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Elektronische Patientenakte: Widersprechen!

Dieser Tage erreichte mich ein Schreiben der Ortskrankenkasse, in dem man mir mitteilte, dass bereits Anfang nächsten Jahres die sogenannte elektronische Patientenakte kommen wird. Genau genommen wird sie ja nicht kommen, es gibt sie bereits heute – allerdings nur für all jene, die sie sich proaktiv bei ihrer Krankenkasse haben freischalten lassen. Und das haben, aus gut nachvollziehbaren Gründen, bislang nur sehr wenige Versicherte getan.

Nun, auch das ist Teil des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens, muss man aber, wenn man keine zentral gespeicherte elektronische Patientenakte haben möchte, aktiv bei der Krankenversicherung widersprechen – in meinen Augen ein Ärgernis. Denn damit steht zu erwarten, dass viele Mitbürger, die entweder nicht verstehen, worum es geht, die Information aufgrund sprachlicher oder anderer Barrieren nicht under nur unzureichend erhalten haben, kein Interesse an der Thematik haben oder sich gegenwärtig einfach noch nicht entscheiden wollen (was eigentlich jedermanns gutes Recht ist), in die Akte gezwungen werden.

Gegen die ePA spricht so manches – ich kann hier natürlich nur meine persönlichen Bedenken artikulieren und keine allgemeinen Ratschläge erteilen, so zum Beispiel, dass ich in eine zentrale Speicherung meiner sensiblen Gesundheitsdaten keinerlei – wirklich absolut keinerlei – Vertrauen habe. In Deutschland sind große IT-Projekte in der Vergangenheit regelmäßig mit Ansage und Anlauf (nennen wir es mal euphemistisch) verkackt worden. Funklöcher allerorten, das gescheiterte PKW-Mautsystem, De-Mails, die kaum Akzeptanz genießen…, die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Eine zentrale Datenhaltung so sensibler Daten wie Gesundheitsdaten verbietet sich meines Erachtens, denn wer wollte schon für die Sicherheit und Integrität dieser Daten ernsthaft garantieren? Und wir alle wissen: Wo ein Trog ist, da kommen die Schweine. Diese große Datensammlung ist sicher nicht nur für Forschende, sondern auch Arbeitgeber, Versicherungen, Vermieter… interessant – also für Leute, denen solche Daten besser niemals zur Kenntnis gelangen sollten.

Wir wissen nicht, wer uns in Zukunft regieren wird. Wir können uns aber ausrechnen, dass diese Daten von einer FDP-Regierung höchstwahrscheinlich verkauft würden und die Gewinne in den Taschen der Konzerneigner versickern würden. Wir können uns ausrechnen, dass diese Daten von einer AfD-Regierung Faschisten zur Selektion von Menschen verwendet wird, um sie ihrer Rechte zu berauben oder gar sie zu töten. Wir können uns ausrechnen, dass CDU und SPD mit diesen Daten das weitere Schleifen von Arbeitnehmerrechten betreiben werden. Das alles wird dann erschwert oder verunmöglicht, wenn diese Daten erst gar nicht zentral anfallen oder abgerufen werden.

Ebenso gruselig ist die Vorstellung, dass die sogenannte „KI“ eines Tages über die Verteilung knapper Medikamente oder Krankenhausbetten entscheiden wird. Die Bedeutung der Triage ist uns zu Beginn der Corona-Pandemie deutlich zu Bewusstsein gekommen. Wer in Zukunft verhindern will, dass eine von den Reichen und Mächtigen betriebenen und in ihrem Interesse programmierte KI mit Lern-Algorithmen, die auf deren Weltsicht und Grundannahmen basiert, im Falle von Pandemie, Krieg oder wirtschaftlichen Verwerfungen triagiert, der tut dies immer noch am effektivsten, in dem er bestimmte Daten gar nicht anfallen lässt.

Auch wenn das vorgenannte Gesetz in entscheidenden Teilen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit nicht standhalten wird, so wird die elektronische Patientenakte gegenwärtig ausgerollt – und daher ist für all jene, die ihre empfindlichen Gesundheitsdaten nicht zentral gespeichert wissen wollen, nun die höchste Zeit gekommen, der Einrichtung einer ePA bei der Krankenkasse aktiv zu widersprechen.

Nicht nur datenschutzbewusste Menschen und Verfechter der informationellen Selbstbestimmung wenden sich gegen die ePA, auch Ärzte sind alles andere als begeistert. Manche äußern ihre Kritik verhalten, andere fordern ihre Patienten sogar öffentlich auf, der ePA zu widersprechen.

Einen wirklich tiefen, gut verständlichen Einblick lieferte der Kölner Hausarzt Dr. med Stefan Streit anlässlich der letzten GPN.
In einem rund einstündigen Vortrag zeigt Streit die Gefahren der ePA auf, auch wenn er vom Nutzen eines – nur vernünftig geregelten – digitalen Systems grundsätzlich überzeugt ist.

Das sehr interessante Video kann auf den Seiten des CCC oder auf Youtube angesehen werden.

Eine kleine Anekdote am Schluss: Auch wenn dieses Thema in der gegenwärtigen Berichterstattung kaum Beachtung findet, sind die Leute durch den Pflichtbrief der Krankenkassen alarmiert. Gestern im Wirtshaus kam das Gespräch recht unvermittelt auf das Thema – und siege da: Nicht ich allein widerspreche dieser gefährlichen zentralisierten Datensammelei. Ich kann jeden meiner Leser*innen daher nur bitten: Sucht das Gespräch mit Euren Mitmenschen und klärt sie darüber auf, wie gefährlich die neue Patientenakte kurzfristig jedem Einzelnen werden kann – denn: Das Thema ist in den Köpfen bereits angekommen, leider aber bisher nicht besonders viel Information.

Weiterführende Links:
Die taz hat eine kurze und knackige FAQ veröffentlicht, die schnell und übersichtlich informiert.
MDR: „Jurist empfiehlt Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte“.
Bericht beim Deutschlandfunk.

Last but not least beinhaltet dieser Bericht von Heise auch die Links zu Widerspruchsformularen bei den größten Krankenkassen – sehr nützlich!

Armut.

Zwei Fakten, schmerzlich, unumstößlich, unverhandelbar:

Armut ist eine politische Entscheidung. Armut ist politisch gewollt. Und:

Armut tötet.

Wirtshaus-Explorer: Hidden Kitchen in Muggenhof

Im besten Wortsinne gut versteckt in der Tassilostraße im (von mir – zumindest bis heute – als wenig hip wahrgenommenen) Stadtteil Muggenhof unweit der Stadtgrenze liegt ein gastronomisches Kleinod, das die Nürnberger Restaurantszene auf interessante Weise bereichert. Es ist weniger das Ambiente der „Hidden Kitchen“, das mich so nachhaltig beeindruckt hat, sondern das Speiseangebot und die Form der Präsentation. Aber der Reihe nach…

Orientalische Cross-over-Küche ist gerade voll im Trend, besonders dann, wenn sie als Mezze, also den Tapas ähnlich, auf kleinen Vorspeisentellern angerichtet werden. Diese stellt man dann in die Mitte des Tischs und hat so nicht nur einen wunderbar bunten und vielfältigen shared table, sondern auch einen unglaublich kommunikativen Abend.

Die Hidden Kitchen bietet zwei Voraussetzungen, dass der Genuss der Mezze auch ein tatsächlicher Genuss ist: Zuerst einmal gibt es „Running Mezze“, also eine Art „all you can eat“, aber eben nicht in Buffetform, sondern mit Tischservice, außerdem werden Tische nicht in Zeitslots vergeben (wie inzwischen leider viel zu oft), sondern man kann in aller Ruhe und ohne Zeitdruck sitzen bleiben. Wer möchte, kann aber auch selbstverständlich à la carte speisen.

Das Konzept des Mezze-All-You-Can-Eat ist schnell erklärt: Es kostet pro Person knapp 28 Euro und ist als shared table gedacht, je nach Gästezahl am Tisch sind die Portionen der jeweiligen Mezze eben größer oder kleiner. Es wird eine Vorauswahl an den Tisch gebracht, jeder Gast kann entscheiden, ob er vegetarisch, vegan oder normal essen möchte. Was leer ist und schmeckt, kann jederzeit nachbestellt werden. Zuerst werden Vorspeisen und hausgebackenes Fladenbrot an den Tisch gebracht, danach serviert der flotte Service nach und nach die Mezze. Das ist eine wirklich entspannte und entschleunigte Art des Essens, die alle belohnt, die gerne etwas Neues entdecken.

Besonders interessant ist die Vielfalt veganer Mezze, hier wird unter anderem ganz klassisch Hummus, Baba Ganoush und gebackene Falafeln gereicht, es gibt aber auch eine sehr schmackhafte Paste von Roter Bete, Shawandar, diverse Oliven und eine sehr feine, dezent scharfe Paste namens Muhammara aus Paprika, Zwiebeln, Tomaten und Walnüssen, Kichererbsensalat und Tabouleh. Aber auch Vegetarier kommen mit dem hausgemachten weißen Käse, Mutabbal und Makdous (beides auf Grundlagen von Auberginen) und einem etwas seltsamen kalten Blumenkohl an einer Art Käsesoße auf ihre Kosten. Wirklich fleischlastig sind die Mezze nicht, wer möchte, dem serviert man gegrillte Hähnchen- und Kebapspieße, Albondigas (Lammhackbällchen in Tomatensoße) und auch Hühnerfleisch in einer Soße auf Basis des hausgemachten Weißkäses angeboten. Dazu werden vielfältige Salate, Couscous und ein besonders interessant gewürzter Reis, Mandi, angeboten. Letzterer hat es mir aufgrund seiner speziellen Würzung und subtilen Schärfe besonders angetan und so fragten wir, wie er denn zubereitet werde. Das ist freilich das Geheimnis des Hauses, es sei aber so viel verraten, dass er neben der Verfeinerung mit Safran auch über einem Kohlenfeuer geräuchert wird. Diese Zubereitungsart, so erklärte man uns, lehne sich eng an die traditionelle jemenitische Küche an.

