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Mark my words…

Sehr frühzeitig hat die Bundeswahlleiterin darauf hingewiesen, dass der Wunschtermin des Kanzlers der Schande Friedrich Merz zu früh sei, um die Wahl in allen erforderlichen Punkten ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie wurde abgekanzelt, man setzte diesen Sonntag als Wahltermin durch.

Turns out: Sie hatte natürlich recht. Tausende Auslandsdeutsche können an der Wahl nicht teilnehmen, sie haben bis heute ihre Wahlunterlagen nicht bekommen.
Das ist natürlich scheiße.

Mark my words: Wenn der Kanzler der Schande Friedrich Merz, die CDU, Putin & Co. mit dem Ausgang der Wahl zufrieden sind, wird nichts weiter passieren.

Enthält der neue Bundestag zu wenige Unionsabgeordnete und keine FDP mehr, ist die AfD (und auch das BSW) mit ihrem Wahlergebnis unzufrieden, Putin, Trump, Vance und Musk deshalb traurig, ist die Linke zu stark und bei sieben bis zehn Prozent – ja klar, dann müssen Neuwahlen her, da gibt es gar keine andere Möglichkeit!!1!!!11!
Der Fehler liegt natürlich nicht bei der CDU, das ist völlig unmöglich, verantworten muss sich die Bundeswahlleiterin, die man alsbald austauschen wird… Mark my words…

Friedrich Merz – Kanzler der Schande?

Merz kann es nicht. Wir müssen nicht erst die Kanzlerschaft Friedrich Merz abwarten, nein, wir können mit jedem Recht schon heute zweifelsfrei feststellen: Merz kann es nicht. Er ist als Bundeskanzler gänzlich ungeeignet.

Merz hat keinerlei Regierungserfahrung, und das ist ein schweres Manko. Einen Mann ohne Erfahrung an die Spitze des Staates zu stellen, ist nicht nur ein Fehler, ich halte es für dumm.
Dieses gewichtige Manko wurde in den letzten Wochen in der Debatte gerne und ausführlich apostrophiert – selbstredend zu Recht, es wiegt meiner Meinung nach aber noch am wenigsten schwer.

Ich persönlich halte Friedrich Merz für einen geistigen Brandstifter. 1997 stimmte er namentlich gegen ein Gesetz, mit dem die Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand erklärt wurde. Auch heute noch ist dieses Abstimmungsverhalten unentschuldbar und kann nicht mit dem damaligen „Zeitgeist“ begründet werden. Es ist eine zutiefst verachtenswerte und von herzensgebildeten Menschen grundsätzlich abzulehnende Haltung, die Merz hier an den Tag legte. Menschenverachtend auch sein Kommentar aus dem Jahr 2001¹ zur Homosexualität des damaligen Berliner Oberbürgermeisters Klaus Wowereit: „Solange er sich mir nicht nähert, ist mir das egal“.
Springen wir von diesen frühen Ausfällen in die Gegenwart. Auch hier zeigt sich Merz regelmäßig von der unangenehmsten Seite. 2022 (am 26. September bei Bild-TV) sagte Merz über ukrainische Geflüchtete: „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“. Das war aber freilich nicht die einzige rassistische Grenzüberschreitung. Knappe vier Monate später in der Sendung von Markus Lanz dann die „kleine Paschas“-Entgleisung (10. Januar 2023, ZDF). Merz distanzierte sich von dieser Beleidigung nie. Am 27. September 2023 dann bei „welt.tv“ die nächste rassistische Aussage, als Merz über abgelehnte Asylbewerber sagte: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine“.

All diese Verfehlungen – selbstredend gibt es noch zahllose weitere – sind kein bloßer Tritt ins Fettnäpfchen. Vielmehr legen sie in erschreckender Kontinuität Zeugnis von der Geisteshaltung Merz ab – und nähren so die Feststellung der mangelnden Eignung dieses Mannes als Bundeskanzler. Doch mehr:

Über die vielfältigen Lobbyismus-Verstrickungen Merz ist viel und intensiv berichtet worden. Dieser Teil seiner beruflichen Vita ist selbstredend eines Bundeskanzlers ebenfalls nicht würdig. Beispielshalber sei hier nur auf den Correctiv-Artikel „Der Mann der Großkonzerne“ verwiesen.

Auch charakterlich scheint Merz ganz offensichtlich nicht zum Kanzler geeignet zu sein, wie die Geschichte um seinen verloren gegangenen Laptop, den ihm ein Obdachloser wiederbrachte, beredt belegt.

Merz ist diesem Amt schlicht nicht gewachsen. Gysi hat sowohl in einem Video der Zeit als auch in seinem Podcast mit zu Guttenberg darauf hingewiesen, dass Merz zu sehr in der Kränkung verstrickt ist, die ihm Merkel zufügte, als sie ihn politisch „kaltstellte“. Gekränkte Narzissten sind gefährlich, weil sie, werden sie durch einen Trigger an das Kränkungsgefühl erinnert, unberechenbar und überemotional reagieren. Politik ist ein hartes Geschäft, Außenpolitik im Besonderen. Ein Mann wie Merz, der in der vorgenannten Gefahr steht, ist daher nicht geeignet, Spitzenpolitik zu betreiben. Er ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu emotional, irrational und damit für dieses Amt schlicht zu instabil. Sachliche Politik darf unter diesen Bedingungen ebenso wenig erwartet werden.

Die Kränkung Merz darf man aber nicht allein auf die personellen Entscheidungen Merkels reduzieren, sie wurzelt tiefer: Merz war für die CDU immer dritte Wahl, ein Makel, der auch dann an ihm haften bleibt, wenn er Kanzler wird. Die schwere intellektuelle und personelle Krise des deutschen Konservativismus ermöglichte es erst, dass Merz überhaupt Kanzlerkandidat der CDU werden konnte; seine Kandidatur ist für mich daher der Offenbarungseid des deutschen Konservativismus.

Das alles ist schlimm genug. Doch ein Sündenfall, daran muss erinnert sein und immer wieder erinnert werden, wiegt so schwer, dass es nicht vermessen scheint, von Merz, so denn er Kanzler wird, und dafür spricht ja leider einiges, als dem Kanzler der Schande zu sprechen. Der unentschuldbare Tabubruch, erstmals bewusst, sehenden Auges, mit den Stimmen der (offiziell in Teilen) rechtsextremen AfD eine parlamentarische Mehrheit (für einen obendrein auch noch völlig überflüssigen CDU/CSU-Antrag zur Migrationspolitik) zu organisieren, hat eine historische Dimension. War es bislang demokratisch gelebte Praxis und Konsens, mit Rechtsextremen nicht gemeinsame Sache zu machen, hat Merz diese eherne Regel gebrochen, diese Brandmauer eingerissen.

