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Wirtshaus-Explorer: Tapas essen in Fürth – das La Tasca

Tapas essen zu gehen, bietet eine schöne Möglichkeit, gemeinsam am shared table etliche Köstlichkeiten der spanischen Küche probieren zu können. Tapas essen zu gehen, ist in der Region kein ganz günstiges Vergnügen. Und: Ein gutes Tapas-Restaurant zu finden, ist verdammt schwierig.  In der vorigen Woche besuchten wir das La Tasca in der Fürther Friedrichstraße. Um es vorwegzunehmen: Es war sehr gemütlich, sehr kommunikativ und richtig lecker.

Unweit des Fürther Hauptbahnhofs, unmittelbar an der „Freiheit“ liegt das La Tasca, ein Restaurant in spanischem Style, in dem man neben der traditionellen Paella und einer Handvoll weiterer Hauptspeisen eine große Auswahl an Tapas serviert bekommt.

La Tasca - Fürth

Das Ambiente des Restaurants ist in Fürth sicher einzigartig, der Gast- wie der Nebenraum ist durchgängig mit äußerst dekorativen spanischen Fliesen gestaltet, das Mobiliar aus dunklem Holz und das warme Licht tragen zu einer gemütlichen, fast schon heimeligen und ungezwungenen Atmosphäre bei. Man sitzt bequem, aber durchaus etwas eng an dennoch großzügigen Tafeln.

La Tasca - Fürth

Der Service ist mir als freundlich und verbindlich-flott in Erinnerung geblieben. Und so waren unter kundiger Anleitung auch schnell die ersten Tapas geordert. Besonders überzeugen konnten die gebratenen grünen Paprikaschoten pimientos de padrón, die mit fein dosiertem, grobem Meersalz gereicht werden sowie der Klassiker Datteln im Speckmantel (dátiles con bacón). Mir schmeckten auch die leicht angebratenen kleinen Tintenfische (sepia frita). Dazu bestellten wir eine Ajoli, eine äußerst fein abgeschmeckte Sherrysoße sowie tortilla de patatas con verdura (Kartoffel-Gemüse-Tortilla) und frittierte Kartoffelwürfel. Etwas mehr Würzung vertragen hätten die albóndigas en salsa de tomat, kleine Fleischbällchen in Tomatensoße. Auch die chorizo frito hätte für unseren Geschmack deutlich pikanter sein dürfen.

Wirklich herausragend aber mundeten uns die gambas „pil pil“, Garnelen aus der Tonschale in sprudelnd heißem Olivenöl, das mit Knoblauch, Chilis und Rosmarinzweigen parfümiert ist. Das feine Öl und der hintergründige Rosmarin harmonieren perfekt mit der kräftigen Knoblauchnote, die Chilis verleihen dem im Grunde einfachen, aber perfekt zubereiteten Gericht eine pikante Schärfe. Zu allen Tapas und Salsas reicht man weiße Baguettescheiben.

La Tasca - Fürth

An den Nachspeisen schieden sich bei uns am Tisch die Geister. Die crema catalana, sie ist einer Crème brûlée sehr ähnlich, war im Grunde fein, wurde am Tisch aber mit so reichlich Hierbas flambiert, dass dessen intensiv-kräuterbitterer Geschmack die subtilen Zitronen- und Vanillenoten der Crema doch allzu sehr in den Hintergrund drängte. Die recht gewöhnlichen Churros wurden mit einer nicht minder gewöhnlichen Schokoladensoße, die geschmacklich sehr an Instant-Kakaogetränkepulver gemahnte, serviert. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht überzeugend.

Ein paar Worte zu den Getränken: Das preisliche Niveau der Weine empfand ich als gehoben, aber noch im Rahmen. Wer gerne ein Weißbier trinkt, dem serviert man ein süffiges Hefeweizen von der Brauerei Rittmayer aus Hallerndorf (das Seidla zu 4,50 Euro), wer lieber helles Bier trinkt, bekommt vom Fass das international bekannte Export Estrella Galicia, das für das Seidla mit stattlichen 5,80 Euro zu Buche schlägt. Wer möchte, kann auch ein kleines Kellerbier der Orca-Bräu (0,33 Liter) zum Preis von 4,- Euro bekommen.

Ob es sich beim La Tasca um ein wirklich authentisches spanisches Restaurant handelt, kann ich mit letzter Sicherheit nicht beurteilen. Werner’s Boutique-Hotel, Tims Kitchen und das La Tasca gehören ja zusammen. Das Restaurant ist hochpreisiger, dafür stimmen aber Qualität und Service. Und auch das Ambiente ist sehr angenehm, vielleicht mit der Ausnahme, dass im Nebenraum als Wanddekoration historische Waffen zu sehen sind, so eine Art von „Dekoration“ ist in Zeiten, in denen in Europa Krieg herrscht, nicht nur deplatziert, sondern zweifelsfrei inadäquat. Insgesamt vermittelte uns das La Tasca aber einen hervorragenden Eindruck.

La Tasca, Friedrichstraße 20, 90762 Fürth. Telefon: 740 560, Reservierungen auch online möglich.

Richten wir uns nach den Dingen, die uns wichtig sind.

Es ist sehr schwer, sein Leben konsequent nach den Dingen auszurichten, die man für gut, richtig und wichtig erachtet. Es liegt in unserer menschlichen Natur, daran immer wieder und wieder zu scheitern, aber es liegt auch in unseren Möglichkeiten, uns diesem Scheitern jeden Tag aufs Neue entgegenzustellen.

Wählen gehen ist wichtig, gerade jetzt. Aber wir dürfen dabei nicht vergessen, dass wir die Verantwortung für uns, unsere Nächsten und die Gesellschaft nicht allein an die Politik delegieren dürfen, sondern uns ihr Tag um Tag stellen müssen. Das heißt in letzter Konsequenz, dass wir den kleinen, möglicherweise vermeintlich sogar winzig kleinen gesellschaftlichen Bereich, dessen Teil wir als Individuen sind und auf den wir einwirken können, nach den Maßgaben der Liebe, Gerechtigkeit und Toleranz zu gestalten.

In unserer gespaltenen Gesellschaft (darüber schreibe ich bald hier ein paar Zeilen), sehen wir uns oft schutzlos vor einem schier unüberwindbaren Berg an Argwohn, Missgunst und Hass gestellt. Er scheint schon von vornherein unüberwindbar.

Und dennoch ist er überwindbar, sofern wir uns nicht einschüchtern lassen, uns an die Angst verloren geben, ihn ohnehin nicht überwinden zu können, sondern wir die wenigen Schritte gehen, die wir zu gehen in der Lage sind. Gehen wir diese Schritte gemeinsam, fällt uns dies auch weniger schwer.

Es mag nach einer Binse klingen, aber ich bin überzeugt, dass die gesellschaftliche Spaltung, die, das steht ja realistisch zu befürchten, auch in den uns drohenden Wahlergebnissen Ausdruck finden wird, nur von uns selbst überwunden werden kann. Wir müssen uns nur, trotz aller Erfahrung des Scheiterns, ernsthaft darum bemühen, unser Leben nach den Dingen auszurichten, die wir für gut, richtig und wichtig erachten.

