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Wirtshaus-Explorer: Gaststätte „Südtiroler Platz“ am Hasenbuck

Ich habe in der Rubrik „Wirtshaus-Explorer“ noch nichts über den berühmten „Südtiroler Platz“ am Hasenbuck geschrieben? Ein Versäumnis, das ich schnellstens aus der Welt räumen muss – denn der „Südtiroler“ ist in Nürnberg eine Kapazität, wenn es ums Cordon bleu geht. Und auch sonst macht die Gaststätte einen rundum soliden Eindruck.

Am Ende der Speckbacherstraße, einer ruhigen Seitenstraße unweit des dem Wirtshaus seinen namengebenden Südtiroler Platzes gelegen, ist die recht große Wirtschaft ein wenig versteckt. Das tut dem Zustrom der Gäste aber keinen Abbruch, der Gastraum ist nicht selten bis auf den letzten Platz belegt – eine telefonische Reservierung ist daher unbedingt empfohlen.

Gaststätte Südtiroler Platz, Nürnberg

Und der Laden ist nicht zu Unrecht gut besucht, schließlich brät man hier in zahlreichen Varianten die mit Abstand besten Cordon bleus der Stadt.

Küchenchef Marcel Hajek beherrscht sowohl die böhmische als auch die fränkische Küche aus dem Effeff – und demzufolge ist eine hervorragende, deftige Speisenauswahl in der etwa 100 Plätze fassenden Gaststätte beheimatet. Klassiker sind hier das Schnitzel und vor allem das Cordon bleu: Dieses wird in verschiedenen Variationen zubereitet, nach alter Väter Sitte, mit gekochtem Schinken und würzigem Käse, aber zum Beispiel auch mit Salami und Jalapenos (18,90 Euro), als „Bauern-Cordon bleu“ gefüllt mit Bratwurstgehäck, als „Jäger-Cordon bleu“ gefüllt mit Steinpilzen… Erwähnenswert ist besonders die Variante „Krakonoš“ (18,90 Euro): Eine mit Senf, Erbsen, Käse, glasierten Zwiebeln, Speck und Sauce hollandaise gefüllte Deftigkeit – der Rübezahl aus dem Riesengebirge verbeugt sich vor der nicht minder riesigen und obendrein so geschmackigen Portion. Die Portionsgrößen im „Südtiroler“ sind ihrer Üppigkeit wegen besonders zu erwähnen, hungrig verlässt hier wohl niemand die Gaststube. Und die Größe geht nicht zulasten der Qualität, alles wird frisch zubereitet, Schnitzel und Cordon bleus kommen selbstverständlich aus der Pfanne und werden von herrlich würzigen Bratkartoffeln begleitet.

Cordon bleu, Südtiroler Platz

Auf der Tageskarte finden sich freilich nicht nur weitere Cordon bleu- und Schnitzelvariationen, sondern auch Schlachtschüssel, Schäufele, Currywurst und Schaschlik… Auch der traditionelle böhmische Braten mit den Serviettenknödeln wird sehr gelobt. Und einmal im Monat lädt man zum Schnitzelbüfett – all you can eat. Die Termine schickt der Wirt rechtzeitig per SMS an alle Interessierten raus, man muss seine Handynummer nur der Bedienung verraten.

Leider werden einzig Biere von Tucher/Zirndorfer/Grüner ausgeschenkt, das Seidla dunkles Bier schlägt mit stattlichen 4,40 Euro zu Buche. Früher gab es immer wieder das süffige Březňák, doch diese Zeiten sind bedauerlicherweise vorbei.

Die Wirtsstube des Hauses, das seit 2010 von der Familie Hajek geführt wird (vorher war an selber Stelle das Tucher-Stübchen) wurde in den letzten Jahren dezent erneuert, ist aber noch immer fränkisch-rustikal, und dieser Stil passt auch zu den Speisen und den Gästen.

Ein Besuch im „Südtiroler Platz“ lohnt immer, Hunger sollte man mitbringen.

