blog.fohrn.com

Zu den Kommentaren zu meinem Artikel zur Europawahl…

Bitte auf das Bild klicken, um es zu vergrößern!

Schaut Euch einmal diese Debatte hier im Blog an. Da findet Ihr einen ersten Hinweis auf einen Herrn Oster.

Schaut euch dann diesen Screenshot aus meiner Admin-Oberfläche des Blogs an (bes. die Mailadresse).

Und nun meine Frage: Ist das ein Neonazi oder nicht??

Ich diskutiere das mit dem Typen nicht mehr – hat keinen Sinn…

Und wieder ein Sozialdemokrat weniger

Es ist schon bezeichnend: Die SPD hat wieder einen Mann weniger – gestern ist MdB Jörg Tauss aus der SPD aus- und in die Piratenpartei eingetreten – wegen des verabschiedeten Gesetzes zur Internetzensur. Dieser Wechsel ist eine Riesenwatsch´n für die SPD, die ja nicht nur bei den jüngsten Wahlen ins Bodenlose stürzte (und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiter stürzen werden) und denen nicht nur im Scharen die Mitglieder davonlaufen – sondern auch die Amtsträger.

Auf Tauss´ Webseite, die immer noch im SPD-Look daherkommt, verlautbart er: „Ich bin und ich bleibe Sozialdemokrat – und werde deshalb ein Pirat“. Innerparteilich gibt es – neben dem Tauss-Austritt – deutliche Anzeichen, dass viele der sog. „Genossen“ die Internetzensurpolitik nicht gutheißen: Mit dabei (aber bei weitem nicht so konsequent wie Herr Tauss) ist „TSG“ – Herr Schäfer-Gümbel und seine südhessischen Mannen haben nämlich auch keine Lust auf Internetsperren. Hat aber – wie wir wissen – nix genutzt. Es war aber auch nicht anders zu erwarten (dass sich in der SPD die Vernunft durchsetzt wird wohl auch zukünftig ein frommer Wunsch bleiben).

Ob sich die Piratenpartei allerdings über ihren jüngsten Fang lange freut, ist ungewiss – schließlich wird gegen Herrn Tauss ermitteltwegen des Besitz von Kinderpornographie.

Besonders geschissen verhalten sich nun – wie ebenfalls nicht anders zu erwarten – die Sozialdemokraten und lassen es sich nicht nehmen, in aller Niedertracht nachzutarocken: Tauss soll sein Bundestagsmandat zurückgeben – warum erklärt der MdB Christian Lange (unisono mit der BaWülerin Ute Vogt): „Das Bundestagsmandat kapern geht nicht. Er hat es durch die SPD erlangt und muss es deshalb wieder zurückgeben“.

Wie tief gesunken ist diese SPD eigentlich? Man hätte genau so gut sagen können „Du bist alles durch die Partei, ohne Partei bist Du nichts und wenn Du die Partei verlässt, dann musst Du ihr alles zurück geben, denn: Die Partei, die Partei, die hat immer recht!“

Wieder ein Grund (unter inzwischen zahllosen), der diese Partei absolut unwählbar macht – und so wundert mich auch nicht, dass beispielsweise Felix von Leitner sich abgewöhnt hat, von der SPD zu sprechen und sie einfach „Verräterpartei“ nennt. Und mit was? Mit Recht.

Wahlpflicht?

Ist schon ein paar Tage her – und in unserer schnelllebigen medialen Zeit auch schon fast wieder vergessen: Die Wahlpflichtdebatte. Also nicht diese moralische, die jedem Staatsbürger nahelegt, zur Wahl zu gehen, sondern die Wahlpflicht, bei der Nichtwählern eine Geldbuße aufgebrummt wird.

Das wollen nun – wen nimmt es Wunder und: Nachtigall, ick hör dir trapsen – Abgeordnete welcher Partei? Na, dreimal dürft Ihr raten? Richtig: Die der SPD – also jener Partei, denen die Wähler in Scharen zur FDP geflohen sind oder zur Linken oder einfach daheimgeblieben…

Was liegt da näher, als die enttäuschten Daheimgebliebenen mit der Wahlpflicht in die Lokale zu zwingen, auf das sie gewohnheitsmäßig ihr Kreuzchen wieder bei der SPD machen? Liebe deutsche Sozialdemokraten – ihr seid so peinlich, durchsichtig, ärmlich! Ich schäme mich!! (Und wer ist wieder mit von der Partie? Der Wiefelspütz – unser Trallafitti-Kasperl. A propos Kasperl: Wenn es nach der SPD ginge würden bei der Wahlpflicht dann die Wahlhelfer rufen: „Seid ihr alle daaaahaaa??“). Ein Wort an alle jetzt angepissten, weil humorlosen Sozialdemokraten: Das in den Klammern, das war Satire.

