Wirtshaus-Explorer: Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Fürth
„Wenn’s geschmeckt hat, positiv bewerten!“, ruft mir die Wirtin zu, als ich das gerade frisch servierte, knusprig-knisternde und unglaublich verführerisch riechende Schäufele noch schnell mit dem Telefon fotografiere, bevor ich mich im Tunnel des fränkisch-lukullischen Sinnesrausches der Einverleibung dieses herrlichen Fleischstücks nebst Kiedla an würziger Biersoße hingeben kann. Da wurde ich also unvermittelt daran erinnert, doch mal wieder einen „Wirtshaus-Explorer“ zu schreiben. So denn…

Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Fürth
Ort der Begebenheit ist eine Restauration, die der Fürther einfach als „Tannenbaum“ bezeichnet, gelegen direkt am Helmplatz. Das altehrwürdige Fachwerkhaus verrät, dass es sich hier um eine Traditionsgaststätte handeln muss, das immer empfehlenswerte Fürth-Wiki weiß zu berichten, dass das Gasthaus mindestens seit 1896 „Zum Tannenbaum“ heißt. Als „urig“ würde man solche Lokalitäten heute wohl bezeichnen, aber der Tannenbaum ist weit mehr, eine gewachsene Speisegaststätte in historischen Räumlichkeiten, in die jeder einkehren kann. Betritt man den Tannenbaum, so schreitet man unter dem Bibelwort „BIS HIERHER HAT DER HERR GEHOLFEN“ (1. Samuel 7, 12) ins großzügige Wirtshaus.
Es sind jene alteingesessenen Gaststätten, die den Charme der fränkischen Wirtshauskultur ausmachen. In holzvertäfelten Gaststuben sitzt man, fürgewöhnlich zu Mehreren, an schweren Tischen, betrachtet den im Laufe der Jahrzehnte angesammelten Zierrat und genießt eine regionale, herzhaft-deftige Küche, die man seit der Nachkriegszeit wohl aus der Verlegenheit heraus mit dem klassistischen Begriff „gutbürgerlich“ etikettiert hat. Auf den Simsen stehen Steingutseidel, alte Stiche mit Ansichten aus längst vergangenen Tagen zieren die Wände, Fensterscheiben und Lampenschirme sind bleiverglast.
Und so verströmt auch der Tannenbaum eine gewachsene Gemütlichkeit, der auch jene Gäste erliegen, die sonst eher die loftig-lichtdurchflutet-durchdesigneten hallenartigen Gastronomiebetriebe mit ihren Sushi, Tapas, Mezze und anderen Angeboten der Häppchenküche aufsuchen würden. Häppchenkultur sucht man indes im Tannenbaum vergeblich, kulinarisch geht es, der Herr hilft auch jenseits der Wirtshausschwelle, handfest zu.
Zu den Klassikern auf der Karte gehören neben der Pfannkuchensuppe, den Bratwürsten und sauren Zipfeln sowie der Tellersulzn auch Schweinebraten und natürlich das fränkische Schäufele. Das kommt duftend und mit röscher, noch knisternder Kruste an den Tisch, die Bratensoße ist vollmundig und bestens bierhopfig balanciert, mühelos löst sich das zart-saftige Fleisch vom Knochen und die Freunde heimatlicher Kochkunst wähnen sich im fränkischen Himmel. Und kommt man beim Mahl erst beim Kellnerstückla an, ist man ganz nah an jener Seligkeit, die einem dieses zarte, am Knochen servierte Ofengericht zu stiften in der Lage ist.
Wer ein Schnitzel oder Cordon bleu ordert, der wird alsbald die bekannten Klopfgeräusche aus der Küche vernehmen – die vorfreudige Erwartung wird auch beim frisch gebratenen Schnitzel nicht enttäuscht. Und so stellt sich bald die der Sättigung folgende Zufriedenheit ein. „Darf’s a Schnäpsla sein…?“
Neben Bieren der Nürnberger Konzernbrauerei Tucher (man serviert in bestem Lokalpatriotismus freilich jenseits der Stadtgrenze vornehmlich die Tucher-Marken Grüner, Humbser und Zirndorfer), bietet man im Tannenbaum eine sehr anständige und gepflegte Auswahl fränkischer Weine – zu einem sehr fairen Schoppenpreis. Wer ab und an gerne mal ein Gläschen Wein trinkt, sollte die erstaunlich breit gefächerte Weinkarte zumindest einmal überflogen haben.
Wem das alles zu traditionalistisch klingen mag, dem sei gesagt, dass man auf der Speisekarte auch immer zwei wechselnde vegane Gerichte findet, dazu freilich einige Salate und, je nach Saison, auch Fischgerichte und Karpfen. Brotzeit gibt’s ohnehin.
Der Service ist freundlich und verbindlich, das Essen schmeckt hervorragend und nicht nur kleine, sondern auch größere Gesellschaften finden im Tannenbaum Platz. Das Kamin-Nebenzimmer mit seinen etwa 45 Sitzplätzen haben wir unlängst als Treffpunkt für unsere Zusammenkünfte der (mittel)fränkischen Mastodon- und Bluesky-Nutzer auserkoren. Auch hier konnte der schnelle und angenehm zurückhaltende Service voll überzeugen. Im Sommer gibt es Außensitzplätze auf dem Helmplatz und im Hinterhof.
Zum Tannenbaum, Helmstraße 10, 90762 Fürth. Telefon: 766 04 85.