 

 

 

 

 

 

Vermisst haben wir lediglich die Datteln im Geflügelbacon und die Garnelenmezze, diese waren nicht Bestandteil des „Running Mezze“-Angebots. Geschmacklich waren alle Mezze mindestens interessant, die meisten schmeckten ausgezeichnet – und angesichts der Vielfalt am Tisch fand jeder schnell seinen Favoriten. Und so ist das Essen in der Hidden Kitchen nicht nur eine sehr kommunikative Angelegenheit, sondern auch ein in ungekannter Vielfältigkeit nicht ganz alltäglicher Genuss.

Was man wissen muss ist, dass weder Schweinefleisch noch Alkohol serviert werden. Alkoholfreies Helles von Zirndorfer bekommt man aber, genauso wie Softdrinks, Säfte und Saftschorlen.

Der Service ist aufmerksam, fragt alle Gäste nach Unverträglichkeiten und Allergien und erklärt jeweils kurz, worum es sich bei den Gerichten, die da an den Tisch kommen handelt.

Die Hidden Kitchen bietet sowohl im Innen-, als auch im Außenbereich viel Platz – wir waren überrascht, wie weitläufig der Hinterhof sich in die Wohnbebauung erstreckt. Das Restaurant dürfte etwa im Jahre 2022 eröffnet haben, zuerst (da kann mich aber meine Erinnerung trügen) als Pop-Up-Gastronomie, mittlerweile aber ist die Hidden Kitchen fester Bestandteil der Muggenhofer Wirtschaftsgeografie. Und der Zuspruch ist groß, man sollte auf jeden Fall einen Tisch reservieren.

Hidden Kitchen, Tassilostraße 10, 90429 Nürnberg, (0911) 384 51 778. Bild 5 und 6 dieses Beitrags mit freundlicher Genehmigung von Karl Heindel.

Test: Raddy RF757 – Ein Kurzwellenradio mit schier unendlichen Features

Was? Schon wieder eine Rezension über ein Raddy-Radio? Ja, denn der Hersteller Raddy, das ist die Radiosparte des Funktechnikherstellers Radioddity, liefert für knapp unter 100,- Euro ein kompaktes Gerät, das mit wahnsinnig vielen Features ausgestattet ist.
In Deutschland ist das Gerät seit Mai 2024 in verschiedenen Shops verfügbar, es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf diesen interessanten, brandneuen Weltempfänger zu werfen.Raddy RF757

Und um das dem Test voranzustellen – es gab zwei für mich sehr interessante Features, die mich bewogen, dieses Gerät zu besorgen und darüber zu schreiben: Zuerst einmal ist das RF757 mein erstes per App steuerbares Gerät; ich bin einfach ein neugieriger Mensch und möchte herausfinden, ob die App-Steuerung einen echten Mehrwert für mich bringt. Und zum anderen interessiert mich die Aufnahmefunktion. Meine anderen Kurzwellenradios verfügen leider nicht über eine solche, um ehrlich zu sein werde ich sie wohl auch nicht oft benötigen, aber gelegentlich hätte ich es schon interessant gefunden, einfach auf “Record” zu drücken und das ein- oder andere Empfangserlebnis aufgezeichnet zu haben. Diese Lücke soll dieses kompakte Radio nun also schließen.

Kommen wir aber zuerst einmal zu den wichtigsten technischen Daten. Folgende Frequenzbereiche werden empfangen:

UKW: 87.5-108 MHz sowie 64.0-108 MHz, mono und stereo
VHF/UHF: 25.0-999.0 MHz, FM
MW: 520-1710 kHz sowie 522-1710 kHz im 9 kHz / 10 kHz
KW: 3.2-30.0 MHz, AM, Raster 0.005MHZ
AIR-Band: 118.0-138.0 MHz, AM
Weather Band: 162.400-162.550 MHz, FM (hat hierzulande keine Relevanz)

Mit einem Gesamtgewicht von etwa 250 Gramm inkl. Akku ist das Radio relativ leicht. Es verfügt über einen 3,7 Volt Standardakku (Rundzelle) mit 2500 mAh Kapazität, der problemlos getauscht werden kann. Das schätze ich sehr, denn wer seine Radios oft und gerne verwendet, wird früher oder später mit einem Kapazitätsverlust des Akkus konfrontiert sein. Hier schnell und günstig standardisierten Ersatz beschaffen zu können, ist ein echtes Feature (und sollte, Stichwort “geplante Obsoleszenz”, eigentlich selbstverständlich sein – ist es aber leider nicht!).
Geladen wird das Radio per USB-C, das empfinde ich ebenfalls als einen Vorteil. Allerdings (wie so oft bei Geräten chinesischer Provenienz) ist die USB-C-Buchse nicht ganz standardgerecht ausgeführt – das Gerät akzeptiert nur einen Ladestrom von 1 A (werden potentere Ladegeräte angeschlossen, lässt sich der Akku nicht aufladen; ich finde, das sollte man wissen, um nicht einfach mit seinem aktuellen Handylader in den Urlaub zu fahren und dann das Radio nicht laden zu können).

Zu den Funktionen, die man bei so einem Gerät immer häufiger antrifft, gehört, dass das Radio auch als Bluetooth-Lautsprecher verwendet werden kann (alle drei Raddy-Geräte in meinem Besitz haben diese Funktion) und sich zudem Musik von der micro-SD-Karte wiedergeben lässt. Das RF757 mountet Karten mit einer Speichergröße von bis zu 256 GB und gibt die Formate MP3, WMA, WAV, APE sowie FLAC wieder. Neben diesen Features verfügt das Radio weiterhin über eine recht helle und damit annehmbare Taschenlampe und eine recht laute Notfallsirene (die man vermittels Schiebeschalter der Taschenlampe aktiviert und die man daher auch versehentlich mal aktiviert).

Ein kurzer Blick auf den Lieferumfang: Neben dem Radio, dem Akku und der Bedienungsanleitung findet sich ein mehr oder weniger brauchbarer Stereo-Ohrhörer, eine Handschlaufe und eine Drahtantenne für Kurzwelle und das USB-C-Ladekabel (nicht aber der Netzadapter) in der Schachtel.

Zur App-Steuerung: Das Gerät arbeitet mit einer App namens “Android-c”, die im Wesentlichen das Display und die Bedienelemente des Radios auf dem Handybildschirm abbildet. Sie ist im engeren Sinne also nichts anderes, als eine Fernbedienung für das Radio. Und als solche ist sie weitestgehend entbehrlich. Ich hätte erwartet, dass man per App Frequenzen programmieren, Timer setzen und ähnliche Funktionen mit dem Komfort eines Smartphones bedienen kann, das ist jedoch leider nicht der Fall. Ein Screenshot der "Radio-c"-App unter AndroidAktiviert man beim RF747 die Bluetooth-Funktion, so bekommt man am Handy zwei Bluetooth-Geräte angezeigt – eines ist die Verbindung zur Ansteuerung des Radios, die andere Bluetooth-Verbindung verhält sich wie ein Headset, man kann das Radio also als Freisprecheinrichtung verwenden und Musik über den Lautsprecher wiedergeben lassen. Diese Trennung ist eigentlich ganz schlüssig, gerade bei der Verbindung mit der Radio-C-App hatte ich allerdings immer wieder meine Probleme – zumindest dann, wenn man der App nicht dauerhaft gestattet, den Standort des Geräts abzufragen. An einer Stelle war mir die Steuerung per Software dennoch ganz angenehm, und zwar dann, wenn es um die Aufnahmefunktion geht. Diese lässt sich per App starten und stoppen und zeigt auch die gegenwärtige Dauer der Aufzeichnung an. Ersteres geht freilich auch am Radio, letzteres sieht man nur in der App.

Und damit komme ich auch schon zur Bedienung: Wie bei allen vernünftigen Kurzwellenradios haben wir es auch beim Raddy-Radio mit einem Gerät mit einer gewissen Komplexität zu tun. Man muss sich erst einmal an die Bedienung gewöhnen und sich mit den Funktionen vertraut machen. Zu behaupten, das Radio ließe sich einfach bedienen, wäre sicher nicht ganz richtig. Hat man sich aber einmal der Logik eines solchen Geräts geöffnet, kommt man aber recht gut damit klar. Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass beim Design dieses Radios die Weltempfänger von Sony Pate gestanden haben. Das Display des RF757 ist sehr auskunftsfreudig und nur bedingt gut abzulesen. Obwohl es gleichmäßig hintergrundbeleuchtet ist und die Blickwinkelstabilität für so ein klassisches Flüssigkeitskristalldisplay ganz prima ist, sind die vielen Symbole schon reichlich klein – Lesebrille bereithalten! Alle Betriebsmodi werden angezeigt, zudem verfügt das Radio über ein Thermometer, welches die Umgebungstemperatur anzeigt.
Die Frequenzabstimmung erfolgt nicht nur mit den großen Pfeiltasten, der Direkteingabe über die Zifferntastatur oder frei definierbare Frequenzsprünge, es gibt zusätzlich auch noch einen rückseitig hochkant verbauten, drehbaren Abstimmknopf mit fühlbarer Rasterung. Dieser Abstimmknopf, von Raddy als “seamless fequency control” bezeichnet, ist leider nicht ganz so “seamless”, wie der Name glauben macht: Bei jedem Rasterpunkt durchs Frequenzband ist der Empfang für einen ganz kurzen Moment, einen Sekundenbruchteil, unterbrochen. Man kann an diesem Empfänger also nicht so “durchkurbeln”, wie man das von analogen oder sehr hochwertigen digitalen Empfängern gewohnt ist. Ja, gewohnt… Für mich ist das schlicht eine Frage der Gewöhnung, mein letztes analoges Kurzwellenradio hatte ich 1999. Ab dann war die Abstimmung immer digital. Aber aus Gesprächen mit einem Radiofreund weiß ich, dass für manchen dieses analoge Feeling echt wichtig ist. Irgendwie kann ich das auch verstehen, die alten Kurzwellenprofis verlassen sich gerne eher auf ihr geschultes Gehör, als auf eine mehr oder weniger hohe Selektivität eines automatischen Bandscans.Raddy RF757

Empfang:
Den Empfang betreffend macht das Radio gerade auf der Kurzwelle eine hervorragende Figur. Ich würde den Empfänger, sofern man die mitgelieferte Drahtantenne (Länge rd. drei Meter) verwendet, sogar als sehr gut und schön empfindlich bezeichnen. Alle hier empfangbaren Auslandssender werden klar und laut empfangen, lediglich das Fading macht bei diesem Radio deutlich mehr Probleme, als mein Tecsun-Radio, das ich hier ja auch schon mal beschrieben habe. Der Kurzwellenscan geht superflott, lange Kurbeln durch die Bänder kann man sich sparen, freilich kann man auch die Frequenzen direkt eingeben. Daumen hoch, mit dem RF757 kann man sehr ordentlich Radio hören.
Im Mittelwellenbereich ist das Radio allerdings “relativ” taub, ein Problem, dass ich bei allen drei Raddy-Geräten wahrgenommen habe. Mich wundert ein wenig, dass der Mittelwelle in anderen Tests ein guter Empfang attestiert wird – ich habe ihn offen gesagt als eher mittelmäßig wahrgenommen.
Der Empfang im AIR-Band ist auch überraschend gut und klar, allerdings miss ich dazu sagen, dass ich keine vier Kilometer vom Nürnberger Tower entfernt wohne.
Im UKW-Band ist wieder alle prima, die Local/Distant-Schaltung funktioniert auch hier ausgesprochen gut.

