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Das schreckliche Ende der Loveparade

Die große Geschichte der Loveparade, einer Veranstaltung, die mehr Menschen anzog, als Woodstock, Isle Of Wright, Wacken oder Rock im Park es jemals vermocht hätten, ist gestern auf tragische, auf unfassbare Weise zu Ende gegangen. 19 Menschen verloren bei einer Massenpanik ihr Leben, über dreihundert sind – teilweise schwer – verletzt.

Dass es keine Loveparade mehr geben wird, weil ohne Affront gegen Opfer und Hinterbliebene die Loveparade nicht mehr möglich ist, war bereits gestern klar. Und dennoch schmerzt das Ende der Parade.

Ich habe die Schreckensmeldungen gestern im Radio gehört – irgendwann musste ich abschalten. Jede Stunde wurde ein Toter mehr durch den Nachrichtensprecher vermeldet. Allen, die früher gerne zur Parade gegangen sind, steckt der Schreck noch in den Knochen – es hätte einen selbst treffen können.

Angesichts dieser schrecklichen Bilanz ist es müßig, aus Berlin zu ätzen, dass dort die Loveparade besser aufgehoben wäre. Berlin ist pleite, genau wie Duisburg. Klar, Duisburg ist provinziell und im besten Wortsinne potthässlich – nur, wohin hätte die Loveparade ziehen sollen?

Warum so viele Menschen, die friedlich feiern wollten, ihr Leben verloren, ist bislang unklar. Die Zeichen, dass die dilettantische Organisation des Schlüsselfelder Billigmuckiebudenbetreibers Rainer Schaller, der Hauptsponsor der Loveparade ist, und der Stadtverwaltung Duisburg maßgeblich Schuld an der Tragödie trägt, mehren sich.

Förmlich eingekesselt müssen die Besucher auf dem alten Duisburger Güterbahnhof gewesen sein. Der einzige Zugang zu diesem Areal ist eine Straßenunterführung, in den Medien auch gern „Tunnel“ genannt, dieser diente als Ein- sowie Ausgang. In Berlin konnte sich die Loveparade – auch wenn über eine Million Besucher auf den Füßen waren, immer gut „verlaufen“ – ist das Gelände des Tiergartens nicht nur etwa zehn mal größer als das Duisburger Arial, auch lässt der Tiergarten allerhand Spielraum für einen Rückzug (abhauen, pennen, pinkeln, andere Bedürfnisse) – in alle Himmelsrichtungen.

Die Stadt Duisburg und auch Schaller werden sich in der nächste Zeit allerhand unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Der Duisburger Bürgermeister Adolf Sauerland (Jahrgang 1955, CDU) soll heute zurücktreten (Dementi hier), über ein Strafverfahren gegen Schaller würde ich mich nicht wundern.

Die Toten seien Opfer „materieller Interessen eines Veranstalters, der unter dem Deckmäntelchen der „Kulturhauptstadt 2010″“ Druck ausgeübt habe, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Wolfgang Orscheschek. Duisburger Stadtpolitiker seien „in die Enge getrieben“ worden, so dass sie trotz eindringlicher Warnungen aus dem Sicherheitsbereich nur „ja“ sagen konnten. (Quelle)

Ein Wort noch zu Sauerland: Wer angesichts dieser schrecklichen Vorkommnisse in aller Öffentlichkeit zu sagen wagt, das das „Sicherheitskonzept stichhaltig“ sei, ist in meinen Augen eine dumme Sau. Mehr nicht. Sauerland mus zurücktreten. Er hat verspielt.

Es ist unglaublich traurig. Auch die halbherzigen Beileidsbekundungen auf der McFit-Webseite können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man sich hier aus der Verantwortung zu stehlen versucht.

Screenshot von 25. Juni 2010, ein Klick vergrößert das Bild

Hier wollten kleine Leute in einer Provinzstadt einfachmal richtig auftrumpfen – diese Selbstüberschätzung bezahlten neunzehn Menschen mit ihrem Leben. Dabei ist schon im Vorfeld bekannt gewesen, dass das mit der Loveparade in Duisburg nichts taugt. Man hätte einfach nur Zeitung lesen müssen.

Frank Wallitzek bringt es auf twitter auf den Punkt:

Trauriges Fazit des Tages: Veranstaltungen mit 1,4 Millionen Besuchern haben nichts in Städten mit 491.000 Einwohnern zu suchen.

Viele im Bekanntenkreis (und ich schließe mich da selber mit ein) mochten die Schaller-Paraden nicht. Dass nach 21 Jahren die Loveparade auf diese schreckliche Weise ihr Ende findet, haben sich selbst ihre schärfsten Kritiker nicht gewünscht (es sei denn, man hat nur Scheiße im Kopf und heißt Eva Hermann). Mein Mitgefühl, verbunden mit meinen hezlichsten Beileidsbekundungen gehört den Hinterbliebenen. Der Verletzten wünsche ich auf diesem Wege eine baldige Genesung und dass sie diese schlimmen Studen möglichst bald möglichst umfängliche verarbeiten können.

20 Jahre Loveparade – eine CD, eine Veranstaltung, ein Spaß

Loveparade – The Anthems heißt diese neue 3er CD-Box – und sie ist randvoll mit Klassikern und richtig richtig gei!

Größen wie David Morales, Cola Boy, Underworld, Fatboy Slim, The Prodigy, Moby, Paul van Dyk, Blank & Jones  Da Hool und natürlich auch Dr. Motte, Westbam, Marusha und solche Formationen wie Members Of Mayday oder The Love Commitee hausen bei den 62 Titel ab wie Sau – und dafür sind die knapp zwanzig Öcken echt gut angelegt.

Wer zufällig die Tage nach Berlin kommt oder gar dort wohnt (soll es ja auch geben), der kann sich ja diese 89er – Party geben. Ob die da mit Bändern atrbeiten wie seinerzeit Eastbam??

Schade, schade, keine Parade…

… zumindest nicht in diesem Jahr. Dabei würde die Loveparade (deren Betreiberkosortium sich auf der offiziellen Webseite beharrlich ausschweigt) doch zwanzig (sic!) Jahre alt.

Ich finde den Ausfall schade. Wirklich. Ich hätte vielleicht nicht die Muße gefunden, in den Pott zu fahren und mich in den bunten Partywurm einzureihen, aber zugesehen und gehört (z.B. das Loveradio auf Fritz – das war schon was!) hätte ich mit Sicherheit.

Etwas fadenscheinig kommen mir die Gründe für den Ausfall vor – es will mir nicht in den Kopf, dass eine Stadt wie Bochum die 1,5 Millionen erwarteten Besucher nicht gemanaged bekommt (und es waren oft weniger Besucher als die Prognosen orakelt haben). Das hat doch sonst im Pott auch immer geklappt…

Bleibt der Loveparade nur zu wünschen, dass sie nicht das selbe Schicksal ereilt, wie es in Berlin der Fall war: Zu viele Feinde bei Stadt und Ordnungsamt, monatelange nevende Diskussionen in der Lokalpresse und Angst vor wilden Ravern, die auf Wiesen pinkeln. (Bild: loveparade.de)