Ich war wählen. Ich finde das wichtig. Aber ich spreche mich gegen eine Wahlpflicht aus. Denn der hohe Anteil der Nichtwähler bei der vergangenen Europawahl ist ein klares Statement: Gegen die vorherrschende Politik. Und gegen Europa. Und genau vor dieser Erkenntnis hat unsere Regierung Angst. Und um der Gefahr zu entgehen, dass bei den nächsten Europawahlen noch mehr Leute zu Hause bleiben und sich damit dieses Statement so dramatisiert, dass es selbst Sozialdemokraten nicht mehr verdrängen können.

Am Sonntag ist Europawahl

Bitte geht alle wählen (sofern nicht per Briefwahl schon geschehen), denn diese Wahl ist wichtig!

Wer den Wahlschein noch nicht zu Gesicht bekommen hat, dem sei hier ein kleiner Service beschieden: Soweit möglich, verlinke ich hier die zur Europawahl angetretenen Parteien (Quelle: Wahlschein Bundesland Bayern) – mit Ausnahme der rechtsextremen Parteien – die verlinke ich grundsätzlich nicht!

CSU, SPD, Die Grünen, FDP, Ökologisch-Demokratische Partei, Bayernpartei, Tierschutzpartei, DIE LINKE, Familien-Partei Deutschlands, Ab jetzt…Bündnis für Deutschland für Demokratie durch Volksabstimmung (ich war mir lange unsicher, ob ich die verlinken will, weil sie in NRW vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde, was nun nicht mehr der Fall ist. Sei´s drum – hier ist der Link, mache sich jeder seine eigenen Gedanken… – die reißen eh´ nix), Feministische Partei DIE FRAUEN, Partei bibeltreuer Christen, Christliche Mitte, Aufbruch für Bürgerrechte Freiheit und Gesundheit, Deutsche Kommunistische Partei, Bügerrechtsbewegung Solidarität, PSG, AUF, Die Grauen, Die Violetten, EDE, FBI – Freie Bürger Initiative, Für Volksentscheide, Freie Wähler, Newropeans, Piratenpartei, RRP, Rentner-Partei-Deutschland

Viel Spaß beim klicken und wählen!

Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn (Hörbuch)

Man kann Gegor Gysi mögen oder auch nicht – eines sei ihm neidlos zugestanden: Seine rhetorischen Fähigkeiten suchen ihresgleichen. Und weiterhin sei ihm zugestanden: In Debatten wird er gerne und oft angegriffen, was er nahezu ausnahmslos mit brillanter Schlagkräftigkeit zu parieren weiß. Dass Gysis Bücher auch und besonders von diesen Fähigkeiten des linken Urgesteins leben, ist kein Geheimnis.

Seit einiger Zeit gibt es sein Buch „Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn“ als Hörbuch – das ist inzwischen sogar richtig billig geworden (es kostet mitunter nur um dir fünf Euro) und so habe ich mir den Spaß gemacht, mir das zu kaufen.

Das Buch „Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn“ ist im Jahr 2001 erschienen. Kalter Kaffee? Nein, denn das Buch ist ein Bilanz – die der PDS von 1989 bis 2001 und eine Zwischenbilanz Gysis. Und es liefert einige gute Erklärungen zum Krieg in Jugoslawien und der deutschen Beteiligung an diesem Krieg, der Zerrissenheit Deutschlands trotz der Einheit und den wichtigen Entscheidungen nach ´89.

Und Gysi versäumt es auch nicht, mit alten Feinden ein wenig abzurechnen. Kohl gehört dazu und Schröder sowieso. Weitere spannende historische Einblicke gewährt Gysi, indem er über seine Reisen berichtet. Als besonders erhellend empfand ich seine Schilderungen über die Situation in Nordkorea.