Merz hat sich damit bewusst und unverkennbar aus der politischen Mitte entfernt und sich und seine Partei ins rechte bis rechtsextreme Lager gestellt. Dieser historische Tabubruch ist eine Schande für Deutschland – Merz ist, so denn er zum selbigen gewählt wird, der Kanzler der Schande.

Da fällt dann schon kaum mehr ins Gewicht, dass Merz Gattin als „First Lady“ eine Bürde wäre, wirkt sie doch öffentlich unnahbar, hölzern und abweisend. Ihr verhärmt wirkendes Auftreten verhindert jede Bildung von Sympathie, es darf bezweifelt werden, ob sie ihrer (wenn auch selbst nur impliziten) Rolle als First Lady gerecht werden kann.

Es steht leider zu befürchten, dass Merz Kanzler wird, ein Umstand, der nicht nur mich beschämt – ein Umstand, der jeden Demokraten beschämen muss.

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¹ aus Bunte, 6. Dezember 2001

Können öffentliche safer spaces politikfrei sein?

Ich möchte Euch eine kleine Begebenheit erzählen: Ich war vorletzten Sonntag auf einem Konzert einer deutschen Band in der Würzburger Posthalle (keine Sorge, jetzt kommt keine Konzertkritik, das Konzert war für sich genommen ziemlich okay). Ein wenig genervt hat mich, dass die beiden Frontherren das Publikum mit Takes abgeholt haben, die eigentlich selbstverständlich sind; dass Rassismus und die AfD scheiße sind und man im Circle keine anderen Leute begrapschen soll, braucht man auch dem ländlich-sittlichen Würzburger Publikum nicht zu erklären, das sind Nobrainer, mit denen man sich Applaus abholt – mehr wird man damit nicht erreichen können.

Was mich unter den Nobrainer-Salven aber richtig aufgeregt hat, waren ein paar Takes, die ungefähr so gingen (aus dem Gedächtnis zitiert, wohlgemerkt): „Ja, da draußen geht gerade ziemlich viel Scheiße ab, Krieg und Nazis und die AfD und auch in unserem Freundeskreis gibts da Leute, die damit nicht gut klarkommen und Probleme mit der Psyche bekommen, vielleicht depressiv werden und deshalb redet bitte mit Freunden und wenn das nicht hilft, dann geht doch auch bitte in Therapie.“ Applaus. „Wir jedenfalls wollen hier einen safe space bauen, wo das alles nicht so die Rolle spielt, lasst uns feiern und jetzt kommt auch schon der nächste Song..“. Applaus. Dann wird der Song „Frieden durch Lärm“* gespielt.

In diesem Moment denke ich mir nur noch: „WTF!1!11!“ Vielleicht hat es sich bis zu den Musikanten noch nicht herumgesprochen, dass man hierzulande nicht selten über ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz wartet. Well okay, so sprechen halt privilegierte Leute, daran hat man sich gewöhnt und das ist möglicherweise in diesem Kontext auch nicht weiter schlimm. Was für mich aber wirklich nicht mehr passt, ist, sich auf der einen Seite politisch zu gerieren und auf der anderen Seite dann zu sagen „Aber hier ist ein safe space, da bleibt Politik draußen, geht später an den KBAN-Stand und deckt Euch mit Antifa-Merch ein“ (ich habe das gerade ein wenig karikiert, aber im Grunde sind alle Aussagen unmissverständlich so gelaufen).

An dieser Stelle ist die kleine Anekdote auch schon zu Ende. Im Prinzip könnte es mir wurscht sein, aber ich erlebe gerade in unseren gegenwärtigen, politisch wirklich zum Zerreißen angespannten Zeiten nicht nur auf Konzerten, sondern auch und gerade im social web eine „Gegenbewegung“, deren oberstes Anliegen ist, Kultur- und Diskussionsräume mal charmant, mal silencend, mal verbal durchaus gewaltvoll zur „politikfreien Zone“ zu erklären und das auch durchzusetzen. Die Beweggründe für dieses Vorgehen werden sehr schnell in den Vordergrund gestellt – es gehe hierbei um die Schaffung eines Schutzraums für Menschen mit psychischer Erkrankung, Behinderung oder besonders erhöhter Sensibilität.

Zuerst einmal muss an dieser Stelle gesagt sein, dass es nicht in meinem Interesse ist, die vorgenannten Personengruppen zu „triggern“ oder in irgendeiner Weise mit schwierigem Material so zu beaufschlagen, dass sie dadurch belastet sind. Es muss im Sozialbereich, im Beratungsbereich, im Bereich der Kliniken und Therapiezentren, der Einrichtungen der Rehabilitation… freilich Bereiche geben, die Patienten vor solchen Themen dahingehend bewahren, dass eine Rekonvaleszenz möglich ist. Vergleichbare Schutzräume kann und sollte man sich im Bedarfsfall als Betroffener selbstredend auch im Privaten schaffen und hier in dem Sinne gut für sich sorgen, nur mit der Dosis „Politik“ in Berührung zu kommen, die den eigenen Gesundungsprozess nicht negativ beeinträchtigt. Dies alles steht nicht infrage und stand und steht unter (herzens-)gebildeten Menschen selbstredend auch nicht zur Disposition. So gesehen ist die Existenz solcher „Schutzräume“ ja eigentlich sogar mehr, sie ist ein inklusives Gut.

Die „soziolgisch“ definierten Schutzräume, korrekter wohl „safer spaces“, können einer solchen Anforderung, indes nicht wirklich gerecht werden.

Wie aber verhält es sich dann in der Öffentlichkeit? Auf einem Konzert, auf einer Kulturveranstaltung, im Bereich des Sports? Wie verhält es sich im Bereich der sozialen Medien? Wünschen wir, eine notwendige politische Debatte hier auszuklammern? Oder dort, wo sie sich nicht ausklammern lässt, nur oberflächlich zu streifen? Gerade die Kultur ist (betrachtet man es genau seit einigen tausend Jahren) ein gutes und wichtiges Debatten- und Verhandlungsfeld politischer Positionen und Realitäten. Nicht ganz zu Unrecht enthält die safe space-Definition der Wikipedia, die ich oben verlinkte, den Begriff Empowerment – und Empowerment ist für mich explizit der politische Prozess der Selbstbemächtigung.