Klang: Von einem so kleinen Gerät mit noch viel kleinerem Lautsprecher erwartet man hinsichtlich des Klangs keine Wunder – doch gerade in dieser Disziplin vermag der kleine Kasten zu überraschen. Denn der Lautsprecher klingt für seine Größe durchaus voll und angenehm. Raddy hat es sich nicht nehmen lassen, den Lautsprecher separat verkapselt zu verbauen und geräterückseitig einen klitzekleinen Bass-”Radiator” mit Passivmembran einzubauen. Ein lustiges Feature, das nun nicht allzu viel Gewinn bringt, den Ton dennoch ein wenig stützt. Nun liefert der Lautsprecher weder einen kräftigen Bass, noch möchte man mit diesem Radio ausdauernd Musik hören, trotzdem klingt es für seine Größe recht erwachsen, die Sprachverständlichkeit ist prima.Raddy RF757 - Rückseite

Aufnahmefunktion: Micro-SD-Karten mit einer Speicherkapazität von bis zu 256 GB soll das Radio mounten können – leider habe ich das nicht probiert, weil ich entweder nur größere oder wesentlich kleinere Karte zur Hand hatte. Mit einer 64 GB-Karte, die im Normalfall für die Aufzeichnung eine ganze Weile reichen sollte, funktioniert alles bestens. Die Aufnahme klappt auf allen Frequenzbändern, während der Aufzeichnung sind alle Tasten, außer der Lautstärketasten gesperrt.

Aufgezeichnet wird im MP3, bei 44.1 kHz und 160 kbps, stereo. Jetzt ist bei einer analogen Aufnahme hier freilich eine Art Limiter oder “auto level control” aktiv, die macht aber einen super Job. Leider wird in den Metadaten der Audiofiles nicht hinterlegt, wann oder auf welcher Frequenz die Aufnahme gemacht wurde. Bei vielen Files auf der Karte wird das nach einiger Zeit zum Ratespiel. Und dennoch: Die Aufnahmefunktion ist ein tolles und gut umgesetztes Feature.

Verarbeitung: Für sich genommen ist die Verarbeitung des kleinen Geräts recht ordentlich und bietet nur bei genauerem Hinschauen Anlass zur Kritik. Im Rahmen eines so ausführlichen Tests allerdings möchte ich mir doch die Zeit nehmen, tatsächlich einmal genauer hinzuschauen und dann fallen zwei Punkte ins Auge: Das Gehäuse ist nicht ganz verwindungsfrei und weist mehrere kleine, aber unschöne Spaltmaßabweichungen zwischen Vorderschale und Gehäuserückseitenteil auf. Das ist technisch erst mal kein Problem, alles funktioniert prima, mindert aber dennoch den optischen Eindruck. Dieses Manko bemerkt man aber nur bei sehr genauem Hinsehen. Der zweite Kritikpunkt ist die wirklich lumpige Ausziehantenne. Sie besteht aus vielen Segmenten und die sind teils recht biegsam und dünn. Das wäre sicher etwas besser gegangen. Auch die Hintergrundbeleuchtung des Tastenblocks fällt sichtbar unregelmäßig aus. Alles andere hingegen ist tadellos verarbeitet, insgesamt macht das Gerät nicht nur einen guten, sondern robusten Eindruck.

Fehlt etwas? Nun, es gibt mehrerlei, was ich mir von so einem Multifunktionsradio noch wünschen würde: Zum einen wäre da ein DAB+-Band. Ja, ich mag analoge Technik und bin nach wie vor fasziniert von der Kurzwelle, DAB+ ist aber im Alltagsgebrauch einfach verdammt praktisch. Und DAB-Empfang würde den Nutzwert so eines Geräts sehr steigern. Auch ein Langwellenband fände ich prima. Die Langwelle dümpelt gerade ziemlich vor sich hin, in Europa gibt es nur noch Sender in Großbritannien, Polen, Rumänien und Norwegen, aber aus nostalgischen Gründen fände ich es schon interessant, während des Urlaubs mal wieder Langwelle zu hören (früher, Anfang, Mitte der 90er bis in die 2000er habe ich oft den DLF auf Langwelle gehört, öfter als auf Mittelwelle). Bei der Aufnahmefunktion wünsche ich mir eine Timeraufnahmefunktion – gerade in Verbindung mit der App-Steuerung stelle ich mir das sehr gut programmierbar vor. Das Radio selbst bringt ja einen Wecker und einen Sleep-Timer mit, das wären doch ideale Voraussetzungen, um eine programmierbare Aufnahme zu integrieren. Wenn hier jemand von Raddy mitliest – ihr wisst, was ihr zu tun habt! Was allerdings ein echtes Manko ist, ist das Fehlen von SSB. Das sollte so nicht sein, die preisgleiche Konkurrenz von Tecsun etwa ist grundsätzlich mit SSB-Empfang ausgestattet. Und dann wäre natürlich noch chic, wenn das Radio nicht bei der Abstimmung bei jedem Frequenzschritt für den Bruchteil einer Sekunde muted, sondern sich einfach “durchkurbeln” ließe. Diese Funktion bleibt aber offensichtlich nur teureren Geräten vorbehalten.

Fazit: Mit der Firma Raddy hat ein neuer, fernöstlicher Akteur die Bühne der Hersteller kompakter, ernst zu nehmender Kurzwellenradios betreten. Mir gefallen die Tecsun- und Sangean-Geräte hinsichtlich ihres Bedienkonzepts und der Verarbeitungsqualität zwar besser, das ist aber auch immer ein wenig eine Frage des eigenen Geschmacks. Und letztlich ist das Raddy-Gerät mit einem Straßenpreis von etwas unter 100,- Euro auch recht günstig, vor allem, wenn man hier die vielfältigen Features des Radios bedenkt.

Neuer MP3-Player im Test: Der HIFI-WALKER M7

Haben MP3-Player heute eigentlich noch irgendeinen Nutzen, den ein mittelpreisiges (und in aller Regel vorhandenes) Smartphone nicht oder nicht so gut liefern kann? „Ganz dünnes Eis…“ möchte man denken, denn in aller Regel schneiden MP3-Player im Vergleich zu Smartphones relativ schlecht ab, schon alleine, weil sie gewöhnlich mit Streaming nicht umgehen können. Ein paar denkbare Einsatzzwecke gibts dennoch: Wer nicht streamen will und relativ viel Speicher für seine Audiodateien haben will, wer HiRes-Audio hören will und das Gerät gleichzeitig als DAC nutzen möchte und wer eine sehr lange Akkulaufzeit benötigt, der fährt unter Umständen mit einem klassischen MP3-Player nicht schlecht. Und dann liefern MP3-Player unter Umständen noch einen Nutzen: Sie sind nicht selten einfach besser bedienbar. All diese Gründe lassen mich auch heute noch regelmäßig ein solches Gerät benutzen und all diese Gründe rechtfertigen auch im Jahre 2024 noch eine Beschäftigung mit dieser Gerätekategorie.

Mit der Konkurrenz durch Smartphones sind natürlich auch die Erwartungen an einen MP3-Player gewachsen. Mein Leib- und Magen-Hersteller solcher Geräte war in den vergangenen Jahren die Marke FiiO, dort konzentriert man sich aber mittlerweile auf die Produktion hochwertiger Kopfhörer, Kopfhörerverstärker und DACs. Andere Player chinesischer Provenienz betreten die Bühne und versuchen, diesen Nischenmarkt zu bedienen. Ab und an beißt mich dann die Sau und ich bestelle mir ein solches Gerät zum Test. Mit dem Phinistec Z6 legte ich dabei im letzten Jahr einen ordentlichen „Bauchplatscher“ hin.

Heute darf der Player mit der Typenbezeichnung M7 des chinesischen Herstellers HIFI WALKER zeigen, was er kann. Und um es vorwegzunehmen: Er zeigt eigentlich eher, was er nicht kann.

Das Gerätchen ist brandneu erschienen, kostet knappe 50,- Euro und bringt an Features vermeintlich alles mit, was man sich wünscht: Ein schmales Metallgehäuse mit Touchbedienung und großem, scharfem Display, 64 GB interner Speicher, erweiterbar per microSD-Karte, UKW-Radio, Aufnahmefunktion und ein Akku mit 500 mAh Kapazität, der den Player rund dreißig Stunden lang powert, dazu ein kleiner eingebauter Lautsprecher und die Möglichkeit, nicht nur MP3s und WMA-Dateien, sondern eine Vielzahl an Lossles-Formaten wiederzugeben, machen das Angebot attraktiv. Und es gibt, das ist mittlerweile so üblich, freilich auch die Möglichkeit, Bluetooth-Kopfhörer und Boxen drahtlos mit dem Player zu koppeln. Es ist klar: Wenn so ein Gerät einen Fuffie kostet, müssen irgendwo Kompromisse gemacht werden. Welche das sind, das wird mich noch sehr überraschen.

