde auf den Gesundheitszustand Samuels ausführlich und tagesaktuell eingegangen. Jeder, der sich dafür interessiert, ist informiert. Warum dann das Interview? Warum wird es auch verschriftlicht vorab der Presse zugeleitet – verbunden mit dem Hinweis an die Journalistenkollegen, eine Sperrfrist bis zur Ausstrahlung einzuhalten?**

In Anbetracht der Tatsache, dass das ZDF sich in der letzten Woche massiver Kritik von vielen Seiten ausgesetzt sah, dass Gottschalk um seinen Ruf und seine Zukunft als Moderator fürchten musste, dass von vielen Seiten die letzte große Samstagabendshow, „Wetten dass“ zur Disposition gestellt wurde, eine der letzten verbliebenen Quotenbringer des ZDF, wirkt das Interview wie ein recht plumper Versuch, sich die Absolution vor dem Fernsehpublikum zu holen.

Das ist an sich schon keine schöne Sache – aber hätte es dazu wirklich noch des Vaters des verunglückten jungen Mannes bedurft?

Es ist – das gibt der Sache eine besondere Note – auch auffällig, dass Gottschalk bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Unschuld und die Unschuld des ZDF beteuert.

Qui s’excuse, s’accuse.

———————

* diese Stelle wird in der Vorabnachricht an die Presse – einer Transkription – nur verkürzt wiedergegeben. Mache sich jeder selbst seinen Reim darauf.

** da hat sich das ZDF verhauen – diese Pressenachricht ist in PR-Portalen zu finden und wurde bereits vor der Ausstrahlung via Twitter verbreitet – jeder, auch Nicht-Journalisten, der das lesen wollte, konnte das vorab lesen. Viele (den Tweets zufolge) haben das auch getan.

Das Interview kann auf YouTube angesehen werden.

changecamp – call for papers

Am 28. Januar 2011 findet – organisiert von der GRUNDIG AKADEMIE – in Nürnberg das erste changecamp nach Vorbild der barcamps organisiert – also eine für jedermann offene, kostenlose ad-hoc-Nicht-Konferenz zum Thema Veränderungsprozesse im Unternehmen im weitesten Sinne.

Es ist die erste bundesweit stattfindende Konferenz dieser Art und heute ging per Mail der call for papers raus. Grund genug, dass ich Euch an dieser Stelle auch noch einmal darauf hinweise:

  • kommt zum changecamp – wer sich vorab anmelden möchte, kann das bei Tommy Brünnhäußer tun (Telefon +49 911 40905-551)
  • es gibt fünf Räume und so können sinnvoll in Summe etwa dreißig sessions gehalten werden. Wer eine session zum Thema Veränderungsprozesse halten will (Dauer ca. eine halbe Stunde), der trete ebenfalls mit Tommy in Kontakt. Das ist jetzt zwar klein klassischer cfp, aber wenn jemand ein paper einreichen will, ist die Freude groß (und wir nehmen Euch auch gerne die Kopierarbeit ab!)

Also schon mal das changecamp im Terminkalender vormerken und fleißig papers einreichen! Ich begleite das camp mit dem Mikro und mache dann einen schönen Podcast draus. Wer diesbezüglich Anregungen oder Wünsche hat, darf sich gerne an mich wenden.

Social Media Berater. Keine Satire.

Oh wie habe ich den ganzen, sich immer wiederholenden Zirkus gefressen! Ich hätte gerne ein T-Shirt auf dem steht: „Du bist selbstständig? Du bietest Webdesign, ein Lektorat, bist Social Media Beater, Onlinejournalist, Texter, Eventplaner, twozero-Coach und Twitter-Trainer, Headhunter und Trendscout in Personalunion? Verpiss Dich!“ Leider ist dieser Riemen nicht sinnvoll auf einer T-Shirtseite unterzukriegen. Analoge Informatiosträger sind sooo 90s, würdest Du mit vorwurfsvollem Anklang in der Stimme sagen.

Ich lade Dich ein – zum Meeting. Meeten kann man sich mit Dir aber nicht, denn Du kommst notorisch zu spät. Du willst auch nicht meeten, Du willst brainstormen. Das erste Treffen ist kostenlos, denn Du möchtest mich nicht ausnehmen – im Gegenteil – Du verkaufst mir nur, was ich auch wirklich brauche. Und unser erstes Treffen ist natürlich kostenlos – Du magst ja kein namedropping – Du willst mich von den Qualitäten Deiner ganzheitlichen und umfaassenden Dienstleistungen überzeugen. In Wahrheit hast Du aber einfach keine Referenzen, die über Lin-Congs Naildesign und stutentrockenmilchpulverdirektversand24.biz hinausreichen.

Im Wesentlichen reitest Du ein Pferd, das habe ich mittlerweile mitbekommen: Content is king! Dieses Credo wiederholst Du gebetsmühlenartig. Und weil der contennt king ist, muss er auf allen verfügbaren channels verbreitet werden, laberst Du. Vor zwei Jahren hattest Du einen einfachen Job, Du erstelltest Deinen Beratungsopfern Twitter-Accounts. Heute überzeugst Du Deine Opfer von facebook. Denn: Nur auf facebook erreichen Sie mit wenigen Klicks fünfhundert Millionen potenzielle Kunden! Wie meinen?

