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Instandsetzungsbericht Tonbandgerät Philips N4504

Disclaimer: Zum Arbeiten an elektrischen Anlagen und Elektro-/Elektronikgeräten sind Fachkenntnisse und eine spezielle Ausbildung erforderlich. Elektro-/Elektronikarbeiten dürfen daher nur durch Fachpersonal ausgeführt werden. Jeder ist für sein Handeln und seine Fehler selbst verantwortlich! Ich übernehme keine Haftung für Sach- oder Personenschäden sowie für die Korrektheit meiner Beiträge.

Eifrige Leser dieser Seiten wissen bestimmt um meine Schrulle für Retro-HiFi im Allgemeinen und für Plattenspieler, Tonbandgeräte und Röhrentechnik im Besonderen. In den vergangenen Jahren habe ich das Tonbandhobby wieder etwas reaktiviert und mir eine A77 Mk IV in Viertelspurtechnik und eine B77 in Halbspurtechnik zugelegt – und letztere auch professionell restaurieren lassen.

Nun wollte es aber der Zufall, dass ein guter Freund aus der Scheune seines Nachbarn ein kleines Tonbandgerät, ein Philips N4504, vor der Verschrottung rettete und mir bei unserem vorletzten Treffen mitbrachte. Ich war aus dem Stand angetan von dieser kleinen Maschine.

Philips N4504 in überarbeitetem Zustand

Nun weiß ich freilich um den nicht gerade unzweifelhaften Ruf dieser Philips-Bandgeräte aus österreichischer Produktion. Und bis vor zwei Wochen pflegte ich ebenfalls meine Vorbehalte gegen Philips-Tonbandgeräte. In den 90ern hatte ich ein N4308 (das Teil wurde seit Ende der 1960er wohl fast zehn Jahre unverändert in Wien gebaut), das ich mir gebraucht gekauft habe. Dieses Teil war einige Zeit mein Begleiter, bis es mir aus heiterem Himmel im wahrsten Sinne des Wortes abgebrannt ist. Mein Vater hatte Ende der 70er auch eine Philips-Maschine, an der er, so sagte er mir, auch nicht lange Freude hatte. Die österreichischen Bandgeräte genossen gemeinhin einen zweifelhaften Ruf – wer das Geld hatte, kaufte sich einen Großspuler aus fernöstlicher Produktion oder etwas von Studer/Revox.

Rentiert es sich, da überhaupt Aufwand in die kleine N4504 zu stecken? Schließlich machte das Gerät nach dem Einschalten keinen Mucks. Der Recorder ist sehr kompakt und überraschend leicht, bringt er doch keine zehn Kilo auf die Waage. Dennoch gefällt mir das Design, das Ende der 70er durchaus Maßstäbe gesetzt haben dürfte. Das Gerät präsentiert sich sehr aufgeräumt. Lassen wir es also auf einen Versuch ankommen.

Ein paar Worte zur Herkunft: Das Tonbandgerät stammt aus einem rundheraus geschichtsträchtigen Wiener Betrieb: Das alte Zeiss-Werk im 14. Gemeindebezirk Penzing, nur einen Steinwurf von Klosterneuburg entfernt (Weinkenner lächeln nun beseelt), ging recht bald an die Radiofabrik Schrack (noch heute „im Business“ in den Sparten Telekommunikation und Netzwerktechnik) um dann alsbald an Ing. Friedrich Horny veräußert zu werden, der hier die WIRAG – Wiener Radio AG aufbaute. Die Marke Hornyphon ist neben der Minerva noch heute in Österreich bekannt, bis weit in die 1970er Jahre wurden Radios und Plattenspieler unter diesem Namen in der Alpenrepublik verkauft. Horny musste bereits 1936 an Philips verkaufen, man fertigte während des Krieges (Militär-)Röhren und bald nach Kriegsende richtete die österreichische Philips hier ihr zentrales Tonbandgerätewerk ein, das erste Philips-Tonbandgerät wurde 1947 in Penzing gefertigt, 1964 dann der erste Videorekorder für den Heim- und semiprofessionellen Markt, der EL3400. Auch die VCR-Geräte wurden in Penzing gebaut, 1981 allerdings ging das neue Werk „Video Wien“ in Ottakring (16.) in Betrieb, extra für das System Video 2000 (in Kooperation mit Grundig) wurde diese Produktionsstätte errichtet. Die wurde Ende 2001 zusammen mit einem Viertel der österreichischen Philips-Beschäftigten abgewickelt, die „Video Wien“ war Geschichte. Neben Tonbandgeräten baute Philips in den 1970er-Jahren in Penzing auch Radiorekorder, zu Hochzeiten waren im Werk (mit Zweigwerk) etwa 3.000 Menschen beschäftigt.

Zurück zu unserer kleinen Maschine. Dank des Stempels im Rückteil des Gehäuses lässt sich die Herstellung taggenau datieren: Am 16. August 1978, also vor 46 Jahren, erblickte das Gerät das Licht der Welt. Von der N4504 existieren mindestens zwei unterschiedliche Varianten, eine, die ausschließlich mit DIN-Buchsen versehen ist und eine mit DIN-Buchsen und frontseitigen Klinkensteckern und hinten DIN-Buchsen und Cinch-Ein- und Ausgängen. Das Gerät liegt in letzter Variante vor. Die Elektronik ist nahezu komplett auf einer Platine verbaut, Philips änderte deren Design im Laufe der Zeit mehrfach, Geräte auf Grundlage dieses Laufwerks wurden bis mindestens 1981 produziert. Die Frontschürze wurde nicht abgeändert, das Kunststoffteil hat weite Aussparungen für die DIN-Buchsen, dahinter liegen, mit schwarzer Folie wird das zu große Loch kaschiert, die auf ein Winkelblech montierten 6,3-Millimeter-Buchsen. Ich bin ganz froh, dass ich die 6,3-Millimeter Klinke/Cinch-Version des Gerätes habe, entfällt so doch die lästige Anpassung der elektrischen Werte im Aufnahmezweig bei der DIN-Variante.

Mit einem Preis von deutlich unter 1000,- DM waren die einfachen „Vierer“-Varianten der Serie für ihre Ausstattung recht günstig, ein japanisches Großspulenbandgerät kostete in jenen Tagen fünfhundert bis siebenhundert Mark mehr. Philips verstand es vortrefflich, diese Geräte mit einer einfachen Darstellung seiner Vorzüge zu vermarkten, auf der Kopfabdeckung prangt beispielshalber groß die Zahl „3“ – „3 Motors, 3 Heads, 3 Speeds“. Ja, es handelt sich um ein Dreimotorenlaufwerk, allerdings vielleicht nicht in der Art, wie wir heute solche klassischen Aufbauten interpretieren wollten. Sind die drei Motoren bei Revox und den Japanern in aller Regel mit den Wickeltellern und dem Capstan wellenseitig direkt verbunden, verwendet Philips Riemen. Der „Direktantrieb“ der Japaner und Schweizer verlangt eine sehr aufwendige Steuerung und Regelung der potenten Motoren, bei Philips läuft das alles deutlich einfacher. Drei kleine Gleichstrommotörchen werden per Riemen übersetzt, die Steuerung der Geschwindigkeit wird über eine Art Rekuperation des Stroms beim Abwickelteller erreicht. Im Hinblick auf den Bandzug ist die Maschine ebenfalls eher unempfindlich: Wie bei ihren Vorgängern auch, wird das Band vermittels eines Filzes auf einem schwenkbaren Bügel, auf dem auch die Andruckrolle angebracht ist, an den Tonkopf gedrückt (eine sehr deutsche Konstruktion, bei den vorgenannten Japanern und Schweizern wird das eben über einen sehr präzise nachzuführenden Bandzug erledigt). Auch sonst ist die Mechanik des N4504 eher einfach, darüber werde ich bei der Instandsetzung sehr dankbar sein.

Drei Köpfe implizieren eine Hinterbandkontrolle – und die hat unser Kandidat: Mit dem Schalter „Monitoring“ kann man zwischen „A“ für „after Tape“ und „B“ für „before Tape“ wählen. Und was hat es mit den drei Geschwindigkeiten auf sich? Nun, neben den hierzulande äußerst gebräuchlichen 9,5 cm/s und 19 cm/s lässt sich auch Band sparen, indem man es mit 4,75 cm/s bespielt (der Geschwindigkeit, mit der man Compact-Cassetten bespielt). Bei dieser Geschwindigkeit reicht nach meinem Dafürhalten die Klangqualität nicht an eine gute Kassettenaufnahme heran. Die Klangqualität bei den recht langsamen 9,5 cm/s indes hat mich positiv überrascht, es scheint, dass Philips hier die Köpfe für die Aufzeichnung bei niedrigen Geschwindigkeiten optimiert hat. Klanglich kann dieses Gerät eine ganze Menge: Auch wenn es messtechnisch vielleicht bezüglich Wow/Flutter und Frequenzgang hinter den Boliden der Zeit etwas zurückbleibt, muss ich sagen, dass dieses Gerät einen guten Klang bei geringem Rauschen hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass potenzielle Käufer sich seinerzeit nach einer Vorführung auch des guten Klanges wegen für so eine doch eher günstige Maschine entschieden haben. Das kleine Teil verfügt auch über ein sehr interessantes Rauschunterdrückungsverfahren namens „DNL“, das nur beim Abspielen wirksam wird und das ich als sehr gefällig empfinde. Ein wirklich sinnstiftendes Feature, wird der Frequenzgang der Aufnahme doch nicht verändert. Bei stärker rauschendem Bandmaterial macht DNL – auch bei Fremdaufnahmen – einen erstaunlich guten Job, schade, dass Philips das mit DNL nicht weiterverfolgt hat!