Ein kleines digitales „Transitorradio“: Das hama DR5BT im Test

Im Bereich Fotozubehör ist der Traditionshersteller hama vielen sicherlich ein Begriff. Doch der in Monheim ansässige Hersteller bietet mittlerweile auch einige Digitalradios und Internetradioempfänger sowie Bluetoothlautsprecher an – und aus diesem Portfolio möchte ich heute ein Gerät näher betrachten bzw. einem eingehenderen Test unterziehen: Es dreht sich um das kompakte Digitalradio DR5BT, ein DAB+/FM-Empfänger mit Bluetooth-Funktion und – das macht das Gerät interessant – mit eingebautem Akku.

Bei diesem Gerät spricht mich besonders das superkompakte und schnörkellose Design an – und eben die Möglichkeit, das Radio ganz einfach per USB-C aufladen zu können (wobei: USB-C? Wirklich? Nun, ich komme darauf noch zu sprechen). Dieses Radio hat den Formfaktor des typischen Transistorradios – klein, leicht und portabel.

In einer fast schon verschwenderisch robusten Kartonschachtel wird das kleine Radio geliefert, zum Lieferumfang gehört ein Ladekabel und eine knappe, aber vernünftige Bedienungsanleitung. Vor der Inbetriebnahme empfiehlt es sich, wie bei jedem Gerät dieser Art, den eingebauten Akku zu laden. Direkt neben der USB-C-Buchse (und nicht auf dem Display) ist eine kleine LED angebracht, die mit rotem Licht den Ladevorgang signalisiert, bei grünem Licht ist das Laden abgeschlossen. Mit einem langen Druck auf die runde große Taste wird das Radio eingeschaltet. Jetzt wählt man die Menüsprache durch Drehen des Reglers aus und bestätigt mit einem Druck auf denselben den Sendersuchlauf. Und dann ist das kleine Teil auch schon betriebsbereit.

Ein kurzes Wort zum „USB-Laden“. Dankenswerterweise ist bei diesem Radio, wie bei vielen anderen Gadgets auch, eine USB-C-Buchse verbaut. Diese empfinde ich als wesentlich robuster und bedeutend ausfallsicherer als das noch vor einigen Jahren so gängige Micro-USB, zudem ist diese Form der Ladebuchsen seit Ende Dezember 2024 ja EU-weit Pflicht. Allerdings ist hier nur die Buchse USB-C, die Ladeelektronik verkraftet die heute typischerweise von jedem besseren Handynetzteil abgegebenen 2A Ladestrom nicht – und das Gerät lädt nicht auf. Von diesem Problem ist beileibe nicht nur dieses Radio von hama betroffen, die meisten Gadgets kommen mit 2A Ladestrom nicht klar. Und das ist ärgerlich, denn auf Reisen braucht man neben dem möglicherweise potenten eigenen Handylader dann für die anderen Devices noch ein zusätzliches Steckernetzteil mit euinem geringeren maximalen Ladestrom – leider.

Sofort nach Inbetriebnahme fällt das Farbdisplay auf – ein nettes Feature, auch wenn die Auflösung des Displays nicht mehr state of the art ist, unterstützt es doch den Bedienprozess (und der braucht Unterstützung, wie wir später noch sehen werden). In dieser Preisklasse ist ein Farbdisplay nicht selbstverständlich – und wegen der inzwischen auf vielen Sendern mit verbreiteten „Slideshow“ (das können z.B. Senderlogos, Albencover oder Wetterkarten sein – je nach Sender) auch wirklich sinnvoll. Die „Slideshow“ ist, genau gesagt, eigentlich ein Teil des MOT-Protokolls (Multimedia Object Transfer Protocol), das nennt nur so niemand. Ein anderer Teil sind Textinformationen namens Journaline, die kann dieser Empfänger (wie bedauerlicherweise fast alle anderen Geräte auch) leider nicht anzeigen. DLS geht aber.

Der Empfang, das fällt sofort auf, ist mit diesem Gerät digitalradiotypisch einwandfrei. Hier in Nürnberg sind alle Sender, auch die der angrenzenden Muxe, problemlos in einwandfreier Qualität empfangbar. Auch der UKW-Empfang geht absolut in Ordnung.

Gemessen an der Größe des Geräts (und des verbauten Lautsprechers) ist der Klang ganz ordentlich, sowohl Musik- als auch Wortprogramme lassen sich mühelos verfolgen. Um insbesondere im Höhenbereich den Ton noch etwas aufzupeppen, sollte man ein wenig mit dem Equalizer spielen, dann macht das kleine Radio eine überraschend gute Figur. Natürlich darf man bei so einem kleinen Gerät keine Wunder erwarten, ein wenig blechern muss das Klangbild eines so kleinen Lautsprechers immer bleiben – aber ich habe hier schon wesentlich fieseren Sound aus solchen kleinen Radios gehört.

Zur Bedienung bleibt zu sagen, dass sie mir anfänglich nicht so leicht von der Hand ging. Man muss sich erst an die geräteeigene Bedienlogik gewöhnen – dass die wenigen Tasten, die das Radio hat, mit Funktionen doppelt belegt sind, macht die Sache dabei nicht unbedingt einfacher. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt und seine Lieblingssender programmiert, ist die Bedienung kein Problem mehr. Aber bis man dahin kommt, braucht es schon einige Zeit und auch den Willen, ein wenig herumzuprobieren. Eine echte Wohltat hingegen ist das fehlerfrei übersetzte deutschsprachige Menü – wer schon einmal mit den teils krude übersetzten Displaymeldungen erschreckend viele Geräte chinesischer Provenienz zu tun hatte, versteht, was ich meine.

Ein paar Besonderheiten seien an dieser Stelle noch erwähnt: Dieses Radio kann als Bluetoothlautsprecher verwendet werden, verfügt über einen AUX-Eingang (3,5 mm-Klinkenbuchse) und ist außerdem in der Lage, MP3-Dateien vom USB-Stick abzuspielen. So verleiht man einem „schnöden“ Radio einen gewissen Multimedia-Touch. Ich persönlich hätte das nun nicht gebraucht, denn zu diesem Zweck habe ich andere Geräte – aber okay, es gibt sicherlich Leute, für die USB-Wiedergabe oder ein AUX-Eingang ein Kaufargument sind. Was ich allerdings schmerzlich vermisse, ist ein Kopfhöreranschluss – der wäre nach meinem Dafürhalten bei einem Radio Pflicht, nicht Kür.

Das für mich zentrale Feature ist allerdings der eingebaute Akku, mit dem man mit diesem Radio im Haus und auf der Terrasse oder dem Balkon super mobil ist. Der Ladezustand wird im Betrieb auf dem Display angezeigt. Dass man das Gerät nicht mit Akkus oder Batterien versorgen muss und es leicht mit sich herumtragen kann und des in jeden Rucksack und jede Tasche passt, macht das kleine und leichte Gerät zu einem sinnvollen Alltagsbegleiter. Dieser Eindruck wird auch durch die wertige Haptik unterstrichen. Das Gerät ist ordentlich verarbeitet, nichts wackelt, nichts knarzt, die Gehäuseteile sind sauber entgratet, Verwendung findet ein schlagfester und griffiger Kunststoff.