Ich schaue Dich zweifelnd an. Du schaust mich an.

Obwohl man lange laufen muss, um an einen so sozial inkompetenten Menschen wie Dich zu geraten, hast Du einen lichten Moment. Du merkst, dass ich beginne, Dir nicht zu glauben. Schnell legst Du nach: Haben Sie keine Angst vor social network und social media. Das ist nur die typische the german angst. Das vergeht. Ich ringe nach Luft und vergesse dabei ganz, dass ich Dir gerne aufs Maul hauen würde.

Du legst nach: Heute kann es sich niemand – ja, ich sages es laut und deutlich! Niemand! – mehr leisten, vor social network Angst zu haben. Wer Angst vor social network hat, hat Angst vor seinen Kunden! In Deinen Brustton der Überzeugung mischt sich ein leises Tremolo der Unsicherheit, als Du versucht, Deine nun zwingend folgen müssende rhetorische Frage zu platzieren: Sie haben doch keine Anst vor Ihren Kunden, ein Mann wie Sie doch nicht?

Du kumpelst mich an – ich muss mich zusammennehmen, um nicht zu kotzen. Ich schlucke mit Mühe einen Anflug erster Brocken hinunter und beschließe, erst dann dem Deiner Erscheinung geschuldeten Reflux nachzugeben, wenn Du wieder bei der Verwendung des Wortes social network alle Regeln der deutschen, denglischen oder englischen Grammatik brichst. Du enttäuschst mich nicht – nach zwei Sätzen ist es soweit. Dein Glück, dass Kaffee in solchen Momenten ein guter Antagonist gegen geschwafelinduzierten Brechreiz ist – ich hätte Dich sonst glatt vollgegöbelt.

Du bist einer der Typen, von denen man sich fernhalten sollte. Nach dem Abitur, dass Du nur knapp bestanden hast, war Dir langweilig. Der Zivi war Dir zu stressig – auf „psychische Belastungen“ hast Du Dich krankschreiben lassen – nach drei Monaten. Nicht dass Du krank gewesen wärest, wirklich nicht. Dann hast Du den Rest der Zivizeit daheim gegammelt. Weil Dir langweilig war, bist Du mit Deinem Windows-98-PC ins Internet – um das Jahr 1999 oder 2000 dürfte das gewesen sein. Es war eine tolle und wilde Zeit – die Zeit des big business, die Zeit der new economy. Kim Schmitz und seine Firma kimvestor haben es Dir besonders angetan in diesen Tagen – er war für Dich ein Held. Du hattest erkannt, dass hinter seiner business strategy nicht viel steckt, doch Du warst voller Bewunderung: Mit etwas Bauernschläue und einem Produkt, dass man noch gar nicht hat, so viel Geld verdienen, dass man irgendwann in der Lage ist, das Produkt nachzureichen, wenn einem danach ist. Und dann diese viele publicity. Toll! Dies war der Zeitpunkt, an dem Du beschlossen hast, Entrepreneur zu werden. Ein erster Schritt dazu: Frank Wenniger (Name vom Admin geändert) liest sich nicht gut, so dachtest Du – und fortan zeichnetest Du nur noch als kein Geringerer als Frank P. Wenniger (dass Dir Dein verhasster zweiter Vorname Peter, den Dir deine Eltern als Reminiszenz an den gleichheißenden und viel zu früh dahingeschiedenen Onkel Peter gegeben haben, noch einmal nützlich werden könnte, hättest Du selbst nicht geglaubt).

Und nun sitzt Du vor mir in Deiner etwas zu billigen Jeans im used-look. Dein Hemd ist nicht gebügelt, Du bügelst Deine Hemden nie, denn das ist Dein statement. Deine Krawatte – im Retro-Design einer 1970er Space-Age-Tapete – hängt nachlässig gebunden traurig von Deinem Kragen, dessen Knopf Du um nichts in der Welt schließen würdest. Dass nachlässig nicht mit lässig (einem Deiner Lieblingsworte, wenn Du wieder zu kumpeln versuchst) gleichzusetzen ist, versuche ich erst gar nicht, Dir zu erklären. Du trägst diese dicke schwarze Nerd-Brille. Sie ist zu ausladend für Dein schmales, weißes Gesicht, sie steht Dir nicht. Vor einigen Jahren sah ich Dich schon einmal, da hattest Du so ein randloses Modell, wie es damals modern gewesen sein mag. Es stand Dir auch nicht richtig – aber immerhin besser als der viel zu große Nerdbalken, der Dir nun ständig von der Nase rutschen will. Trendy.

Hören Sie mir überhaupt zu? Du quietschst zu laut. Und zu schrill.