Zum Zustand der Maschine: Ein typischer „barn find“, sie ist merklich verdreckt, stark verstaubt, hat richtig „Patina“, riecht aber nicht verraucht. Bei der ersten Inbetriebname zeigt sich, dass sie stromlos bleibt. Dieser Fehler lässt sich durch vorsichtiges gängig machen des leider verharzten Netzschalters schnell beheben. Nun zeigt sich, dass zumindest die Elektronik teilweise zu funktionieren scheint – eine gute Grundlage für den Aufbau. Beim Bedienen des Tastensatzes passiert aber nichts. Weder die Teller drehen sich, noch ist etwas zu hören.

Zustand der Maschine frisch aus der Scheune. Dreckig ist sie, aber vollständig

Auch ohne Service-Manual gestaltet sich die Demontage einfach. Nach Abnehmen der Spulen werden drei Schrauben herausgedreht und beide Bandhebel in die 12-Uhr-Position gebracht, so lässt sich der obere Teil der Frontverkleidung nach oben wegschieben. Hernach wird das Gerät auf den Rücken gelegt und die drei Schrauben auf dem Gehäuseboden werden entfernt. Von der Frontschürze müssen nur mit etwas beherzter Kraft die vier Drehregler nach oben bzw. vorn abgezogen werden und schon lässt sie sich abnehmen. Eine Demontage von VU-Metern, Schaltern… ist nicht nötig.

Oberer Teil des Chassis – noch im Gehäuse verschraubt

Um nun das Chassis aus dem Gehäuse heben zu können, müssen die großen Schlitzschrauben im oberen Teil und einige mit Pfeil gekennzeichneten Schrauben im unteren Teil mit dem Kunststoffrahmen sowie die rückwärtig im Gehäuse befindlichen Schrauben herausgedreht werden. Sonst ist weiter nichts zu tun, das Chassis und das Gehäuse lassen sich einfach trennen, das Netzkabel, in meiner Gerätevariante fest verbaut, wird durch die Aussparung des Handgriffs geschliffen.

Diese Schrauben müssen raus

Jetzt sieht man schon, was der Maschine eigentlich fehlt: Zuerst einmal sind die Riemen zwar augenscheinlich okay, haben aber keinerlei Spannung mehr. Und dann ist die gesamte Bandführung völlig verdreckt und verharzt. Eine so dreckige Andruckrolle, wie in dieser Maschine, habe ich noch nie gesehen. Auch der Capstan ist verkrustet und sitzt fest.

Eine förmlich zugesetzte Bandführung – schon vorgereinigt, wohlgemerkt!

So, liebe Freunde, sehen Maschinen auf, auf denen regelmäßig Shamrock-Bänder gelaufen sind. Die Reinigung der Bandführung ist nicht weiter problematisch, mit dem Capstan und dem Pinchroller hatte ich aber reichlich zu tun.

Nun geht es an den Tausch der Riemen. Die habe ich bei der Fa. Bosch Trading gekauft, die etliches an Philips-Ersatzteilen bereithält. Es werden Rundriemen geliefert, die sollen besser sein als die eckig geschliffenen. Warum, will sich mir nichts so recht erschließen, aber es funktioniert. Der Riemensatz kostet mit Versand 14,- Euro; gut investiertes Geld, die Riemen sitzen perfekt und werden die nächsten Jahre halten. Vor dem Tausch der Riemen bei den Bandtellern, der kinderleicht von der Hand geht, ist die Führung gut mit Isopropanol zu reinigen. Die alten Riemen sind zwar bisher nicht zu Matsch zerflossen, haben aber dennoch ordentlich Dreck hinterlassen. Nun drehen wir das Chassis um, gut erkennbar das große Schwungrad des Capstans in der Bildmitte. Der Capstanmotor selbst ist ebenfalls ein kleines Gleichstrommotörchen, genauso niedlich wie die Antriebe der Bandteller. Gut am Gleichstrommotor ist, dass er ohne großen Motorkondensator auskommt – ein Quell häufiger Fehler, den es hier so nicht gibt.

 

Um hier den Riemen zu tauschen, muss der Bügel, der das Flywheel hält, abgenommen werden, zwei Schrauben nebst Hülsen und Unterlegscheiben sind zu entfernen. Auf dem Bügel ist eine weiße Kunststoffplatte angebracht, die der Lagerspiegel sein soll, die muss gereinigt werden. Der Motor ist mit einer Art Sprengring an drei Punkten aufgehängt, der muss gelöst werden. Wer nun eine Elektronikerzange hat, ist hier im Vorteil, aber eine kürzere Rosenkranzzange tut den Dienst ebenfalls, weil alle Teile gut und luftig zugänglich sind. Ist der Ring aufgebogen, lässt sich der Motor nach hinten wegklappen, der Riemen kann gewechselt werden. Davor sollte aber die Fläche des Schwungrads gereinigt werden, es steckt in einer Patrone aus transparentem Kunststoff (!), die sich einfach abwischen lässt.

Ist der Riemen gewechselt, wird alles verschraubt. Für mich beginnt nun, nachdem auch der Zählwerkriemen getauscht ist, der erste Probelauf der Maschine.  Hier zeigt sich, wie servicefreundlich das Philips-Bandgerät konstruiert ist, denn der Probelauf erfolgt auf dem nackten Chassis, es muss nicht erst wieder in das Gehäuse gebaut werden. Der Test macht große Hoffnung, denn in meinem Fall scheint die Elektronik erst mal in Ordnung, der rechte Kanal geht nicht, aber alle Laufwerk-Steuerfunktionen sind auf Anhieb okay und die Laufgeschwindigkeit ist auch in Ordnung.

Der ausgefallene rechte Kanal wird sich alsbald als Kontaktproblem herausstellen – und Kontaktprobleme hat die N4504 reichlich. Dabei sind die Potis eigentlich ganz okay, die Kontaktprobleme liegen bei den Kippschaltern. Nachdem diese gereinigt und freigespielt sind, funktioniert auch der rechte Kanal wieder.

 

Insgeheim bin ich recht froh, um den ganzen elektronischen Teil weitestgehend herumgekommen zu sein, ein Einmessen und grundständiger Neuabgleich des Tonbandgeräts wäre mir ohne fremde Hilfe ohnehin nicht gelungen. Nun geht es an die obligatorischen Reinigungsarbeiten, das Ausblasen des Chassis mit Druckluft – auch dem Gehäuse nehme ich mich entsprechend an, indem ich alle Teile in die Badewanne werfe und mit reichlich Seifenlauge abschrubbe.

Die Gehäuseteile werden dann mit klarem Wasser abgebraust, grob mit einem Tuch vorgetrocknet und dann mit Druckluft trocken geblasen. Dazu nehme ich aber keine Pressluft aus Büchsen, das wäre mir auf Dauer dann doch zu teuer, sondern den XPower Airrow Pro, dieses kleinste Modell des Gebläses konnte meine Bastleransprüche noch immer zufriedenstellen. Und dann wird das Gerät zusammengesetzt und präsentiert sich wie auf dem ersten Bild dieses Artikels.

Nun sollte, meinte ich, alles passen. Ein erster Testlauf verlief erfolgreich, doch nach einer guten halben Stunde verlor der rechte Wickelteller an Kraft, die Maschine stand zwar nicht, aber leierte merklich. Was ist nun los? Versagt doch die Elektronik?

Ein erneutes Aufschrauben und der Test am offenen Chassis stehen an, hier funktioniert wieder alles. Es dauert eine ganze Weile, bis ich den Fehler gefunden habe – meinen Fehler, wohlgemerkt: Beim Zusammenbau habe ich das Netzkabel, welches das Gehäuse unterhalb der eingegossenen rückwärtigen Griffmulde verlässt, eingequetscht, sodass das verschraubte Chassis ein wenig unter Zugspannung stand, gerade so viel, dass mit aufgesetzter Frontplatte der Abwickelteller nicht frei drehen konnte und irgendwann zu viel Widerstand da war und der Bandzug nicht mehr stimmte. Die Motoren der Philips sind nicht kräftig genug, diesen Widerstand zu kompensieren, und schon leierte es. Ein solch kleiner Fehler will auch erst einmal gefunden werden – was so ein halber Millimeter Differenz doch manchmal ausmacht… Jetzt läuft das Bandgerät etwa seit zehn Stunden fehlerfrei durch – ich möchte sagen, fast wie am ersten Tag.