Und so fällt mein Fazit einwandfrei aus: Hat man sich einmal an die etwas eigene Steuerung des Radios gewöhnt, nutzt man einen tollen Empfänger mit ordentlichem Klang, ausgesprochen guter Verarbeitung – und einem eingebauten Akku, der problemlos sechs bis acht Stunden Empfang ermöglicht. Den UVP von knapp 50,- Euro fände ich dennoch zu hoch, gegenwärtig bekommt man das Radio in diversen Onlineshops für etwas mehr als 35,- Euro, was mir ein angemessener Preis scheint. Klar handelt es sich beim DR5BT um ein Einsteigergerät, aber eben um eines mit hohem Nutzwert, das Spaß macht.

Monatsrückblick Januar 2025

Neues Jahr, neue Vorsätze: Ich schrieb gerne die Wochen- oder Zweiwochenrückblicke, habe aber leider nicht immer die Zeit, das in der Regelmäßigkeit zu tun, die so ein Wochenrückblick eigentlich erfordert. Einige kleine Notizen über Alltägliches und Nichtalltägliches aber sollen dennoch nicht verloren gehen – und so möchte ich den unregelmäßigen Wochenrückblick in einen regelmäßigen Monatsrückblick überführen. Das geht freilich sehr zulasten der Aktualität, dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht ist das aber auch ein sinnstiftender Filter, durch den allzu generisches und kurzlebiges rutscht. Wir werden sehen, wohin die Reise führt – aber ein Anfang soll mit diesem Post gemacht sein.