„Selbstverständlich!“ lüge ich, „Wenn Die Gedanken fließen, soll man nicht unterbrechen. Fahren Sie fort.“

Nachdem Du die Zeit des Zivis also daheim abgegammelt hattest, wurde es Dir dort zu eng – schließlich pflegte Deine Mutter, Dich regelmäßig um 9 Uhr 30 zu wecken. Und so reifte der Entschluss, in einer fremden Stadt zu studieren. So kamst Du bequem und ohne große Diskussionen von zuhause weg. Ja, Informatik hättest Du gerne studiert – Hacker wärest Du gerne geworden, so wie Kimble – aber selbst die kleine Uni in der niedersächsischen Provinz hatte einen so hohen numerus clausus, dass Du wohl bis an Dein Lebensende Wartsemester hättest abchillen müssen. Du wolltest aber weg von daheim. Und so wurde es dann das Studienfach Wirtschaftsinformatik – ohne NC – und ein bisschen business machen und ein bisschen hacken, was sollte daran schon so schwer sein? Um es abzukürzen: Nach dem zweiten Semester war Schluss, denn wer zu allen Prüfungen antritt, ohne irgendetwas gelernt zu haben und wer dann folgerichtig durch alle diese Prüfungen rasselt, ist draußen aus der Nummer. Du versuchtest, auf Kommunikatioswissenschaft umzusatteln. Und weil Dir ein hübsches Mädchen, das ein Buch mit dem Titel „Zeitungswissenschaften“ mit in die Mensa genommen hatte, auffiel, wurde es im Zweitfach Publizistik. Nach weiteren zwei Semestern (und ohne Zeitungswissenschaften-Mädchen) war dannn auch dieser Exkurs beendet.

Dann unternahmst Du einen weiteren Exkurs – schließlich musste Geld her. In der Fußgängerzone sprach dich ein Typ an, der sehr lässig war. Gut gekleidet, mit Anzug – aber stylishen Sneakers und natürlich Sonnenbrille. Der quatsche Dich an – einfach so! Sehr gute und für den Kunden lukrative Vermögensprodukte solltest Du verkaufen. Deine Beratung kostet den Kunden nichts – Du würdest ein „seriöser“ Berater werden. Ob Deine Beratung den Kunden wirklich nichts koste?, fragtest Du. Wie Du denn dann Geld verdienen würdest? Der smarte Typ erkläre Dir, dass Du Deine Kunden nur um eine kleine Gefälligkeit bitten müsstest: Jeder, der von Dir beraten werde, müsse Dir nur drei weitere Personen nennen, die ebenfalls von Dir beraten werden wollen. Und so hättest Du laufend Kunden. Ganz ohne Akquise. Und super Finanzprodukte, von denen jeder, aber auch wirkolich jeder nur profitieren könne. Und wenn Du das schaffen würdest, dann würde Dir ein super Festgehalt und eine satte Provision winken. Saugeil dachtest Du, weil Du ein Depp bist.

Du wähltest Dir die Finger wund. Freunde hast Du angerufen und „Freunde“, zu denen Du seit dem Verlassen der Grundschule keinen Kontakt mehr hattest. Und weil das business nicht so richtig rocken wollte, telefoniertest Du auch die Verwandschaft bis zum fünften oder sechsten Grad ab. Das Ding mit dem Schneeballsystem landete schnell vor Gericht. Es wurde nur deshalb eine Bewährungsstrafe, weil Du auf der Anklagebank wie ein geprügelter Hund gewinselt hast.

Du hast gechillt. Dein Bewährungshelfer sagte Dir, dass Du Dich nach einem Job umsehen sollst. Zum Semelverkaufen in der Bäckerei hattest Du zwar nicht wirklich Bock, denn Semmeln rulen nicht – aber vierhundert Euro waren Dir sicher.

Heute – wenn Deine Auftragslage mal wieder dünn ist, Du nicht gebucht bist, würdest Du gerne wieder Semmeln verkaufen. Dann wärest Du nicht so pleite und müsstest nicht den Rest des Monats Tütensuppen und Spirelli mit Marmelade oder Senf (je nachdem, was der Kühlschrank noch so hergibt) essen. Doch das geht ja genau gar nicht, denn wenn Dich Deine Kunden sehen würden, wie Du ihnen ein Stück Schwarzwälder auf einem Pappteller in dünnes Papier einschlagen würdest – Deine credibility und reptation als Scocil Media Berater wäre auf level zero. Aber diese vierhundert Steine – das wäre die Leasingrate für Deinen Einser BMW und ein Teil der Monatsrate für den New MINI, der mal Dir hätte gehören sollen, den Dir die Bank schon längst wieder abgeknöpft hat. Und wenn Du jetzt bei mir keinen fetten Auftrag, kein Geld klarmachst, sperrt Dir die Telekom bald Dein iPhone. Dann kommst Du gar nicht mehr ins Internet. Fuck.

Follower, friends und Fans sind Ihre earnings von tomorrow – und damit machen wir bald weiter – damit Ihre business excellence untoppbar wird.