Mein Fazit: Der Aufwand hat sich gelohnt! Auch wenn die N4504 in HiFi-Kreisen (genauer betrachtet zu Unrecht) nur einen mittelmäßigen Ruf genießt, so ziehe ich doch meinen Hut vor den Philips-Ingenieuren: Es ist ihnen gelungen, mit einfachen Mitteln und wirklich pfiffigen Detaillösungen ein technisch robustes Gerät von guter Qualität zu schaffen, dessen Elektronik und Mechanik nach über 45 Jahren noch ausgezeichnet funktionieren, wenn man dem Tonband nur ein wenig Pflege und Wartung zukommen lässt. Und das ist bei vielen Tonbandgeräten alles andere als selbstverständlich.

Ja, der Apparat hat verhältnismäßig viel Kunststoff verbaut, was seine Anmutung insgesamt ein wenig „plastikhaft“ macht, aber dieser Kunststoff ist von hoher Güte und äußerst zweckmäßig eingesetzt. Auch die Konstruktion selbst mag sich deutlich einfacher ausnehmen, als man das von Maschinen von Pioneer, Sony, Studer oder Grundig aus jener Zeit kennt. Ich möchte aber ganz deutlich zu verstehen geben, dass ich das nach meiner kleinen Instandsetzung gar nicht mehr als Nachteil begreife – im Gegenteil: Die Mechanik ist so bezaubernd simpel gehalten, dass wirklich nur wenig daran kaputtgehen kann. Und auch wenn hier viele Kunststoffteile verbaut sind, es ist bislang keines defekt und sie sehen weder spröde aus, noch zersetzen sie sich. Meine N4504 hat auch ordentlich Betriebsstunden auf dem Buckel, das kann man ja am Kopfspiegel erkennen. Aber selbst der nimmt sich durch die Kunststoffteile der Köpfe akzeptabel gering aus. Freilich habe ich, als ich die Maschine bekam, gedacht: „Au weia, ob mit dem Plastikbomber überhaupt noch was los ist?“ – und wurde eines Besseren belehrt. Nach meinen Vorerfahrungen mit Philips-Technik der 70er Jahre kann ich jedenfalls sagen, dass diese Vorbehalte völlig grundlos waren. Ein gutes, dankbares und dabei wohlklingendes Teil, das auch 46 Jahre später noch Spaß macht!

Test: Raddy RF757 – Ein Kurzwellenradio mit schier unendlichen Features

Was? Schon wieder eine Rezension über ein Raddy-Radio? Ja, denn der Hersteller Raddy (das ist die Radiosparte des Funktechnikherstellers Radioddity) liefert für knapp unter 100,- Euro ein kompaktes Gerät, das mit wahnsinnig vielen Features ausgestattet ist.
In Deutschland ist das Radio seit Mai 2024 in verschiedenen Shops verfügbar, es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf diesen interessanten, brandneuen Weltempfänger zu werfen.Raddy RF757

Und um das dem Test voranzustellen – es gibt zwei für mich sehr interessante Features, die mich bewogen, dieses Gerät zu besorgen und darüber zu schreiben: Zuerst einmal ist das RF757 mein erstes per App steuerbares Radiogerät; ich bin einfach ein neugieriger Mensch und möchte herausfinden, ob die App-Steuerung einen echten Mehrwert für mich bringt. Und zum anderen interessiert mich die Aufnahmefunktion. Meine anderen Kurzwellenradios verfügen leider nicht über eine solche, um ehrlich zu sein werde ich sie wohl auch nicht oft benötigen, aber gelegentlich hätte ich es schon interessant gefunden, einfach auf “Record” zu drücken und das ein- oder andere Empfangserlebnis aufgezeichnet zu haben. Diese Lücke soll dieses kompakte Radio nun also schließen.

Kommen wir aber zuerst einmal zu den wichtigsten technischen Daten. Folgende Frequenzbereiche werden empfangen:

UKW: 87.5-108 MHz sowie 64.0-108 MHz, mono und stereo
VHF/UHF: 25.0-999.0 MHz, FM
MW: 520-1710 kHz sowie 522-1710 kHz AM im 9 kHz / 10 kHz-Raster
KW: 3.2-30.0 MHz, AM, Raster 0.005MHZ
AIR-Band: 118.0-138.0 MHz, AM
Weather Band: 162.400-162.550 MHz, FM (hat hierzulande keine Relevanz)

Mit einem Gesamtgewicht von etwa 250 Gramm inkl. Akku ist das Radio relativ leicht. Es verfügt über einen 3,7 Volt-Standardakku (Rundzelle) mit 2500 mAh Kapazität, der problemlos getauscht werden kann. Das schätze ich sehr, denn wer seine Radios oft und gerne verwendet, wird früher oder später mit einem Kapazitätsverlust des Akkus konfrontiert sein. Hier schnell und günstig standardisierten Ersatz beschaffen zu können, ist ein echtes Feature (und sollte, Stichwort “geplante Obsoleszenz”, eigentlich selbstverständlich sein – ist es aber leider nicht!).
Geladen wird das Radio per USB-C, das empfinde ich ebenfalls als einen Vorteil. Allerdings (wie so oft bei Geräten chinesischer Provenienz) ist die USB-C-Buchse nicht ganz standardgerecht ausgeführt – das Gerät akzeptiert nur einen Ladestrom von 1 A (werden potentere Ladegeräte angeschlossen, lässt sich der Akku nicht aufladen; ich finde, das sollte man wissen, um nicht einfach mit seinem aktuellen Handylader in den Urlaub zu fahren und dann das Radio nicht laden zu können).

Zu den Funktionen, die man bei so einem Gerät immer häufiger antrifft, gehört, dass das Radio auch als Bluetooth-Lautsprecher verwendet werden kann (alle drei Raddy-Geräte in meinem Besitz haben diese Funktion) und sich zudem Musik von der micro-SD-Karte wiedergeben lässt. Das RF757 mountet Karten mit einer Speichergröße von bis zu 256 GB und gibt die Formate MP3, WMA, WAV, APE sowie FLAC wieder. Neben diesen Features verfügt das Radio weiterhin über eine helle und damit annehmbare Taschenlampe und eine recht laute Notfallsirene (die man vermittels Schiebeschalter der Taschenlampe anschaltet und die man daher auch versehentlich mal aktiviert).

Ein kurzer Blick auf den Lieferumfang: Neben dem Radio, dem Akku und der Bedienungsanleitung findet sich ein mehr oder weniger brauchbarer Stereo-Ohrhörer, eine Handschlaufe und eine Drahtantenne für Kurzwelle und das USB-C-Ladekabel (nicht aber der Netzadapter) in der Schachtel.

Zur App-Steuerung: Das Gerät arbeitet mit einer App namens “Android-c”, die im Wesentlichen das Display und die Bedienelemente des Radios auf dem Handybildschirm abbildet. Sie ist im engeren Sinne also nichts anderes, als eine Fernbedienung für das Radio. Und als solche ist sie weitestgehend entbehrlich. Ich hätte erwartet, dass man per App Frequenzen programmieren, Timer setzen und ähnliche Funktionen mit dem Komfort eines Smartphones bedienen kann, das ist jedoch leider nicht der Fall. Ein Screenshot der "Radio-c"-App unter AndroidAktiviert man beim RF747 die Bluetooth-Funktion, so bekommt man am Handy zwei Bluetooth-Geräte angezeigt – eines ist die Verbindung zur Ansteuerung des Radios, die andere Bluetooth-Verbindung verhält sich wie ein Headset, man kann das Radio also als Freisprecheinrichtung verwenden und Musik über den Lautsprecher wiedergeben lassen. Diese Trennung der BT-Verbindungen ist eigentlich ganz schlüssig, gerade bei der Verbindung mit der Radio-C-App hatte ich allerdings immer wieder meine Probleme – zumindest dann, wenn man der App nicht dauerhaft gestattet, den Standort des Geräts abzufragen. An einer Stelle war mir die Steuerung per Software dennoch ganz angenehm, und zwar dann, wenn es um die Aufnahmefunktion geht. Diese lässt sich per App starten und stoppen und zeigt auch die gegenwärtige Dauer der Aufzeichnung an. Ersteres geht freilich auch am Radio, letzteres liest man nur in der App komfortabel ab.