Gaststätte Südtiroler Platz, Speckbacherstraße 20, 90461 Nürnberg, Telefon 45 20 70

Wirtshaus-Explorer: Das Zeltner Bierhaus in Johannis

Unweit des Klinikums im Eckhaus an der Kreuzung von Hallerstraße und Kirchenweg liegt ein sowohl urig als auch modernes Wirtshaus, das man so in dieser Gegend wohl nicht vermuten würde, das Zeltner Bierhaus. Nun war ich inzwischen derart oft dort zu Gast, dass ich diesem Kleinod fränkischer Wirtshauskultur in der Rubrik Wirtshaus-Explorer gerne eine nähere Betrachtung widme.

Zeltner Bierhaus, Hallerstraße, Nürnberg-St. Johannis

Ordentlich fränkisch essen zu gehen und dazu auch noch ein vernünftiges Bier serviert zu bekommen, das ist mittlerweile innerstädtisch gar nicht so einfach. Einige Traditionshäuser in der Altstadt (mit oft gehobenen bis gesalzenen Preisen) gibt es freilich, aber in den Stadtteilen wird die Auswahl dann schon bedeutend dünner. Nicht erst seit Corona hat das Wirtshaussterben um sich gegriffen, in Nürnberg haben seit den frühen 2000ern etliche gute Wirtshäuser zugemacht. Das „Zeltner“ hingegen stemmte sich gegen diesen Trend und eröffnete erst vor ziemlich genau zehn Jahren in der Location, in der früher das Crossover- Restaurant „Mamas“ residierte (das weiland einen Griechen ablöste, allerdings aber alsbald wieder geschlossen wurde). Und: Es konnte sich mit guter, bodenständiger Küche halten.

Zeltner Bierhaus, Hallerstraße, Nürnberg-St. Johannis

Es gibt ein paar Dinge, die das Zeltner auszeichnen: Dazu gehört zuerst einmal die wechselnde Bierkarte, es gibt eben nicht nur Zeltner-Bier, das laut Wikipedia bei Tucher gebraut wird und das nicht jedem schmeckt, sondern auch einige fränkische Flaschenbiere und darüber hinaus auch immer ein fränkisches Landbier vom Fass. Und das ist in Anbetracht der weit um sich greifenden „Tucher-Monokultur“ in der Nürnberger Gastronomie im besten Wortsinne – erfrischend! Dann ist zu loben, dass man auf der Tageskarte immer auch zwei günstige Mittagsgerichte findet.

Und zu guter Letzt serviert man traditionell fränkische Speisen, so wie man sich das vorstellt: Schnitzel aus der Pfanne, geschwenkt im Butterschmalz, Schaschlik (zwei Spieße mit selbstgemachter Soße und Pommes, 13,80 Euro) wohlgemerkt mit Leber, so wie es sich gehört. Der Kartoffelsalat ist hausgemacht, die Bratensoße ist fantastisch. Und zur Saison gibts eben nicht nur Karpfen, sondern wenn vorhanden, auch ein ordentliches „Ingreisch„, und das, sofern man das möchte, auch als Portionsgröße. Bier und Küche sind prima  – und die Bedienung im Wirtshaus war auch immer freundlich, der Service ist flott und die Küche versucht, alle Sonderwünsche umzusetzen – ausgezeichnet.

"Ingreisch" - Milchner vom Karpfen, leicht paniert und frittiert ("gebacken"), dazu sauer eingelegter Sellerie und hausmacher Kartoffelsalat - eine fränkische Delikatesse

„Wenn ich nicht hier bin…“ sang dereinst Peter Licht und Michi ergänzt „…sitz‘ ich im Wirtshaus“. Ähnlich dem Engel in Schoppershof ist auch beim Zeltner die Wirtsstube nicht allzu groß, man wird also an den Tischen zusammengesetzt  – mitunter entstehen so interessante Konversationen und wenn man mal selbst nichts zu sagen hat, dann weiß der Tischnachbar sicher etwas zu erzählen. Diese Wirtshauskultur, wie man sie früher allerorten kannte, ist selten geworden, im Zeltner wird sie gepflegt. Auch deshalb gehen wir immer wieder hin, auch deshalb gibt es dort viele Stammgäste.

Ich kann das urige Wirtshaus bestens empfehlen.

Tresen im Zeltner-Bierhaus

Das „Zeltner“ gehört übrigens zur selben Gesellschaft wie auch das bekannte Palais Schaumburg in Gostenhof.