Ich werde von diesem Satz, der an Schwachsinnigkeit untoppbar ist, unsanft ins Hier und Jetzt katapulitert – in den Konferenzraum an den hübschen Eichentisch, auf dem Du Idiot massig Papier ausgestreut hast. Der letzte Tropfen Kaffe in meiner Tasse ist längst eingetrocknet.

Wann komme ich wieder? fragst Du mich. „Nach Deiner Reinkarnation, vermutlich.“ antworte ich. Du hast noch nicht einmal das verstanden und flötest: Also dann komme ich nächsten Mittwoch wieder um fünfzehn Uhr dreißig. Ich werfe Dich raus, Du guckst dabei sogar noch ungläubig. Du bist Social Media Berater.

Vorsicht: Die „Abzocke“ der N-ERGIE

Über die N-ERGIE habe ich hier ja leider schon mehrfach berichten müssen, doch was sich diese Firma (vergesst bitte nicht: Der Mehrheitseigner an der N-ERGIE sind die Städtischen Werke Nürnberg, zu denen unter anderem auch die VAG und die wbg gehören) derzeit erlaubt, schlägt dem Fass den Boden aus – ja ich denke, es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn ich hier von einem ausgewachsenen Skandal spreche.

Zur Ausgangssituation muss ich ein paar Dinge vorausschicken: Unser Haushalt ist seit fünf Jahren Kunde der N-ERGIE (leider). Wir haben einen mittleren Energieverbrauch: Unser Zweipersonenhaushalt ist gute 100 Quadratmeter groß, im letzten Jahr haben wir knappe 4000 Kilowattstunden Strom verbraucht – nichts ungewöhnliches also. Auf Zuraten der N-ERGIE haben wir also das Tarifmodell „Strom SMART“ gewählt –  ein Tarif, bei dem man derzeit bei einem Verbrauch von bis zu 6000kWh/Jahr einen Strombruttopreis von 20,04 Cent* pro Kilowattstunde bezahlt – ab 6000kWh/Jahr wird es ein bisschen billiger. Das geht an und für sich auch in Ordnung so.

Heute aber finde ich einen Brief im Kasten, Absender ist die N-ERGIE und sie macht mir ein Angebot:

Ihr Strompreis ändert sich – neuer Preis STROM SMART (alt) – Angebot verbesserter STROM SMART

Das ist in fettgedruckten Lettern zu lesen. Bin ich nun naiv, wenn ich dann ein besseres (das ist für mich dann synonym mit billigeres) Angebot erwarte? Scheinbar, denn für den Privatkunden verbesssert sich genau gar nichts.

Im Verlauf des Schreibens beweihräuchert sich die N-ERGIE erst einmal selbst – den Preis habe man zu Beginn des laufenden Jahres gesenkt (stimmt – ich habe das in den alten Korrespondenzen nachgesehen, der Strompreis wurde marginal gesenkt), man habe den Preis zudem stabil gehalten. Dann folgt ein Riemen über Steuern und das Erneuerbare-Energien-Gesetz – nichts von Interesse…

Und dann?

Dann muss ich da lesen:

Günstiger mit neuem Vertrag: STROM SMART am 1. Januar 2011

Ebenfalls zum 1. Januar haben wir das Produkt STROM SMART weiter verbessert: Sie können damit zukünftig mehr sparen, nämlich durchgehend 2 Cent pro Kilowattstunde gegenüber dem Grundversorgungstarif STROM STANDARD.

Das klingt richtig gut, ist aber in Wirklichkeit ziemlich scheiße: Ich habe mit meinen knappen 4000 Kilowattstunden Verbrauch pro Jahr ja nicht den Tarif STANDARD – da wäre ich ja doof. Ich habe den alten SMART. Der kostet bislang: 20,04 Cent pro kWh. Der neue Kilowattstundenpreis bei meiner Verbrauchsmenge beträgt nach dem neuen Tarif: 21,16 Cent. Das bedeutet: Im Tarif STROM SMART (neu) kostet mich die Kilowattstunde 1,12 Cent mehr – eine Preiserhöhung also. Was an diesem Tarif verbessert sein soll, ist mir unklar. Im Gegenteil: Ich fühle mich von der N-ERGIE verarscht!

Der „verbesserte“ Tarif bringt mir folgenden Vorteil: Bei einem Jahresverbrauch von 4000 kWh habe ich die Ehre, der N-ERGIE 44,80 Euro mehr überweisen zu dürfen. Herzlichen Dank für diesen unschätzbaren Vorteil, ihr Pisser.

Dazu muss noch eines gesagt werden: Der neue Grundpreis (ab 1. Januar 2011) beträgt (wieder bei 4000 kWh/Jahr) brutto 7,12 Euro, bislang beträgt der Grundpreis 6,55 Euro pro Monat. Dass ich über den Grundpreis nochmal 6,84 Euro pro Jahr mehr bezahlen muss, ist im obigen Mehrpreis noch gar nicht eingerechnet.