Und damit komme ich auch schon zur Bedienung: Wie bei allen vernünftigen Kurzwellenradios haben wir es auch beim Raddy-Radio mit einem Gerät mit einer gewissen Komplexität zu tun. Man muss sich erst einmal an die Bedienung gewöhnen und sich mit den Funktionen vertraut machen. Zu behaupten, das Radio ließe sich einfach bedienen, wäre sicher nicht ganz richtig. Hat man sich aber einmal der Logik eines solchen Geräts geöffnet, kommt man recht gut damit klar. Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass beim Design dieses Radios die Weltempfänger von Sony Pate gestanden haben. Das Display des RF757 ist sehr auskunftsfreudig und nur bedingt gut abzulesen. Obwohl es gleichmäßig hintergrundbeleuchtet ist und die Blickwinkelstabilität für so ein klassisches Flüssigkeitskristalldisplay ganz prima ist, sind die vielen Symbole schon reichlich klein – Lesebrille bereithalten! Alle Betriebsmodi werden angezeigt, zudem verfügt das Radio über ein Thermometer, welches die Umgebungstemperatur anzeigt.
Die Frequenzabstimmung erfolgt nicht nur mit den großen Pfeiltasten, der Direkteingabe über die Zifferntastatur oder frei definierbare Frequenzsprünge, es gibt zusätzlich auch noch einen rückseitig hochkant verbauten, drehbaren Abstimmknopf mit fühlbarer Rasterung. Dieser Abstimmknopf, von Raddy als “seamless fequency control” bezeichnet, ist leider nicht ganz so “seamless”, wie der Name glauben macht: Bei jedem Rasterpunkt durchs Frequenzband ist der Empfang für einen ganz kurzen Moment, einen Sekundenbruchteil, unterbrochen. Man kann an diesem Empfänger also nicht so “durchkurbeln”, wie man das von analogen oder sehr hochwertigen digitalen Empfängern gewohnt ist. Ja, gewohnt… Für mich ist das schlicht eine Frage der Gewöhnung, mein letztes analoges Kurzwellenradio hatte ich 1999. Ab dann war die Abstimmung immer digital. Aber aus Gesprächen mit einem Radiofreund weiß ich, dass für manchen dieses analoge Feeling echt wichtig ist. Irgendwie kann ich das auch verstehen, die alten Kurzwellenprofis verlassen sich gerne eher auf ihr geschultes Gehör, als auf eine mehr oder weniger hohe Selektivität eines automatischen Bandscans.Raddy RF757

Zum Empfang: Den Empfang betreffend macht das Radio gerade auf der Kurzwelle eine hervorragende Figur. Ich würde den Empfänger, sofern man die mitgelieferte Drahtantenne (Länge rd. drei Meter) verwendet, sogar als ausgezeichnet und schön empfindlich bezeichnen. Alle hier hörbaren Auslandssender werden klar und laut empfangen, lediglich das Fading macht bei diesem Radio deutlich mehr Probleme, als beispielshalber bei meinem Tecsun-Radio, das ich hier ja auch schon mal beschrieben habe. Der Kurzwellenscan geht superflott, lange Kurbeln durch die Bänder kann man sich sparen, natürlich kann man auch die Frequenzen direkt eingeben. Daumen hoch, mit dem RF757 lässt sich sehr ordentlich Radio hören.
Im Mittelwellenbereich ist das Radio allerdings verhältnismäßig taub, ein Problem, dass ich bei allen drei Raddy-Geräten wahrgenommen habe. Mich wundert ein wenig, dass der Mittelwelle in anderen Tests ein guter Empfang attestiert wird – ich habe ihn offen gesagt als eher mittelmäßig wahrgenommen.
Der Empfang im AIR-Band ist auch überraschend gut und klar, allerdings muss ich dazu sagen, dass ich keine vier Kilometer vom Nürnberger Tower entfernt wohne, da sollte auch ein entsprechend guter Empfang gewährleistet sein.
Im UKW-Band ist wieder alle prima, die Local/Distant-Schaltung funktioniert auch hier ausgesprochen gut.

Klang: Von einem so kleinen Gerät mit noch viel kleinerem Lautsprecher erwartet man hinsichtlich des Klangs keine Wunder – doch gerade in dieser Disziplin vermag der kleine Kasten zu überraschen. Denn der Lautsprecher klingt für seine Größe durchaus voll und angenehm. Raddy hat es sich nicht nehmen lassen, den Lautsprecher separat verkapselt zu verbauen und geräterückseitig einen klitzekleinen Bass-”Radiator” mit Passivmembran einzubauen. Ein lustiges Feature, das nun nicht allzu viel Gewinn bringt, den Ton dennoch ein wenig stützt. Nun liefert der Lautsprecher weder einen kräftigen Bass, noch möchte man mit diesem Radio ausdauernd Musik hören, trotzdem klingt es für seine Größe recht erwachsen, die Sprachverständlichkeit ist prima.Raddy RF757 - Rückseite

Aufnahmefunktion: Micro-SD-Karten mit einer Speicherkapazität von bis zu 256 GB soll das Radio mounten können – leider habe ich das nicht probiert, weil ich entweder nur größere oder wesentlich kleinere Karte zur Hand hatte. Mit einer 64 GB-Karte, die im Normalfall für die Aufzeichnung eine ganze Weile reichen sollte, funktioniert alles bestens. Die Aufnahme klappt auf allen Frequenzbändern, während der Aufzeichnung sind alle Tasten, außer der Lautstärkeregelung, gesperrt.

Aufgezeichnet wird im MP3, bei 44.1 kHz und 160 kbps, stereo. Jetzt ist bei einer analogen Aufnahme hier freilich eine Art Limiter oder “auto level control” aktiv, die macht aber einen super Job. Ungünstigerweise wird in den Metadaten der Audiofiles nicht hinterlegt, wann oder auf welcher Frequenz die Aufnahme gemacht wurde. Bei vielen aufgenommenen Files auf der Karte wird das nach einiger Zeit zum Ratespiel. Und dennoch: Die Aufnahmefunktion ist ein tolles und gut umgesetztes Feature.

Verarbeitung: Für sich genommen ist die Verarbeitung des kleinen Geräts recht ordentlich und bietet nur bei genauerem Hinschauen Anlass zur Kritik. Im Rahmen eines so ausführlichen Tests allerdings möchte ich mir doch die Zeit nehmen, tatsächlich einmal genauer hinzuschauen und da fallen zwei Punkte ins Auge: Das Gehäuse ist nicht ganz verwindungsfrei und weist mehrere kleine, aber unschöne Spaltmaßabweichungen zwischen Vorderschale und Gehäuserückseitenteil auf. Das ist technisch erst mal kein Problem, alles funktioniert erwartungsgemäß prima, mindert aber dennoch den optischen Eindruck. Dieses Manko bemerkt man aber nur bei sehr genauem Hinsehen. Der zweite Kritikpunkt ist die wirklich lumpige Ausziehantenne. Sie besteht aus vielen Segmenten und die sind teils recht biegsam und dünn. Das wäre sicher etwas besser gegangen. Auch die Hintergrundbeleuchtung des Tastenblocks fällt sichtbar unregelmäßig aus. Alles andere hingegen ist tadellos verarbeitet, insgesamt macht das Gerät nicht nur einen guten, sondern robusten Eindruck.

Fehlt etwas? Nun, es gibt mehrerlei, was ich mir von so einem Multifunktionsradio noch wünschen würde: Zum einen wäre da ein DAB+-Band. Ja, ich mag analoge Technik und bin nach wie vor fasziniert von der Kurzwelle, DAB+ ist aber im Alltagsgebrauch einfach verdammt praktisch. Und DAB-Empfang würde den Nutzwert so eines Geräts sehr steigern. Auch ein Langwellenband fände ich prima. Die Langwelle dümpelt gerade ziemlich vor sich hin, in Europa gibt es nur noch Sender in Großbritannien, Polen, Rumänien und Norwegen, aber aus nostalgischen Gründen fände ich es schon interessant, während des Urlaubs mal wieder Langwelle zu hören (früher, Anfang, Mitte der 90er bis in die 2000er habe ich oft den DLF auf Langwelle gehört, öfter als auf Mittelwelle). Bei der Aufnahmefunktion wünsche ich mir eine Timeraufnahmefunktion – gerade in Verbindung mit der App-Steuerung stelle ich mir das auch komfortabel programmierbar vor. Das Radio selbst bringt ja einen Wecker und einen Sleep-Timer mit, das wären doch ideale Voraussetzungen, um zumindest rudimentär eine programmierbare Aufnahmefunktion zu integrieren. Wenn hier jemand von Raddy mitliest – ihr wisst, was ihr zu tun habt! Was allerdings ein echtes Manko ist, ist das Fehlen von SSB. Das sollte so nicht sein, die preisgleiche Konkurrenz von Tecsun etwa ist grundsätzlich mit SSB-Empfang ausgestattet. Und dann wäre natürlich noch chic, wenn das Radio nicht bei der Abstimmung bei jedem Frequenzschritt für den Bruchteil einer Sekunde muted, sondern sich einfach “durchkurbeln” ließe. Diese Funktion bleibt aber offensichtlich nur teureren Geräten vorbehalten.