Das Hörbuch war für mich zuerst einmal eine kleine Enttäuschung: Gysi liest nicht selbst – und das hätte dem Stoff sicherlich gutgetan. Wenn man sich aber an eine andere Stimme (guter Sprecher) zu den Worten Gysis gewöhnt hat, dann ist dieses Hörbuch ein Genuss!

Gregor Gysi: Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn, Technisat-Hörbuch, 12 CDs + MP3-CDs, ca. 12,5 h

68, Kurras, Stasi – muss die Geschichte neu geschrieben werden?

Muss die Geschichte von 68, dem Tod Benno Ohnesorgs, der studentischen Protestbewegung neu geschrieben werden? Und wichtiger: Hatte Karl-Heinz Kurras vom MfS den Auftrag bekommen, Ohnesorg zu töten? Oder irgendwen anders? Und wenn ja, zu welchem Zweck?Und viel mehr noch: Lässt sich Geschichte vorhersehen, um dann zum richtigen Zeitpunkt einzugreifen?

Bei solchen Fragen kristallisiert sich doch schnell heraus: Vieles kann nur auf spekulativer Ebene beantwortet werden und solche Antworten genügen historisch nicht. Sie so unzureichend zu beantworten dämpft oder schürt letztlich nur das Flämmchen, auf dem bestimmet Zeitgenossen ihr politisches Süppchen zu köcheln gedenken. Und dennoch: Reizvoll ist die Beschäftigung mit dem Thema schon – allein, weil wir gewahr werden, dass das MfS der DDR tiefen Einfluss in der Bundesrepublik hatte und die westlichen Dienste dem quasi gar nichts entgegenzusetzen hatten (und – von nichts kommt nichts – unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Konstellationen wohl auch weiterhin nur wenig wirkmächtig sind).

Also Spekulationen – keinen Deut wissenschaftlich, persönlich gefärbt und auf keinen Fall haltbar:

Ich stelle fest: Der Freispruch Kurras geschah – so ist anzunehmen – im Unwissen der Justiz von der Mitgliedschaft Kurras´ in SED und MfS. Er war einfach nur Polizist – und er wurde freigesprochen. Heute gilt dieser Freispruch – zumindest in den Medien – nichts mehr. Ich will nicht Kurras verteidigen (da gibt’s nix zu verteidigen). Aber: Ein Polizist darf einen Menschen erschießen und ein Stasi-Man nicht? Was ist denn das für eine zwischen den Zeilen transportierte Logik?

Ich stelle fest: In vielen Institutionen der BRD saßen Stasi-Männer und berichteten „nach drüben“. Logisch – das war ihr Job. Was will ich mich denn darüber aufhalten, dass das so war? Hätte der BRD seine Arbeit richtig gemacht, wäre das nicht passiert. Er hat seine Arbeit ganz offensichtlich nicht oder nicht richtig gemacht. Und dann weiß die Gegenseite halt was. Der Bessere gewinnt. 42 und mehr Jahre danach rumjammern und Wunden lecken hat keinen Zopf.

Wenn ich Alt-68er wäre, würde ich mir jetzt kräftig in den Arsch beißen. Dass das reaktionäre Bullenschwein in Wahrheit ein Mann der eigenen/favorisierten Seite war (und den Stein ins Rollen brachte), müsste ich dann mit Stopfen und Drücken in mein Weltbild integrieren (auf die Gefahr hin, dass es daran zerbirst). Der Feind war ja eigentlich Freund. Nur gewusst hats leider niemand. Fuck. Und ist in beiden Systemen angekommen, bezog von beiden Seiten Geld und ist auch ausgewiesener Waffennarr. Double-Fuck.

An Art und Umfang der Erkenntnisse – sowie am Zeitpunkt ihrer Enthüllung mag man berechtigte Zweifel haben. Am deutlichsten artikuliert die die Linke Zeitung am 25. Mai:Rechtzeitig zum „Geburtstag“ der BRD kam ein Geschenk aus der Birthler Behörde. „Rein zufällig“ seien 2 Mitarbeiter auf mehrere Aktenordner und den SED-Mitgliedsausweis gestoßen, die eine Stasi-Tätigkeit von Kurras belegen soll.“ „