  • einen beschisseneren Start ins Jahr hätte das aus Perspektive des Datenschutzes reinrassige Katastrophenprojekt „elektronische Patientenalte“, auch als „elektronische Gesundheitsakte“ bekannt, kaum haben können. Der für jeden Versicherten, der nicht aktiv widerspricht, zwangsverordnete Daten-GAU ist mit reichlich primitiven Mitteln „hackbar“, in der Pressemitteilung des Chaos Computer Clubs vom Kongress Ende Dezember sagt mit berechtigterweise leicht süffisantem Unterton: „Zudem demonstrieren die Forscher, wie Mängel in der Spezifikation es ermöglichen, Zugriffstoken für Akten beliebiger Versicherter zu erstellen. Dies ist möglich, ohne dass die Gesundheitskarten präsentiert oder eingelesen werden müssen. Damit hätten Kriminelle auf einen Schlag Zugriff auf mehr als 70 Millionen Akten.“ Wer der ePA bislang nicht widersprochen haben sollte – es ist nun allerhöchste Zeit!
  • Dazu ein den Blick in eine wichtige Richtung erweiternder Einwurf von Enno Park, den ich hier einfach mal übernehme: „Rund um die #EPA Debatte fällt mir etwas auf: Manchen Menschen ist offenbar nicht klar, dass viele Patient*innen eben KEIN Vertrauensverhältnis zu einigen ihrer Ärzt*innen haben, diese aber aufgrund ihrer Erkrankung und gesellschaftlicher Zwänge trotzdem aufsuchen müssen.“
  • Im Zuge der Causa um den von Zuckerberg bei Facebook USA abgeschafften Faktencheck muss ich doch mal einige Sätze loswerden, weil mich das Thema echt aufregt: „fact checking“ ist nichts anderes als ganz basales journalistisches Handwerkszeug. Aussagen von Personen werden recherchierbaren Fakten gegenübergestellt, damit sind Aussagen klar verifizierbar oder falsifizierbar. Hier dreht es sich ganz bewusst nicht um eine Einordnung oder eine Kommentierung von Meinungen. Hierzu wendet man Mittel der Quellenprüfung, Recherche, Gegenrecherche, Auswertung wissenschaftlicher Quellen… an. Fact checking kann man übrigens lernen – ich zum Beispiel habe das man an der Journalistenschule gelernt. Es geht einem quasi in Fleisch und Blut über. Wenn Aussagen falsifiziert werden, rückt das die Person, die diese Aussagen getätigt hat, nicht selten ins Licht des Lügners. Oft darf man diese Personen dann auch mit Fug und Recht als solche bezeichnen, nicht immer ist das allerdings Intention gewesen, nicht immer wurde bewusst gelogen. Deswegen ist das Ergebnis eines Faktenchecks erst mal auch nur das: Eine Verifikation, eine Falsifikation. Leuten, die gerne und vorsätzlich lügen, tut das natürlich weh. Mit Benennung aller herangezogener Quellen weist der Faktencheck sich nicht nur als handwerklich korrekt durchgeführt aus, sondern sorgt gleichzeitig für große (und nicht selten ebenfalls schmerzliche) Transparenz. Was können notorische Lügner dem Faktencheck entgegenstellen? Eigentlich nichts. Aber aus diesem Dilemma finden Lügner einen sehr einfachen „Ausweg“, indem der Faktencheck (unberechtigterweise) als „tendenziös“ gebrandmarkt wird. Das ist alles erwartbar und erklärlich. Wenn aber Journalisten wider besseren Wissens in das gleiche Horn stoßen, dann wird es bedenklich. Sehr geärgert habe ich mich über einen Kommentar in der FAZ vom bekanntermaßen sehr konservativen Konservativen Jasper von Altenbockum, der da schreibt: „Die „Wahrheit“, der damit zum Durchbruch verholfen werden soll, ist auffällig oft – wenn es nicht gerade um die Gegendarstellung zu Lügen staatlicher Propaganda (Russlands) geht – die Wahrheit linksliberaler Hegemonie. Ob Migration, Klima, Energie, Soziales, Gender – man kann jeweils darauf wetten, dass der „Faktencheck“ zum Gesinnungscheck wird“. Herr von Altenbockum müsste es eigentlich besser wissen. Dabei hat er meines Erachtens mit der Analyse, der Rückzug vom Fact Checking bei Facebook in den USA ließe „sich mit ein wenig Übertreibung als Kotau vor grassierendem Trumpismus bezeichnen“ doch ganz recht (auch ohne Übertreibung). Fact checking als „Mode“ und „Mittel des politischen Meinungskampfs“ zu bezeichnen, ist, wie gerade dargelegt, freilich nicht aufrichtig.
  • Das stützt meine seit gut zwei Jahren immer wieder postulierte und an inzwischen unzähligen Punkten bestätigte Theorie: Der deutsche Konservativismus steckt in der schwersten intellektuellen Krise seit Hugenberg.
  • „Früher habe ich immer gedacht, das Unrealistischste in Bond-Filmen seien die durchgeknallten Super-Milliardäre, die die Weltherrschaft anstreben. Heute weiß ich: Das Unrealistischste in Bond-Filmen sind wohl eher effizient arbeitende staatliche Institutionen und mutige, mit den nötigen Mitteln ausgestattete Einzelakteure, welche durchgeknallte Super-Milliardäre davon abhalten, die Weltherrschaft anzustreben.“ /via
  • Ein faschistischer Begriff, nämlich „biodeutsch“, wurde zum Unwort des Jahres 2024 gewählt. Das ist wichtig und richtig, ebenso wichtig ist aber auch, herauszustellen, dass die Gastjuroren „importierter Antisemitismus“ zu ihrem Unwort kürten – aus bekannten Gründen.
  • In einem Beitrag auf X (ehemals sehr aktiv dort, verzichte ich mittlerweile auf eine Verlinkung dorthin, kein Traffic für Elmo!) trifft man seitens der Amadeu Antonio Stiftung den Nagel auf den Kopf: „2024: „biodeutsch“; 2023: „Remigration“; 2022: „Klimaterroristen“; 2021: „Pushback“; 2020: „Corona Diktatur“; 2019: „Klimahysterie“. Die Liste der Unwörter des Jahres zeigt die rechtsextreme und demokratiefeindliche Diskursverschiebung der Bundesrepublik im Zeitraffer.
  • Wieder einen Schritt näher an der Apokalypse: Die Maul- und Klauenseuche ist zurück.
  • Dog whistle 88.
  • Trump labert bei seiner Inauguration faschistische Scheiße. Das stand im Prinzip zu erwarten, dass er dabei allerdings derart aus dem Rahmen fällt, hat etliche Kommentatoren dann doch verwundert. Das unfreiwillig beste Statement hat der Simultandolmetscher bei Phoenix rausgehauen (Vorsicht, Link geht zu X, via fefe).
  • Währenddessen zeigt Musk den Hitlergruß. Während gerade deutsche Medien darüber rätseln, ob das nun tatsächlich ein Hitlergruß oder nur eine „ähnliche Geste“ war, versteht der Rest der Welt die unmissverständliche Dogwhistle. Wobei, das war keine, das war eindeutig. Wer den Hitlergruß Musks nicht als solchen erkennt, will ihn nicht erkennen, wider besseres Wissen.
  • Zu Musk eine treffende Analyse der taz: „Elon Musk setzt sein Geld ein, um einen digitalen Faschismus voranzutreiben – auch in Deutschland.“
  • Ich muss an dieser Stelle hier mal einen Gedanken reinwerfen: Der Grund, warum ich mir die (in meinem Falle durchaus knappe) Zeit nehme, wieder verstärkt zu bloggen, hat freilich auch, über Bande, mit Musk zu tun. In der Vergangenheit habe ich sehr viel Content in Social Media, besonders in Richtung Twitter, abfließen lassen. Der ist nun unweigerlich verloren – oder in falschen Händen, sucht es Euch raus. Auch wenn ich nun im Fediverse recht aktiv bin, gibt es ja keine Garantie, dass sich das in den nächsten Jahren noch trägt. Wohl dem, so denke ich, der sein altes Blog noch nicht plattgemacht hat – hier hat man seine Inhalte nicht aus der Hand gegeben – und folglich sind sie noch da. Wer also noch ein altes Blog irgendwo herumidlen hat: Reaktivieren!
  • Man hätte es ja voraussehen können, dass die ersten politischen „Initiativen“ von den amerikanischen Gerichten kassiert werden. Sie bekamen, was sie verdienten.
  • Sehr spannender Longread von Correctiv: „Der Mann der Großkonzerne: Das Lobby-Netzwerk von Friedrich Merz“
  • Möglicherweise werden wir uns irgendwann mit eine milden Lächeln an diese krass kuriose Golf-von-Mexiko-Nummer erinnern. Kuriositäten-Level des Tages: „Weil der neue US-Präsident einen hunderte Jahre alten Namen für eine Meeresbucht geändert hat, behandelt Google Maps sein Land intern nun wie autoritäre Regime“. Nun, das ist erstmal ja eine zutreffende Kategorisierung.
  • Ich kriegs nur bruchstückhaft wiedergegeben, aber: Gestern habe ich zufällig ins Deutschlandradio reingeschaltet. Kurzer Bericht, demzufolge DeepSeek das Modell von ChatGPT bei Weitem übertreffe. Die hierfür wohl notwendigen Prozessoren von Nvidia sind von einem Embargo seitens der USA betroffen. China hat das dann (möglicherweise) mit einer alten Prozessorgeneration gewuppt. Analyst 1: „Das musste so kommen, in China sind weltweit die meisten Wissenschaftler an der Entwicklung von Sprachmodellen dran, insofern war es statistisch zu erwarten, dass die Chinesen dieses Niveau mit alter/eigener Hardware hinbekommen.“ Analyst 2: „Nun sind die USA auch in Sachen AI deutlich im Hintertreffen, das kriegen sie in sinnstiftender Zeit auch nicht mehr aufgeholt.“
    Irgendwie fühle ich mich ja in meiner seit wenigstens fünfundzwanzig Jahren postulierten Meinung, dass Wirtschaftsembargos noch nie was genutzt haben, bestätigt. Keine Chips von den Ammis? We don’t give a fuck, wir werfen da Brainpower drauf, bauen das Ding einfach besser und mit einem Bruchteil des Geldes, das Altman und Konsorten da verbraten haben. Wir waren nicht die Ersten? Wen’s schert – wir müssen nicht die Ersten, sondern die besten sein. Ich würde heute ja keinen roten Heller mehr in Ammi-Tech investieren, das ist Geldverbrennung. Das Zeug, was die liefern, ist wie so ein alter Straßenkreuzer: Säuft viel, ist ineffizient, schwer und langsam, alte Technik wird durch viel Blech kaschiert. Ein Präsident wie Trump passt da ausgezeichnet dazu. Und über die wirtschaftlichen Auswirkungen schreibt  fefe ein paar Zeilen.
  • Sauft ihr gerne Coca-Cola? Das ist wohl gerade keine gute Idee.
  • Bedauerlicherweise ist es ja nicht ausgeschlossen, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler wird. Wird er es, so ist er von Tag Eins seiner Kanzlerschaft an der Kanzler der Schande. Mithilfe der AfD setzt Merz europarechtswidrige Migrationsgesetze durch. Er fungiert damit nicht nur als Steigbügelhalter der Faschisten, sondern stellt sich in eine Reihe mit den Trumps und Orbans dieser Welt (und anderem Gelichter). Das ist nicht nur ein „Tabu“-; das ist ein Dammbruch und ein handfester Schlag ins Gesicht jeder Demokratin und jedes Demokraten.
  • …und schon rücken die ersten CDUler von Merz ab, darunter Merkel und Daniel Günther.
  • Man muss kein Prophet sein, um festzustellen: Merz kann es nicht. Über Merz muss ich mal was Längeres schreiben, da fehlt mir gerade aber ein wenig die Zeit. Er hat seine Abstimmung jedenfalls verloren, den Schulterschluss mit den Faschisten hat er trotzdem versucht… der Mann ist wirklich übel. Aber dazu beizeiten mehr…

Nürnberg: Spontandemo gegen Rechtsextremismus, CDU, AfD und FDP am heutigen Donnerstag

Es war ja quasi zu erwarten, auch wenn viele vielleicht noch gehofft haben, dass es doch noch anders kommen möge, dass auf Seiten der CDU die Vernunft siegen möge… Der Dammbruch ist geschehen, der seit gestern mit Fug und Recht als solcher zu bezeichnende Steigbügelhalter der Faschisten, Friedrich Merz, brach sein Versprechen und paktierte, ohne mit der Wimper zu zucken, mit den Faschisten.

Das ist nicht weniger als ein dreckiger Faustschlag ins Gesicht jeder Demokratin und jedes Demokraten.

Und dagegen geht es bereits am heutigen Donnerstag, den 30. Januar 2025 unter dem Motto „Solidarität statt Hetze“ auf die Straße.

Trefferpunkt ist der Hallplatz in Nürnberg
Uhrzeit: 18.30 Uhr.