Fazit: Mit der Firma Raddy hat ein neuer, fernöstlicher Akteur die Bühne der Hersteller kompakter, ernst zu nehmender Kurzwellenradios betreten. Mir gefallen die Tecsun- und Sangean-Geräte hinsichtlich ihres Bedienkonzepts und der Verarbeitungsqualität zwar besser, das ist aber auch immer ein wenig eine Frage des eigenen Geschmacks. Und letztlich ist das Raddy-Gerät mit einem Straßenpreis von etwas unter 100,- Euro auch recht günstig, vor allem, wenn man hier die vielfältigen Features des Radios bedenkt.

Angetestet: Raddy RF886 – ein brauchbarer Weltempfänger für ein Taschengeld

Der Kurzwellenempfang gehört zu meinen langjährigen, wenn auch mittlerweile nur gelegentlich gepflegten Hobbys, mit dem ich in den 2010er-Jahren immer mal wieder längere Zeit pausierte, weil es mit der Kurzwelle nicht zum Besten stand. Im Zuge des Ukrainekriegs ist gegenwärtig wieder etwas mehr auf Kurzwelle los, so bunt und vielfältig wie es in den 1990er-Jahren noch war, wird es aber wohl nicht mehr werden. Und dennoch: Lasst uns KW hören, solang dort noch etwas los ist. Und los ist allen Unkenrufen zum Trotz noch immer einiges – mit einfachen Mitteln lässt sich die BBC, Russland, China und die Türkei hören.

Dieser Tage kreuzte ein interessanter Empfänger chinesischer Provenienz zu einem Kampfpreis von 33,- Euro meinen Weg: Ziemlich klein und dennoch ein vollwertiger Weltempfänger – das ist das Raddy RF886 Kurzwellenradio. Ein kleines und kompaktes Radio mit großem Funktionsumfang und eingebauten Akku für ein Taschengeld – da musste ich doch zuschlagen.

Die Handelsmarke Raddy ist unter den Radiofreunden nicht mehr ganz unbekannt, der Hersteller, der insbesondere über Amazon sogenannte Notfallradios und DAB-Radios zu günstigen Preisen anbietet, liefert mit dem RF886 nun ein weiteres Modell, einen Taschenempfänger, der sich als durchaus vollwertiger Weltempfänger erweisen soll. Die empfangbaren Frequenzen:

  • Ultrakurzwelle: 64-108 MHz
  • FM: 30,00-199,975 MHz (ein separates Wetterband in diesem Bereich ist ebenfalls vorhanden)
  • Mittelwelle: 520-1710 kHz
  • Kurzwelle: 3.20-21.95MHz

Alleine an diesem nicht für den europäischen Markt angepassten Frequenzbändern sehen wir, dass das in einer Faltschachtel mit einer 3-Meter-Drahtantenne mit Krokoklemme und einem USB-Ladekabel gelieferte Radio einfach über den ganzen Globus vertrieben wird.

Ein paar Worte zum Empfang: Die Empfangsqualität auf UKW ist gut, über Mittelwelle erstaunlicherweise unterdurchschnittlich und auf Kurzwelle immer noch sehr gut. Die beigelegte Drahtantenne bringt einen recht deutlichen, hörbaren Gewinn, die etwas kurze und wenig flexible Stabantenne des Radios macht sie quasi unverzichtbar. Ohne separat anclipsbare Antenne ist der Empfang allenfalls nur durchschnittlich. Das Fading der Stationen fand ich bei diesem Gerät ausgeprägter als bei anderen Empfängern, allerdings muss man fairerweise dazu sagen, dass mein anderes, regelmäßig genutztes Kurzwellenradio über eine recht aufwendige digitale Signalaufbereitung verfügt. Das hat dieses kleine Taschenradio natürlich nicht. Und auch wenn Euch mein durchaus kritischer Unterton nicht verborgen geblieben sein wird: Für das aufgerufene Geld sind wir hier sehr solide unterwegs.

Vom Klang eines so kleinen Gerätes darf man freilich keine Wunder erwarten, da man über MW und KW aber in der Regel keine Musik hören wird, ist das, was der Lautsprecher da zu Gehör bringt, durchaus ausreichend. Zusätzlich gibt es noch sechs Equalizer-Stufen, die den Klang und die Sprachverständlichkeit merklich verbessern – man möchte den Eindruck haben, dass der Equalizer wirklich auf den verbauten Lautsprecher angepasst wurde (was heute leider nicht mehr selbstverständlich ist).

Was macht nun dieses kleine Radio so interessant, so besonders? Nun, zuerst einmal ist da der Formfaktor: Dieses kleine Gerät ist wie gemacht für Reisen, für die Nutzung auf dem Balkon und der Terrasse. Man kann es problemlos in die Brusttasche stecken, auch wenn die dann etwas ausgebeult. Man muss keinen Batterievorrat mit sich herumtragen, das Gerät erhält seinen Strom über USB-C, damit lässt sich auch der eingebaute Akku aufladen.
Ein Sleeptimer und ein Wecker sind ebenfalls mit an Bord – und nicht zuletzt kann man dieses Radio auch noch als Bluetooth-Lautsprecher verwenden. Damit hat man unterwegs eigentlich alles beisammen, was man als ambitionierter Radiohörer braucht und schätzt.

Und dann gibt es auf der Oberseite sogar noch eine Taschenlampe, die mit zwei LEDs einen kräftigen Lichtstrahl liefert und sehr zu meiner Überraschung richtig brauchbar ist. Mit einem zweiten Druck auf die seitlich angebrachte Lampentaste morsen die LEDs das „SOS”-Lichtsignal, bei langem Druck auf die Taste erklingt ein lauter Alarmton.

Wird man als interessierter Kurzwellenhörer mit diesem kleinen Radio glücklich? Sagen wir mal so: Ich habe schon wesentlich schlechtere und empfangsschwächere Radios gesehen.

Für die etwas mehr als dreißig Euro, die für dieses Gerät aufgerufen werden, bekommt man erstaunlich viel Radio. Man muss natürlich sagen, dass man heute für unter hundert Euro ein Taschengerät mit digitaler Stabilisierung, kaum Fading, externen Antennenanschluss und vor allem Frequenzdirekteingabe erhalten kann – ebenfalls mit Akku (sogar tauschbar). Mein Tecsun erfüllt diese Kriterien, darüber hinaus bekommt man vergleichbare Geräte aber auch von Degen, aber auch z.B. den XHDATA D808 oder, wenn es etwas günstiger sein soll, D109.

Man muss also überlegen, was man möchte und braucht. Und dennoch ist dieses Gerät einfach, klein, leicht bedienbar und von guter Verarbeitung – und das Ganze um den Preis eines Taschengeldes. Und dann ist da noch der Frequenzbereich von 30,00-199,975 MHz, mit dem man hierzulande zwar nicht allzu viel anfangen kann (in der Nähe von Flughäfen senden die Tower hier Wetterinfos, aber eben in AM), aber in den USA werden z.B. in diesem Frequenzband die Wetteraussendungen der National Weather Organization ausgestrahlt, für die es aber auch einen eigenen WB-Bereich gibt, wie zuvor erwähnt, hierzulande ohne Nutzwert… Das könnte also durchaus von gesteigertem Interesse für Reisende sein.

Wer sich als Einsteiger der Kurzwelle annähern will und das mit einem sehr kompakten Gerät tun möchte, findet im RF886 einen perfekten Partner, verwendet man die mitgelieferte Drahtantenne. Der gegenwärtige Straßenpreis beträgt 33,- Euro, mit etwas Geduld erhält man für solche Geräte bei Amazon auch Aktionsgutscheine von 15 oder 20 Prozent, im Radioddity-Shop kostet das Gerät gerade 30 US-Dollar.

Test: Der Weltempfänger Tecsun PL-330

Der Fernradioempfang über Kurzwelle war in den 1990er Jahren (und auch in den frühen 2000ern) noch ein durchaus gängiges Hobby für technikinteressierte (junge) Erwachsene – und auch mich hat die Faszination für die kurzen Radiowellen, die sich an der Atmosphärenschicht brechen und so quasi den halben Erdball (oder mehr) umspannen, nie ganz verlassen. 2009 kaufte ich meinen letzten ernstzunehmenden Weltempfänger, den ich einige Jahre nutzte, aber seit gut zehn Jahren war ich quasi Kurzwellen-abstinent, den Roadstar-Empfänger habe ich an einen Freund verschenkt.