Die erste positive und negative Überraschung stellt sich schon bei der Inbetriebnahme heraus: Soll der Player lt. Herstellerbeschreibung lediglich Karten bis 128 GB mounten, so hat er beim Einlesen und Erstellen einer Musikbibliothek einer gut gefüllten 256 GB-Karte keinerlei Problem. Die andere Überraschung ist eher unangenehmer Natur: Das versprochene FM-Radio gibt es schlicht nicht. Nix, nada, niente. Das ist ein Player ohne Radio. Das ganze Angebot fühlt sich schon wieder so richtig nach Chinaranz an – was soll man von einem Hersteller halten, der es nicht mal hinbekommt, eine vernünftige und zutreffende Produktbeschreibung ins Netz zu stellen?

HIFI WALKER M6 - Angebotsseite bei Amazon

HIFI WALKER M6 – Angebotsseite bei Amazon

Wen nimmt es Wunder, dass man im Lieferumfang das Sportarmband nicht findet? Und freilich ist auch eine Aufzeichnung vom Line-Eingang nicht möglich, denn: Es gibt keinen.
Das mit dem fehlenden Sportarmband ist verschmerzbar, dass die Produktbeschreibung aber so eklatante Fehler aufweist, nicht.

Schauen wir uns die Hardware an: Die macht einen soliden, um nicht zu sagen solitären Eindruck: Der Player ist von einem solide wirkenden Metallgehäuse eingefasst, das sich angenehm und schwer anfühlt. Die seitlichen Bedientasten sind ebenfalls aus Metall, sie sind logisch angeordnet und haben einen angenehmen Druckpunkt. Das Display ist schön groß und bestechend scharf. Der vergoldete Kopfhörerausgang bietet dem 3,5 mm-Klinkenstecker besten Kontakt. Das Finish der Touch-Oberfläche ist makellos, zudem ist eine dezente Schutzfolie bereits aufgebracht. Alles prima!

Lässt sich mit dem fehlenden Radio und der fehlenden Line-In-Aufnahmefunktion vielleicht doch leben? Nun, die Software des Players, auch wenn das UI des Players ein klein wenig gefälliger wirkt, als das des Phinsitec, erinnert mich doch verheerend an selben, denn es tritt derselbe Fehler auf, den schon der Z6 hatte:
Wer nicht ausschließlich mit Playlists arbeiten will (und wer will das schon?), kann die Dateien in den jeweiligen Ordnern ansteuern, der bordeigene “Dateibrowser” tut den Job prinzipiell, aber leider nicht ganz fehlerlos: Wurde ein Album in einem Ordner wiedergegeben, folgt nicht der nächste Ordner, sondern der Player wiederholt einfach die Dateien im Ordner. Dieses Verhalten lässt sich dem Gerät auch nicht durch eine Änderung den Wiederholungseinstellungen aberziehen. Zudem werden die Dateien nicht in der Reihenfolge, in der sie auf der SD-Karte abgelegt sind, wiedergegeben, sondern der Player hat den alten „Dateinamenfehler“ und spielt die Dateien in der Ordnung „1, 11, 2, 21…“ Wenn Player der „early 2000s“ solche Bugs haben, war das verschmerzbar, heutzutage darf das nicht mehr vorkommen. Ich habe das Gefühl, dass im Phonostec und im HIFI WALKER genau die gleiche buggy Software werkelt – nur das Erscheinungsbild hat ein dezentes Makeover bekommen.

Der Klang konnte mich ebenfalls nicht überzeugen, wirkt er doch undifferenziert und reichlich verhangen. Darüber rettet auch die Vielzahl der Lossles-Formate, die der Player abzuspielen vermag, nicht hinweg; was nutzt mir HiRes-Audio, wenn es am Ende nach LoFi klingt? Auch der bordeigene Equalizer, der mit etlichen Presets aufwartet, bringt hier kaum Linderung.

Der Datenzugriff per USB-C auf den Player funktioniert, ist aber, wen wollte es wundern, geschwindigkeitsmäßig etwas gemütlich. Geladen werden kann dieser Player nur mit Netzteilen mit einem Ladestrom bis zu 1 A, ist der Ladestrom höher, wird nicht geladen. Daran kann man zweifelsfrei erkennen, dass es sich zwar bei der Buchse um USB-C handelt, dieser Anschluss aber nicht den entsprechenden Spezifikationen genügt – ein Problem, dass nicht nur dieser Player, sondern auch viele weitere chinesische No-Name-Geräte haben.

Und so komme ich schon wieder zu einem ernüchternden Fazit: Auch der HIFI-WALKER M7 war ein Griff ins Klo. Die Hardware selbst ist sehr ordentlich, der Klang bestenfalls Mittelmaß, die Software aber ist ein Elend. Da fällt die fehlerhafte Produktbeschreibung, die Dinge verspricht, die der Player nicht halten kann, schon kaum mehr ins Gewicht. Einige Ansätze waren sehr vernünftig – aber letztlich kann das Gerät nicht überzeugen.

Wirtshaus-Explorer: Falko Manufaktur

Nun, um mit all den Malaisen und Miseren, mit denen wir uns gegenwärtig so gehäuft konfrontiert sehen, adäquat umgehen zu können, soll zwischenzeitlich auch der Genuss nicht vergessen sein – und vor knappen zwei Wochen hatten wir dank kundigem Rat eines alten Freundes die Gelegenheit, eine Lokalität aufzusuchen, die wir ohne diesen Fingerzeig wohl links liegen gelassen hätten: Die Manufaktur Falco in der nahe dem Nürnberger Hauptbahnhof gelegenen Luitpoldstraße.

Bevor ich ein wenig darüber erzähle, wie es uns dort geschmeckt hat, kurz, warum wir an dieser Lokalität fast vorbeigestiefelt wären: Pizza ist seit meiner Kindheit oft und gerne gegessener Bestandteil meines Speiseplans, ein unangefochtener Klassiker, der freilich gewissen Mindeststandards genügen muss, der aber fest mit Bodenständig assoziiert bleibt und der vor allem keiner besonderen Aufwertung durch wie auch immer geartete Marketingmaßnahmen oder anderes Chichi bedarf. Wer meint, eine profane Pizza aufwerten zu müssen, um sie mit einem deutlich überdurchschnittlichen Betrag auspreisen zu können, ist darum schnell in der Gefahr, Opfer meines Argwohns zu werden. Gewöhnlich meide ich Edelpizzerien, nur allzu oft wurde ich von ihnen enttäuscht, nur allzu oft konnten sie die von ihrem klangvollen Namen und der Speisekarte implizit gegebenen Versprechen nicht einhalten.

Nicht so in der Pizzamanufaktur. Hier diniert es sich freilich zu selbst für Nürnberger Innenstadtverhältnissen relativ gehobenen Preisen, dafür aber gelingt der Küche ihr Handwerk – die Pizzen sind unverschämt gut!

Bei unserem Besuch habe ich mich für die Variante „Hellboy“ entschieden, es wird eine Pizza auch unnachahmlich feinem, lockerem Teig an den Tisch gebracht, wunderbar schmelzender Mozzarella Fior die Latte ruht auf geschmacklich intensiven und unglaublich fruchtigen Tomaten, die scharfe Salami sucht ebenfalls ihresgleichen. Auch den anderen Tischgenossen schmeckte es ausgezeichnet – es scheint darüber hinaus, dass man die Qualität in der Manufaktur halten kann. Dazu serviert man einen ganz ausgezeichneten Primitivo, schön dicht, fruchtig, von einer angenehmen Samtigkeit und einer gewissen Gravitas – hervorragend passend.

Die Pizzakreationen, das schätze ich sehr, sind allesamt traditionell, es fehlt aber nicht an der gewissen Raffinesse. Und so bekommt man auch eine Pizza mit sechs Käsen, eine Kombination aus Parmesan und gehobeltem schwarzen Sommertrüffel, eine klassische Calzone…

Das wirklich stylishe Restaurant, das sich selbst als Pizzabar bezeichnet, ist in einem heute in quasi neuem Glanz erstrahlenden Gebäude, das vor noch nicht allzu langer Zeit eine durchaus fragwürdig beleumundete Spelunke mit dem Namen „Stage 2000“ beherbergte, eine Lokalität, deren wesentliche „Sehenswürdigkeiten“ sich auf Porno-, Kabinenkinos und einen Drehteller, auf dem interessierte Zeitgenossen von auf selbem drapierten, spärlich bekleiden Damen die Auslage präsentiert bekamen, untergebracht. Solche Zeiten sind freilich längst vorbei, in der immer prosperierenden Luitpoltstraße gibt es meiner Kenntnis nach nur noch einen einzigen Amüsierbetrieb dieser Art. Und die Manufaktur fügt sich in das nun quasi zur Gänze gewandelte Ambiente hervorragend ein.

Eigentlich habe ich nur einen einzigen Kritikpunkt, der muss aber einmal in all seiner Brisanz formuliert sein: Nulldreiunddreißiger Biere ausgeschenkt zu bekommen kann ein Franke nur als Affront gegen die hiesige Trinkkultur und die vorherrschenden fränkischen Sitten der Gastlichkeit werten. Hier ist dringender Änderungsbedarf angezeigt: Ein Bier in der Größe 0,33l hat in unseren Breitengraden grundsätzlich nichts verloren, über diesen Fauxpas rettet auch der Umstand, dass es sich um ordentliches Schanzenbräu handelt, nicht hinweg.

Insgesamt eine schöne, eine sehenswerte Location mit hervorragenden Pizzen, die ich empfehlen kann. Eine Reservierung ist empfohlen.

Falco Manufaktur, Luitpoldstraße 12, 90402 Nürnberg, Telefon: 477 37 8 40

Angetestet: Raddy RF886 – ein brauchbarer Weltempfänger für ein Taschengeld

Der Kurzwellenempfang gehört zu meinen langjährigen, wenn auch mittlerweile nur gelegentlich gepflegten Hobbys, mit dem ich in den 2010er-Jahren immer mal wieder längere Zeit pausierte, weil es mit der Kurzwelle nicht zum Besten stand. Im Zuge des Ukrainekriegs ist gegenwärtig wieder etwas mehr auf Kurzwelle los, so bunt und vielfältig wie es in den 1990er-Jahren noch war, wird es aber wohl nicht mehr werden. Und dennoch: Lasst uns KW hören, solang dort noch etwas los ist. Und los ist allen Unkenrufen zum Trotz noch immer einiges – mit einfachen Mitteln lässt sich die BBC, Russland, China und die Türkei hören.