Zu dieser Spontandemonstration rufen unter anderem auch die Stadträte der Nürnberger Linken, Kathrin Flach-Gomez und Titus Schüller auf. In ihrem Aufruf heißt es: „CDU/CSU und FDP arbeiten inzwischen ganz offen mit den Nazis von der AfD zusammen und hetzen gegen arme sowie geflüchtete Menschen. Gemeinsam verabschieden sie [am gestrigen] Mittwoch einen Antrag für die pauschale Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen. Wie schon einmal kooperieren Konservative ganz offen mit Nazis.
Wir haben es satt, dass arme und geflüchtete Menschen als Sündenböcke für eine gescheiterte Politik herhalten müssen. Sie tragen nicht die Verantwortung für steigende Mieten, niedrige Löhne, schlechte Renten und hohe Preise. Es braucht Lösungen statt Sündenböcke!
Wir gehen auf die Straße, um unser Grundgesetz und die Würde aller Menschen zu verteidigen“.
Auch das Nürnberger Bündnis Nazistopp ruft zur Teilnahme auf.

Blast from the past: Der Sinalco-Getränkeautomat

Mechanischer Getränkeautomat mit der Aufschrift "Sinalco-Kola"

Was habe ich Geld in solche Automaten gesteckt, um ein Cola oder das noch beliebtere Spezi zu kaufen – weiland gaben diese Automaten noch Halbliterflaschen aus, oft auch Bier (und ermangels technischer Prüfmöglichkeiten zogen wir Kids uns das Bier freilich lange, bevor wir es legal hätten kaufen können).

Ich mochte diese unkomplizierten Getränkeautomaten, die man quasi in jedem Vereinsheim, in jedem Übernachtungshaus, in jeder Sportstätte vorfand. Heute ist dieser Gerätetyp fast vollständig verschwunden, was daran liegt, dass die Kühlaggregate dieser Automaten alle mit Kühlmitteln auf FCKW-Grundlage liefen, deren Betrieb heute nicht mehr gestattet ist. Die einfachen und robusten Mechaniken würden wohl noch heute funktionieren.

Das abgebildete Modell habe ich erst vor knapp fünf Jahren im Proberaum-Keller des Z-Baus fotografiert, der Automat funktioniert und schluckt Euro-Münzen, aber weil man die Kühltechnik ausbauen musste, wirft er das Bier leider nur zimmerarm oder eben proberaumkalt aus. Zumindest die Sinalco-Limo kann man aber heute noch hie und da kaufen.

Hot Take: Eine Forderung nach Alt-Texten und CWs in sozialen Netzwerken ist oft purer Ableismus

Hot Take: Wer von anderen Nutzern in sozialen Netzwerken permanent die Verwendung von Bildbeschreibungstexten (Alttexten), content warnings oder trigger warnings einfordert, verhält sich ableistisch.

Nun, Twitter ist ohnehin an die Nazis verloren, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber selbst im Fediverse, auf Mastodon und Bluesky, wo gewöhnlich ein respektvoller Umgang miteinander und eine vernünftige Diskussionskultur gepflegt werden, muss ich beobachten, dass Nutzer, die unter ihre Bilder keinen Bildbeschreibungstext (Alttext) setzen oder bei bestimmten Themen kein „content warning“-flag setzen, scharf angegangen, gerügt werden. Diese Beobachtung mache ich seit wenigstens zwei Jahren, leider täglich – und nun bin ich es leid.

Man möchte ja meinen, dass diese Hinweise wohlmeinend sind und sich die „Hinweisgeber“ um die Barrierefreiheit sorgen. Dass es aber Menschen gibt, die aufgrund einer Behinderung vielleicht gar nicht in der Lage sind, ein Bild zu „beschreiben“, das Gesehene in Worte zu überführen, einer Aussage oder Beobachtung eine „content warning“ voranzustellen, und diese Menschen dann mit der Forderung nach Alttexten oder CWs gesilenced werden, wird gerne vergessen.

Ich denke, dass es an dieser Stelle hilfreich sein kann, meinen „Hot Take“ ein wenig zu illustrieren. Man stelle sich beispielshalber einen Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung vor. Das Smartphone unterstützt ihn, ein Bild der Umgebung aufzunehmen und dann aus der Nähe mit der Möglichkeit der Vergrößerung Dinge auf dem Bild wahrzunehmen, die er ohne Hilfsmittel in der Ferne mit seinem Sehrest oder aufgrund einer Gesichtsfeldeinschränkung nicht sehen kann. Wenn er nun dieses Bild postet, verzichtet er vielleicht ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil die Bedienung der taktil nicht erfassbaren Bildschirmtastatur auf dem Smartphone-Touchscreen für ihn einen nicht im Verhältnis stehenden Aufwand bedeutet. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein Sehender eine Fotografie anders erschließt – mit einer „Draufsicht“, er sich allerdings dieselbe Fotografie über Details erschließen und über die Summe der gesehenen Details und seinem Weltwissen und Erfahrungsschatz (der von dem der Sehenden abweichen kann) das Gesamtbild extrapolieren muss. Vielleicht verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass ihm bei dieser Extrapolation Fehler unterlaufen, mögliche Fehler, die er in einem Bildbeschreibungstext nicht verfestigen möchte. Es gibt, das zeigt dieses Beispiel, gute Gründe, ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung zu verzichten, selbst dann, wenn man sie setzen könnte und selbst dann, wenn man zu einem Kreis von Menschen gehört, der selbst von einer Bildbeschreibung profitiert.

Ein anderes Beispiel: Ein Mensch mit einer möglicherweise über den Social Media-Kanal nicht als solche sofort erkennbaren, sogenannten geistigen Behinderung postet ein Bild. Er kann das Bild erkennen, alles darauf Abgebildete auch erfassen, er ist aber außerstande, das Gesehene zu verbalisieren. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar mit scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Ein drittes Beispiel: Ein Mensch hat eine Lese-Rechtschreibschwäche oder ist funktionaler Analphabet. Er postet ein Bild. Eine Bildbeschreibung zu erstellen, ist ihm ohne fremde Hilfe nicht möglich. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar in scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Diese drei (wohlgemerkt nicht konstruierten) Beispiele zeigen aber nicht nur, dass es vollkommen legitim ist, die Entscheidung zu treffen, keine Bildbeschreibungen zu verwenden – niemand ist anderen über seine Beweggründe dieser Entscheidung Rechenschaft schuldig. Hier direkt oder indirekt Rechenschaft einzufordern, ist ebenfalls ableistisch. Und als conclusio darf daher gelten: Ich kann nur und ausschließlich dann von meinem Gegenüber einen Alttext oder eine content warning einfordern, wenn ich mir absolut und zweifelsfrei sicher bin, dass mein Gegenüber ohne Hinderungsgrund diese Informationen nicht zur Verfügung stellt, weil er dazu nicht Willens ist. Und das kann man, wenn man die Menschen nicht persönlich gut kennt, kaum gewährleisten.

