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Tessa Kober: Toter Winkel

Ostern heißt Freizeit und Freizeit heißt Hörbuchzeit. Gestern auf dem Plattenteller im DVD-Player: Tessa Korbers erster Nürnberg-Krimi mit dem Titel „Toter Winkel“.

Jeanette Dürer, die gutaussehende Kriminalkommissarin hadert. Mit dem Schicksal, denn noch immer hat sie nicht den Mann fürs Leben gefunden. Sie muss einen seltsamen Mord – oder war es Selbstmord – im Nürnberger Frankenstadion bearbeiten und sich dabei gegen ihre ignoranten Kollegen im Kommissariat durchsetzen. Und manchmal zweifelt sie an ihrem Verstand (und läuft dann in voller Deckung mit gezogener Dienstwaffe durch ihre Küche um im Nachgang den halben Hausstand wegzuwerfen).

Es bleibt nicht bei eine m Mord. Scheinbar will jemand die gesamte Führungsrige der Nürnberger und Fürther Freimaurer ausrotten. Nur scheinbar? Das stellt sich spätestens beim Nürnberger Friedensmahl heraus.

Für ein Technisat-Hörbuch ist diese Krimi exzellent gelesen (wenn man großzügig davon absieht, dass es der Sprecherin, Karen Schulz-Vobach, äußerst schwerfällt, den fränkischen Dialekt halbwegs authentisch wiederzugeben. Eine unbedingte Empfehlung für alle Nürnberg-Fans. Eine unbedingte Empfehlung für alle Krimifans. Für alle Nürnberg-Krimi-Fans ein Muss.

Tessa Korber: Toter Winkel. ca. 6 Stunden. TechniSat Hörbuch 2006, 9,80 Euro.

Es gab keinen Sex im Sozialismus

Das ist das neue Meisterwek des russischen Erfolgsautor – von ihm gelesen – denn nur das macht den Charme dieses Hörbuchs. In Es gab keinen Sex im Sozialismus reflektiert Kaminer über die sozialistischen Gepflogenheiten in der UdSSR der 1980er Jahre. Da gibt es die „Telebrücke“, Kaminers Tante macht eine Karottendiät, Schildkröten werden geärgert, verschlampt oder mit einem Schraubenzieher geöffnet und Kaminers Vater schreibt schmalztriefende Liebesgedichte an unbekannte Schönheiten.

Es ist nicht die lustigste CD von Kaminer aber sie ist immerhin lustig genug, dass ich sie gerne empfehle.

Random House Audio 2009, 2 CDs, rd. 120 min.

Antrag auf ständige Ausreise

Das Dieter Hildebrandt einer der ganz Großen ist, brauche ich niemandem zu sagen. Mit diesem Hörbuch hat er durch seine Lesung „Antrag auf ständige Ausreise“ des Buchs des Dresdner Autors Jakob Hein ein weiteres Meisterstück hingelegt. Mit Recht schreibt der Verlag „Jakob Heins ganz persönliche Mythen der DDR sind so frech, so unglaublich, dass nur Dieter Hildebrandt sie vortragen kann“.

Wer knappe dreizehn Euro für 70 Minuten wunderbarer Unterhaltung übrig hat, wird erfahren, warum die Entwicklung eines DDR-Walkman für Langspielplatten so gänzlich in die Hose ging (und vom Konzept bis zum Serienprodukt sechs Jahre vergingen), warum und unter welchen Bedingungen Grills selbst zusammengeschweißt wurden, warum die innerdeutsche Grenze täglich 85 Minuten geöffnet wurde und wieso eine ehemaliger Stasi-Mitarbeiter ohne zu arbeiten bis in das Jahr 1998 entlohnt wurde, nur weil ihm der „Antrag auf ständige Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland“ von Erich Honnecker zugestellt wurde.

Es ist wunderbar. Es ist wirklich wunderbar. Nicht nur die Texte – im Besonderen auch die ironische Rezitation des Herrn Hildebrand. Klare Empfehlung!

Jakob Hein: Antrag auf ständige Ausreise, Hörbuch Hamburg (Bildnachweis), 1 CD, 12,95 Euro.

Die Billiglüge

Das ist ein Hörbuch, das man gehört haben muss. Definitiv. Hier erfährt man wirklich alles Wissenswerte über die Machenschaften der Discounter.

Und das ist wichtig. Ich verurteile niemanden, der beim Discounter kauft. Nicht wenige sind dazu gezwungen. Wer sich aber die Zeit nimmt, diese sieben CDs, diese Lesung des Erfolgssachbuchs von Franz Koteder zu hören, der blickt mit Sicherheit auf die Discounter anders. Und das ist auch wichtig. Denn die Marktmacht der großen Ketten hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Produzenten im Ausland sondern auch auf den Markt in Deutschland, auf die Arbeitsbedingungen, das Lohnniveau…

Und es kann nicht schaden, darüber Bescheid zu wissen.