Zugegeben: Der Gedanke hat was für sich. Das aktuelle Gebaren der Koalition (In8ternetsperren, defekte „Reformen“, Überwachung allerorten, kaputte Finanzpolitik…) lässt einen gemischten Eindruck beim Blick auf das Grundgesetz und die BRD zu. Da jetzt ein diabolisches Stasi-Karnickel aus dem Hut zu zaubern, das hat schon was. Und der Zauberere (vulgo Birthler-Behörde) ruft in fetten Lettern: „Hier ist der Beweis!! Wir sind die Guten! Und wir waren auch schon immer die Guten!!“

Ach ja, die Bild-Zeitung. Das ist vielleicht ein Scheißblatt. Gestern (also anno 68) schimpfen sie aus vollstem Rohre über die „langbehaarten Affen“ und heute über den, der auf besagte Affen schoss. Und: Kurras sagt zwar niemandem was, aber die BamS ist wohl auch so eine Art Niemand. Die Erkenntnisse, die sich hieraus haben gewinnen lassen sind aber – mit Verlaub (wie viele durch Bild verbreitete Erkenntnisse) eher dürftiger Natur. Was Neues? Fehlanzeige. Nur, dass Kurras nichts bereut. Aus seiner Perspektive gesehen verständlich. Das hätte man sich aber auch so denken können…

Geschichte neu schreiben? Nö, zumindest noch nicht. Denn erstens ist ja nicht erwiesen, dass Kurras aus Anweisung der Stasi schoss. Daran glaubt außer Herrn Aust niemand so recht. Außerdem: Es wird zwar landläufig davon ausgegangen, dass der Tod Benno Ohnesorgs zur Radikalisierung der damaligen Studenten und so auch zur RAF führte, doch wer wollte das stringent beweisen? Es ist noch lange nicht gesagt, dass nicht ein anderer Auslöser oder eine Summe aus verschiedenen Auslösern einen ähnlichen Effekt gehabt hätte. Hätte die Stasi das absehen – ja gar planen können? Die Aktion hätte scheitern – wenn nicht gar nach hinten losgehen können. Und: In der Wahrnehmung war der DDR-Apparat doch eher bürgerlich-reaktionär. Will man das MfS durch eine solche analytische Schärfe „adeln“? Ich denke, nein. Ungewollt geschieht das aber immer dann, wenn man unterstellt, dass sie den Mord an Ohnesorg eingefädelt hätte, um die damalige BRD durch die nun losgetretenen Proteste zu schwächen. Auch ist die Zielsetzung zu neblig, als das man das sinnigerweise unterstellen könnte.

Den Lattenkracher liefert aber Meinhof-Tochter Bettina Röhl im Welt-Blog (nicht vergessen: Auch Springer-Presse!): „In Ost-Berlin wusste man natürlich auch, dass man einen Märtyrer erzeugen müsste. In dem Moment war es für die DDR das willkommenste Szenario, dass in der Bundesrepublik bürgerkriegsähnliche Kräfte entstehen, die die Bundesrepublik als faschistischen Staat, als Unrechtsstaat, als kriegstreibenden Staat, als kapitalistisch-imperialistischen Staat und der gleichen mehr brandmarken würde.“

Ja, so denken sicherlich viele. Und man kann argumentieren, dass es alles auch ganz anders ausgegangen wäre. Zum Beispiel, dass kein Fernsehteam in der Nebenstraße des Tatorts drehte. Dass andere politische Probleme in den medialen Vordergrund getreten wären, die sich nicht an den Ohnesorg-Kontext hätten anflnschen lassen. Oder Albertz wäre einfach nicht zurückgetreten.

Nichts desto trotz habe ich Röhls Artikel mit Gewinn gelesen, denn eine Frage stellt sie und die interessiert mich wirklich: War Kurras Doppelagent? Es liegt nahe, denn er war ja nicht nur beim MfS sondern bei der Polizei auch mit der Aufgabe betraut, Spitzel des Ostens zu entlarven. Und in dieser für ihn mit Sicherheit nicht einfach zu überblickenden Konstellation ist das mit dem Doppelagenten nicht ganz abwegig. Aber auch hier die Frage: Hätte das denn etwas Wesentliches geändert?

So, genug gestänkert. Auf eine wilde Rauferei freue ich mich in den Kommentaren.

Einheit? Der Osten ist arm!