Richtig geil wird es aber, wenn man für die Verwendung von KI-Diensten wie dem Alt-Bot kritisiert wird. Kurz erklärt: Der Alt-Bot sorgt über Googles KI-Dienst Gemini dafür, dass in Form einer Reply eine automatisch generierte Bildbeschreibung unter einen Post gesetzt wird, sofern der postende User das möchte. Das funktioniert in 90 Prozent der Fälle überraschend gut, in 10 Prozent der Fälle hat die KI mit der Interpretation schon noch Probleme. Diese KI-Bildbeschreibungen sind mitunter auch nicht ganz unproblematisch. Zuerst einmal ist eine Bildbeschreibung als Reply nicht optimal (aber besser als nichts!), zum anderen beschreibt die KI nicht nur, sondern interpretiert auch, beispielshalber, indem Bildstimmungen als „angenehm“, „warm“, „freundlich“, „nüchtern“, „kühl“… bezeichnet werden. Meine größte Schwierigkeit mit der KI liegt im Umstand, dass sie leider häufig gängige, erlernte Vorurteile repliziert. Dennoch: Wer heute Dienste wie den Alt-Bot zur automatischen Generierung von Bildbeschreibungen verwendet, wird, das darf und möchte ich annehmen, die Vorteile und Nachteile gegeneinander abgewogen haben. Nun aber einem Menschen mit Behinderung vorzuwerfen, wie es der Post im Screenshot zeigt, ein Hilfsmittel wie den Alt-Bot zu verwenden, ist unter den miesen Moves nochmal ein besonders mieser Move.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die allzu lauten „Mahner“ oft selbst nicht von einer Behinderung betroffen sind, dass ihre mitunter unangenehm persistenten „Mahnungen“ vielmehr Ausdruck ihrer Selbstgefälligkeit und damit auch Vehikel eines deplatzierten moralischen Überlegenheitsgefühls sind. Unter den Menschen mit Behinderung, mit denen ich regelmäßig im Kontakt bin (allein meine beruflichen Kontakte belaufen sich hier auf etwa 350 bis 400 Personen) erlebe ich mehrheitlich, dass man in diesen Fragen jedenfalls eine ganz andere, von Toleranz und Wohlgesonnenheit geprägte Tonlage pflegt und durch geduldiges Erklären versucht, die erkannten Barrieren zu benennen und ihre Dysfunktion begreifbar zu machen und nicht zuletzt auch Vorschläge zur Beseitigung der Barriere unterbreitet. Das gilt auch für ihre Angehörigen und Freunde. Freilich mag gelegentlich auch mal jemandem aufgrund der nicht selten durchgängigen Diskriminierungserfahrung der Geduldsfaden reißen, aber das ist die Ausnahme.

CWs, das ist unbestritten, können bedeutungsvoll und angebracht sein und das Filtern echter verstörender Inhalte für Zielgruppen, für die sie nicht geeignet sind, durchaus erleichtern. Wer aber bei quasi jedem alltäglichen Anlass eine content warning einfordert oder setzt, macht nicht nur für Menschen mit und ohne Behinderung die Timelines unlesbar, er macht aus den CWs ein verdammt stumpfes Schwert.
In dem von mir zu im Screenshot herangezogenen Beispiel habe ich mit dem Vermerk „Netzfund“ eine Karikatur gepostet, die in eindeutiger Weise dazu Stellung bezieht, dass Musk im Zuge der Trump-Inauguration 2025 öffentlich und nach meinem Verständnis auch eindeutig den Hitlergruß „entbot“. Ist ein CW für eine das tages- wie weltpolitische Geschehen karikierenden bildliche Darstellung nötig, sinnstiftend, angemessen?
Wer gerade abnehmen möchte und einfordert, dass vor jedem geposteten Schokoladentafel-Bild, vor jedem geposteten Bild eines schön angerichteten Tellers im Restaurant eine content warning zu setzen sei, der delegiert nicht nur sein individuelles Problem in die Community, sondern beraubt die CW ihres Sinns und Nutzens. Wer vor jedem Post, das sich mit Rassismus, Faschismus, Klassismus, mit Trump, mit Musk, mit Putin… auseinandersetzt, eine Rassismus-CW, Faschismus-CW, Klassismus-CW, Trump-CW, Musk-CW oder Putin-CW fordert, erschwert die notwendige Diskussion, erschwert den Austausch, erschwert, dass Betroffene ihre Betroffenheit – auch ungefiltert, auch unkategorisiert, auch ohne entsprechende Zuordnung – artikulieren können. Und in letzter Konsequenz silenced er dadurch marginalisierte Personengruppen. Im Übrigen gilt hier analog das zum Thema Alttext Gesagte: Wer CWs einfordert, fordert von seinem Gegenüber ein, immer in der Lage zu sein, seine Aussage oder den Inhalt seines Posts in eine – wohlgemerkt dem Gegenüber genehme, von jenem als sinnvoll erachtete – Verschlagwortung zusammenzufassen und ignoriert, dass es Menschen gibt, die das, z.B. aufgrund von geistiger oder psychischer Behinderung, einer grundsätzlich anderen Weltwahrnehmung oder aufgrund kultureller Unterschiedlichkeiten vielleicht gar nicht kann. Und das ist nichts anderes als nackter Ableismus.
Und wenn wir schon beim Thema Verschlagwortung sind: Es gibt aus unterschiedlichsten Gründen genug Menschen, die mit den Begriffen CW, TW, content warning, trigger warning… gar nichts anzufangen wissen. Wollte man dann etwa einem verstörenden Inhalt das Wort „Inhaltswarnung“ oder im Geiste Leichter Sprache „Inhalts-Warnung“ voranstellen, hätte ich wieder zwei neue Begriffe für die Filterliste. Irgendwann wird dieses Konstrukt nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für alle unbedienbar. Die CW-Thematik trägt ein aus meiner Sicht bislang ungelöstes Nomenklatur-Problem mit sich: Man müsste sich, damit es funktionieren kann, im Vorfeld und bei allgemeiner Akzeptanz darauf einigen, was verstörende Inhalte überhaupt sind und wie sie zu kennzeichnen sind. Nach meiner persönlichen Beobachtung tragen die selbstberufenen „CW-Anmahner“ weder zu dieser Diskussion, geschweige denn zur Lösung dieses Problems, etwas Sinnstiftendes bei.

Und es vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht Zeuge der Forderung nach einer „Gschmarri“-Triggerwarnung werden muss. Dein Haustier ist gerade verstorben? Fordere doch eine TW für niedliche Katzenbilder. Leute posten bei jeder Gelegenheit Bilder ihres Dopes und mokieren sich dann, wenn bei einem Essensbild aus dem Wirtshaus im Hintergrund unscharf ein Seidel Bier zu sehen ist – „Eine Alkohol-CW kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein!“. Jemand isst Fleisch? Jemand trinkt Milch? Geht eigentlich gar nicht, aber wenn man das unbedingt posten muss, dann nur mit „TW Tierleiche“ und „TW Eutersekret“.

Mir ist klar, dass das gerade Gesagte viele Leute verärgern mag. Manche sind im besten Willen vielleicht überzeugt, sie würden gerade aus dem Fediverse einen inklusiveren Ort machen, wenn sie nur möglichst viele Nutzer mit ihrem Unterlassen von CWs oder Alttexten konfrontieren. Dass das so unmöglich klappen kann, erklärt sich aber allein schon mit dem sozialpsychologischen Konzept der Reaktanz: Selbst wenn der Nutzer die Sinnhaftigkeit von CWs oder Alttexten prinzipiell versteht und mit der Aussage, sie seien sinnvolle und barrierenmindernde Maßnahmen, wird er sie dann aus einer Abwehrhaltung heraus nicht setzen, wenn er allein bei anderen Usern nur sieht, wie sie permanent und ubiquitär – und leider oft in unangemessenem Ton – dazu aufgefordert werden. Man verdirbt es sich so recht schnell (und ohne Not) mit den wohlwollendsten Zeitgenossen (und erweist der guten Sache einen Bärendienst).