Irgendwie hat mich die Kurzwelle aber dennoch wieder gereizt, gerade in unseren Zeiten internationaler Verwerfungen scheint mir der Empfang von Auslandssendern wieder interessant. Ein wohlmeinender Funkamateur auf Twitter dämpfte meine Euphorie aber ein wenig: „Du wirst die Kurzwelle nicht wiedererkennen“, schrieb er (und sollte mit dieser Einschätzung recht behalten, in mehrerlei Hinsicht).

Nach einiger Überlegung habe ich mir dann doch wieder einen Weltempfänger geklickt, einen Taschenempfänger (denn so einen großen Kasten wie den Roadstar wollte ich mir dann doch nicht wieder in die Wohnung stellen). Die Wahl fiel kurzerhand auf ein chinesisches Modell, den Tecsun PL-330. Die Gründe für die Bestellung dieses Radios sind schnell herunterdekliniert: Das Radio hat ein tolles kompaktes Format (139 x 85 x 26 mm), wiegt mit Akku etwas weniger als 250g, in den Rezensionen unterschiedlicher Händler wurden ihm durch die Bank gute Empfangseigenschaften beschieden und letztlich gefiel mir auch das typische „80er-Jahre“-Design sehr gut (ich tappe gewöhnlich gerne und sehenden Auges in jede Retro-Falle…).

TECSUN PL-330

Bestellt habe ich das Radio direkt in China, über einen der zahllosen Stores des Portals Ali-Express. Ob das so schlau war? Schließlich fallen bei Bestellungen in China inzwischen Zollgebühren an, eine Bagatellgrenze scheint es inzwischen nicht mehr zu geben. Aber der Zoll verzichtete bei mir ganz offensichtlich auf das Einheben irgendwelcher Gebühren, innerhalb von zwei Wochen war das Radio, das ein kleines Taschengeld kostet, bei mir. Geliefert mit Hermes. Wer das Zollthema nicht riskieren möchte und auf eine volle Garantie Wert legt, kann den Empfänger aber auch bei deutschen Händlern bekommen. Inklusive einer deutschen Bedienungsanleitung, meinem Radio lag nur ein chinesisches Heft bei.

Unprätentiös das Unboxing: In einer kleinen Faltschachtel befindet sich in einer Luftpolsterfolie das Radio, eine Schutztasche einfacher Machart (ein „Sackerl“), der Akku und ein USB-auf Mikro-USB-Ladekabel liegen der Lieferung ebenso bei, wie eine chinesische Kurzanleitung und ein Paar einfache Ohrhörer. Geliefert wird eine rein chinesische Bedienungsanleitung, allerdings hat sich hier jemand die Mühe gemacht, die Bedienungsanleitung exzellent ins Deutsche zu übersetzen.

Die digitale Signalaufbereitung verdient besondere Erwähnung. In der englischen Gerätebeschreibung heißt es: „Fitted with modern DSP digital demodulation technology which greatly enhances reception sensitivity, selectivity, signal-to-noise radio and interference performance“ – das klang mir doch arg nach dem üblichen „Marketing-Sprech“, aber zumindest was Empfindlichkeit und Fading betrifft, ist die Aussage wahr. Ich will jetzt nicht allzu euphorisch klingen, aber ich habe Kurzwelle noch nie mit so wenig Fading gehört. Wenn das Signal auch nur halbwegs stabil ist, kann man Sendungen über lange Zeit mühelos folgen.

Auch wenn die vielen Tasten anderes vermuten lassen, ist der Bedienkomfort erstaunlich hoch und die Bedienung in sich schlüssig. Ein wenig beschäftigen und mit den Funktionen vertraut machen muss man sich schon, aber wer heute bewusst ein Kurzwellenradio kauft, ist dazu sicher bereit. Die Funktion, die mir die Bedienung wesentlich erleichtert und mich am meisten überzeugt, ist der Bandscan. Binnen weniger Minuten sind alle Frequenzen der Bänder durchgelaufen und das Radio legt empfangene Sender chronologisch im Speicher ab, so dass man nicht manuell suchen muss, sondern sich bequem durch die Ergebnisse schalten kann. Die sehr gute Selektivität des Empfängers kommt einem hierbei besonders zu Gute. Ich meine, sagen zu können, dass keine Frequenz ausgelassen wird, auf der aktiv gesendet wird.

Zum Akku: Tecsun greift hier auf das Design des Nokia BL-5C zurück, ein gängiger Akku, der auch heute noch bei sog. „Dumbphones“ des ehemals finnischen Handyherstellers Verwendung findet und millionenfach in Umlauf sein dürfte. Meiner Meinung nach eine geniale Entscheidung: Third-Party-Akkus dieses Typs bekommt man quasi überall für drei, vier Euro und selbst der Nokia-Originalakku kostet kaum mehr aus sieben bis zehn Euro. Ersatz ist also schnell und günstig beschafft (und auch in den nächsten Jahren sichergestellt), sollte der Akku einmal schwächeln. Mit dem Aufladen des Akkus hatte ich hingegen so meine Probleme. Das Radio verfügt über eine Micro-USB-Buchse, ein kurtes Kabel liegt bei. Als ich das Radio das erste Mal aufgeladen habe, griff ich mir einfach das nächstbeste Handyladegerät mit USB-Buchse (ich schätze es auf eine Maximalleistung von 20, 30 Watt). Der Ladevorgang war da nur unvollständig, wurde im Display nach zwei Minuten als abgeschlossen angezeigt und das Radio wurde in der Nähe der Ladebuchse erschreckend heiß. Inzwischen lade ich das Radio mit einem uralten Apple-Netzteil, das etwa 5 Watt Leistung aufgibt – und siehe da: Das Laden funktioniert einwandfrei (und ja, die technischen Daten geben eine Hinweis darauf: „Charging/external power: DC 5V / 500mA“).

Ein paar kleine, interessante Features bringt das Radio mit sich. Zum einen muss der FM-Sterero-Empfang über Kopfhörer genannt werden, der sehr gut ist. Bei schwachen Sendern wird Stereo automatisch stufenlos in Mono rübergeblendet, bevor das Rauschen zu stark wird – eine sehr angenehme Hörerfahrung. Das angenehm hinterleuchtete und gut ablesbare Display verfügt über eine Signalstärkeanzeige und gibt auch einen Signal-Rausch-Verhältniswert aus. Die Werte zu beobachten und in Relation zum empfangenen Signal zu setzen, ist interessant – hilft mir persönlich aber in der Praxis nur wenig. Die Abstimmung übernimmt das Radio ja in aller Regel allein.

Der Empfang: Auf Kurzwelle (Frequenzbereich 1711-29999 kHz) war ich, wie gesagt, vom klaren Ton und dem nur geringen Fading, selbst unter ungünstigen Empfangsbedingungen mitten in der Stadt, sehr begeistert. Und ja, ich erkannte die Kurzwelle nicht wieder. War früher eigentlich immer irgendwo ein Auslandssender mit „Deutschem Dienst“ zu hören, haben sich die aktiven und starken Kurzwellensender doch insgesamt spürbar dezimiert. Einseitenbandempfang ist möglich, das habe ich aber nicht weiter getestet, ebenso habe ich noch keine externe Antenne (anzuschließen über eine Miniklinkenbuchse) verwendet. Ich kam ehrlich gesagt nur ein einziges Mal auf die Idee, das versuchen zu wollen – weil nämlich auf der Langwelle (153-513 kHz) gespenstisches Schweigen herrschte und herrscht. Es gibt in Dänemark, Großbritannien, Irland und Rumänien noch große Langwellensender, hören konnte ich aber noch keinen davon (abseits davon: Die Abschaltung der deutschen Langwellensender halte ich bis heute für einen großen Fehler). Auf der Mittelwelle (520-1710 kHz bzw. 522-1620 kHz) ist gewöhnlich am Abend viel los und ich habe mit dem Mittelwellenteil meinen Spaß. Der kleine Erlanger Mittelwellensender Joe ist auch in Nürnberg gut zu hören :). Der UKW-Empfang (64-108 bzw. 87-108 MHz) geht mit ausgezogener Antenne ebenfalls sehr gut.

Mein Fazit: Das Tecsun PL-330 ist klein und leicht und ein ideales Reiseradio. Ich bin erstaunt, was die digitale Signalaufbearbeitung heute zu leisten im Stande ist. Kurzwellenhören macht mit dem kleinen Teil auf jeden Fall großen Spaß. Das kleine Radio bringt im Wesentlichen alle Tugenden eines großen Weltempfängers mit, ich klann es nicht anders sagen: Das ist das beste Taschenradio, das ich bisher besessen habe. Wünschenswert wäre RDS und eventuell auch eine Abspiel- und Aufnahmemöglichkeit auf Micro-SD, wie sie heute bei vielen ähnlichen Geräten chinesischer Provenienz Standard ist. Heute würde ich das Radio wohl nicht mehr in China bestellen, kostet es mit Versand durch einen deutschen Händler (mit Garantie) zwischenzeitlich mit 72,- bis 99,- Euro kaum mehr, als in China.