Ein Ausklammern politischer Themen in den gerade genannten Bereichen kann, das möchte ich gar nicht in Abrede stellen, eine sehr angenehme Erfahrung sein. In den Pandemiejahren haben viele von uns den Kontakt zu und das Vertrauen in Freunde, Bekannte, Verwandte, Arbeitskollegen… verloren, weil diese plötzlich begannen, die Pandemie, den Klimawandel zu leugnen, esoterisches und rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten, weil sie Impfgegner wurden, faschistische Parteien wählten und deren Positionen teilten. Diese Trennungen waren nötig, sie waren richtig, es ist völlig legitim und auch notwendig, solche Leute nicht nur von sich, sondern auch vom Rest der solidarischen Gesellschaft auf Abstand zu halten. Auch dies steht nicht infrage, stand zu keinem Zeitpunkt infrage. Aber es tut natürlich weh – es induziert einen Schmerz, den niemand fühlen möchte (einen Schmerz, den man – ich nehme es an dieser Stelle vorweg – notwendigerweise aber aushalten muss – leider).

Wie schön wäre angesichts dieses Schmerzes und angesichts der immer schwieriger überbrückbaren Meinungspolarisation in der Gesellschaft ein politikfreier Raum, in dem alles schön blushy und cosy wäre, in dem alle, ob Esos, Faschos, Pandemieleugner, TERFs…, Kapitalisten aber auch eben die „coolen“ und „lässigen“, toleranten und liebevollen Leute sich egalitär, völlig ungezwungen über Technik austauschen könnten, labern, feiern, tanzen, saufen oder kiffen könnten. Geile Vorstellung eines idealen Ortes „auf Zeit“?
Wir wissen, wohin das führen wird, wir wissen alle, dass das nicht funktionieren kann, wir sind uns alle gewahr, dass ein politikfrei-reglementierter Ort auch keinen sinnstiftenden Beitrag zur Überwindung gesellschaftlicher Gräben leisten kann. Die Geschichte lehrt: Gewährt man Faschos, Nazis, Esos, Pandemieleugnern, TERFs… Raum, werden sie ihn an sich reißen und alle, die nicht ihrem Denken entsprechen, an den Rand drängen, mundtot machen, ausschließen, sie diskriminieren, sie gettoisieren und sie in letzter Konsequenz sogar töten. Wir kennen das, wir wissen das und wir wissen, dass der Kampf gegen diese Personen und ihre Denke ein fortdauernder Prozess ist und in für uns abzusehender Zeit auch nicht zu Ende sein wird.

Es ist ein Dilemma: Menschen mit psychischer Erkrankung und Behinderung sind Marginalisierte und müssten gegen diese Politik kämpfen, haben dafür aber eben oft auch nicht die entsprechende Kraft. Teil dieses Dilemmas ist auch, sich wegen dieser fehlenden Kraft und der deshalb vermeintlichen Aussichtslosigkeit des Unterfangens vor diesem Themenkomplex schützen zu wollen. Das ist nur allzu verständlich, aber ist es auch sinnvoll?

Gibt es ein Recht auf „Sich-nicht-engagieren“? Ja. Natürlich. Darf ich dieses eigene Recht auch anderen aufoktroyieren? Selbstverständlich nicht. Gibt es ein Recht auf Resignation? Ja, auch das. Aber wir dürfen unsere Resignation nicht anderen überstülpen und dabei genau jene Räume verengen, in denen Strategien entwickelt werden können, Veränderung zu gestalten und ein Antidot gegen die Resignation zu finden.

Menschen mit psychischer Erkrankung und Behinderung sind Marginalisierte und müssten gegen diese Politik kämpfen, denn sie würden mit als erste Opfer rechter, rechtsextremer, populistischer, neoliberaler und rechtslibertärer Politik. Auch diese Erkenntnis schmerzt, auch dieser Schmerz wird nicht dadurch geringer oder gar geheilt, wenn wir versuchen, uns ihm zu entziehen.

Eine Lösung dieses Problems liegt also nicht in der immer weiter um sich greifenden Ausklammerung politischer Realitäten aus dem eigenen Erlebensraum, sondern sich solidarische Unterstützer im politischen Kampf zu organisieren, die selbst dann an der eigenen Seite kämpfen, wenn man selbst keine Kräfte, keine Ressourcen hat. Alles andere überlässt denen den Raum, die es schlecht mit einem meinen.

Ich denke, wenn wir von safer spaces sprechen, dann sind diese für Marginalisierte safe, aber sie sind dennoch immer politisch. Präziser: Es gibt wohl keine unpolitischen Orte, aber Orte, die als „unpolitisch“ apostrophiert werden, können grundsätzlich keine safer spaces sein.

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*bitte an dieser Stelle nicht missverstehen: Das ist keine Kritik am Song „Frieden durch Lärm“, das soll auch keine tiefer reichende Kritik an der Band Lumpenpack sein, das ist ein völlig okayer und absolut harmloser Popsong, damit bin ich fein. Ich kann sogar den Kontext der Ankündigung nachvollziehen, teile das Gesagte aber inhaltlich nicht.

Wirtshaus-Explorer: Tapas essen in Fürth – das La Tasca

Tapas essen zu gehen, bietet eine schöne Möglichkeit, gemeinsam am shared table etliche Köstlichkeiten der spanischen Küche probieren zu können. Tapas essen zu gehen, ist in der Region kein ganz günstiges Vergnügen. Und: Ein gutes Tapas-Restaurant zu finden, ist verdammt schwierig.  In der vorigen Woche besuchten wir das La Tasca in der Fürther Friedrichstraße. Um es vorwegzunehmen: Es war sehr gemütlich, sehr kommunikativ und richtig lecker.

Unweit des Fürther Hauptbahnhofs, unmittelbar an der „Freiheit“ liegt das La Tasca, ein Restaurant in spanischem Style, in dem man neben der traditionellen Paella und einer Handvoll weiterer Hauptspeisen eine große Auswahl an Tapas serviert bekommt.

La Tasca - Fürth

Das Ambiente des Restaurants ist in Fürth sicher einzigartig, der Gast- wie der Nebenraum ist durchgängig mit äußerst dekorativen spanischen Fliesen gestaltet, das Mobiliar aus dunklem Holz und das warme Licht tragen zu einer gemütlichen, fast schon heimeligen und ungezwungenen Atmosphäre bei. Man sitzt bequem, aber durchaus etwas eng an dennoch großzügigen Tafeln.

La Tasca - Fürth

Der Service ist mir als freundlich und verbindlich-flott in Erinnerung geblieben. Und so waren unter kundiger Anleitung auch schnell die ersten Tapas geordert. Besonders überzeugen konnten die gebratenen grünen Paprikaschoten pimientos de padrón, die mit fein dosiertem, grobem Meersalz gereicht werden sowie der Klassiker Datteln im Speckmantel (dátiles con bacón). Mir schmeckten auch die leicht angebratenen kleinen Tintenfische (sepia frita). Dazu bestellten wir eine Ajoli, eine äußerst fein abgeschmeckte Sherrysoße sowie tortilla de patatas con verdura (Kartoffel-Gemüse-Tortilla) und frittierte Kartoffelwürfel. Etwas mehr Würzung vertragen hätten die albóndigas en salsa de tomat, kleine Fleischbällchen in Tomatensoße. Auch die chorizo frito hätte für unseren Geschmack deutlich pikanter sein dürfen.