Fazit: Wenn Du also User permanent für ihre fehlenden Alttexte, content oder „trigger“ warnings oder (wegen der für Screenreader mitunter schwierigen Ausspielbarkeit) der Verwendung von Emojis kritisierst, dann bist Du eben kein Mensch, der sich für Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt, dann schaffst Du eben kein Verständnis für Menschen mit Behinderung, schaffst keine Räume für Inklusion, nein, Du bist ableistisch. Stell das ab.

Wirtshaus-Explorer: Selbst grillen im Golden Barbecue

Als ich meinen ersten Beitrag zum neuen Restaurant „Golden Barbecue“ in der Fürther Straße auf Mastodon und Bluesky teilte, schrieb ich von „Event-Gastronomie“ – und bis heute kann ich mich von dieser reichlich allfälligen Beschreibung nicht lösen, wenn ich das Konzept, das Erlebnis im Golden Barbecue in wenigen Sätzen erklären möchte. Das Besondere an diesem türkischen Restaurant: Man grillt, sofern man das möchte, sein Fleisch selbst bei Tisch. Das ist zumindest in Nürnberg etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches. So war schnell klar: Da müssen wir hin!
Aber der Reihe nach…

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg

Lange standen die großzügigen Räumlichkeiten an der Fürther Straße 37, unweit des Nürnberger Plärrers, direkt an der U-Bahnhaltestelle Gostenhof gelegen, leer. Wer öfter hier vorbeikam, bemerkte, dass sich im Inneren immer wieder etwas tat, mit der Eröffnung des neuen Restaurants haben Vater und Sohn Yılmaz und Emirhan Deliduman sich durchaus Zeit gelassen. Dass in diese prominent gelegene Location wieder neues Leben Einzug gehalten hat, erfuhr der geneigte Gast vor allem über Instagram und TikTok. Wer heute, so hat es den Anschein, in der Gastro neu durchstarten will, der muss vor allem Profi in Sachen Social Media Management sein und dann erst Gastwirt.

Bereits kurz nach Eröffnung ergatterten wir im Restaurant einen Tisch – aber es dauerte umständehalber bis zum letzten Donnerstag, bis wir wirklich einkehren und das Konzept und die Speisen ausgiebig testen konnten. Die Art eines solchen Restaurants wird im türkischen wohl als „ocakbaşı“ bezeichnet, was wörtlich übersetzt wohl so viel bedeutet wie „Platz am Herd“, aber auch allgemein „Küche“. Und einen „Platz am Herd“ hat jeder Gast, das ist das Besondere.

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg - Innenansicht

Wer das Golden Barbecue betritt, steht in einem überraschend großen, modern-zeitgeistig eingerichteten Restaurant. Auf den ersten Blick fallen natürlich die über jedem Tisch befindlichen, trichterförmigen großen Dunstabzugshauben mit ihrer matt-goldenen Lackierung auf. Sie verleihen der Gaststube einen ganz eigenen Industrial-Chic, der durch die zahlreichen warm leuchtenden Vintage-LED-Birnen an der Decke noch unterstrichen wird, so entsteht eine warme Atmosphäre. In jeden der großzügigen Esstische ist in der Mitte ein Elektrogrill eingelassen, er wird für uns einen Abend lang das Zentrum unserer Aufmerksamkeit sein. Kaum sitzen wir, werden wir schon von freundlichen und unglaublich schnellen Service aufs Angenehmste umgarnt. Die ersten Getränke, im Golden Barbecue gibt es ausnahmslos keinen Alkohol auf der Karte, sind rasch geordert, der hausgemachte Ayran (3,-) schmeckt nicht zu salzig, leicht und säuerlich frisch.

Die Servicemitarbeiterin fragt uns, ob wir gerne das Barbecue wählen oder à la carte essen möchten. Wir entscheiden uns für die Barbecue-Variante. Aus der Karte kann man zwischen mehreren Fleischvarianten wählen – es werden Köfte, Lammkoteletts, Hähnchenflügel oder Hähnchenspieße, Lammspieße, Leber und Rindersteak angeboten. 250 Gramm Leber oder Köfte kosten 14,90 Euro, Hühnerfleisch ist einen Euro teurer, vier kleine Lammkoteletts kosten knappe zwanzig Euro und das 200g-Steak schlägt mit 24,90 Euro zu Buche. In diesem Preis sind diverse Dips und Saucen, ein Teller Grillgemüse (Tomaten, Paprika, Zwiebeln und Champignons), ein kleiner Salat sowie eine Beilage enthalten. Als Beilage kann man zwischen Reis und Pommes wählen, die Pommes sind schön knusprig. Zudem bestellen wir als zusätzliche side dishes ein Pide mit Käse (es ist riesig) und Gözleme Ispanaklı, leichte, mit Spinat gefüllte Taschen aus Yufkateig.

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg - eingedeckter Tisch

Die Servicemitarbeiterin setzt eine Grillplatte in den Elektrogrill ein und schaltet ihn ein, in Windeseile heizt das Gerät auf Betriebstemperatur. Ein Teller mit vier Kräuterbutterscheiben steht bereit, die Kräuterbutter wird auf dem Grill verteilt, sie schmilzt augenblicklich auf der heißen Platte und dient nicht nur als Geschmacksträger, sondern verhindert auch ein Anbrennen von Fleisch und Gemüse. Nun kann bei Tisch mit Hilfe zweier kleiner, praktischer Zangen gegrillt werden, denn Köfte, Hähnchen und die Koteletts kommen auf kleinen Platten roh an den Tisch.

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg - rohes Fleisch

Das Grillen klappt auf Anhieb und liefert aus dem Stand ein hervorragendes Ergebnis, auch weil der Elektrogrill eine ungekannte Power hat. Gerade die Lammkoteletts werden wunderbar zart, man schmeckt die wirklich ausgesucht gute Qualität des Lammfleischs. Es so heiß und frisch vom Grill zu genießen, ist in der Tat etwas Besonderes. Die Grillplatte ist ausreichend dimensioniert, sodass man neben dem Fleisch auch sein Gemüse grillen kann. Auch das zusätzlich bestellte Fladenbrot wärmen wir am Grill.
Das Grillen selbst macht nicht nur Spaß, es ist ein äußerst kommunikativer Vorgang und so wird unsere Runde rasch gesellig. Mitunter ist die große Dunstabzugshaube gegenübersitzenden Personen etwas im Weg und man muss schon den Kopf einziehen, um ein freies Blickfeld zu haben. Das tut dem Spaß aber keinen Abbruch und man kann auch einfach etwas tiefer in die sehr bequemen Kunstledersessel rutschen.

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg - Lammkoteletts auf dem Grill

Lammkoteletts auf dem Grill

Nicht nur das Grillen ist ein Erlebnis, auch geschmacklich kommen wir voll auf unsere Kosten: Die Auswahl von insgesamt fünf Saucen und Dips, das feine Brot, die würzigen sides und nicht zuletzt das hochwertige Fleisch lassen keine Wünsche offen. Und so schlemmen wir uns von Köfte zu Hühnchen, genießen die Koteletts und dippen das Fladenbrot in die Soßen. Ab und an ein Bissen vom frisch gegrillten Gemüse – eine runde Sache!