Insgesamt würde ich also 51,64 Euro pro Jahr mehr für die identische Leistung bzw. Strommenge beziehen. Weiter schreibt die N-ERGIE:

Wir bieten Ihnen den Wechsel zum verbesserten STROM SMART an, da sie damit auf jeden Fall gegenüber ihrem bisherigen STROM SMART sparen. Die neuen Verträge werden ausschließlich auf Grundlage des beiliegenden Vertragsformulars geschlossen.

Ich bin stinksauer. Liebe Leute von der N-ERGIE, es ist eine bodenlose Unverschämtheit, für wie blöd Ihr Eure Kunden haltet. Der Brief ist eine einzige Beleidigung an jeden halbwegs intelligenten Menschen!

Ich will nicht vergessen: Ich bin immer noch auf der Suche nach meinem Vorteil. Und den kann die N-ERGIE auch benennnen:

Wir schenken allen STROM SMART Kunden, die uns ihren neuen Vertrag bis zum 15. Dezember 2010 schicken, ein hochwertiges Energiesparlamen-Set.

Auf einem Beiblatt erfahre ich dann, dass das „Set“ aus zwei Philips-Energiesparlampen á 16 Watt Leistung „in Glühbirnenform“ besteht. Ich rechne mal kurz gegen: 51,64 Euro geteilt durch 2 Energiesparlampen = 25,82 Euro pro Leuchtmittel.

Vorteil? Ich habe noch nie in meinem Leben eine popelige Glühbirne Energiesparlampe für 25 Euro gekauft! Ich müsste ja komplett bescheuert sein!!!

Mein erster Impuls war: Ich werfe diesen Brief genau dorthin, wohin er gehört – in den Müll. Das ist aber eine schlechte Idee. Denn es steht noch was in dem Brief:

Sollten wir nichts von Ihnen hören, rechnen wir Ihren Verbrauch nach den in der unten stehenden Tabelle genannten Preisen ab.

Welche Preise? Zwar bleibt der Grundpreis bei 6,55 Euro – aber die Kilowattstunde soll dann 21,80 Cent kosten (wieder ein Jahresverbrauch von 4000 kWh/Jahr angenommen) – also: Wenn ich den Brief wegschmeiße und mich nicht mit der N-ERGIE in Verbindng setze, dann kostet mich die kWh 1,76 Cent mehr – das macht im Jahr ganze 70,40 Euro!

Oder anders ausgedrückt: Wenn ich den neuen Vertrag unterschreibe, werde ich bestraft, ich muss über 50 Euro mehr zahlen. Wenn ich einfach gar nichts tue, dann werde ich doppelt bestraft – dann zahle ich über 70 Euro mehr. Für NICHTS!!

Ich werde also von der N-ERGIE für meine „langjährige Treue“ (so steht es im Brief) bestraft, einfach oder doppelt, das kann ich mir raussuchen. Double-Fuck! Immerhin.

Gut, das habe ich heute gelernt: Wer bei diesem Energievesorger Kunde ist, der gehört bestraft. Ich sehe meinen Fehler ja ein und gelobe Besserung: Ich werde der N-ERGIE endgültig den Rücken kehren und den Stromanbieter wechseln. Der Lohn für die Einsicht folgt auf dem Fuße: Ich bekomme meinen Strom billiger und entgehe damit der Strafe, die ich eigentlich verdient hätte.

Kann ich so einfach den Energieversorger wechseln? Im Brief der N-ERGIE steht davon kein Wort, klar, die wollen, dass ich saftig bleche. In den alten Unterlagen zum Tarif STROM SMART findet sich aber (seeeeehr klein gedruckt) ein entsprechender Hinweis:

Dem Auftrageber steht im Fall der Preisänderung das Recht zu, den Stromlieferungsvertrag gemäß § 20 Abs. 1 StromGVV mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung außerordentlich zu kündigen.

Gut, dann wird das so gemacht. Ihr habt es nicht anders gewollt, liebe N-ERGIE.

Ach, bevor ich es vergesse: Liebe Mitarbeiter der N-ERGIE, ich darf Sie darauf hinweisen, dass diesem Blog ein einzigartiges Feature zu Eigen ist (das Feature ist ähnlich „einzigartig“ wie Ihr Angebot „vorteihaft“, you know?): Mit der Kommentarfunktion können Sie zu Ihren „Vorteilen“ Stellung nehmen. Ich bin ja mal gespannt. Der Verbraucherzentrale lege ich Fall und Vorgang in den nächsten Tagen übrigens zur Prüfung vor. Denn wenn mir jemand schreibt, dass etwas „vorteilhaft“ sei oder man mir Glauben machen will, ich würde „damit (…) auf jeden Fall sparen“, dann fühle ich mich nämlich auf jeden Fall verarscht und betrogen. Dies nur zu Ihrer Kenntnis.

————————

*) Bruttopreis. Ich rechne hier der Einfachkeit haber nur mit Bruttopreisen und das ist in meinen Augen auch dadurch gerechtfertigt, weil es sich um ein Angebot für Privatkunden handelt. Hier ist der Bruttopreis zu zahlen, daher nehme ich ihn hier auch grundsätzlich an.