Zeltner Bierhaus, Hallerstraße 32, 90419 Nürnberg, Telefon 377 846 11.

50 Jahre „The Dark Side Of The Moon“ im Planetarium Nürnberg

Letzten Samstag besuchten wir im Nürnberger Planetarium die Jubiläumsshow zum 50-jährigen Erscheinen des Erfolgsalbums „The Dark Side of the Moon – Planetarium Experience“, ein ganz interessanter (und erstaunlicher) Kulturgenuss. Ein kleiner Bericht.

Über Pink Floyds Erfolgsalbum „The Dark Side Of The Moon“ wurde bereits reichlich geschrieben, auch ich habe in meinem Büchlein „50 Rock-Alben, die man gehört haben muss“ diesem wunderbaren Album ein Kapitel gewidmet. Wer diese Platte bisher nicht hat und sie sich zulegen möchte, der hat gegenwärtig auch die Möglichkeit, das Album in einem sehr gelungenen, weil zwar behutsam gemachten und dennoch die akustische Klarheit unterstützenden Remaster zu erwerben. Dieses Album, das bis heute die drittbest verkaufte Platte der Welt ist, ist musikalisches Allgemeingut geworden.

Seit 50 Jahren, so wurde uns während der „Jubiläumsshow“ im Nürnberger Nicolaus-Copernicus-Planetarium gesagt, spiele man dort die Platte, früher zur Projektion klassischer Sternenbilder, nachdem das Planetarium aber seit einiger Zeit auch über eine „Fulldome“-Videoprojektion und eine Dolby-Surround-Sechskanal-Tonanlage verfügt, gibt es heute zur Musik auch eine mehr oder weniger psychedelische Videoshow. Abermals einen draufgelegt hat man beim städtischen Bildungszentrum nun mit dieser Jubiläumsshow, die auf mehrere Monate ausverkauft ist.

Leider war es verboten, während der Show zu fotografieren. Das ist okay und daran habe ich mich gehalten, es wäre auch müßig, über die optischen Eindruck der Show zu schreiben. Meinem Gefühl nach war die Projektion überall dort interessant, wo man als Zuschauer durch Krater oder einen Meteoritenhagel, durchs Universum fliegt. Hier liegen eindeutig die Stärken der Projektion in der Planetariumskuppel. Zudem gab es einige mehr oder weniger passende Animationen zu den einzelnen Songs, diese erinnerten mich nicht nur einmal an die gängigen CGI-Effekte der späten Neunziger – halt nur in 4K. Die Show war dennoch unterhaltsam und zum Themenkomplex Weltraum gab es reichlich „eye candy“ und eben das Meisterwerk von Pink Floyd. Das in dieser besonderen Location zu hören, ist schon ein besonderer Genuss für sich.

Der Sound im Planetarium wird dem Werk bedauerlicherweise nicht ganz gerecht. Ein wenig höhenbetont und unausgeglichen tönt es da aus den Lautsprechern, zudem hätte die Darbietung deutlich mehr Bass vertragen. Einer der Lautsprecher war defekt und schnarrte unangenehm. Schade, denn Darbietungen dieser Art geben auch Menschen, die ihre Stereoanlage aufgrund der Wohnverhältnisse nicht beliebig laut aufdrehen können, die Gelegenheit, dieses Stück Musik einmal mit einem imposanteren Schallpegel zu hören.

Insgesamt kann ich den Planetariumsbesuch durchaus empfehlen und auch die Show hat mir im speziellen Spaß gemacht. Das Planetarium am Plärrer wurde 1961 eröffnet und viele Einrichtungsgegenstände, das große Mosaik in der Eingangshalle (leider durch wenig hübsche Stellwände zum Großteil verdeckt) und nahezu die ganze Architektur sind sehenswert.

     

Zur Organisation bleibt zu sagen, dass das BZ durchaus noch daran tüfteln könnte, den Plätzen Nummern zuweisen und Platzkarten ausgeben. Schon weit vor Beginn bildete sich eine lange Schlange am Einlass – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das muss nicht sein und das ginge organisatorisch angenehmer und glatter – wenn man denn wollte. Der Eintritt kostet 10,- Euro (ermäßigt 6,50 Euro).

Revolutionsbier.