Dieser Tage kreuzte ein interessanter Empfänger chinesischer Provenienz zu einem Kampfpreis von 33,- Euro meinen Weg: Ziemlich klein und dennoch ein vollwertiger Weltempfänger – das ist das Raddy RF886 Kurzwellenradio. Ein kleines und kompaktes Radio mit großem Funktionsumfang und eingebauten Akku für ein Taschengeld – da musste ich doch zuschlagen.

Die Handelsmarke Raddy ist unter den Radiofreunden nicht mehr ganz unbekannt, der Hersteller, der insbesondere über Amazon sogenannte Notfallradios und DAB-Radios zu günstigen Preisen anbietet, liefert mit dem RF886 nun ein weiteres Modell, einen Taschenempfänger, der sich als durchaus vollwertiger Weltempfänger erweisen soll. Die empfangbaren Frequenzen:

  • Ultrakurzwelle: 64-108 MHz
  • FM: 30,00-199,975 MHz (ein separates Wetterband in diesem Bereich ist ebenfalls vorhanden)
  • Mittelwelle: 520-1710 kHz
  • Kurzwelle: 3.20-21.95MHz

Alleine an diesem nicht für den europäischen Markt angepassten Frequenzbändern sehen wir, dass das in einer Faltschachtel mit einer 3-Meter-Drahtantenne mit Krokoklemme und einem USB-Ladekabel gelieferte Radio einfach über den ganzen Globus vertrieben wird.

Ein paar Worte zum Empfang: Die Empfangsqualität auf UKW ist gut, über Mittelwelle erstaunlicherweise unterdurchschnittlich und auf Kurzwelle immer noch sehr gut. Die beigelegte Drahtantenne bringt einen recht deutlichen, hörbaren Gewinn, die etwas kurze und wenig flexible Stabantenne des Radios macht sie quasi unverzichtbar. Ohne separat anclipsbare Antenne ist der Empfang allenfalls nur durchschnittlich. Das Fading der Stationen fand ich bei diesem Gerät ausgeprägter als bei anderen Empfängern, allerdings muss man fairerweise dazu sagen, dass mein anderes, regelmäßig genutztes Kurzwellenradio über eine recht aufwendige digitale Signalaufbereitung verfügt. Das hat dieses kleine Taschenradio natürlich nicht. Und auch wenn Euch mein durchaus kritischer Unterton nicht verborgen geblieben sein wird: Für das aufgerufene Geld sind wir hier sehr solide unterwegs.

Vom Klang eines so kleinen Gerätes darf man freilich keine Wunder erwarten, da man über MW und KW aber in der Regel keine Musik hören wird, ist das, was der Lautsprecher da zu Gehör bringt, durchaus ausreichend. Zusätzlich gibt es noch sechs Equalizer-Stufen, die den Klang und die Sprachverständlichkeit merklich verbessern – man möchte den Eindruck haben, dass der Equalizer wirklich auf den verbauten Lautsprecher angepasst wurde (was heute leider nicht mehr selbstverständlich ist).

Was macht nun dieses kleine Radio so interessant, so besonders? Nun, zuerst einmal ist da der Formfaktor: Dieses kleine Gerät ist wie gemacht für Reisen, für die Nutzung auf dem Balkon und der Terrasse. Man kann es problemlos in die Brusttasche stecken, auch wenn die dann etwas ausgebeult. Man muss keinen Batterievorrat mit sich herumtragen, das Gerät erhält seinen Strom über USB-C, damit lässt sich auch der eingebaute Akku aufladen.
Ein Sleeptimer und ein Wecker sind ebenfalls mit an Bord – und nicht zuletzt kann man dieses Radio auch noch als Bluetooth-Lautsprecher verwenden. Damit hat man unterwegs eigentlich alles beisammen, was man als ambitionierter Radiohörer braucht und schätzt.

Und dann gibt es auf der Oberseite sogar noch eine Taschenlampe, die mit zwei LEDs einen kräftigen Lichtstrahl liefert und sehr zu meiner Überraschung richtig brauchbar ist. Mit einem zweiten Druck auf die seitlich angebrachte Lampentaste morsen die LEDs das „SOS”-Lichtsignal, bei langem Druck auf die Taste erklingt ein lauter Alarmton.

Wird man als interessierter Kurzwellenhörer mit diesem kleinen Radio glücklich? Sagen wir mal so: Ich habe schon wesentlich schlechtere und empfangsschwächere Radios gesehen.

Für die etwas mehr als dreißig Euro, die für dieses Gerät aufgerufen werden, bekommt man erstaunlich viel Radio. Man muss natürlich sagen, dass man heute für unter hundert Euro ein Taschengerät mit digitaler Stabilisierung, kaum Fading, externen Antennenanschluss und vor allem Frequenzdirekteingabe erhalten kann – ebenfalls mit Akku (sogar tauschbar). Mein Tecsun erfüllt diese Kriterien, darüber hinaus bekommt man vergleichbare Geräte aber auch von Degen, aber auch z.B. den XHDATA D808 oder, wenn es etwas günstiger sein soll, D109.

Man muss also überlegen, was man möchte und braucht. Und dennoch ist dieses Gerät einfach, klein, leicht bedienbar und von guter Verarbeitung – und das Ganze um den Preis eines Taschengeldes. Und dann ist da noch der Frequenzbereich von 30,00-199,975 MHz, mit dem man hierzulande zwar nicht allzu viel anfangen kann (in der Nähe von Flughäfen senden die Tower hier Wetterinfos, aber eben in AM), aber in den USA werden z.B. in diesem Frequenzband die Wetteraussendungen der National Weather Organization ausgestrahlt, für die es aber auch einen eigenen WB-Bereich gibt, wie zuvor erwähnt, hierzulande ohne Nutzwert… Das könnte also durchaus von gesteigertem Interesse für Reisende sein.

Wer sich als Einsteiger der Kurzwelle annähern will und das mit einem sehr kompakten Gerät tun möchte, findet im RF886 einen perfekten Partner, verwendet man die mitgelieferte Drahtantenne. Der gegenwärtige Straßenpreis beträgt 33,- Euro, mit etwas Geduld erhält man für solche Geräte bei Amazon auch Aktionsgutscheine von 15 oder 20 Prozent, im Radioddity-Shop kostet das Gerät gerade 30 US-Dollar.

Wirtshaus-Explorer: Gaststätte Bienenheim, Nürnberg-Zerzabelshof

Wenn wir nicht den Tipp bekommen hätten, dass, gut versteckt mitten in Zerzabelshof am Rande einer Kleingartenkolonie und eines Wäldchens, unweit des Goldbachs und der Diehl-Villa, das Restaurant Bienenheim, ein klassisches griechisches Lokal mit guter, bodenständiger Küche liegt, wir hätten uns wohl nie in diesen durchaus entlegenen Zipfel Zabos verirrt. Das Bienenheim ist ein überraschend großes Restaurant (von außen sieht es viel kleiner aus, als es tatsächlich ist) und hat einen großen, wunderschönen Biergarten, in dem man im Sommer lauschig unter alten Bäumen sitzt.

Restaurant "Bienenheim", Nürnberg-Zerzabelshof

Obschon seit mindestens 15 Jahren das Restaurant in diesen Räumlichkeiten zu finden ist, ist der Gastraum modern und großzügig gestaltet, auch das Nebenzimmer vermittelt durch das dunkel gehaltene Interieur und das gedämpfte Licht eine ruhige und gepflegte Atmosphäre. Man sitzt an großzügigen Tafeln, der Service ist freundlich und flott. Besonders schön, wie eingangs schon erwähnt, ist allerdings der Biergarten. Schöne Biergärten sind in Nürnberg nicht mehr allzu häufig anzutreffen, der im Bienenheim ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Angeschlossen ist ein kleiner Kinderspielplatz und einige Parkplätze (wenn das Restaurant gut besucht ist, muss man sich allerdings in der Regel einen Parkplatz im Viertel suchen, was sich nicht immer ganz einfach gestaltet).

Restaurant "Bienenheim", Nürnberg-Zerzabelshof, Innenansicht I

Nürnberg-Zerzabelshof, Innenansicht II

In den letzten Jahren waren wir immer wieder im Bienenheim, einfach, weil die Küche konstant gutes, griechisches Essen serviert. Zu unseren persönlichen Highlights gehören die Vorspeisenplatte, die in ihrer Varianz und auch in ihrer Portionsgröße durchaus schon als Hauptspeise durchgehen kann und der Klassiker „Gyros-Calamari“ (17,50 Euro), das Gyros immer frisch und knusprig, die Calamares leicht und mild paniert und auf den Punkt frittiert. Dazu reicht man einen hervorragenden Krautsalat und auch ein schmackhafter Klecks Zaziki findet sich auf dem Teller. Klar, das klingt jetzt erst einmal völlig unspektakulär – und das ist es im Kernwohl auch, aber so wie das Gericht im Bienenheim angeboten wird, ist es vor allem eines: unheimlich lecker! Zum Vorspeisenteller (14,50 Euro): Fein die gefüllten Weinblätter (Dolmades), Tiropitakia und vor allem die hausgemachte Oliven- und Fetacreme an gegrillten Zucchini, Auberginen und Paprika sind wunderbar schmackhaft.

Bienenheim Nürnberg-Zerzabelshof, Mixteller Gyros-Kalamari

Bienenheim Nürnberg-Zerzabelshof, Vorspeisenteller für eine Person

Weithin bekannt (und beliebt) sind auch die fränkischen Gerichte, die allerdings nur Sonntagmittag serviert werden: Schäufele, Schweine- und Jägerbraten. Als Geheimtipp gilt die geschmorte Lammhaxe und als Nachspeise Galaktoboureko (6,50 Euro, konnte uns bei unserem letzten Besuch allerdings nicht ganz überzeugen).