Wirklich herausragend aber mundeten uns die gambas „pil pil“, Garnelen aus der Tonschale in sprudelnd heißem Olivenöl, das mit Knoblauch, Chilis und Rosmarinzweigen parfümiert ist. Das feine Öl und der hintergründige Rosmarin harmonieren perfekt mit der kräftigen Knoblauchnote, die Chilis verleihen dem im Grunde einfachen, aber perfekt zubereiteten Gericht eine pikante Schärfe. Zu allen Tapas und Salsas reicht man weiße Baguettescheiben.

La Tasca - Fürth

An den Nachspeisen schieden sich bei uns am Tisch die Geister. Die crema catalana, sie ist einer Crème brûlée sehr ähnlich, war im Grunde fein, wurde am Tisch aber mit so reichlich Hierbas flambiert, dass dessen intensiv-kräuterbitterer Geschmack die subtilen Zitronen- und Vanillenoten der Crema doch allzu sehr in den Hintergrund drängte. Die recht gewöhnlichen Churros wurden mit einer nicht minder gewöhnlichen Schokoladensoße, die geschmacklich sehr an Instant-Kakaogetränkepulver gemahnte, serviert. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht überzeugend.

Ein paar Worte zu den Getränken: Das preisliche Niveau der Weine empfand ich als gehoben, aber noch im Rahmen. Wer gerne ein Weißbier trinkt, dem serviert man ein süffiges Hefeweizen von der Brauerei Rittmayer aus Hallerndorf (das Seidla zu 4,50 Euro), wer lieber helles Bier trinkt, bekommt vom Fass das international bekannte Export Estrella Galicia, das für das Seidla mit stattlichen 5,80 Euro zu Buche schlägt. Wer möchte, kann auch ein kleines Kellerbier der Orca-Bräu (0,33 Liter) zum Preis von 4,- Euro bekommen.

Ob es sich beim La Tasca um ein wirklich authentisches spanisches Restaurant handelt, kann ich mit letzter Sicherheit nicht beurteilen. Werner’s Boutique-Hotel, Tims Kitchen und das La Tasca gehören ja zusammen. Das Restaurant ist hochpreisiger, dafür stimmen aber Qualität und Service. Und auch das Ambiente ist sehr angenehm, vielleicht mit der Ausnahme, dass im Nebenraum als Wanddekoration historische Waffen zu sehen sind, so eine Art von „Dekoration“ ist in Zeiten, in denen in Europa Krieg herrscht, nicht nur deplatziert, sondern zweifelsfrei inadäquat. Insgesamt vermittelte uns das La Tasca aber einen hervorragenden Eindruck.

La Tasca, Friedrichstraße 20, 90762 Fürth. Telefon: 740 560, Reservierungen auch online möglich.

Richten wir uns nach den Dingen, die uns wichtig sind.

Es ist sehr schwer, sein Leben konsequent nach den Dingen auszurichten, die man für gut, richtig und wichtig erachtet. Es liegt in unserer menschlichen Natur, daran immer wieder und wieder zu scheitern, aber es liegt auch in unseren Möglichkeiten, uns diesem Scheitern jeden Tag aufs Neue entgegenzustellen.

Wählen gehen ist wichtig, gerade jetzt. Aber wir dürfen dabei nicht vergessen, dass wir die Verantwortung für uns, unsere Nächsten und die Gesellschaft nicht allein an die Politik delegieren dürfen, sondern ihr uns Tag um Tag stellen müssen. Das heißt in letzter Konsequenz, dass wir den kleinen, möglicherweise vermeintlich sogar winzig kleinen gesellschaftlichen Bereich, dessen Teil wir als Individuen sind und auf den wir einwirken können, nach den Maßgaben der Liebe, Gerechtigkeit und Toleranz gestalten.

In unserer gespaltenen Gesellschaft (darüber schreibe ich bald hier ein paar Zeilen), sehen wir uns oft schutzlos vor einem schier unüberwindbaren Berg an Argwohn, Missgunst und Hass gestellt. Er scheint schon von vornherein unüberwindbar.

Und dennoch ist er überwindbar, sofern wir uns nicht einschüchtern lassen, uns an die Angst verloren geben, ihn ohnehin nicht überwinden zu können, sondern wir die wenigen Schritte gehen, die wir zu gehen in der Lage sind. Gehen wir diese Schritte gemeinsam, fällt uns dies auch weniger schwer.

Es mag nach einer Binse klingen, aber ich bin überzeugt, dass die gesellschaftliche Spaltung, die, das steht ja realistisch zu befürchten, auch in den uns drohenden Wahlergebnissen Ausdruck finden wird, nur von uns selbst überwunden werden kann. Wir müssen uns nur, trotz aller Erfahrung des Scheiterns, ernsthaft darum bemühen, unser Leben nach den Dingen auszurichten, die wir für gut, richtig und wichtig erachten.

Ein kleines digitales „Transitorradio“: Das hama DR5BT im Test

Im Bereich Fotozubehör ist der Traditionshersteller hama vielen sicherlich ein Begriff. Doch der in Monheim ansässige Hersteller bietet mittlerweile auch einige Digitalradios und Internetradioempfänger sowie Bluetoothlautsprecher an – und aus diesem Portfolio möchte ich heute ein Gerät näher betrachten bzw. einem eingehenderen Test unterziehen: Es dreht sich um das kompakte Digitalradio DR5BT, ein DAB+/FM-Empfänger mit Bluetooth-Funktion und – das macht das Gerät interessant – mit eingebautem Akku.

Bei diesem Gerät spricht mich besonders das superkompakte und schnörkellose Design an – und eben die Möglichkeit, das Radio ganz einfach per USB-C aufladen zu können (wobei: USB-C? Wirklich? Nun, ich komme darauf noch zu sprechen). Dieses Radio hat den Formfaktor des typischen Transistorradios – klein, leicht und portabel.

In einer fast schon verschwenderisch robusten Kartonschachtel wird das kleine Radio geliefert, zum Lieferumfang gehört ein Ladekabel und eine knappe, aber vernünftige Bedienungsanleitung. Vor der Inbetriebnahme empfiehlt es sich, wie bei jedem Gerät dieser Art, den eingebauten Akku zu laden. Direkt neben der USB-C-Buchse (und nicht auf dem Display) ist eine kleine LED angebracht, die mit rotem Licht den Ladevorgang signalisiert, bei grünem Licht ist das Laden abgeschlossen. Mit einem langen Druck auf die runde große Taste wird das Radio eingeschaltet. Jetzt wählt man die Menüsprache durch Drehen des Reglers aus und bestätigt mit einem Druck auf denselben den Sendersuchlauf. Und dann ist das kleine Teil auch schon betriebsbereit.