Allzu viel ist über das Verhältnis von Marx zum Bier nicht überliefert, außer, dass Marx in mancher Phase seines Lebens dem fröhlichen Zutrinken wohl nicht in völliger Ablehnung gegenübergestanden haben muss.
Gesehen in der Schankwirtschaft Schanzenbräu, Nürnberg.

Boogies BBQ – back in business

Weit über die Grenzen Nürnbergs hinaus bekannt – in der Stadt eine Institution: Allen, die „Boogies BBQ“ in der Nimrodstraße vermisst haben, sei die frohe Kunde gebracht: Es gab erst kürzlich das Re-Opening – quasi um die Ecke!

Nach langer Zeit mal wieder ein Beitrag im „Wirtshaus-Explorer“, einfach, weil ich glaube, dass sich die Neuigkeit bislang nicht überall herumgesprochen hat: Das „Memphis-style“-Smokehouse Boogies BBQ, das vor geraumer Zeit seine Räumlichkeiten in der Nimrodstraße schließen musste, hat in neuer Location wieder geöffnet – in der Eschenstraße 25, die Zufahrt ist über die Vogelweiherstraße.

Auch wenn es vor dem Restaurant noch ein wenig nach Baustelle aussieht, drinnen ist alles fein und chic, der Laden ist doch etwas kleiner, als die in der Nimrodstraße unterhaltene Halle und deshalb rentiert es sich, vorab telefonisch zu reservieren (zumindest, wenn man zu den Stoßzeiten kommen möchte).

Das Interieur ist, wie wir es kennen: Ur-amerikanisch. Mitunter tönt aus den Lautsprechern schöner alter Delta-Blues, dazu wird langsam gesmoktes Pulled Pork, die berühmten Spareribs oder auch Burnt Ends gereicht, an unterschiedlichen Tagen gibt’s jeweils ein Special, der Smokehouse Burger ist längst kein Geheimtipp mehr.

Mehr muss man eigentlich nicht wissen. Freilich ist das „Boogies“ eine Art Imbiss, die Qualität der Speisen übertrifft die eines Imbisses aber bei Weitem – und betrachtet man Zeit und Aufwand, der zu betreiben ist, um das Fleisch langsam im Smoker zuzubereiten (etwa 24 Stunden), so ist auch der höhere Preis absolut gerechtfertigt. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass Boogies den Neustart geschafft hat – und das in quasi direkter Nachbarschaft zum alten Laden.

Webcams aus Nürnberg

Ein bisschen aus der Zeit gefallen sind sie ja schon: die Webcams. Ende der 1990er Jahre bis in die 2010er Jahre hinein gehörte es quasi zum guten Ton, im „WWW“ eine Webcam zu betreiben, um der großen weiten Welt sein Unternehmen, seine Umgegend oder das örtliche Wetter im Livebild präsentieren zu können. Und so erfreut sich die Webcam unter den Ureinwohnern dieses weltweiten Netzes ungebrochener Beliebtheit (auch wenn es immer weniger solcher Webcams im öffentlichen Raum werden).

Auch in Nürnberg gab es mal eine Vielzahl solcher Kameras – und einige haben sich bis heute gehalten. Im Folgenden möchte ich einen aktuellen Überblick über noch aktive Webcams in der Frankenmetropole geben:

Nicht mehr verfügbar ist leider die Cam auf die Kaiserburg, die von einem ortsansässigen Versicherer angeboten wurde. Du hast eine Webcam gefunden, die ich vergessen habe? Lass´ mir einfach einen Kommentar da. Viel Spaß beim Cam-Spotten!

Blast from the past: Das 8-Uhr-Blatt.

Der ein oder andere kann sich noch an die Nürnberger Abendzeitung, das „Acht-Uhr-Blatt“ erinnern. Diese Boulevardzeitung gehörte fest zur mittelfränkischen Medienlandschaft – und ging 2012, nur wenige Monate, nachdem dieses Bild entstanden ist, den Weg alles Irdischen. Ihre „stummen Verkäufer“, die blauen Zeitungsautomaten, prägten für Jahrzehnte das Straßenbild. Ich habe mir mein Acht-Uhr-Bläddla öfter aus dem Automaten am Rathenauplatz gezogen. Was es mit der Demo gegen Lebkuchen auf sich gehabt haben mag, daran kann ich mich freilich nicht erinnern. Das Bild habe ich in meinem Twitter-Archiv wiedergefunden.