Man schenkt Biere der Brauerei Tucher aus, das Seidla Urfränkisch Dunkel schlägt mit 3,90 Euro zu Buche, ein Hefeweizen kostet 4,- Euro und 0,2l einfacher Silvaner (nicht so großzügig eingeschenkt, wie man es anderen Ortes gewohnt ist) kostet 5,50 Euro.

Das Bienenheim mag vielleicht kein Repräsentant der Haute Cuisine sein, aber dort wird seit Jahren konstant gute Qualität abgeliefert – das Essen ist schmackhaft, deftig, die Portionen ordentlich und die Preise vertretbar. Und um solche Adressen ist man heutzutage ja schon sehr dankbar.

Restaurant Bienenheim, Adalbert-Stifter-Straße 1, 90480 Nürnberg, 0911 / 40 64 90

Wirtshaus-Explorer: Quattro Stagioni, Nürnberg-Veilhof

Was wären unsere Nürnberger Stadtteile ohne die alteingesessenen Wirtschaften, die kleinen, familiengeführten Restaurants, ohne die Gäste aus der Nachbarschaft? Sicher weniger lebenswerte, langweiligere und ärmere Orte. Und so gilt es heute, auf eines jeder Lokale ein Loblied zu singen, das genau so ein wunderbares gastronomisches Angebot inmitten des Stadtteils Veilhof macht – das Quattro Stagioni, ein im besten Wortsinne familiär geführtes italienisches Restaurant inmitten des Viertels.

Den stets fröhlichen und so begeistert lächelnden Küchenchef des „Quattro“, Gianni, kennt man im Viertel. Gianni ist mehr als nur Koch – er ist ein begeisterter Vermittler der italienischen Kulinarik, und das immer mit einem Augenzwinkern und einem sicheren Gespür für die Bedürfnisse seiner Gäste und er ist die Seele des Restaurants. Man merkt sofort, dass Gianni seine Küche, seine Berufung liebt – das schmeckt man und so ist sein Restaurant seit zwanzig Jahren immer gut besucht.

Quattro Stagioni, Nürnberg

Der an der Heerwagenstraße/Ecke Geuderstraße gelegene Italiener hat nicht nur einen großzügigen Gastraum mit Nebenzimmer, sondern im Sommer auch einen typischen Hinterhofbiergarten, man sitzt lauschig inmitten der alten Mietshäuser unter einem großen Baum und genießt einen frischen Rosé oder ein Bier (der Brauereien Zeltner bzw. Tucher).
Auf der großen Speisekarte finden wir all die italienischen Klassiker, die wir kennen und lieben, seien es Bruschette, sei es die Pizza Salami, Calzone (alle aus dem Steinofen) oder die berühmten Spaghetti Carbonara.

Die echten Spezialitäten der Küche de Quattro Stagioni offenbaren sich aber auf der Tageskarte, die handgeschrieben auf großen Kreidetafeln im Restaurant zu finden sind. Hier stehen je nach Jahreszeit Fischgerichte (Dorade, Dorsch), Muscheln, Gerichte mit frischen Pilzen (so zum Beispiel Steinpilzrisotto), hausgemachte Nudeln und andere Köstlichkeiten angeschrieben. Und wenn man einen Sonderwunsch hat – Gianni erfüllt ihn gerne. Man sitzt also beim Stadtteilitaliener in normalem Ambiente und kann kulinarisch extravagieren – wo gibt es das heute noch?

Besonders angelegentlich möchte ich, sofern sie auf der Tageskarte steht, die Kalbsleber venezianischer Art empfehlen. Die leichte Weißweinsoße, die glasierten Zwiebeln und die in milder Salbeibutter geschwenkten Tagliatelle harmonieren so perfekt, so angenehm mit der auf den Punkt gebratenen, zarten Leber, dass es wirklich ein Hochgenuss ist.

Leber venezianische Art, Quattro Stagioni, Nürnberg

Manche Zutat bringt der Küchenchef selbst aus Italien mit, die Gerichte werden alle frisch zubereitet. Dass, ist das Restaurant voll, man durchaus auf sein Essen warten muss, ist der Preis dieser frischen Küche.

Hausgemachte Spaghetti Amatriciana, Quattro Stagioni, Nürnberg   Pizza Salsiccia picante, Quattro Stagioni, Nürnberg    Pizza Calzone, Quattro Stagioni, Nürnberg    Pizza Salami, Quattro Stagioni, Nürnberg

Preislich bewegt sich die hochanständige Küche im Mittelfeld und so ist das Restaurant zumeist gut frequentiert – da empfiehlt sich auf jeden Fall eine telefonische Tischreservierung.

Restaurante Pizzeria Quattro Stagioni, Heerwagenstraße 21, 90489 Nürnberg, Telefon: 0911 / 28 57 658

15 Jahre blog.fohrn.com

Late to the Party? Vielleicht ein wenig – denn dieses Weblog (um einmal die vollständige Bezeichnung zu verwenden) feierte seinen 15. Geburtstag bereits am 30. November 2023. Eine Rückschau habe ich mir seinerzeit mit Verweis auf den Beitrag zum 1000. Post gespart – dennoch möchte ich heute die Gelegenheit wahrnehmen, im 15. Jahr der Existenz dieses Blogs ein wenig Rückschau zu halten – auf das Bloggen allgemein, auf dieses Blog im Speziellen und auf das, was sich zwischenzeitlich so alles getan hat.

Mit Blogs, mit WordPress arbeite ich seit etwa 2004. Damals richtete mir ein Freund das erste Blog unter der Domain „fohrn.com“ ein, es überdauerte meine Studienzeit allerdings nicht und darf heute als verschollen gelten, auch, weil ich die Daten seinerzeit nur spärlich sicherte und heute nicht mehr finde. Darüber bin ich nun nicht allzu traurig, denn regelmäßig drehten sich die Posts um Studieninhalte und waren allenfalls für einen kleinen Personenkreis an meiner Hochschule interessant. Und dennoch hat mich das, was man weiland als „Web 2.0“ bezeichnete, nie ganz losgelassen – und so wagte ich 2008 eben mit diesem Blog einen Neustart – einfach, weil ich ein paar Sachen in WordPress ausprobieren wollte. Und dann ist mir diese Seite irgendwie geblieben.

Die ersten deutschsprachigen Blogs kamen ja schon Ende der 90er-Jahre auf, so richtig losging es nach meiner Wahrnehmung mit dem Bloggen im deutschsprachigen Raum allerdings erst 2003, 2004. In seiner Blüte stand das, was man gemeinhin als „Web 2.0“ bezeichnen mag – so mein persönliches Gefühl und daher auch meine gefühlte Datierung – in etwa von 2005 bis vielleicht 2010, 2012. Und dennoch sind Weblogs bis heute sehr lebendig und erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit – auch wenn ihnen um das Jahr 2006 große Konkurrenz durch diverse „Social Media“-Kanäle erwuchs.

Mein „Restart“ 2008 fällt also vielleicht schon ins Abklingen der Hochphase dieser Entwicklung, allerdings war und ist meine Faszination für das Bloggen, für das „selbst publizieren“, für die journalistischen, gesellschaftlichen und technischen Aspekte dieses Phänomens, die niedrigschwellige Möglichkeit, mit Leserinnen und Lesern, Nutzerinnen und Nutzern in Dialog zu treten, bis heute ungebrochen. Und so wurde dieses Weblog auch regelmäßig gepflegt, auch wenn es bisweilen „schwache“ Jahre mit wenig Output gab. Das schon fast anachronistisch klassische Design dieses Blogs habe ich, getragen von ebenjener Faszination für das Web 2.0, absichtlich beibehalten. Auch wenn man heute Designs im Magazinstil bevorzugt, sich selbst als „Personenmarke“ aufbaut und das Blog mittlerweile landläufig zu einem Teilaspekt der eigenen Internetpräsenz geschrumpft ist, widersetze ich mich diesem Trend in allen vorgenannten Punkten ganz bewusst. Das Web 2.0 vor zehn, fünfzehn Jahren war vielleicht nicht chic – aber funktional. Und so hat dieses Weblog im Wesentlichen nur zwei große Designänderungen erfahren, das dreispaltige Design hat mir lange Jahre gute Dienste geleistet, nun, seit 2017, verwende ich ein noch reduziertes, zweispaltiges klassisches Template. Denn es tut seinen Job und das Blog ist auf den ersten Blick als solches erkennbar.

Screenshot vom November 2009, aus der Internet Wayback Machine

Nach den Blütetagen kam der Katzenjammer. Viele Blogs sind in den „Zehnerjahren“ den Weg alles Irdischen gegangen. Das mag zum einen an der geringer werdenden Leserschaft gelegen haben (zu Spitzenzeiten hatte ich auf dieser Seite 40.000 unique visits am Tag, heute sind es im Mittel knappe tausend), das mag daran gelegen haben, dass viele Inhalte in diverseste Social-Media-Kanäle abgeflossen sind und das mag auch daran gelegen haben, dass Blogs mehrheitlich „One-Man-Shows“ sind. Damit sind sie aber immer latent gefährdet, weil sie dann vor sich hindümpeln, wenn sich die Lebensprioritäten ihrer Betreiber verschieben oder verändern. Auch dieses Blog stand zwei, dreimal vor dem Aus. Dazu ist es nicht gekommen – ich habe es nicht gelöscht, weil mich der Betrieb fast nichts kostet, die Serverkosten trage ich ohnehin. Es ist geblieben. Als ich mir überlegte, das Bloggen aufzugeben, wollte ich diese Seiten aber nicht einfach so löschen, sondern quasi als „Archiv“ stehen lassen. Und dann sind halt doch immer wieder Inhalte dazugekommen.

Mir scheint, dass das Bloggen in den Jahren Corona-Pandemie und besonders in den Monaten der „Lockdowns“ zu einer kleinen Renaissance gekommen ist. In diesen Lockdowns hatten viele Blogger ja Zeit und Gelegenheit, nicht nur zu bilanzieren, sondern auch Hand an Blog und Technik anzulegen und den etwas verschütteten Projekten neues Leben einzuhauchen. Bei mir was das ein wenig anders, Corona hat zuerst einmal mein Arbeitspensum ganz spürbar in die Höhe getrieben – aber ich fand mich plötzlich wieder in bester Gesellschaft ringsum wiederauferstehender Blogs. Und das motiviert schon, bei der Stange zu bleiben.

