Wochenrückblick KW 37 und 38 2023
In den letzten zwei Wochen ist reichlich geschehen, die Landtagswahlen in Bayern und Hessen werfen ihre Schatten voraus – und in Bayern werden das dank Söders Wankelmütigkeit stockdunkle Schatten werden. Nun gut, gehen wir es also mal wieder an…
- Vorletzten Sonntag hat also Weidel ein Sommerinterview bei der ARD abgeben dürfen. So was finde ich ja immer etwas elend, man sollte der faschistischen AfD keine Bühne bieten, nirgends.
- „Spätestens, als Weidel im ARD-Sommerinterview verlautbarte, in der Niederlage des Nationalsozialismus keinen Grund zur Freude zu sehen, wäre Gelegenheit für Interviewer gewesen, mit ´An dieser Stelle beenden wir das Gespräch, denn Sie haben sich aus demokrat. Minimalkonsens selbst verabschiedet´ klare Kante zu zeigen. Die beständigen Plauschrunden mit Rechtsextremen erhellen nichts und stellen diese nicht – sie helfen in dieser Form nur dabei, braunes Gedankengut immer weiter zu normalisieren“, Nadine Milde via Mastodon
- R.I.P, Burgi Well.
- Gerade scheinen bei Jehovas Zeugen wieder Werbewochen zu sein. Nicht nur bei uns klingelten sie am letzten Samstag an der Wohnungstür, auch bei anderen im Viertel, wie ich soeben über Mastodon erfuhr. Früher habe ich mir immer einen Spaß daraus gemacht, mit denen zu diskutieren. Meine These, die ich denen gerne überhelfe, ist: „Dieser Jesus Christus ist doch der erste Sozialist der Welt“. Der hat die Händler aus dem Tempel gedroschen, „Die Letzten werden die Ersten sein“, er saß bei den Kranken, bei den Huren… Wenn das nicht genügt, kann man noch eine Schippe drauflegen: „Aus der Bibel hätte sich Marx bei seinem´Kapital` noch ein paar Scheiben abschneiden können!“, man denke an das Sabbatjahr, den Schuldenerlass, Gottes Gebot eines Ruhetages in der Woche… „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Für mich war in der Vergangenheit deren Reaktion immer sehr interessant, denn diese Thesen stelle ich ja nicht auf, um sie zu ärgern (das wäre reine Selbstzweck), sondern um zu hören, was die äußerst bibelfesten Zeugen dazu zu sagen haben. Und die haben mit diesen Thesen durchaus ein Problem, weil sie nicht nur den Sozialismus ablehnen, sondern jedwede politische Betätigung. Besagte Strategie ist aber nicht als Empfehlung zu verstehen, die Zeugen schnell wieder loszuwerden – der Schuss ginge garantiert nach hinten los. Mittlerweile klingeln die „Zeugen“ aber zu Tages- bzw. Uhrzeiten, zu denen ich gewöhnlich noch zu schlafen pflege und daher musste ich die leider in der letzten Zeit immer rauswerfen.
- War Jesus ein Sozialist? Es gibt sogar einen Bund religiöser Sozialisten.
- „Angry“ von den Stones. Nicht der Top-Hit, aber gut hörbar. /via
- Ich war lange Jahre in der IG Metall. Und obwohl Walter Riester weiland auch zweiter Vorsitzender der IG Metall war, hat es meine Gewerkschaft (bzw. unsere hiesige Verwaltungsstelle) nicht versäumt, vor der Riester-Rente zu warnen. Auch Felix von Leitner wusste seinerzeit, dass die Riester-Rente nichts taugt. Nun stellt sich heraus, dass die Riester-Rente eigentlich nichts anderes ist, als ein Geschenk an die Banken. Btw. kann ich die IG Metall in dieser Hinsicht nicht nur entlasten. Gestern erfuhr ich, dass Beschäftigte mit Metalltarifvertrag ihre vom Arbeitgeber zugestifteten VWL gegenwärtig nur in solche Finanzmarkt- und Rentenprodukte stecken dürfen, nicht aber zum Beispiel in klassische Bausparverträge. Schon krass.
- CDU und FDP sind, man kann es nicht anders sagen, eine Schande für unser Land.