Blast from the past: Das Table-Dance in der Nürnberger Klingenhofstraße

Unter meinen alten Fotos habe ich dieses „Schmuckstück“ längst vergangener Tage gefunden: Die „Live Time“-Table-Dance-Bar im Nürnberger Resi-Areal (genauer: Klingenhofstraße 58), die an die alte Rockfabrik (vormals Discothek „Resi“) rein baulich angegliedert war. Was sich aufgrund der für unsere Tage eher unzureichenden Auflösung nur schwer erkennen lässt, sind die beiden in Käfige montierten Kunststoff-Pin-Up-Damen, die den Eingang links und rechts „schmücken“, ein Detail, das heute kaum mehr denkbar wäre.

Nürnberg: Kultureller Kahlschlag?

Die diesem Post vorangestelle Frage lautet: Droht Nürnberg der kulturelle Kahlschlag? Diese Frage kann ich als Außenstehender natürlich nicht vollständig beantworten, ich will eher versuchen, mich auf eine (zwangsläufig lückenhafte) Spurensuche zu begeben.

Die Nürnberger Kunsthalle, aufgenommen im Juli 2022

Erst vor zwei Tagen ging es durch die Presse: Nürnberg hat die höchste Pro-Kopf -Verschuldung aller bayerischen Städte. Mit 1,6 Milliarden Euro, das sind pro Kopf etwa 3000,- Euro, steht die Kommune in der Kreide. Ohne jeden Zweifel eine Herausforderung für den Kämmerer, der einen Sparhaushalt entwerfen muss, der nicht nur die Stadtspitze und Stadtrat zufriedenstellt, sondern auch von der mittelfränkischen Regierung in Ansbach genehmigungsfähig ist. Keine leichte Aufgabe.

Stadtkämmerer Riedel, er steht kurz vor der Pensionierung, muss sich dieser schweren Aufgabe stellen. Wegen ebenjenem baldigen Ausscheiden aus dem Dienst an der Stadt Nürnberg kann er aber auch, ohne fürchten zu müssen, den eigenen Ruf zu beschädigen, unpopuläre Entscheidungen treffen (bzw. Vorschläge unterbreiten) und so ein unpopulärer Vorschlag (beziehungsweise ein ganzes Vorschlagsbündel) erreichte in der vergangenen Woche die Nürnberger Öffentlichkeit: Einsparungen sollen durch Schließung der Kunsthalle und der Kunstvilla erzielt werden, die Blaue Nacht, das Bardentreffen und das Klassik-Open-Air im Luitpolthain sollen zukünftig nur noch alle zwei Jahre (anstatt wie bisher jährlich) stattfinden, man diskutiert auch darüber, das nicht minder beliebte „Silvestival“ ganz einzustellen. Wie viel Geld sich durch diese Maßnahmen tatsächlich einsparen lässt, scheint strittig zu sein. Berichteten die Nürnberger Nachrichten vor einer Woche noch von einem Betrag von 15 Millionen Euro, sollen laut aktuellen Informationen der Süddeutschen Zeitung bis 2026 6,5 Millionen eingespart werden.