Im Übrigen ist das Hörbuch schwierig. Nicht inhaltlich – rein akustisch. Es ist grauenhaft gelesen. Es ist wirklich schwierig zu hören. Aber das ist es wert. Und das ist wichtig.

7 CDs und eine MP3-CD, INFOSAt-Verlag, 19,90 EUR

Herbert Hovens „Überlebenskünstler“

„In der Arbeiterkultur konnten die Menschen sicher sein, wenn sie jeden Monat fünf Mark in die Sterbekasse eingezahlt haben, dass das Geld auch nach dreißig Jahren noch da ist und dass sie später einmal gut unter die Erde kommen. Wenn sie im Frühjahr eine Hyazinthe eingepflanzt haben, konnten sie sicher sein: Ich habe im Sommer eine Blume. Wer im Herbst fünf Kilo Birnen einkochte, konnte sicher sein, im Winter zehn Gläser Kompott zu haben. Aber diese Sicherheit, diese kleine überschaubare Sicherheit, die ist weg.“

Sätze die plastisch verdeutlichen: In Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche, unterschiedlicher Lebensentwürfe, in Zeiten von Hartz IV wird das Leben für immer mehr Menschen schwierig. Davon handelt diese CD. Menschen unterschiedlichster Herkunft berichten in packenden Monologe über ihr Leben, ihren Kampf mit der Armut , ihre Versuche, Würde zu behalten. Diese Monologe bleiben unkommentiert.

Alles erklärt sich von selbst. Die Einblicke sind tief. Man beginnt, zu verstehen. Das ist, was dieses Hörbuch so einzigartig macht.

Eine Produktion des WDR, 1 CD, erschienen bei Hoffmann und Campe.

Mordskiste

Thorsten und Markus haben mir diese Krimi-Hörspielsammlung mit dem „Titel“ Mordskiste“ geschenkt – nun endlich habe ich es geschafft, die wirklich hervorragenden zehn CDs aufmerksam durchzuhören und ich stelle fest: Ich kann diese Sammlung spannender und unterhaltsamer Kriminalhörspiele besten Gewissens weiterempfehlen.

Der WDR – wie alle öffentlich rechtlichen Landesrundfunkanstalten – produziert in schöner Regelmäßigkeit etwa einstündige Hörspiele für den Krimisendeplatz (und das seit Jahren). Aus diesem Archiv wurden für diese Box einige Hochkaräter mit prominenter Besetzung ausgewählt – und so hat diese Sammlung ihren besonderen Charme erhalten. Die Hörspiele sind technisch und dramaturgisch auf höchstem Niveau  produziert, die Leistung der Sprecher ist phänomenal – das ist den vielen vertretenen namhaften Schauspielern geschuldet.

Zuvorderst zu nennen ist der leider schon verstorbene Friedrich W. Bauschulte – der Sprecher des Professor van Dusen aus der gleichnamigen Hörspielreihe von  Michael Koser, sowie auch Peer Augustinski und Evelyn Hamann. Weiterhin auch Hans Korte, Felix von Manteuffel, Ulrich Pleitgen und viele andere…

Ich nenne nun die Hörspiele einmal komplett: Tigerjagd, Der Jäger, Der Moormann, Keine Chance für Bach, Mord ist ein Kinderspiel, Das Geheimnis der Ultima, Zimmer mit Klavier, Zug um Zug, Hausmord und Privatsache.

Wer Spaß an echten, radiophonen Hörspielen hat (es ist keine klassische Lesung vorhanden) wird mit dieser Box sicher viel Freunde haben!

Lexikon der überflüssigen Dinge

Ein wahrer Ohrenschmaus – und ein riesiger Spaß dazu: Alexander von Schönburgs Lexikon der überflüssigen Dinge(gelesen von Paul Matic).

Ein Lexikon – auch wenn es als solches nicht im ernsten Sinne gebraucht werden kann – zu lesen ist ja keine Einfache Sache – hier ist es gelungen, werden doch die einzelnen Artikel durch kurze Drumeinlagen akustisch getrennt und Überschriften und Querverweise von Verena von Behr gelesen. So ist ein rundes akustisches Gesamtbild gelungen – schlicht und schön zu hören.