Im Test: Der Ricatech-Retro-Radiorecorder PR85

Sehenden Auges und quasi mit Anlauf bin ich dieser Tage voll in die Retro-Falle getappt! Derzeit gibt es nämlich wieder eine Gattung Gerät zu kaufen, die dereinst vor vierzig Jahren modern war – und zwar Radiorecorder. Für die jüngeren Leser: Ein Radiorecorder ist ein tragbares Radiogerät mit Kassettenrecorder, also einer Vorrichtung, mit der sich in Kunststoffgehäusen verbaute Magnettonbandspulen mit Schall besprechen und wieder abspielen lassen. Entweder über ein eingebautes Mikrofon oder eben über das verbaute Radioteil (voll analog, versteht sich). Diese Gerätegattung ist zum einen sehr kompakt aufgebaut und zum anderen mit einem Handgriff versehen, so dass sich diese Apparate leicht in der Wohnung (und mit Batterien auch im Freien) herumtragen lassen. Modern – wie gesagt, waren diese Dinger etwa ab Mitte der 1970er Jahre – noch bevor in den 80ern die Ghettoblaster kamen.

Ein guter Radiorecorder zeichnete sich in jenen Tagen durch eine mehr oder weniger echte Holzoptik, ein gutes Radioteil und allerhand Zierrat aus Aluminium oder Kunststoff aus. Und genau diese Gattung Gerät gibt es heute wieder. Ein Radioteil ist dran, dann gibt es einen Kassettenrecorder (Mono, wie das Radio) obendrauf und weil wir eben im Jahre des Herren 2017 leben, auch die Möglichkeit, MP3s vom USB-Stick oder SD-Karte abzuspielen.

Ihr müsst zugeben, das Ding hätte rein optisch auch 1981 in einem Katalog der großen Versandhäuser offeriert werden können. Um zu sehen, dass es sich hier um ein zeitgenössisches Produkt handelt, muss man schon ganz genau hingucken.

Von der mir bis dato unbekannten Firma Ricatech wird zu einem Straßenpreis von 35,- Euro ein richtig klassisch-biederer Radiorecorder mit der Typenbezeichnung „PR85“ angeboten.
Das Ding, so dachte ich mir, ist praktisch! Zwar ist UKW eine so gut wie abgekündigte Technik, heute hat man DAB, aber immerhin lassen sich auf UKW noch Sender empfangen. Das Kassettenteil brauche ich eigentlich nicht zwingend, ich besitze vielleicht noch eine Handvoll Bänder – aber Hörbücher und Hörspiele über USB ablaufen zu lassen ist schon ein Feature. Klar, ich habe auch eine Bluetooth-Box, aber eigentlich ist mir das zu umständlich (Box aufladen, koppeln, Hörbuch aufs Handy übertragen…). Mit so einem Radio schaut die Sache doch viel einfacher aus: USB-Stick rein, Stecker in die Steckdose, Gläschen Wein einschenken und ab in die Küche zum Gemüse schnippeln oder ab in die Badewanne. Und wen ich Lust auf Nachrichten habe, über UKW kann man ja noch welche empfangen.

Zur Haptik

Das Radio ist günstig. Das Gehäuse ist einfach gearbeitet. Nicht direkt lumpig aber doch einfach. Während Schalter und Tasten recht präzise rasten und kein übermäßiges Spiel haben, sind die Drehregler für Senderwahl und Lautstärke schief eingepasst, schleifen und wackeln. Das darf so eigentlich nicht sein. Die Klappe des Kassettenfachs ist auch sehr dünn gearbeitet. Die Verarbeitung ist soweit in Ordnung, aber trotzdem wünscht man sich hier doch ein wenig mehr Präzision.

Das Radioteil

UKW, Mittelwelle und zwei Kurzwellenbänder bietet das Radio, über UKW lassen sich die ortsüblichen Sender empfangen, auf der Mittel- und Kurzwelle geht – zumindest hier in der Stadt – nichts. Die Abstimmung der Sender erfordert durchaus Fingerspitzengefühl. Das Radioteil funktioniert, richtig Freude macht es nicht.

Das Kassettenteil

Im Rahmen der Möglichkeiten des Geräts ist das Kassettenteil schon in Ordnung: Die Wiedergabe ist klar, sauber und weitestgehend verzerrungsfrei. Richtig retro: Alles ist Mono, auch über den Kopfhörerausgang. Das Spulen des Bandes funktioniert recht flott, die Pausentaste rastet präzise, nachdem das Band abgelaufen ist, schaltet der Recorder ab (bei der Wiedergabe, nicht beim spulen). Aufgezeichnet habe ich mit dem Gerät nichts – man kann allerdings Radio, MP3s und auch die eigene Stimme mit dem eingebauten Mikrofon aufzeichnen. Das Kassettenteil rauscht recht stark, auch im Leerlauf. Wenn der Motor in Bewegung ist, sind über den Lautsprecher Störgeräusche zu hören, selbst wenn MP3s wiedergegeben werden. Der Ton kommt verständlich rüber, es klingt aber einfach nicht gut.

Der MP3-Player: Ein Silbenverschlucker

Der MP3-Player ist recht spartanisch ausgestattet. Es gibt kein Display – lediglich einen Anschluss für den USB-Stick und einen SD-Kartenschacht. Mit vier Tasten wird die MP3-Wiedergabe gesteuert: Vor, Zurück, Play/Pause und Wiederholung. Über den jeweiligen Betriebszustand erfährt man nichts, es gibt nur eine LED, die signalisiert, dass der Player eingeschaltet ist.
Diese spartanische Ausstattung würde an und für sich auch genügen: Zuerst werden alle Titel im Root-Verzeichnis wiedergegeben, dann wechselt der Player in den ersten Ordner, dann in den zweiten usf. Wenn man auf Stick oder Speicherkarte nicht so viele Ordner hat, dass es gänzlich unübersichtlich wird, kommt man auch im „Blindflug“ ganz gut klar und kann sich sicher durch die Titel navigieren. Echtes gapless-playback gibt es nicht, aber die Lücke zwischen den einzelnen Titeln ist so kurz, dass es selbst bei Material, das unterbrechungsfrei abgespielt werden möchte, nicht allzu unangenehm auffällt. Im Ansatz ist das kleine MP3-Player-Modul also ganz geschickt designed – besonders, weil selbst nach einer Trennung des Radiorecorders vom Stromnetz der Titel erneut angespielt wird, bei dem man aufgehört hat zu hören. Und dennoch: Der MP3-Player hat einen so schweren Fehler, dass man über die vielen kleinen Macken des Gerätes nicht hinwegsehen kann. Wenn man ein Hörbuch abspielt, bei dem es längere Sprechpausen gibt, verschluckt der Player die ersten Wortsilben, wenn der Sprachfluss wieder einsetzt. Wann immer eine leise Passage auf dem Quellmaterial beginnt, startet der Player eine Art nichtabschaltbare Faderautomatik, bei der er komplett den Ton abriegelt um dann – mit einigen Millisekunden Verzögerung ­- den wiedereinsetzenden Ton einzublenden. Diese Automatik ist so scharfgeschaltet, dass bei einem Hörbuch regelmäßig das erste Wort eines einsetzenden Satzes halb oder gar ganz verschluckt wird. Aus einer Krimilesung wird so ein nicht mehr rezipierbares Stakkato. Und damit ist für meinen ursprünglich angedachten Einsatzzweck der ganze Recorder nicht benutzbar. Wer nur mit hohem Pegel und hoher Kompression aufgenommene Musik anhört, kann mit diesem schweren Fehler vielleicht noch gerade so leben, wer aber, und sei es auch nur ab und zu, ein Hörbuch hört, kann das Ricatech-Gerät leider nicht sinnvoll benutzen.

Technische Umsetzung

Der Recorder ist für mich schon allein wegen des verkorksten MP3-Players durchgefallen. Es gibt aber tatsächlich auch einige andere prinzipielle technische Kritikpunkte, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Der wichtigste: Der eingebaute Trafo verursacht ein nicht akzeptables, lautes Brummen und versetzt das gesamte Kunststoffgehäuse des Recorders in Vibration – auch, wenn der Recorder über die Schalterstellung „Tape“ im Standbybetrieb ist und nichts wiedergibt. Dieses ernstzunehmende Manko hat man bei Ricatech freilich erkannt und liefert den Recorder daher mit einem Schnurschalter am Netzkabel (sic!) aus. So eine primitive Lösung eines Problems, das heutzutage eigentlich bei keinem Gerät der Unterhaltungselektronik mehr auftauchen dürfte, habe ich noch nie gesehen! Einen Radiorecorder, der ab Werk mit einem Schnurschalter ausgeliefert wird, der dem einer Nachttischlampe ähnlich ist, das ist für mich der Gipfel des Pfusches!