- „Man kann sich im Zweifel nicht mehr darauf verlassen, dass Konservative und Liberale die radikale und extreme Rechte von den demokratischen Institutionen fernhalten. Und genau so sterben Demokratien: nicht durch die Revolution der Rechten, sondern auf Einladung der Moderaten.“ Marcel Lewandowsky
- Was mich dieser Tage sakrisch geärgert hat: Die IG Metall hatte als eine der zentralen Forderungen für die Tarifrunde Stahl die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Eine gute, eine gerechte Forderung, da die Arbeiter in den letzten dreißig Jahren von den durch Automatisierung und Digitalisierung eklatanten Gewinnsprüngen nichts bekommen haben – viel mehr noch: Viele Jahre hindurch mussten sie trotz moderater Tariferhöhungen Reallohnverluste hinnehmen. Die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich wäre hier eine nicht nur längst überfällige, sondern notwendige und moderne Beteiligung der Beschäftigung an den Gewinnen ihrer Arbeitsleistung. Allerdings verabschiedet sich die IG Metall peu à peu von ihrer Forderung. Nicht sofort, denn dafür war man zu laut, hatte das Maul zu weit aufgerissen und für diese Forderung zu große Zustimmung in der Arbeiterschaft erhalten. Nun also ist dieser wichtige Punkt auf 2024 verschoben – und wir wissen, was passieren wird: Man verschiebt und verschiebt und verschiebt…, fordert erst mal eine etwas ominöse Arbeitszeitverkürzung – irgendwann ist die Forderung so nebulös, dass sie unter den Verhandlungstisch fällt. Und mal wieder startete man als Tiger und landete als Bettvorleger.
- Die CDU ist zu dumm,
ein Loch in den Schnee zu pissenein vernünftiges Werbevideo drehen zu lassen. Schon der Relaunch des Parteilogos ist aus gestalterischer Sicht ein Fiasko, beim dazugehörigen Werbevideo hat man zur Illustration anstelle des Berliner Reichstagsgebäudes einfach den georgischen Präsidentenpalast genommen – ist auch egal, den Stammwählern der CDU dürfte das kaum auffallen, weil… ach, wissenschon. - „In Thüringen droht der nächste Tabubruch: Nach der Grundsteuer könnte die CDU auch das Vergaberecht mit Hilfe der rechtsextremen AfD ändern“
- Nach Treffen mit Aiwanger: Schuster hält Kritik aufrecht – Schuster ist einer der wenigen, der in der Causa Aiwanger bisher nicht umgefallen ist. Derweil erreichen die FW in den Umfragen zur bayerischen Landtagswahl bis zu 17 Prozent.
- Ich empfinde es ja als Segen, nicht auf Insta, Tiktok und Co. unterwegs zu sein, weil dieses Internet die Menschen nicht zwingend klüger macht, wie die neueste Trend-„Challenge“ zeigt.
- Und noch eine Meldung aus den Untiefen des Netzes, die mich nur sehr am Rande berührt, allerdings recht trefflich demonstriert, wie kaputt das hier alles ist: Amazon Prime habe ich längst nicht mehr, aus gutem Grund. Gelang es dem Versender früher immer noch recht zuverlässig, die bestellten Waren im Nachtsprung, spätestens aber nach maximal 48 Stunden zu liefer-n, ist man von diesem guten Servicelevel selbst mit der teuren Prime-„Versandflatrate“ inzwischen weit entfernt. Weil es sich, betrachtet man den Versand isoliert, kaum mehr lohnt, Prime zu abonnieren, hat Amazon sein Angebot um Medienstreaming aufgebohrt – mit, wie ich finde, zweifelhafter Qualität. Nun wird diese zweifelhafte Qualität noch zweifelhafter, denn wer zukünftig den wohlgemerkt kostenpflichtigen Dienst werbefrei nutzen will, muss zu den ohnehin schon bestehenden Abonnementgebühren noch einen zusätzlichen Aufschlag zahlen. Nun, das Konsumvieh wird auch das wieder klaglos mitmachen. Die Leute wählen ja auch Söder, Aiwanger und AfD. Ich habe da mittlerweile halt auch kein Mitleid mehr.
- Am Dienstag, den 26. September kommt ab 18.30 Uhr Gregor Gysi nach Nürnberg auf den Sebalder Platz. Gysi ist unumstritten nicht nur rhetorisch, sondern auch analytisch der schärfste und wohl auch vernünftigste lebende deutsche Politiker. Den sollte man auf jeden Fall gesehen haben. Auch mehrfach. Gysi lohnt immer.