Wirklich gelungen ist das Vorwort und die jeweiligen Dinge. Was nicht alles überflüssig ist – ständige Erreichbarkeit ebenso wie München, Chillen, Wellness und Sex. Und neben dem Spaß kommt auch die ein- oder andere Erkenntnis nicht zu kurz. Diese Box enthält 3 CDs – zweihundert Minuten lockerer und doch niveauvoller Unterhaltung.

Teurer Spaß

Urlaubszeit ist Hörbuchzeit – und heute will ich mit diesem Post meiner Begeisterung über das Nürnberg-Hörbuch „Teurer Spaß“ von Tessa Korber Ausdruch verleihen.

Die Nürnberger Kommissarin Jeanette Dürer gelangt – wie durch Zufall – in einem Kaufhaus der Firma „Fontäne“ und auf der Jagd nach ihrem entlaufenen Kater in ein auf einer Bombendrohung beruhendes Chaos – das sich schnell zu einem spannenden Fall entwickeln wird. Bald schon muss sie mit einem Kollegen aus der Nachbarstadt Fürth (dem „Antagonisten“ Nürnbergs und der Kommissar scheint erst mal auch der Antagonist von Frau Dürer zu sein, obschon er sehr hübsch ist) ermitteln, denn ein TOP – Manager des Kauf- und Versandhauses „Fontäne“ wird tot – er,orded – aufgefunden.

Super gelesen (will man davon absehen, dass die Sprecherin kein einziges fränkisches Wort auch nur annährend fehlerfrei über die Lippen bringt), spannend gemacht und gespickt mit viel Lokalkolorit gespickt – eine echte Empfehlung und jeden Cent der 9,80 Euro wert.

Das Hörbuch dauert etwas über sieben Stunden – es ist aber nur eine MP3-CD, also ist ein entsprechender Player oder ein DVD-Gerät Voraussetzung.

Tod in Staßfurt

Die Firmen InfoSat, Technisat und Radioropa-Hörbuch haben bei ihren Publikationen einen Vorzug gegenüber anderen Verlagen: Sie veröfentlichen in bekannter Qualität zu moderaten Preise n immer wieder auch Krimis mit Regionalbezug, darunter Eifel-Krimis, Nürnberg/Franken-Krimis und in diesem Fall ein Krimi aus Aschersleben bzw. Staßfurt. Ich finde ihn sehr hörenswert, gut gelesen und er entführt in eine Region, die wohl nicht jeder kennt. Einblicke über Freud und Leid der Wende, die Versuche eines neuen Aufbruchs und die aus diesen Erfahrungen resultierenden Befindlichkeiten inbegriffen.

Es geht um einen Existenzgründer, Peter Puppa, einem führenden Mitarbeiter des ehemaligen Staßfurter DDR-Fernsehgerätewerks, dem es durch Geschick und Persönlichkeit gelang, mit einem Recyclingbetrieb „auf die Füße zu fallen“. Doch gelang ihm das wirklich? Eines Tages wird er tot in seiner Werkstatt aufgefunden. Mehere Polizeidienststellen versuchen zu klären, ob es Mord oder ein Unfall war. Vorweg: Natürlich war es Mord.

Angenehm gelesen, neben den vier Audio-CDs enthält das Paket auch eine mp3 – CD und das ganze gibt es online für 5 EUR im Radioropa-Shop oder für knapp 4 EUR bei Jokers.

—> Hörprobe (Bild stammt aus dem Pressebereich von Technisat)

Außer Kontrolle – hörenswert, aufschlussreich und günstig

Wer über die Weihnachtsfeiertage die Zeit findet, sich diesen etwa 17-stündigen „Riemen“ reinzuziehen, dem sei das Hörbuch „Außer Kontrolle – Die Medienmacht des Leo Kirch“ wärmstens empfohlen.

In der stabilen Pappbox stecken nicht nur die 15 CDs nebst Booklet sondern auch zwei mp3 – CDs, konvertieren für den mp3-Player oder das Autoradio fällt also weg.

Der Autor Michael Radke hat sich mächtig ins Zeug gelegt und über Jahrzehnte hin recherchiert, was Herr Kirch so alles getrieben hat – und nicht nur das: Das Hörbuch ist – vielleicht ohne das zu wollen – ein Fanal gegen Gebührenverschwendung in den ARD-Anstalten und beim ZDF. Wer also weite Wege über die Feiertge hat, wer die Muße findet, sich über weite Strecken die medienpolitischen Ereignisse der vergangenen dreißig (und mehr) Jahre zu Gemüte zu führen und wer damit umgehen kann, dass der Sprecher nicht immer der dynamischste ist, der soll zuschlagen. Bei Amazon für etwas unter 20 EUR, bei Jokers Nürnberg reichen auch fünf (!) EUR.

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