Update: Achtung! Die Sonderkündigungsfrist endet am 30.11.2010! Das bedeutet, dass bis zu diesem Tag Eure Kündigung bei der N-ERGIE eingegangen sein muss!

Das Jay-tech Jaybook 9901 im Test

Es taucht immer wieder auf und inzwischen dürften bei Real, Netto, eBay, flip-tech und HSE24 schon ordentliche Stückzahlen dieses sog. „Mini-Notebooks“ (gemeint ist das Jay-tech Jay book 9901 mit der genauen Bezeichnung UMPC 9901) über den Ladentisch gegangen sein. Seit kurzer Zeit gibt es das Netbook auch im Onlineshop des Discounters Schlecker und es sollte mich wundern, wenn es zum Weihnachtsgeschäft nicht auch wieder anderswo auftauchen sollte.

99 Euro – was kann man dafür schon erwarten?

Das 9901 ist ein absoluter Low-Budget-Computer, denn mittlerweile hat sich der Straßenpreis des Geräts auf 99 Euro eingependelt. Was will man für 99 Euro erwarten? Einen Rechner? Ich kann sagen, dass ein guter wissenschaftlicher Taschenrechner von HP auch in etwa hundert Euro kostet. Daher bitte ich, beim Lesen des Tests diesen Preis im Hinterkopf zu behalten – er relativiert manche der teils eklatanten Schwächen des Netbooks.

Der Rechner kommt…

… in einer wenig spektakulären Box, die neben einer gedruckten – wenn auch rudimentären Anleitung das Netzteil enthält. Der Akku ist bereits vormontiert. Weiter findet man nichts in der Box.

Ein erster Eindruck

Das Netbook ist komplett aus schwarzem Kunststoff gefertigt, etwas „unsaubere“ Spaltmaße fallen in Auge – und man bemerkt, dass das 9901 angenehm leicht ist.

Schon beim Aufklappen fällt auf, dass der Bildschirm (7  Zoll – nicht gerade groß aber überraschend gut) nicht mechanisch mit Funktionen gekoppelt ist und auch über keinen Verschluss verfügt. Wenn das 9901 geladen ist, wird es mit einem Druck auf den silbernen Power-Schalter hochgefahren. Das Netbook bootet sehr schnell – schon empfängt einen der Desktop. Klappt man das Display wieder zu, bleibt der Rechner an – keine Standbayschaltung wird aktiviert – auch geht die Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms nicht aus.

Optisch gemahnt das nun gebootete Windows CE deutlich an Win NT – lediglich die Widgets auf der rechten Seite nehmen Anleihen an das Design von Vista. Diese Widgets zeigen den Akkustand, den Status der WLAN-Karte und Datum und Uhrzeit – weitere Funktionen gibt es nicht und es sind auch keine neuen Widgets hinzufügbar.

Auf dem Jaybook 9901 ist eine kleine Softwaresammlung vorinstalliert, die die wesentlichen Funktionen abbildet. Unter anderem – und das ist ein echtes Feature – ist eine SoftMaker Office-Suite für CE vorinstalliert, die sich hervorragend macht und vor allem eine zu Word kompatible Textverarbeitung namens TextMaker mitbringt, die in Sachen Kompatibilität Standards setzt und auch sonst über den Funktionsumfang, look and feel einen Word 2003- Installation verfügt. Auch ein Mailprogramm, eine Präsentationssoftware und eine Tabellenkalkulation gehören zur Suite. Zudem: Der Browser Internet Explorer, ein Medienplayer, ein Youtube-Client, ein „Audio-Recorder“, Bildbetrachtung, Microsoft Messenger, Rechner, WinRar und ein WLAN-Powermanagement gehören zur Ausstattung.

Zum ersten Mal ins Internet

Es gibt out of the box zwei funktionierende Möglichkeiten, um ins Internet zu kommen: Entweder kabelgebunden über die Ethernetbuchse oder aber per WLAN. Beides funktioniert stressfrei: Sowohl PPPoE funktioniert an der Netzwerkbuchse als auch Netz über einen Router. Die Konfiguration ist Windows-üblich.

Wer mit WLAN verbinden will, der muss zuerst die integrierte WLAN-Karte mit dem Desktopsymbol „WiFi Power“ einschalten und dann warten, bis das WLAN in der Statusleiste als aktiv angezeigt wird (was manchmal ein wenig dauern kann). Dann kann man das Funknetz konfigurieren. Unverschlüsselt, WEP, WPA und WPA2 funktionieren problemlos – fein. Nach ein paar Klicks ist man online.

Das 9901 bringt kein Bluetooth mit – auch die Aufrüstung über ein Dongle dürfte sich schwierig gestalten, fehlen hierfür in der Regel doch passende Treiber. Wer mit einem UMTS-Stick mit dem 9901 online gehen will, der wird auch erfolglos bleiben, es sei denn, man besitzt zwei ganz bestimmte Huawei-Sticks, für die Treiber mitgeliefert werden (bzw. nachinstalliert werden können).