Im November jährt sich der Mauerfall zum zwanzigsten Mal. Ein gutes Jahr später hörte die DDR auf zu existieren und ging in die Bundesrepublik Deutschland über. Das das nicht ohne Brüche und Verwerfungen hat vonstatten gehe n können, ist nicht verwunderlich. Aber wie weit ist die „Einheit“ nach nun knapp zwanzig Jahren gediehen?

Am Montag stellte der Paritätische Wohlfahrtsverband nun eine Landkarte der besonderen Art vor: Die Armutsquoten 2007 verortet nach  Bundesländern und Regionen. Und das Ergebnis dieser Studie vermag nicht nur zu erschrecke n und zu verstören – es lässt sogar Zweifel an der Qualität der Einheit zu. Deutliche Zweifel.

Ein Beispiel: In der Industrieregion Mittelfranken (dazu gehört aber unter anderem auch das verhältnismäßig reiche Schwabach) verfügten im Jahr 2007 12,7 Prozent der ein Einkommen, dass mindestens 40% unter dem Durchschnittseinkommen liegt – oder anders ausgedrückt: Diese Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze. Und diese definiert sich dadurch, dass der Betroffene 60% oder weniger eines mittleren Einkommens zur Verfügung hat.

Blickt man in andere Regionen, sieht es oft nicht besser aus: Der gesamte Osten kann den Wert Nürnbergs nicht erreichen – und in Nürnberg sagte man 2007 noch, dass mindestens ein Viertel der Einwohner arm sind oder akut von Armut bedroht sind. Es gibt nur ein Bundesland im Westen, dass sich mit den schlechten Werten Ostdeutschlands messen lassen kann: Bremen.

Oder etwas provokativer: Es gibt eine „Armuts-DDR“ in Deutschland – Bremen kann man da dann als Exklave gleich miteingemeinden. Treffender als das Neue Deutschland am Dienstag lässt es sich kaum noch formulieren – die Zeitung titelte: „Die DDR in den Grenzen von 2009“. Es ist ein unumstößlicher Fakt: Das sogenannte „Beitrittsgebiet“ ist in ökonomischer Hinsicht deutlich vom Rest Deutschlands diskriminiert. Abgehängt. Oder einfacher: Das Land ist geteilt. Nach wie vor. Das ist eine Tatsache, die nun auch wissenschaftlich erwiesen ist. Und allen Wahlkämpfern rufe ich zu: Dieser Fakt ist nicht verhandelbar.

Gerne werden in „westlicher“ Arroganz die Jammer-Ossis abgeurteilt, so zum Beispiel Anfang Februar relativ einhellig in Plasbergs Fernsehshow „hart aber fair“. Aber kaum jemand macht sich die Mühe, nachzufragen, ob das, was schnell als Gejammer abgetan wird, nicht doch Substanz hat. Es geht hierbei nämlich um mehr als die Höhe des individuellen Einkommens. Jeder weiß, dass diese individuellen Einkommensfaktoren auch Wirkung auf Strukturen und Landschaften haben. Die von Armut betroffenen sind also nicht z7wingend in ein stabilisiertes Umfeld eingebunden und diese Umstände sind meines Erachtens durchaus in der Lage, die Auswirkungen von Armut zu potenzieren. Schlimm genug, dass einzelne Regionen von Armut gezeichnet sind. Das wissen wir aber. Doch der Armutsatlas des Paritätischen zeigt das ganze Ausmaß der Situation: Nicht nu die Regionen sind betroffen – ganze Bundesländer unterliegen den Verhältnissen ihrer Bewohner. Wer möchte in diesem Zusammenhang noch von der deutschen Einheit sprechen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, dass es zynisch klingen könnte? Von den „blühenden Landschaften“ will ich gar nicht sprechen – hat sich doch selbst in konservativste Kreise herumgesprochen dass dies eine der Kardinalslügen Kohls war.

Beachtet muss zudem werden: Die im Armutsatlas dargelegten Zahlen bilden die Verhältnisse von 2007 ab – also die einer Zeit, zu der noch nicht Kurzarbeit in der Fläche existierte und eine Zeit, in der Deutschland nicht der „globalen Finanz- und Wirtschaftskrise“ unterworfen war. Wie weit sich diese Umstände inzwischen verschärft haben, kann nur geschätzt werden. Das sie sich verschärft haben, steht zu erwarten.