Ein kurzes Wort zum „USB-Laden“. Dankenswerterweise ist bei diesem Radio, wie bei vielen anderen Gadgets auch, eine USB-C-Buchse verbaut. Diese empfinde ich als wesentlich robuster und bedeutend ausfallsicherer als das noch vor einigen Jahren so gängige Micro-USB, zudem ist diese Form der Ladebuchsen seit Ende Dezember 2024 ja EU-weit Pflicht. Allerdings ist hier nur die Buchse USB-C, die Ladeelektronik verkraftet die heute typischerweise von jedem besseren Handynetzteil abgegebenen 2A Ladestrom nicht – und das Gerät lädt nicht auf. Von diesem Problem ist beileibe nicht nur dieses Radio von hama betroffen, die meisten Gadgets kommen mit 2A Ladestrom nicht klar. Und das ist ärgerlich, denn auf Reisen braucht man neben dem möglicherweise potenten eigenen Handylader dann für die anderen Devices noch ein zusätzliches Steckernetzteil mit euinem geringeren maximalen Ladestrom – leider.

Sofort nach Inbetriebnahme fällt das Farbdisplay auf – ein nettes Feature, auch wenn die Auflösung des Displays nicht mehr state of the art ist, unterstützt es doch den Bedienprozess (und der braucht Unterstützung, wie wir später noch sehen werden). In dieser Preisklasse ist ein Farbdisplay nicht selbstverständlich – und wegen der inzwischen auf vielen Sendern mit verbreiteten „Slideshow“ (das können z.B. Senderlogos, Albencover oder Wetterkarten sein – je nach Sender) auch wirklich sinnvoll. Die „Slideshow“ ist, genau gesagt, eigentlich ein Teil des MOT-Protokolls (Multimedia Object Transfer Protocol), das nennt nur so niemand. Ein anderer Teil sind Textinformationen namens Journaline, die kann dieser Empfänger (wie bedauerlicherweise fast alle anderen Geräte auch) leider nicht anzeigen. DLS geht aber.

Der Empfang, das fällt sofort auf, ist mit diesem Gerät digitalradiotypisch einwandfrei. Hier in Nürnberg sind alle Sender, auch die der angrenzenden Muxe, problemlos in einwandfreier Qualität empfangbar. Auch der UKW-Empfang geht absolut in Ordnung.

Gemessen an der Größe des Geräts (und des verbauten Lautsprechers) ist der Klang ganz ordentlich, sowohl Musik- als auch Wortprogramme lassen sich mühelos verfolgen. Um insbesondere im Höhenbereich den Ton noch etwas aufzupeppen, sollte man ein wenig mit dem Equalizer spielen, dann macht das kleine Radio eine überraschend gute Figur. Natürlich darf man bei so einem kleinen Gerät keine Wunder erwarten, ein wenig blechern muss das Klangbild eines so kleinen Lautsprechers immer bleiben – aber ich habe hier schon wesentlich fieseren Sound aus solchen kleinen Radios gehört.

Zur Bedienung bleibt zu sagen, dass sie mir anfänglich nicht so leicht von der Hand ging. Man muss sich erst an die geräteeigene Bedienlogik gewöhnen – dass die wenigen Tasten, die das Radio hat, mit Funktionen doppelt belegt sind, macht die Sache dabei nicht unbedingt einfacher. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt und seine Lieblingssender programmiert, ist die Bedienung kein Problem mehr. Aber bis man dahin kommt, braucht es schon einige Zeit und auch den Willen, ein wenig herumzuprobieren. Eine echte Wohltat hingegen ist das fehlerfrei übersetzte deutschsprachige Menü – wer schon einmal mit den teils krude übersetzten Displaymeldungen erschreckend viele Geräte chinesischer Provenienz zu tun hatte, versteht, was ich meine.

Ein paar Besonderheiten seien an dieser Stelle noch erwähnt: Dieses Radio kann als Bluetoothlautsprecher verwendet werden, verfügt über einen AUX-Eingang (3,5 mm-Klinkenbuchse) und ist außerdem in der Lage, MP3-Dateien vom USB-Stick abzuspielen. So verleiht man einem „schnöden“ Radio einen gewissen Multimedia-Touch. Ich persönlich hätte das nun nicht gebraucht, denn zu diesem Zweck habe ich andere Geräte – aber okay, es gibt sicherlich Leute, für die USB-Wiedergabe oder ein AUX-Eingang ein Kaufargument sind. Was ich allerdings schmerzlich vermisse, ist ein Kopfhöreranschluss – der wäre nach meinem Dafürhalten bei einem Radio Pflicht, nicht Kür.

Das für mich zentrale Feature ist allerdings der eingebaute Akku, mit dem man mit diesem Radio im Haus und auf der Terrasse oder dem Balkon super mobil ist. Der Ladezustand wird im Betrieb auf dem Display angezeigt. Dass man das Gerät nicht mit Akkus oder Batterien versorgen muss und es leicht mit sich herumtragen kann und des in jeden Rucksack und jede Tasche passt, macht das kleine und leichte Gerät zu einem sinnvollen Alltagsbegleiter. Dieser Eindruck wird auch durch die wertige Haptik unterstrichen. Das Gerät ist ordentlich verarbeitet, nichts wackelt, nichts knarzt, die Gehäuseteile sind sauber entgratet, Verwendung findet ein schlagfester und griffiger Kunststoff.

Und so fällt mein Fazit einwandfrei aus: Hat man sich einmal an die etwas eigene Steuerung des Radios gewöhnt, nutzt man einen tollen Empfänger mit ordentlichem Klang, ausgesprochen guter Verarbeitung – und einem eingebauten Akku, der problemlos sechs bis acht Stunden Empfang ermöglicht. Den UVP von knapp 50,- Euro fände ich dennoch zu hoch, gegenwärtig bekommt man das Radio in diversen Onlineshops für etwas mehr als 35,- Euro, was mir ein angemessener Preis scheint. Klar handelt es sich beim DR5BT um ein Einsteigergerät, aber eben um eines mit hohem Nutzwert, das Spaß macht.