Auch erwähnt werden muss, dass das Gerät sowohl beim Radio-, Cassetten- und MP3-Betrieb ein erhebliches Grundrauschen produziert, das gerade bei leisen Passagen sehr deutlich hervortritt. Dies – in Kombination mit dem sehr einfachen Lautsprecher führt zu einem Klang, der sowohl im Bassbereich als auch im Hochton völlig beschnitten wirkt, woraus schlicht folgt, dass der Klang dumpf und verrauscht ist. Freilich mag mich hier die Erinnerung möglicherweise auch trügen, aber ich denke, dass die einfachen Geräte in den 80ern nicht so schlecht geklungen haben. Wie oben bereits beschrieben, sind manche Bedienelemente auch nicht ordentlich verarbeitet.

Und damit komme ich zum Kern: Der Radiorecorder ist eine nette Spielerei – er lebt von seinem konsequenten Retro-Design. Die Funktion ist ja prinzipiell gegeben, die Umsetzung allerdings ist so dürftig, dass bei der Benutzung des Recorders keine Freude aufkommt. Wenn der erste Wow-Effekt verpufft ist und man sich am anachronistischen Design sattgesehen hat, erkennt man, dass der Nutzwert schlicht nicht da ist. Und damit dürften sehr viele dieser Geräte weit vor ihrer Zeit dem Elektroschrott anheimfallen. Was für eine Ressourcenverschwendung!

Dabei ließe sich das recht einfach vermeiden: Es bedürfte schlicht eines nur minimal besseren Transformators, einem Bauteil, das für diese Anwendung in hinreichender Qualität auf den internationalen Elektronikteilebörsen derzeit keine zwei Dollar kosten dürfte. Auch ein etwas besserer, klangfreudigerer Lautsprecher dürfte nur einige zehn Cent teurer sein. Würden dann bei der Herstellung auch nur rudimentäre westliche Qualitätsmaßstäbe Anwendung finden und würde man zudem das Softwaredesign des MP3-Players um die auto-mute-Funktion kastrieren, das Retro-Radio hätte sofort einen echten Gebrauchswert und wäre nicht vorab für den Müll produziert. Die Käufer wären mit Sicherheit bereit, einen Aufpreis zu zahlen, würden solche pro Gerät kaum fünf Dollar in Anspruch nehmenden Maßnahmen umgesetzt.

Fazit

Geiles Retro-Design, das Spaß macht und einen schnell in die eigene Kindheit zurückversetzt. Das Gerät ist ein echt guter Gag – mehr aber auch nicht. Die vielen Unzulänglichkeiten in Qualität, Technik und Bedienung sind in Summe so schwerwiegend, dass ich vom Kauf dieses Recorders nur abraten kann. Für mich persönlich gibt letztlich der verkorkste MP3-Player den Ausschlag, vom Ricatech-Recorder abzuraten. Eine gute und witzige Idee scheitert leider an ihrer Umsetzung.

Die letzte Kassettenfabrik.

Nostalgie galore!

Vorbespielte Audiokassetten, die keine Kinderhörspiele beinhalteten, hatte ich vielleicht ein Dutzend. In den 80ern war die LP einfach billiger als die Kassette und in den 90ern hatte man CDs. Aber Hörspielkassetten hatten wir als Kinder massenhaft – und wir haben sie bis an die Funktionsgrenze gespielt. Das in einer Kassettenfabrik das Tonmaterial im high-speed-dubbing-Verfahren auf große Bandwickel umgeschnitten und dann in die Gehäuse konfektioniert wird, wusste ich – nicht aber, dass es heute noch jemanden gibt, der das tut.

Der Mann mit dem Lötkolben tut mir irgendwie leid, er ist mehr als ein Konservator, er muss gegen natürlichen Verschleiß ankämpfen – ohne die Entlastung einer gesicherten Ersatzteilversorgung. Das erinnert mich irgendwie an die Leute in den Plattenpresswerken, die auch Tag für Tag damit zu tun haben, fünfunddreißig bis fünfzig Jahre alte Technik am Laufen zu halten.

Und noch ein Vergleich zur Platte drängt sich auf: Es gibt Neuauflagen auf Kassette. Wer kauft denn das? Das neue „Drei Fragezeichen“-Folgen für Sammler in kleiner Auflage noch auf Kassette geliefert werden, kann ich mir ja vorstellen, aber wer kauft sich bitte ein neues Metallica-Tape?! Das ist strange. Und irgendwie cool.

via Ronny. Das Kraftfuttermischwerk ist immer eine Empfehlung wert!

 

Kostenlos abzugeben: Stereoanlage GRUNDIG RPC200.

Zum wegschmeißen viel zu schade: Ein Kollege verschenkt seine Stereoanlage GRUNDIG RPC200, ähnlich der im Bild, nur in der braunen Farbvariante.

GRUNDIGRPC200_

(Bildquelle: CC BY-SA 3.0 Neozoon)

In den 70ern waren diese GRUNDIG HiFi-Studios der Renner, in vielen Haushalten fand sich ein Gerät dieser Art, das sich ebenso in die Wohnwand integrieren ließ wie auf den klassischen Trompetenfuß. Bereits 1963 begann GRUNDIG mit dem ersten „Studio 50“, Stereoanlagen in eine wohnzimmertaugliche Darreichungsform zu bringen. Die Kompaktanlagen „HiFi-Studio“ mit zahlreichen Modell- und Ausstattungsvarianten waren seit Anfang der 1970er Jahre dann die logische Fortentwicklung dessen. Diese „Studios“ – seinerzeit oft gesehen in Kombination mit den Audiorama-Kugelboxen – waren die Anlage der 70er und kündeten nicht nur in deutschen Wohnzimmern vom Weltruhm des Fürther Herstellers GRUNDIG.

Zur RPC200: Mit Radio (UKW, MW, LW, KW), sieben Stationstasten, Kassettendeck und Plattenspieler. Technische Daten bei radiomuseum.org.

Das Gerät steht in Nürnberg und kann gerne abgeholt werden. Ich vermittle den Kontakt – einfach eine eMail schreiben oder anrufen (Kontaktdaten siehe Impressum)!

Nürnberg im O-Ton-Feature: Mit dem Mikrofon durch die Wand (1989)

Zu meinen liebstgehörten Sendungen im öffentlich-rechtlichen Hörfunk gehören Features. Jede der großen Anstalten hat einen entsprechenden Sendeplatz und so dürfen wir uns in Deutschland über eine Fülle und einen Reichtum höchstwertiger Hörbilder freuen – leider wird diese – ich sage bewusst Kunstform – oft verkannt.

Im Sommer nutzt der Bayerische Rundfunk mit seinem zweiten Programm den Sendeplatz, um Features vergangener Tage erklingen zu lassen, die sich maßgeblich aus Originaltönen speisen. Sechs Features aus sechzig Jahren Rundfunkgeschichte sind ausgewählt, drei habe ich bereits gehört, alle sind sie hörenswert, eines aber sticht durch seinen regionalen Bezug heraus: Es ist das Tonexperiment „Mit dem Mikrofon durch die Wand“ von Ralf Huwendiek.

1989 nimmt sich der Autor und Regisseur Ralf Huwendiek einen Stadtplan und zieht mit dem Lineal eine Linie von seiner Gostenhofer Wohnung zum Sinwellturm. Was diese Linie kreuzt, will er in guten 50 Minuten hörbar machen. Es klingt so einfach und ist in seiner Umsetzung doch so kompliziert, denn nicht jeder, der von der Linie „gekreuzt“ wird, will etwas sagen oder beitragen.

Huwendieks Feature ist keine Liebeserklärung, das Bild, das er malt, zeigt auch nicht durchgehend düstere Farben, es hinterlässt aber einen etwas faden Geschmack. Und es birgt einige Überraschungen:

Beispielsweise das Feature „Mit dem Mikrofon durch die Wand“ von Ralf Huwendiek. Er trifft auf seiner akustischen Wanderung durch seine Lieblingsstadt Nürnberg auf einen alten SS-Soldaten. Huwendieck begegnet dieser Nazi-Propaganda sehr geschickt, indem er sie anders behandelt als alle anderen O-Töne. Mehr möchte ich nicht verraten… (Quelle: BR)

Für jeden Nürnberger (aber nicht nur für Nürnberger) ein hörenswertes Stück Radio-, Zeit- und Lokalgeschichte. Wie war Nürnberg 1989 – und wie nah ist dieses damalige Nürnberg teilweise heute noch?

Gut, dass es das BR-Feature als Podcast gibt. So lässt es sich noch eine Weile nachhören, bis es (wann auch immer) mal depubliziert wird.

Hier gehts zur Audiodatei „Mit dem Mikrofon durch die Wand“.

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