Was aber tun? Der Paritätische fordert eine deutliche Aufstockung des Hartz IV-Regelsatzes. Dieses könnte – sieht man einmal davon ab, dass es die Schärfe der finanziellen Situation Betroffener mildern könnte, auch dem Lohndumping entgegenwirken. Unsere saubere Bundesregierung bekommt es seit Jahren nicht gebacken, etwas gegen Dumpinglöhne zu unternehmen, von der Einführung eines Mindestlohns ganz zu schweigen. Denn wenn Mensche n mit Hartz IV – so schlimm das klingen mag – mehr Geld zur Verfügung haben als Wachleute, Friseure oder Helfer in Discountern (nebst Zweit- und Drittjob), dürfte das Lohndumping sich erledigen. Und dann muss noch schnell diese unsägliche Ausbeuterei mit der Zeitarbeit weg.

Und das Umverteilen muss endlich richtig angepackt werden. Von oben nach unten. Konsequent und schnell. Dass das mit dieser SPD und Union nicht zu machen ist, versteht sich von selbst. Dass auch die „Liberalen“ (sie sind inzwischen noch nicht einmal neoliberal sondern einfach nur rechtslibertär, wie Stephan Balling einmal trefflich festzustellen wusste) hier genau gar keinen Auftrag (geschweige denn ein Konzept) haben, ist ebenso bekannt.

Wenn es mit der Einheit mal was werden sollte, dann müssen jetzt die Armen gestärkt werden – umfänglich gestärkt werden. Mit unserer derzeitigen Papiereinheit kommen wir nicht weiter (und wachsen schon gar nicht zusammen). Denn: Was nutzt armen Menschen denn die theoretisch hinzugewonnene Freiheit, wenn sie mangels der Mittel nicht daran partizipieren können?

Bildnachweis und weiterführende Informationen zur Studie, nebst Regionalsuche: Der Armutsatlas des Paritätischen.

Hoppe muss weg – und zwar sofort!

Jörg-Dietrich Hoppe – der Präsident der Ärztekammer Nordrhein hat sich wieder zu Wort gemeldet – auf eine so verantwortungslose Art und Weise, dass ich keine Chance sehe, so jemanden auch nur annähernd ernst zu nehmen – nicht mal im Ansatz.

In der Wikipedia steht (im Kontext der Wiederwahl Hoppes zum Präsidenten der Ärztekammer):

Ziele seiner Amtszeit bis 2011 sind nach Angaben Hoppes die Verbesserung der Patientenversorgung, die Transparenz der Rationierung und den Kampf um die ärztliche Freiberuflichkeit.

Schön wärs! Was aber muss ich in der Samstagsausgabe der Nürnberger Nachrichten lesen?

Ärztepräsident Jörg­Dietrich Hoppe hat eine radikale Not­operation am Gesundheitssystem vor­geschlagen: Die gesetzlichen Kassen sollen nur noch die nötigsten Leistun­gen bezahlen, die ein „Gesundheits­rat“ vorher bestimmt hat. Damit müss­ten die Patienten bei leichteren Er­krankungen künftig alles selbst zah­len oder sich zusätzlich versichern.

Und:

Der Präsident der Bundesärztekam­mer begründet seinen Vorstoß mit dem aus seiner Sicht chronischen Geldmangel im Gesundheitswesen. Die Leistungen für Kassenpatienten würden ohnehin längst rationiert, und das solle nun zumindest für jeden sichtbar gemacht werden. Hoppe ver­weist darauf, dass zum Beispiel das Netz von Krankenhäusern oder Not­ärzten ausgedünnt werde, dass Kas­senpatienten häufig warten müssten und nicht mehr jede medizinisch mög­liche Therapie bekämen.

Rationierung ja (pfui!) – mit Verbesserung der Patientenversorgung hat das aber genau gar nichts zu tun! Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwas bringt, an der Grundversorgung zu sägen. Und wer weiß denn als Patient schon immer, ob seine Krankheit nun etwas einfaches, simpel zu behandelndes ist oder sich zu etwas Gefährlichem ausweiten kann? Von Prävention wollen wir mal gar nicht sprechen.

Ein Unding! Besonders, wenn solche Vorschläge von einem Arzt (sic!) kommen. Fazit: Den mann in den Ruhestand schicken und ihn auf seinem gepolsterten Altenteil unberücksichtigt weiterspinnen lassen.

1 15 16 17 18 19 21