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg

Und obwohl wir reichlich satt sind, siegt unsere Neugier und wir bestellen, nun zum Teilen, eine Portion Künefe, eine Süßspeise, die ich so nicht kannte und die sich als nicht nur interessanter, sondern wohlschmeckender Genuss offenbaren sollte: Die Grundlage der warm servierten Süßigkeit ist ein von feinen Engelshaar-Teigfäden umsponnener Kern aus flüssigem Mozzarella, obenauf sind großzügig geröstete Pistazien gestreut. Das feine Engelshaar, die weiche Textur des Käses und sein subtiler, milder Geschmack harmonieren vortrefflich. Als Gruß des Hauses wird uns zudem eine Art Milchreis mit Feigensirup an den Tisch gebracht – eiskalt und sehr lecker.

Golden Restaurant & Barbecue, Nürnberg - Künefe

Künefe, Mozzarella, Engelshaar und Pistazie

Der Service ist nicht nur freundlich und flott, sondern auch aufmerksam – wir fühlen uns bestens umsorgt. Diesen Eindruck kann auch der von Tisch zu Tisch wandelnde Chef des Hauses, der mal hier, mal da etwas planlos auf den Knöpfen der Grills herumdrückt und so zu verstehen gibt, dass er es ist, der die Aufsicht führt, nicht stören. Am Schluss unseres Besuches bekommen wir einen traditionellen Schwarztee, sehr kräftig und würzig.

Auch wenn die Nürnberger Nachrichten auf Facebook schrieben, man brauche keine „Angst vor Essensgerüchen“ zu haben, ist das natürlich nicht zutreffend, denn trotz der großen, golden lackierten Dunstabzugshauben liegt im ganzen Lokal der Grillgeruch in der Luft, und wer das Golden Barbecue nach einem Abend verlässt, riecht selbst unweigerlich und unvermeidbar wie ein Grillimbiss. Da hilft ausnahmslos nur eines: Alle Klamotten in die Waschmaschine, was an Kleidung in die Reinigung müsste, lässt man an diesem Abend besser zu Hause. Das ist es aber auch wert – und letztlich kein Problem, denn der Kleidungsstil der Gäste ist mehrheitlich ungezwungen.

Das neu eingerichtete Golden Barbecue ist nicht allein ein türkisches Restaurant, ein Besuch dort ist ein Erlebnis. Und ein authentisches noch dazu, wird es doch mehrheitlich von Landsleuten frequentiert. Uns hat es nicht nur gefallen und Spaß gemacht, sondern auch ausgezeichnet geschmeckt. Weil es das einzige „ocakbaşı“ weit und breit ist und durch die sozialen Netzwerke gerade mächtig Aufwind erlebt, halte ich eine Reservierung für dringend geboten.

Golden Restaurant & Barbecue, Fürther Straße 37, 90429 Nürnberg. Telefon 210 569 13.

Digitalpolitik: Was steht dazu in den Wahlprogrammen der Parteien?

Nachdem die FDP die gegenwärtige Bundesregierung mit Ansage gesprengt hat, stehen uns ja zeitig Neuwahlen ins Haus. In der allgemeinen Berichterstattung fällt ein wenig unter den Tisch, was in den Wahlprogrammen der Parteien zu den digitalpolitischen Themen zu lesen ist und wie sinnvoll oder weniger sinnvoll die dort unterbreiteten Vorschläge sind.

Diese Lücke schließt die aktuelle „Sendung“, genauer gesagt der Podcast Chaosradio – für mich waren es knappe zwei Stunden gut aufbereiteter Information. Große Überraschungen erleben wir freilich nicht, doch es ist gut, abermals von Augen geführt zu bekommen, welche Partei welche groben Ideen zum Thema KI, digitale Infrastruktur, Chatkontrolle, anlasslose Massenüberwachung… hat.

Wer knappe zwei Stunden erübrigen kann, erhält kompakt die wichtigsten Informationen, gut und verständlich aufgearbeitet. Zu loben ist an dieser Episode des Chaosradios zudem, dass die Position der AfD unberücksichtigt bleibt, weil die Positionen von Rechtsextremisten schlicht nicht zu berücksichtigen sind.

Ausstellung „Delikatessen. Zwischen Kunst und Küche“ bis 2. März in der Nürnberger Kunsthalle

Noch bis zum 2. März zeigt die Nürnberger Kunsthalle die Themenschau „Delikatessen. Zwischen Kunst und Küche“. „Essen“, so heißt es in der Ankündigung des KunstKulturQuartiers, „ist heute nicht mehr nur ein Grundbedürfnis, sondern ein kulturelles Phänomen und politisches Statement.“

Und so fasst die Kunsthalle den existenziellen Akt des Essens und seine besondere Ästhetik und Nicht-Ästhetik, seine gesellschaftspolitische Bedeutung sowie seinen Rahmen in, wie die Beschreibung zur Ausstellung darlegt, 23 „künstlerische[n] Positionen“ mit mindestens einem Objekt. Schon im ersten Saal ziehen zwei Margarineskulpturen Sonja Ahlhäusers in geschlossenen Kühlvitrinen die Blicke auf sich. Für mich ein sehr glaubwürdiger Einsatz von Lebensmitteln als Material, das in der Vergangenheit in Beys Fettecken sicher seine provokative Sättigung erfuhr.

Beeindruckt hat mich auch Martin Parrs „Common Sense“, die Fotoinstallation schuf er von 1995 bis 1999, ein Jahr nachdem er Magnum beitrat. Die vielen kleinen Farbdrucke seiner Werke lenken den Blick auf nur scheinbar unbedeutende Details aus den Lebenswelten Angehöriger unterschiedlicher besonders britischer Klassen – und in dieser Reflexion zum Klassenbewusstsein ist auch immer wieder mit Essen und Kulinarik assoziiert.

Da nimmt sich der burgerverzehrende Andy Warhol, gefilmt 1982 von Jørgen Leth, schon fast betulich aus. Und dennoch: Der Fokus auf Warhol, der Burgerking-Tüte und der Ketchupflasche sind förmlich eine Einladung, sich auch mit der kulinarischen Massenkultur und ihrer Ikonographie auseinanderzusetzen.

Und, sehr zu meiner Verwunderung, ist mir in der äußerst vielfältigen Schau auch das großformatige, unbetitelte Werk Heike Kati Baraths, die „Spaghettiesserin“ in Erinnerung geblieben.

Die Kunsthalle setzt bei ihren Themenschauen hinsichtlich ihrer Vielfalt echte Maßstäbe, und ich empfinde die Ausstellungen immer als exzellent kuratiert. „Delikatessen. Zwischen Kunst und Küche“ bildet hier keine Ausnahme. Sie dürfte jeden Besucher auf die ein- oder andere Weise berühren, denn das Sujet ist ja jedem Menschen nahe. In jedem Fall sehenswert, nicht nur einmal.

Delikatessen. Zwischen Kunst und Küche, bis zum 2. März 2025, Kunsthalle, Lorenzer Str. 32, 90402 Nürnberg. Telefon 23 12 853.

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