Und dennoch gibt es Monate, da poste ich gar nichts. Warum? Nun, oft fehlt es an der Zeit. Und oft wandern Inhalte, wie vorhin bereits angedeutet, in ganz andere Kanäle – wo sie manchmal besser aufgehoben sind, manchmal aber leider auch versickern. Es ist, wie es ist. In Franken gab es mal die Ironblogger, die einem eine freiwillige Pönale auferlegten, sofern man nicht mindestens einen Post pro Woche abfasste. Diese „Disziplinierungsmaßnahme“ hat bei mir freilich wenig gefruchtet; ihnen schulde ich infolgedessen noch drei Bier. Oder vier.

Nun ist es aber an der Zeit, eine kurze Rückschau zu halten auf die vergangenen 15 Jahre und was die Welt und dieses Blog in dieser Zeit so alles bewegte:

2008 wurde das Betriebssystem Android zum ersten Mal veröffentlicht. Zum damaligen Zeitpunkt war sein bahnbrechender Erfolg noch nicht ausgemacht, neben iOS war auch palmOS durchaus noch eine Alternative – und dann gab es ja auch noch die Blackberrys und Symbian. Deren Genese bzw. Dahinscheiden begleitete ich in den frühen Tagen dieser Seite sehr aufmerksam. Gerade mit Palms und ihren OS arbeitete ich anderthalb Jahrzehnte äußerst gerne und produktiv.
Der November 2008 war auch weltpolitisch durchaus von einem Hoffnungssignal geprägt, Barack Obama wurde Präsident der USA. Die Weltfinanzkrise hält in diesen Jahren die Welt in ihrem Würgegriff – wir haben, obschon wir die Chance hatten, aus ihr nichts gelernt. Wer dem Kapitalismus nicht die Zügel anlegt, wer nicht das Seinige tut, ihn zu überwinden, der muss ihm unweigerlich zum Opfer fallen.

2009 rettet man sehenden Auges nicht nur die „Hypo Real Estate“, auch die Dresdner Bank wird mit der ebenfalls schwächelnden Commerzbank fusioniert. Das einstmalige „Großversndhaus Quelle“ in Nürnberg und Fürth ist pleite. Das Kölner Stadtarchiv stürzt ein, auch in Nürnberg ist man alarmiert, wird doch gerade am Friedrich-Ebert-Platz die U3 gebaut. Der Amoklauf von Winnenden beschert uns immer noch keine schärferen Waffengesetze. Palm versucht, sich mit dem durchaus innovativen Modell „pre“ zu retten, der Versuch misslingt, dafür kommt das „G1“ als erstes Android-Telefon in die deutschen Läden. Unterdessen wird Wikileaks zur wichtigsten Website der Welt – und steht umgehend unter Beschuss.
Der Glubb steigt 2009 in die erste Liga auf.

Die Nürnberger U-Bahn wird 2010 abermals umgestellt, der weltweit einmalige und technisch komplizierte Mischbetrieb von menschengesteuerten Wagen und automatisiert fahrenden Zügen wird zugunsten der durchgängigen Automatisierung der Linien U2 und U3 eingestellt. Die erste Withings-Waage steht in den Regalen. Dreizehn Jahre später (!) werde ich mir auch so eine kaufen. Marshall launcht seinen ersten Kopfhörer – die Serie wird ein Kassenschlager. Googles „StreetView“ kommt – die Bürger sind sensibel und untersagen allerorten dem Konzern die Nutzung der Aufnahmen. Dreizehn Jahre später interessiert sich dafür keine Sau mehr. Die Piratenpartei, die unlängst erst einen kometenhaften Aufstieg erlebte, beginnt zu kentern. Das Loveparade-Unglück trifft viele ins Mark. Palm wird von HP übernommen. Gerettet hat sie das nicht. Die Mittelformat-Plastikkamera „Holga“ sorgt unter den Fotonerds für Furore, die „Lomographie“ erlebt ein Revival. Das erste iPad kommt in den Handel. Ich kann dem Gerät bis heute nichts abgewinnen, hinsichtlich der Bedeutung von Tablets für das persönliche Entertainment habe ich mich allerdings damals gehörig verschätzt. Könnt ihr eigentlich noch „Eyjafjallajökull“ aussprechen?

Das frühe Jahr 2011 ist von der Revolution in Ägypten und Tunesien geprägt. Sie soll später – nicht ganz zu Recht – als „Facebook-Revoolution“ in die Geschichtsbücher eingehen. Der Super-GAU in Fukushima führte der Welt noch einmal die Gefahren der Atomenergie vor Augen. In Deutschland steuert man um und beginnt ernsthaft mit dem Atomausstieg. Der Nazi-Terror wird sichtbar: Wir erfahren, dass es keine „Dönermorde“ gab, sondern die Neonazis des NSU mordeten. Bis heute versucht man, die Mordserie als Taten Einzelner darzustellen, das ist natürlich Unsinn. Ein Neonazi, Breivik, wird zum Massenmörder, tötet 77 Menschen. Breivik schrieb ein wirres Nazi-„Manifest“, in dem er sich unter anderem auf Broder beruft. Der rbb setzte Ken Jebsen ab. In seiner Person habe ich mich weiland sehr geirrt und freilich auch geschäumt, heute muss ich sagen, dass das absolut richtig war und auch zum richtigen Zeitpunkt passierte. DAB+ und Google+ wird gelauncht, DAB+ gibt es heute noch. Skype kommt zu Microsoft. Ich kehre Apple den Rücken, wende mich Windows und Ubuntu zu, bis heute ist das so geblieben.

2012 ist das Jahr von Android 3.0 und Firefox 11. Krass, oder? Die Eurokrise hat uns fest im Griff, die Bild titelt über die „Pleite-Griechen“. Im Zuge des NSU-Skandals werden jahrzehntelange Versäumnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz offenkundig. 2012 wird ein gewisser Hans-Georg Maaßen dessen Präsident, heute führt ihn seine eigene Behörde als Rechtsextremen. Schlecker ist insolvent. Nach einer Kredit- und Medienaffäre tritt Wulff als Bundespräsident zurück. Er hat das Amt schwer beschädigt. Wendehals Gauck wird Bundespräsident und erweist sich als ähnlich ungeeignet. Die Urheberrechtsdebatte um ACTA und auch die Vorratsdatenspeicherung begleiten uns als unliebsame Dauerthemen. Bubble-Tea war mal der heiße Scheiß. Zwölf Jahre später feiert das süße Gesöff mit den komischen Knackperlen eine Renaissance. Windows 8 wird veröffentlicht. Mir wird es keine große Freude bereiten, ich downgrade schnell wieder auf Win 7.

2013 wird die NSA-Affäre bekannt. Snowden wird einer der bekanntesten Menschen weltweit. Google ist an PRISM beteiligt. Insgesamt hat Google viele Sympathien wohlgesonnener Nutzer verspielt, Amazon ebenso. In Syrien tobt ein erbitterter Bürgerkrieg. Die Mollath-Affäre spitzt sich zu. Wir bekommen die „GroKo“. Ich beginne mit den altbekannten Wochenrückblicken. Eigentlich will ich sie regelmäßig veröffentlichen, doch zeitlich soll mir das – bis heute – nicht gelingen. In Franken werden Freifunk-Projekte richtig groß. Windows 8 erweist sich als wenig erfolgreich, man launcht 8.1. E-Plus wird von Telefonica geschluckt.

2014 – Krise folgt auf Krise: Kriegerische Handlungen auf der Krim in der Ukraine in der Ukraine beginnen, allerdings nimmt sie hier kaum jemand wahr. Der IS verbreitet Terror in der arabischen Welt. Mehrere Hitzerekorde machen den Sommer unerträglich. Der NSA-Untersuchungsausschuss wird eingesetzt, die PEGIDA-Nazis gehen uns allen auf den Sack, die faschistische AfD erstarkt.
Facebook kauft WhatsApp. Das soll sich recht bald als hervorragende Akquisition erweisen. Aus palmOS ist mittlerweile webOS geworden, gegen Ende des Jahres wird es eingestellt. Amazon hat mit dem FirePhone versucht, in den Mobiltelefonmarkt einzusteigen, mit mäßigem Erfolg. Aus dem Stand erfolgreich wird allerdings Amazons Sparachassistentin Alexa. Der Support für Windows XP wird eingestellt, doch noch Jahre später wird das erfolgreiche Betriebssystem weltweit verwendet werden.

Die Klimakrise hat uns 2015 voll im Griff, zudem auch ein Geschehen, das später völlig überzogener Weise als „Flüchtlingskrise“ dargestellt wird. Während im ganzen Land das zivilgesellschaftliche Engagement für Geflüchtete in seiner Blüte steht, nutzen die Hetzer von der AfD das Geschehen, um den verlorenen Teil der Gesellschaft politisch einzusammeln. Der VW-Abgasskandal wird bekannt. Windows 10 wird veröffentlicht.

Großbritannien stimmt 2016 für den Brexit – und wird damit eine lang anhaltende Staats- und Wirtschaftskrise auslösen, die noch heute fortdauert und daher mittlerweile kaum mehr als solche wahrgenommen wird. Bob Dylan bekommt den Literaturnobelpreis. Roger Willemsen stirbt. Bei einem Anschlag in einer Regionalbahn bei Würzburg werden fünf Menschen mit einem Messer verletzt. Nach Brüssel und Nizza wird auch ein Weihnachtsmarkt in Berlin Schauplatz eines Terroranschlags. DVB-T 2 wird in Nürnberg ausgerollt, funktioniert von Anfang an gut, hat aber den Schönheitsfehler, dass die Privat- und Regionalsender nicht mehr verbreitet werden.

Donald Trump wird 2017 Präsident der USA, er trumpelt alle politische Kultur platt und mit ihm wird das postfaktische Zeitalter eingeläutet. In Österreich wird Kurz Präsident, auch nicht besser, wie man schnell feststellen wird. Air Berlin geht Pleite, bei einem Brand im Londoner Grenfell Tower sterben über 70 Menschen.
Ein langgehegter Wunsch wird Realität – in der EU fallen die Roaminggebühren. Windows-Phone wird eingestellt.