Monatsrückblick Januar 2025

Neues Jahr, neue Vorsätze: Ich schrieb gerne die Wochen- oder Zweiwochenrückblicke, habe aber leider nicht immer die Zeit, das in der Regelmäßigkeit zu tun, die so ein Wochenrückblick eigentlich erfordert. Einige kleine Notizen über Alltägliches und Nichtalltägliches aber sollen dennoch nicht verloren gehen – und so möchte ich den unregelmäßigen Wochenrückblick in einen regelmäßigen Monatsrückblick überführen. Das geht freilich sehr zulasten der Aktualität, dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht ist das aber auch ein sinnstiftender Filter, durch den allzu generisches und kurzlebiges rutscht. Wir werden sehen, wohin die Reise führt – aber ein Anfang soll mit diesem Post gemacht sein.

  • einen beschisseneren Start ins Jahr hätte das aus Perspektive des Datenschutzes reinrassige Katastrophenprojekt „elektronische Patientenalte“, auch als „elektronische Gesundheitsakte“ bekannt, kaum haben können. Der für jeden Versicherten, der nicht aktiv widerspricht, zwangsverordnete Daten-GAU ist mit reichlich primitiven Mitteln „hackbar“, in der Pressemitteilung des Chaos Computer Clubs vom Kongress Ende Dezember sagt mit berechtigterweise leicht süffisantem Unterton: „Zudem demonstrieren die Forscher, wie Mängel in der Spezifikation es ermöglichen, Zugriffstoken für Akten beliebiger Versicherter zu erstellen. Dies ist möglich, ohne dass die Gesundheitskarten präsentiert oder eingelesen werden müssen. Damit hätten Kriminelle auf einen Schlag Zugriff auf mehr als 70 Millionen Akten.“ Wer der ePA bislang nicht widersprochen haben sollte – es ist nun allerhöchste Zeit!
  • Dazu ein den Blick in eine wichtige Richtung erweiternder Einwurf von Enno Park, den ich hier einfach mal übernehme: „Rund um die #EPA Debatte fällt mir etwas auf: Manchen Menschen ist offenbar nicht klar, dass viele Patient*innen eben KEIN Vertrauensverhältnis zu einigen ihrer Ärzt*innen haben, diese aber aufgrund ihrer Erkrankung und gesellschaftlicher Zwänge trotzdem aufsuchen müssen.“
  • Im Zuge der Causa um den von Zuckerberg bei Facebook USA abgeschafften Faktencheck muss ich doch mal einige Sätze loswerden, weil mich das Thema echt aufregt: „fact checking“ ist nichts anderes als ganz basales journalistisches Handwerkszeug. Aussagen von Personen werden recherchierbaren Fakten gegenübergestellt, damit sind Aussagen klar verifizierbar oder falsifizierbar. Hier dreht es sich ganz bewusst nicht um eine Einordnung oder eine Kommentierung von Meinungen. Hierzu wendet man Mittel der Quellenprüfung, Recherche, Gegenrecherche, Auswertung wissenschaftlicher Quellen… an. Fact checking kann man übrigens lernen – ich zum Beispiel habe das man an der Journalistenschule gelernt. Es geht einem quasi in Fleisch und Blut über. Wenn Aussagen falsifiziert werden, rückt das die Person, die diese Aussagen getätigt hat, nicht selten ins Licht des Lügners. Oft darf man diese Personen dann auch mit Fug und Recht als solche bezeichnen, nicht immer ist das allerdings Intention gewesen, nicht immer wurde bewusst gelogen. Deswegen ist das Ergebnis eines Faktenchecks erst mal auch nur das: Eine Verifikation, eine Falsifikation. Leuten, die gerne und vorsätzlich lügen, tut das natürlich weh. Mit Benennung aller herangezogener Quellen weist der Faktencheck sich nicht nur als handwerklich korrekt durchgeführt aus, sondern sorgt gleichzeitig für große (und nicht selten ebenfalls schmerzliche) Transparenz. Was können notorische Lügner dem Faktencheck entgegenstellen? Eigentlich nichts. Aber aus diesem Dilemma finden Lügner einen sehr einfachen „Ausweg“, indem der Faktencheck (unberechtigterweise) als „tendenziös“ gebrandmarkt wird. Das ist alles erwartbar und erklärlich. Wenn aber Journalisten wider besseren Wissens in das gleiche Horn stoßen, dann wird es bedenklich. Sehr geärgert habe ich mich über einen Kommentar in der FAZ vom bekanntermaßen sehr konservativen Konservativen Jasper von Altenbockum, der da schreibt: „Die „Wahrheit“, der damit zum Durchbruch verholfen werden soll, ist auffällig oft – wenn es nicht gerade um die Gegendarstellung zu Lügen staatlicher Propaganda (Russlands) geht – die Wahrheit linksliberaler Hegemonie. Ob Migration, Klima, Energie, Soziales, Gender – man kann jeweils darauf wetten, dass der „Faktencheck“ zum Gesinnungscheck wird“. Herr von Altenbockum müsste es eigentlich besser wissen. Dabei hat er meines Erachtens mit der Analyse, der Rückzug vom Fact Checking bei Facebook in den USA ließe „sich mit ein wenig Übertreibung als Kotau vor grassierendem Trumpismus bezeichnen“ doch ganz recht (auch ohne Übertreibung). Fact checking als „Mode“ und „Mittel des politischen Meinungskampfs“ zu bezeichnen, ist, wie gerade dargelegt, freilich nicht aufrichtig.
  • Das stützt meine seit gut zwei Jahren immer wieder postulierte und an inzwischen unzähligen Punkten bestätigte Theorie: Der deutsche Konservativismus steckt in der schwersten intellektuellen Krise seit Hugenberg.
  • „Früher habe ich immer gedacht, das Unrealistischste in Bond-Filmen seien die durchgeknallten Super-Milliardäre, die die Weltherrschaft anstreben. Heute weiß ich: Das Unrealistischste in Bond-Filmen sind wohl eher effizient arbeitende staatliche Institutionen und mutige, mit den nötigen Mitteln ausgestattete Einzelakteure, welche durchgeknallte Super-Milliardäre davon abhalten, die Weltherrschaft anzustreben.“ /via
  • Ein faschistischer Begriff, nämlich „biodeutsch“, wurde zum Unwort des Jahres 2024 gewählt. Das ist wichtig und richtig, ebenso wichtig ist aber auch, herauszustellen, dass die Gastjuroren „importierter Antisemitismus“ zu ihrem Unwort kürten – aus bekannten Gründen.