Als Browser wird eine spezielle CE-Variante des Internet-Explorers verwendet. Dieser IE ist aber keineswegs mit dem vom Desktop bekannten Browser vergleichbar, er erinnert eher an einen ältlichen Mobilbrowser – und er ist elend langsam! Zudem unterstützt der Browser kein richtiges Flash (und auch kein Java) – bei aktuellen Seiten ist man mitunter ziemlich aufgeschmissen. Auch wenn man das 9901 mit VDSL verbindet – die Performance steigt nicht. Der Browser ist nicht mehr zeitgemäß. Mal eben ein Video bei Youtube oder Vimeo ansehen ist nicht – Twitter funktioniert nur mit der für Handys optimierten Mobilseite problemlos und auch GMX und GMail machen im „Retrobrowser“ nur begrenzt Spaß. Richtig lahm wird die Sache bei mehreren geöffneten Browserfenstern (Tabs gibt es nicht). Es nutzt, den Seitencache von 2 MB auf 4 MB anzuheben. Aber eine Offenbarung wird der Browser trotzdem nicht.

Das 9901 als „mobile Schreibmaschine“?

Über die Vorzüge des vorinstallierten Officepakets von SoftMaker habe ich schon geschrieben. So liegt der Schluss nahe, dass sich das Netbook zum Abfassen von Texten unterwegs durchaus eignen müsste – und dem ist auch so, wenn man sich mit der bauartbedingt kleinen Tastatur zurechtfindet.

Das Keyboard ist gar nicht so schlecht, das Feedback der Tasten könnte zwar deutlicher sein, aber man lernt das Tippen schnell. Die Umlaute Ü und Ä liegen nicht an gewohnter Stelle – auch mit dieser Besonderheit lernt man umzugehen. Das Touchpad ist sehr klein geraten, lokalisiert den Cursor aber sehr präzise. Nichts desto trotz empfehle ich unbedingt, sich eine USB-Maus einzustecken. Sonst steht dem mobilen Texten aber nichts im Weg – auch die Akkuleistung ist ok, wenn man nicht nebenbei noch surft.

Auch das Abfassen von Mail funktioniert gut, der Mailclient von Softmaker ist für POP/SMTP-Postfächer gut, IMAP geht nicht.

Zusätzliche Software

Beim Jay-tech Jaybook 9901 handelt es sich um ein „Netbook“, das auf Basis eines VIA 9505 Prozessors läuft (das ist ein ARM!), der mit 300 MHz getaktet ist. Dieser Prozessor lässt das Installieren eines klassischen Windows-OS wie ME, NT, XP oder gar Win 7 nicht zu, da keine Kompatibilität zur Intel-Architektur gegeben ist. Demach ist man, sofern man nicht über Linux-Superkräfte verfügt, darauf angewiesen, mit dem mitgelieferten CE 6.0 zurechtzukommen. Bei CE 6.0 handelt es sich um ein Betriebssystem für „embedded-Geräte“ – es ist auch anders als Windows mobile – obwohl mobile auf CE basiert. Dies bedeute auch, dass Software für Windows mobile nicht zwingend (im Gegenteil: eher selten) auf CE läuft. CE selbst wurde in der Vergangenheit auf Handheld-Devices verwendet – für diese entwickelte Software könnte im Prinzip dann lauffähig sein, wenn die Prozessorarchitektur unterstützt wird. Aber auch der Umstand, dass ein Handheld in der Regel andere Tasten definiert als ein Netbook, macht die Sache nicht einfacher. Es gibt aus der CE-Zeit eine handvoll Software, die auf dem 9901 läuft – aber sie ist rar und (die Zeiten von CE als Handheld-OS wie die Zeit der Handhelds selbst ist schon etwas länger vorbei) oft alt.

Und ein alternatives Betriebssystem?

Die Frage, ob sich auf dem 9901 ein alternatives Betriebssystem installiert werden kann (und ob sich das lohnt) kann nur mit einem „Jein“ beantwortet werden:

Im Netz gibt es einige Berichte über geglückte Linux-Installationen, die aber meist mit Klagen über fehlende oder fehlerhafte Hardwareintegration verbunden sind. So gerät wohl das gesamte Powermanagement unter Linux durcheinander, es wird gehäuft berichtet, dass ein Akkubetrieb unter Linux nicht mehr möglich ist.

smartbook PICO, Screenshot. Quelle: smartbook.de

Eine Alternative könnte Android sein. Es wurde bereits von etlichen erfolgreichen Installationen berichtet – und das 9901 wird auch mit voristalliertem Android 1.6 verkauft. Hier ist nicht Jay-tech der Anbieter sondern die in Köln ansässige Smartbook AG, die das entsprechend vorkonfigurierte Gerät als Smartbook Pico anbietet. Von der Hardware aber ist das Pico und das 9901 identisch.

Nun weiß ich nicht, was das Pico an Software mitbringt (bei Android dürfte es aber doch etwas besser mit der Softwareversorgung aussehen, als bei CE), aber die SoftMaker-Suite ist halt Windows vorbehalten. Wenn jemand also auf dem 9901 Android an den Start bekommen möchte, so ist abzuwägen, was man mit dem Rechner machen will.