Werfen wir einen Blick zurück: Als die CSU und Ludwig Scholz 1996 überraschend die Stadtratswahlen gewannen, brauchte es nicht lange, bis Scholz insbesondere im soziokulturellen Bereich massive Einsparungen durchsetzte und damit vielen Künstlerinnen und Künstlern den Boden unter den Füßen wegriss. Nicht nur das KOMM, sondern auch zahllose kleine, seit teilweise zwei Jahrzehnten erfolgreiche Initiativen wurden dadurch zerstört oder nachhaltig geschwächt. Nürnberg hat unter der CSU und besonders unter Ludwig Scholz stark gelitten, die Schneisen der Zerstörung, die seine verheerende Kulturpolitik, die als gescheitert betrachtet werden darf, in die Kultur- und Kreativszene der Stadt geschlagen hat, sind bis heute nicht geheilt, nicht repariert. Wirklich in relevanten Größenordnungen Geld konnte so natürlich nicht eingespart werden – die „Einsparungen“ waren weiland selbstredend alle politisch motiviert. Und sie blieben natürlich nicht ohne Folgen. Viele Künstler verließen die Stadt, wer sich heute in Nürnberg künstlerisch betätigt, leidet nicht nur unter einer deutlich ausgedünnten Infrastruktur, sondern auch darunter, dass sich hier die Kunstszene in ihrer Gesamtheit eher übersichtlich ausnimmt. Und so ist es natürlich kein Wunder, dass Nürnberg mit seiner Bewerbung zur „Kulturhauptstadt Europas 2025“ krachend gescheitert ist. Die Grundlage dieses Scheiterns wurde nach meinem Verständnis in den späten Neunzigern von der CSU und der rigorosen Un-Kulturpolitik Scholz „geschaffen“, denn wer eine freie Kulturszene mit seiner rechtskonservativen Ideologie unter dem Deckmäntelchen vermeintlich nötiger Einsparungen kaputtschlägt oder durch ausbleibende Zuschüsse an den Rand der Handlungsfähigkeit drängt, braucht sich nicht wundern, dass sich die Stadt zwanzig Jahre später (sozio-)kulturell nicht regenerieren konnte und schlicht keine organisch gewachsenen Kulturprojekte zu bieten hat, die den Titel einer Kulturhauptstadt zu rechtfertigen in der Lage wären. Nürnberg hat sich leider bis heute – nicht nur in Belangen der Kultur – von Scholz nicht vollständig erholen können.

Man möchte ja meinen, dass man in der zweitgrößten Stadt Bayerns aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit gelernt habe. Das ist, wie der neue Kultur-Kahlschlag-Katalog zeigt, mitnichten der Fall. Die Sache hat aber eine neue Qualität: Während der Scholz-Kahlschlag weiland in den etablierten Medien der Stadt nur einen lauen Widerhall fand, ist heute das Heulen und Zähneklappern groß und laut – schlicht, weil es arrivierte Institutionen und Projekte trifft.

Auf zweierlei möchte ich eingehen: Zuerst ist da mal die avisierte Schließung der Kunsthalle und der Kunstvilla zu diskutieren. Beide Häuser haben nicht nur ihre in ihrer Konzeption liegende Existenzberechtigung – nein, sie sind für Nürnbergs Museumslandschaft absolut unverzichtbar. Ja, wir haben mit dem Neuen Museum ein hervorragendes Haus, in dem kontemporäre Arbeiten internationaler Künstler gezeigt werden. Als Museum mit reinen Wechselausstellungen von Künstlern internationalen Formats mit dem „heimlichen“ Schwerpunkt der Moderne der 1960er und 1970er Jahre ist die Kunsthalle aber ein ungemein spannendes Museum, dass die Ausstellungen nicht nur äußerst aufwändig und stimmig präsentiert, sondern sie mit allgemeinverständlichen Informationen anreichert und hervorragende Begleitmaterialien anbietet. Und in dieser Form ist sie wohl im süddeutschen Raum einzigartig.

Kunstvilla

Die Nürnberger Kunstvilla, Juli 2022

Von allerdings noch entscheidenderer Bedeutung für die Stadt ist die Kunstvilla, hat man sich dort doch zur Aufgabe gemacht, in der Region entstandene Kunst zu erforschen, zu sammeln und auszustellen. Die Ausstellungen der Kunstvilla waren nach meinem Erleben immer didaktisch hervorragend aufbereitet, zudem bietet die bezaubernde alte Kaufmannsvilla dafür einen hervorragenden Rahmen. Beide Häuser wegzusparen ist schlicht nicht vorstellbar und, mit Verlaub, ein Frevel!