  • In einem Beitrag auf X (ehemals sehr aktiv dort, verzichte ich mittlerweile auf eine Verlinkung dorthin, kein Traffic für Elmo!) trifft man seitens der Amadeu Antonio Stiftung den Nagel auf den Kopf: „2024: „biodeutsch“; 2023: „Remigration“; 2022: „Klimaterroristen“; 2021: „Pushback“; 2020: „Corona Diktatur“; 2019: „Klimahysterie“. Die Liste der Unwörter des Jahres zeigt die rechtsextreme und demokratiefeindliche Diskursverschiebung der Bundesrepublik im Zeitraffer.
  • Wieder einen Schritt näher an der Apokalypse: Die Maul- und Klauenseuche ist zurück.
  • Dog whistle 88.
  • Trump labert bei seiner Inauguration faschistische Scheiße. Das stand im Prinzip zu erwarten, dass er dabei allerdings derart aus dem Rahmen fällt, hat etliche Kommentatoren dann doch verwundert. Das unfreiwillig beste Statement hat der Simultandolmetscher bei Phoenix rausgehauen (Vorsicht, Link geht zu X, via fefe).
  • Währenddessen zeigt Musk den Hitlergruß. Während gerade deutsche Medien darüber rätseln, ob das nun tatsächlich ein Hitlergruß oder nur eine „ähnliche Geste“ war, versteht der Rest der Welt die unmissverständliche Dogwhistle. Wobei, das war keine, das war eindeutig. Wer den Hitlergruß Musks nicht als solchen erkennt, will ihn nicht erkennen, wider besseres Wissen.
  • Zu Musk eine treffende Analyse der taz: „Elon Musk setzt sein Geld ein, um einen digitalen Faschismus voranzutreiben – auch in Deutschland.“
  • Ich muss an dieser Stelle hier mal einen Gedanken reinwerfen: Der Grund, warum ich mir die (in meinem Falle durchaus knappe) Zeit nehme, wieder verstärkt zu bloggen, hat freilich auch, über Bande, mit Musk zu tun. In der Vergangenheit habe ich sehr viel Content in Social Media, besonders in Richtung Twitter, abfließen lassen. Der ist nun unweigerlich verloren – oder in falschen Händen, sucht es Euch raus. Auch wenn ich nun im Fediverse recht aktiv bin, gibt es ja keine Garantie, dass sich das in den nächsten Jahren noch trägt. Wohl dem, so denke ich, der sein altes Blog noch nicht plattgemacht hat – hier hat man seine Inhalte nicht aus der Hand gegeben – und folglich sind sie noch da. Wer also noch ein altes Blog irgendwo herumidlen hat: Reaktivieren!
  • Man hätte es ja voraussehen können, dass die ersten politischen „Initiativen“ von den amerikanischen Gerichten kassiert werden. Sie bekamen, was sie verdienten.
  • Sehr spannender Longread von Correctiv: „Der Mann der Großkonzerne: Das Lobby-Netzwerk von Friedrich Merz“
  • Möglicherweise werden wir uns irgendwann mit eine milden Lächeln an diese krass kuriose Golf-von-Mexiko-Nummer erinnern. Kuriositäten-Level des Tages: „Weil der neue US-Präsident einen hunderte Jahre alten Namen für eine Meeresbucht geändert hat, behandelt Google Maps sein Land intern nun wie autoritäre Regime“. Nun, das ist erstmal ja eine zutreffende Kategorisierung.
  • Ich kriegs nur bruchstückhaft wiedergegeben, aber: Gestern habe ich zufällig ins Deutschlandradio reingeschaltet. Kurzer Bericht, demzufolge DeepSeek das Modell von ChatGPT bei Weitem übertreffe. Die hierfür wohl notwendigen Prozessoren von Nvidia sind von einem Embargo seitens der USA betroffen. China hat das dann (möglicherweise) mit einer alten Prozessorgeneration gewuppt. Analyst 1: „Das musste so kommen, in China sind weltweit die meisten Wissenschaftler an der Entwicklung von Sprachmodellen dran, insofern war es statistisch zu erwarten, dass die Chinesen dieses Niveau mit alter/eigener Hardware hinbekommen.“ Analyst 2: „Nun sind die USA auch in Sachen AI deutlich im Hintertreffen, das kriegen sie in sinnstiftender Zeit auch nicht mehr aufgeholt.“
    Irgendwie fühle ich mich ja in meiner seit wenigstens fünfundzwanzig Jahren postulierten Meinung, dass Wirtschaftsembargos noch nie was genutzt haben, bestätigt. Keine Chips von den Ammis? We don’t give a fuck, wir werfen da Brainpower drauf, bauen das Ding einfach besser und mit einem Bruchteil des Geldes, das Altman und Konsorten da verbraten haben. Wir waren nicht die Ersten? Wen’s schert – wir müssen nicht die Ersten, sondern die besten sein. Ich würde heute ja keinen roten Heller mehr in Ammi-Tech investieren, das ist Geldverbrennung. Das Zeug, was die liefern, ist wie so ein alter Straßenkreuzer: Säuft viel, ist ineffizient, schwer und langsam, alte Technik wird durch viel Blech kaschiert. Ein Präsident wie Trump passt da ausgezeichnet dazu. Und über die wirtschaftlichen Auswirkungen schreibt  fefe ein paar Zeilen.
  • Sauft ihr gerne Coca-Cola? Das ist wohl gerade keine gute Idee.
  • Bedauerlicherweise ist es ja nicht ausgeschlossen, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler wird. Wird er es, so ist er von Tag Eins seiner Kanzlerschaft an der Kanzler der Schande. Mithilfe der AfD setzt Merz europarechtswidrige Migrationsgesetze durch. Er fungiert damit nicht nur als Steigbügelhalter der Faschisten, sondern stellt sich in eine Reihe mit den Trumps und Orbans dieser Welt (und anderem Gelichter). Das ist nicht nur ein „Tabu“-; das ist ein Dammbruch und ein handfester Schlag ins Gesicht jeder Demokratin und jedes Demokraten.
  • …und schon rücken die ersten CDUler von Merz ab, darunter Merkel und Daniel Günther.
  • Man muss kein Prophet sein, um festzustellen: Merz kann es nicht. Über Merz muss ich mal was Längeres schreiben, da fehlt mir gerade aber ein wenig die Zeit. Er hat seine Abstimmung jedenfalls verloren, den Schulterschluss mit den Faschisten hat er trotzdem versucht… der Mann ist wirklich übel. Aber dazu beizeiten mehr…