Hardware und Performance

Kommen wir zum Kern: Das 9901 verfügt über den besagten VIA 8505 Prozessor, getaktet mit 300 MHz und in ARM-Architektur. ARMs sind weit verbreitet, stabil, und kühl – das ist ein Vorzug. Nachteilig sind die 300 MHz, denn das ist wirklich nicht schnell. Ich würde diese Geschwindigkeit aber immerhin als ausreichend bezeichnen. Noch stärker auf die Bremse wird aber nicht von der CPU sondern vom Speicher getreten: 128 MB DDRII-RAM werkeln im 9901 – für ein flüssiges Arbeiten ist das im Prinzip schnell genug – allerdings oft zu wenig. Als internen Speicher bietet das Gerät eine 2GB NAND-Flash-„Platte“ – auch nicht wirklich prall, aber weniger kritisch, denn das Netbook ist via SD-Karte um bis zu 32 GB (Slot) erweiterbar.

Weiterhin steht ein Stereo-Kopfhöreranschluss (3,5 mm-Klinkenbuchse) und ein Mikroeingang (mono, ebenfalls 3,5 mm-Buchse), zwei USB-1.0-Ports und ein USB 2.0-Ports zur Verfügung. Und es gibt natürlich Ethernet.

Der Stromversorgung dient ein Li-Ion-Akku mit einer Kapazität von 1800 mAh an 8,4 Volt. Der Akku in meinem Gerät macht sich nicht so prall. Versorgt wird das 9901 mit einem für das eigentliche Gerät relativ großen Netzteil (das wäre mit Sicherheit schlanker gegangen).

Für wen ist das 9901 das richtige Netbook?

Wir haben es beim 9901 mit einem Rechner zu tun, der sich durch sehr kleine Abmaße auszeichnet und wenig wiegt – und damit erstaunlich mobil ist. Allerdings wird diese Mobilität durch einige deutlich spürbare Limitationen im Bereich der Hardware erkauft.

Der günstige Preis von 99 Euro für ein Neugerät (bei eBay gehen die Dinger gerne auch mal für einen Fünfziger raus) ist ein weiterer Vorteil.

Wer eine „mobile Schreibmaschine“ sucht, der wird mit dem 9901 dann gut fahren, wenn man sich an das Handling eines so kleinen Gerätes gewöhnen kann. Zur surfen ist es bedingt brauchbar, die Multimediafunktionen sind eher enttäuschend.

An dieser Stelle muss ich auch deutlich sagen, dass das 9901 nicht für jeden Nutzer etwas ist: Wer auch in Zukunft mit der vorinstallierten Softwareausstattung zurechtkommt, der kann einen günstigen Mobilcomputer bekommen. Wer sich sehr gut auskennt, gerne bastelt, in CE programmieren kann und Software sowie Treiber modifizieren kann, der wird ebenfalls seine Freude haben.

Wer XP gewohnt ist und die Flexibilität von XP wünscht, wer nicht programmieren kann  – der lege etwas Geld drauf und kaufe sich ein Netbook mit XP oder Windows 7.

Kritisch anzumerken ist, dass gerade real, HSE24 oder Schlecker jetzt nicht die Nerdstores sind sondern sich an „Otto Normalverbraucher“ wenden – und gerade diese Zielgruppe braucht meines Erachtns eine andere Rechnergattung (bei der sich „intuitiv“ neue Hardware anflanschen, Software nachinstallieren lässt und die nicht ein gewisses Frickelgeschick vom Nutzer abverlangt wird).

So möge jeder vor der Anschaffung kritisch prüfen, ob die mitgelieferte Hardwareausstattung genügt oder ob er die Skills mitbringt, das 9901 im Zweifelsfall komplett umzuprogrammieren. Wenn nicht, dann gibt es andere Geräte, die etwa das Doppelte kosten, aber ein Vielfaches an Ausstattung mitbringen.

Fazit

Es ist verwunderlich, dass sich dieses Einsteigergerät (das unfreiwilligerweise einige Herausforderungen mit sich bringt) sich so beharrlich im Markt hält. Wie groß die Usergruppe des 9901 tatsächlich ist, darüber kann nur spekuliert werden, weil nicht sicher ist, wieviele Leute das kleine Ding irgendwann frustriert aus der Hand legen. Bei eBay stehen interessanterweise immer eine ganze Menge dieser „Mini-Notebooks“ zum Verkauf.

Wer sich bewusst über die Einschränkungen des 9901 ist, wer Spaß am Basteln und Ausprobieren hat und wer ein sehr kleines Gerät möchte, der kann durchaus Spaß am Gerät haben.

Als das Gerät im Juni dieses Jahres bei Netto angeboten wurde, entstand hier im Blog eine sehr rege Diskussion – mit einigen sehr vielversprechenden Tipps rund um das Netbook. Wer das Ding hat oder zu kaufen plant, findet hier eine recht gute Informationsbasis.

1 24 25 26 27 28 43