Das Jahr 2018 mit seinem extrem heißen Sommer und der ausgeprägten europäischen Dürreperiode steht, wie die nun folgenden Jahre, ganz unter dem Eindruck der Klimakatastrophe. Das beginnt schon im Januar mit dem Orkantief Friederike. In Frankreich marschieren die Gelbwesten auf. Die Datenschutzgrundverordnung hält Webseitenbetreiber auf Trab. Mit Mastodon erhält das Fediverse eine Software/Plattform, die in der Lage ist, Twitter ernsthaft Konkurrenz zu machen. Ich trete der Instanz chaos.social bei.

Wie im Vorjahr auch, leiden wir 2019 unter der Hitze. Der Klimawandel ist real. Klimaleugner postieren sich. Wie viel Ärger wir mit Klimaleugnern, Esoterikern und Nazis haben werden, weisen die kommenden Jahre, doch die Saat ist längst im Aufgehen begriffen. Österreich wird von der Ibiza-Affäre durchgeschüttelt. Staatskrise in Großbritannien: Theresa May tritt zurück. Zensursula wird Präsidentin der Europäischen Kommission. Walter Lübke wird von einem Neonazi ermordet, in Halle/Saale ereignet sich ein rechtsextrem motivierter Anschlag auf eine Synagoge. Peter Handke erhält den Literaturnobelpreis, in Paris wird die Kathedrale von Notre Dame bei einem Großbrand substanziell zerstört. Die 5G-Frequenzen werden versteigert. Ich verliere ein ganzes Jahr Blogposts. Schade.

Die nun folgenden Jahre, 2020, 2021, 2022 und in Ausläufern auch 2023 stehen unter dem Eindruck der weltweiten Corona-Pandemie. Großbritannien tritt endgültig aus der EU aus. Bei den Kommunalwahlen in Nürnberg bekommen wir sehr knapp einen CSU-Bürgermeister. George Floyd wird in Minneapolis durch einen rassistischen Polizisten im Dienst ermordet, die „I can´t breathe“-Bewegung erfasst weite Teile der Welt. Beim Terroranschlag von Hanau ermordet ein Rechtsextremist neun Menschen. Die „Lindenstraße“ wird eingestellt.

2021 wird Olaf Scholz Kanzler, die Kanzlerschaft Merkels endet nach sechzehn Jahren. Elon Musk ist reichster Mann der Welt, er wird in der Folgezeit immer öfter unangenehm auffallen. Die Corona-Pandemie hält die Welt weiter im Griff, Nazis, AfDler, Heilpraktiker und andere Spinner „protestieren“ gegen ein Virus (soviel Verrücktheit muss man sich mal vorstellen!) und eine sichere und wirksame Impfung. Währenddessen schützt sich die Mehrheit der Bevölkerung durch Impfungen vor Corona. Windows 11 wird veröffentlicht.

Das Jahr 2022 wird politisch durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geprägt sein. Eine Massenflucht setzt ein. In Frankreich kann sich bei den Präsidentschaftswahlen der rechte Präsident Macron knapp gegen die Rechtsextreme Le Pen durchsetzen. Eine Dürre- und Hitzewelle über Europa prägt den Sommer. Joseph Ratzinger, einstmals Papst, stirbt. Stark steigende Energiepreise kann die Bundesregierung durch geeignete Maßnahmen in Zaum halten – vorerst. Die Inflation schießt dennoch durch die Decke, die Gier der Kapitalisten kennt keine Grenzen. Die Queen stirbt. Elon Musk kauft Twitter und legt mit dem defizitären Kurznachrichtendienst einen sagenhaften Bauchplatscher hin. Mastodon und Bluesky können sich als Konkurrenten behaupten. Derweil steht das Thema Vorratsdatenspeicherung wieder auf der Tagesordnung – eine never ending story… Das Blog hat seinen tausendsten Post.

Der Atomausstieg ist vollzogen – im Jahr 2023 gehen die letzten AKWs vom Netz – Gott sei Dank! Aiwanger erweist sich als Totalausfall, derweil wird Kai Wegner regierender Bürgermeister von Berlin und die Hauptstadt struggelt von Krise zu Krise. Die Ampelregierung ist angezählt, mit der FDP hat man sich einen Koalitionspartner angelacht, der alle zarten Pflänzchen des Regierungserfolges zunichtemacht. Die FDP wird zu einer schweren Bürde für Deutschland. Zusammen mit der „Werteunion“ schmiedet die AfD in Potsdam bei einem Geheimtreffen Pläne zur Deportation ausländischer Mitbürger. Proteste der Letzten Generation sorgen für Aufmerksamkeit und halten die Klimakrise im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Das Blog feiert im November seinen 15. Geburtstag.

Für mich ist es immer noch eine Überraschung, dass ich eine Webseite pflege, die ich einstmals einrichtete, um einfach mal ein paar technische Dinge auszuprobieren.

Die große Frage ist doch, ob es private Blogs überhaupt noch braucht, vor allem solche im klassischen Design. Die Frage darf durchaus auch lauten: „Hat es private Blogs jemals gebraucht?“
Eine seriöse, tragfähige Antwort fällt mir schwer. Einerseits warten private Blogs oft nicht mehr, als die Fortsetzung von „Geocities“- oder „beepworld“-Seiten, über die wir uns bereits in den ausgehenden 90ern lustig gemacht haben. Und heute kann man dieses „Hobby? Internet!“-Ding auch irgendwie anders ausleben. Mehrheitlich existieren die vielen privaten Blogs der Nuller- und Zehnerjahre auch nicht mehr.
Andererseits sind die, die es noch gibt, nicht allein unterhaltsam, sondern regelrecht interessant. Noch immer habe ich eine ungebrochene Freude daran, private Blogs zu durchstöbern, vor allem dann, wenn sie auch Technikthemen beinhalten und schon etwas länger als zwei, drei Jahre existieren. Und ich freue mich auch über Text, über die sog. „long reads“. Private Blogs bilden die Interessen, Meinungen, Denkrichtungen einer Person ab – und sind daher in ihrer Vielfalt und vielleicht auch in ihrer Nicht-Kalkulierbarkeit mit Gewinn zu lesen. Mir scheint, dass gerade jene Blogger, die keine Strategie für ihre Seite haben und einfach authentisch in die Tasten hauen, die interessantesten Posts haben. Solche Blogs werden seltener – aber es gibt sie nach wie vor und sie bleiben spannend.
Gemeint sind hier – das muss ich einschränkend dazu sagen – nicht die sogenannten „Persönlichkeits-Blogs“ irgendwelcher selbst ernannter („Life-„)“Coaches“, „Unternehmensberater“, „Entrepreneure“, „Solopreneure“, „Freelancer, Ex-Top-Manager!1!!11!“, „Trainer“ oder anderer Esoteriker, Voodoo- und Schweinepriester, Selbstdarstellerdeppen, Jimmi-Johnny-Jenny-Fräägräänz-Ranz-AfDP-Spritzer, irgendwelcher „Krise! Krise! Gold kaufen!“-Apostel oder Cryptocurrency-Propheten und der Apologeten in ihrem Fahrwasser. Dass dieses Gelichter noch immer bloggt, mag daran liegen, dass „Blogger“ einstmals ein ähnlich seriöser „Beruf“ war wie heute „Influencer“. Eine Handvoll Leute kann von zweifelhaften Geschäftsmodellen leben und die Schafherde der Idioten rennt ihnen bedingungslos hinterher.

Und dann bleibt freilich noch eine andre Frage zu beantworten: Haben Blogs Zukunft?
Um ganz ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Betrachtet man die im Laufe der Jahre immer deutlicher abnehmenden Zugriffszahlen der wenigen Blogs, die sie überhaupt veröffentlichen, betrachtet man die immer geringer werdende Beteiligung in Form von Kommentaren und Diskussionen, betrachtet man die hohe Dynamik in Blog-Rankings und „Bestenlisten“, müsste man diese Frage wohl recht eindeutig mit „Nein.“ beantworten. Ihren Zenit haben Blogs mit Sicherheit überschritten.
Lässt man aber diese vermeintlichen Erfolgsfaktoren außer Betracht, misst man hingegen die Verweildauer und vor allem die regelmäßige Wiederkehr der Leser, müsste die Antwort ganz klar „Ja!“ heißen. Und auch bezüglich der Wirksamkeit in bestimmten Diskussionen, auch wenn sie sich eher „über Bande“ als meinungsbildendes Element entfaltet, braucht man sich keine Sorgen zu machen – die ist gegeben und erlebbar. Und last but not least dienen Blogs auch heute noch der Leserschaft als Ergänzung zu Print-Produkten. Da Print seit zehn Jahren in der Krise ist und sich diese Krise gegenwärtig besonders auf den regionalen und lokalen Zeitungsmärkten zuspitzt, werden insbesondere Blogs mit lokalen und sublokalen Inhalten zukünftig wieder deutlich mehr Leser erreichen.

Wie die Zukunft dieses Blogs aussehen wird, darüber wage ich keine Prognose abzugeben. Letztlich kostet die Pflege eines Blogs Zeit – und wer mich kennt, kennt meine Umtriebigkeit und mein daher tendenziell eher kleines Zeitbudget. Dennoch will ich natürlich auch in Zukunft immer wieder Artikel veröffentlichen.

Zuletzt möchte ich die Gelegenheit dieser kleinen Rückschau für ein paar Worte des Danks an alle meine Stammleser und Kommentatoren richten, all jenen, mit denen ich hier, auf Twitter, Mastodon und Bluesky und „irl“ in Kontakt stehe, die das, was ich so tue, über all die Jahre wohlwollend begleiteten und ihre Gewogenheit zum Ausdruck brachten und bringen. Ich danke Euch und hoffe, dass ihr mit Seiten wie dieser auch in Zukunft Spaß haben werdet, Zerstreuung findet und Euch der ein- oder andere Impuls erreichen möge. Das würde mich sehr freuen.

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