Zum Zweiten: Die Veranstaltungen Bardentreffen und auch, auch wenn nicht explizit erwähnt, Stars im Luitpolthain, sind ebenfalls unverzichtbar, weil sie nicht nur ein niederschwelliges und kostenloses Kulturangebot für die breite Bevölkerung darstellen. Viel mehr noch ist gerade das Bardentreffen ein echtes Mitmachfestival, das durch die vielen nicht geplanten, spontanen Auftritte zahlreicher Musiker seinen ganz eigenen Charme entwickelt. Denn neben dem Festivalprogramm, das streckenweise recht hochkarätig besetzt war, kann sich dort jeder Musiker ohne Anmeldung, Vorleistung… vor Publikum ausprobieren. Und auch wenn die Line-Ups der letzten beiden Stars im Luitpolthain-Veranstaltungen durchaus gewisse Redundanzen mit sich brachten: So ein Festival mit seiner beflügelnden Atmosphäre könnte so nicht nur im vergleichsweise kleinen Nürnberg sondern auch in New York oder London stattfinden. Festivals oder Veranstaltungen von dieser Güte, Strahlkraft und im Falle des Bardentreffens auch Tradition zukünftig auszudünnen, wäre ein schwerer Fehler, ein Rückschritt, eine kaum wieder auswetzbare Scharte. Was diese Veranstaltungen letztlich so besonders, so zugänglich und so niederschwellig macht, ist der freie Eintritt. Jeder, der interessiert ist, darf kommen.

Wir haben in den vergangenen Tagen viele (teilweise sehr gute) Argumente für eine Beibehaltung der kulturellen Angebote gehört. Diese reichen von „wir haben schon auf den Neubau des Konzertsaals verzichten müssen“ bis hin zu einer „Kulturdividende“, weil gerade die Veranstaltungen natürlich auch ein zahlungskräftiges Kulturpublikum in die Stadt ziehen. Eines geht aber in der ganzen Debatte leider unter: Wir werden uns in Zukunft einige Großprojekte leisten, deren Notwendigkeit schlicht nicht gegeben ist. Zu nennen wäre hier die völlig überflüssige, undichte und aus Gründen des Tierschutzes äußerst fragwürdige Delfinlagune, die nun eine neue Überdachung braucht, für sich genommen aber als unsanierbar gilt. Und dann der völlig aus der Zeit gefallene kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs. Würde man auf dieses Unsinnsprojekt verzichten, etliche Finanzprobleme der Zukunft wären bereits heute gelöst.

Unsinnig erscheinen die geplanten Streichungen im Kulturbereich gerade vor dem Hintergrund, dass Häuser und Veranstaltungen ja über Personal verfügen, das man nicht einfach so entlassen kann, das weiterbeschäftigt werden will und muss. Nun treffen die Einsparungspläne freilich nicht die Kultur allein, stattliche 500 Stellen sollen bei der Stadt Nürnberg „sozialverträglich“ gestrichen werden – aber hier offenbart sich doch, dass die Planungen des Kämmerers an dieser Stelle reichlich kurz greifen.

Die Konsequenzen der Streichungen sollte man genau bedenken: Die Dürer-Stadt verlöre deutlich an kulturellem Profil und würde auch touristische Attraktivität einbüßen. Was mit der nach Schließung dann leerstehenden Kunsthalle geschehen soll, ist ebenfalls offen. Der Leerstand einer solch speziellen Immobilie ist kaum dazu geeignet, dauerhaft wirklich Geld zu sparen, eine Umwidmung ist nur schwer vorstellbar und angesichts der Tatsache, dass das Haus erst für anderthalb Jahre geschlossen wurde, um teuer und aufwändig umgebaut zu werden, auch kaum vermittelbar. Hat man beide Museen einmal verloren, so steigt der Aufwand, sie irgendwann einmal so an selbem oder anderem Ort wiederzueröffnen – Fachleute gaben in den NN zu bedenken, dass eine Wiedereröffnung dann (selbst bei vielleicht hinreichend guter Kassenlage) nahezu unvorstellbar sei.

Die Schuldenlast der Stadt Nürnberg ist erdrückend. Und eine Kommune hat viele finanzielle Verpflichtungen, während Kunst und Kultur freiwillige Leistungen sind. So liegt es freilich nahe, hier den Rotstift zuerst anzusetzen. Die Konsequenzen sollten aber nicht aus den Augen verloren werden. Eine Stadt mit wenig geförderter Kunst und mit zwei bedeutenden Museen weniger wird natürlich unattraktiver – und fehlende Attraktivität macht sich „über Bande gespielt“ in vielen anderen Feldern wieder negativ bemerkbar. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheider in Nürnberg aus der mit Anlauf versemmelten Kulturhauptstadt-Bewerbung lernen und die Dummheiten von Scholz nicht wiederholen. Derzeit sieht es leider nicht danach aus. Der Schaden wäre gravierend.

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