Nürnberg: Spontandemo gegen Rechtsextremismus, CDU, AfD und FDP am heutigen Donnerstag

Es war ja quasi zu erwarten, auch wenn viele vielleicht noch gehofft haben, dass es doch noch anders kommen möge, dass auf Seiten der CDU die Vernunft siegen möge… Der Dammbruch ist geschehen, der seit gestern mit Fug und Recht als solcher zu bezeichnende Steigbügelhalter der Faschisten, Friedrich Merz, brach sein Versprechen und paktierte, ohne mit der Wimper zu zucken, mit den Faschisten.

Das ist nicht weniger als ein dreckiger Faustschlag ins Gesicht jeder Demokratin und jedes Demokraten.

Und dagegen geht es bereits am heutigen Donnerstag, den 30. Januar 2025 unter dem Motto „Solidarität statt Hetze“ auf die Straße.

Trefferpunkt ist der Hallplatz in Nürnberg
Uhrzeit: 18.30 Uhr.

Zu dieser Spontandemonstration rufen unter anderem auch die Stadträte der Nürnberger Linken, Kathrin Flach-Gomez und Titus Schüller auf. In ihrem Aufruf heißt es: „CDU/CSU und FDP arbeiten inzwischen ganz offen mit den Nazis von der AfD zusammen und hetzen gegen arme sowie geflüchtete Menschen. Gemeinsam verabschieden sie [am gestrigen] Mittwoch einen Antrag für die pauschale Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen. Wie schon einmal kooperieren Konservative ganz offen mit Nazis.
Wir haben es satt, dass arme und geflüchtete Menschen als Sündenböcke für eine gescheiterte Politik herhalten müssen. Sie tragen nicht die Verantwortung für steigende Mieten, niedrige Löhne, schlechte Renten und hohe Preise. Es braucht Lösungen statt Sündenböcke!
Wir gehen auf die Straße, um unser Grundgesetz und die Würde aller Menschen zu verteidigen“.
Auch das Nürnberger Bündnis Nazistopp ruft zur Teilnahme auf.

Blast from the past: Der Sinalco-Getränkeautomat

Mechanischer Getränkeautomat mit der Aufschrift "Sinalco-Kola"

Was habe ich Geld in solche Automaten gesteckt, um ein Cola oder das noch beliebtere Spezi zu kaufen – weiland gaben diese Automaten noch Halbliterflaschen aus, oft auch Bier (und ermangels technischer Prüfmöglichkeiten zogen wir Kids uns das Bier freilich lange, bevor wir es legal hätten kaufen können).

Ich mochte diese unkomplizierten Getränkeautomaten, die man quasi in jedem Vereinsheim, in jedem Übernachtungshaus, in jeder Sportstätte vorfand. Heute ist dieser Gerätetyp fast vollständig verschwunden, was daran liegt, dass die Kühlaggregate dieser Automaten alle mit Kühlmitteln auf FCKW-Grundlage liefen, deren Betrieb heute nicht mehr gestattet ist. Die einfachen und robusten Mechaniken würden wohl noch heute funktionieren.

Das abgebildete Modell habe ich erst vor knapp fünf Jahren im Proberaum-Keller des Z-Baus fotografiert, der Automat funktioniert und schluckt Euro-Münzen, aber weil man die Kühltechnik ausbauen musste, wirft er das Bier leider nur zimmerarm oder eben proberaumkalt aus. Zumindest die Sinalco-Limo kann man aber heute noch hie und da kaufen.

Hot Take: Eine Forderung nach Alt-Texten und CWs in sozialen Netzwerken ist oft purer Ableismus

Hot Take: Wer von anderen Nutzern in sozialen Netzwerken permanent die Verwendung von Bildbeschreibungstexten (Alttexten), content warnings oder trigger warnings einfordert, verhält sich ableistisch.

Nun, Twitter ist ohnehin an die Nazis verloren, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber selbst im Fediverse, auf Mastodon und Bluesky, wo gewöhnlich ein respektvoller Umgang miteinander und eine vernünftige Diskussionskultur gepflegt werden, muss ich beobachten, dass Nutzer, die unter ihre Bilder keinen Bildbeschreibungstext (Alttext) setzen oder bei bestimmten Themen kein „content warning“-flag setzen, scharf angegangen, gerügt werden. Diese Beobachtung mache ich seit wenigstens zwei Jahren, leider täglich – und nun bin ich es leid.

Man möchte ja meinen, dass diese Hinweise wohlmeinend sind und sich die „Hinweisgeber“ um die Barrierefreiheit sorgen. Dass es aber Menschen gibt, die aufgrund einer Behinderung vielleicht gar nicht in der Lage sind, ein Bild zu „beschreiben“, das Gesehene in Worte zu überführen, einer Aussage oder Beobachtung eine „content warning“ voranzustellen, und diese Menschen dann mit der Forderung nach Alttexten oder CWs gesilenced werden, wird gerne vergessen.

Ich denke, dass es an dieser Stelle hilfreich sein kann, meinen „Hot Take“ ein wenig zu illustrieren. Man stelle sich beispielshalber einen Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung vor. Das Smartphone unterstützt ihn, ein Bild der Umgebung aufzunehmen und dann aus der Nähe mit der Möglichkeit der Vergrößerung Dinge auf dem Bild wahrzunehmen, die er ohne Hilfsmittel in der Ferne mit seinem Sehrest oder aufgrund einer Gesichtsfeldeinschränkung nicht sehen kann. Wenn er nun dieses Bild postet, verzichtet er vielleicht ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil die Bedienung der taktil nicht erfassbaren Bildschirmtastatur auf dem Smartphone-Touchscreen für ihn einen nicht im Verhältnis stehenden Aufwand bedeutet. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein Sehender eine Fotografie anders erschließt – mit einer „Draufsicht“, er sich allerdings dieselbe Fotografie über Details erschließen und über die Summe der gesehenen Details und seinem Weltwissen und Erfahrungsschatz (der von dem der Sehenden abweichen kann) das Gesamtbild extrapolieren muss. Vielleicht verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass ihm bei dieser Extrapolation Fehler unterlaufen, mögliche Fehler, die er in einem Bildbeschreibungstext nicht verfestigen möchte. Es gibt, das zeigt dieses Beispiel, gute Gründe, ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung zu verzichten, selbst dann, wenn man sie setzen könnte und selbst dann, wenn man zu einem Kreis von Menschen gehört, der selbst von einer Bildbeschreibung profitiert.

Ein anderes Beispiel: Ein Mensch mit einer möglicherweise über den Social Media-Kanal nicht als solche sofort erkennbaren, sogenannten geistigen Behinderung postet ein Bild. Er kann das Bild erkennen, alles darauf Abgebildete auch erfassen, er ist aber außerstande, das Gesehene zu verbalisieren. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar mit scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Ein drittes Beispiel: Ein Mensch hat eine Lese-Rechtschreibschwäche oder ist funktionaler Analphabet. Er postet ein Bild. Eine Bildbeschreibung zu erstellen, ist ihm ohne fremde Hilfe nicht möglich. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar in scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Diese drei (wohlgemerkt nicht konstruierten) Beispiele zeigen aber nicht nur, dass es vollkommen legitim ist, die Entscheidung zu treffen, keine Bildbeschreibungen zu verwenden – niemand ist anderen über seine Beweggründe dieser Entscheidung Rechenschaft schuldig. Hier direkt oder indirekt Rechenschaft einzufordern, ist ebenfalls ableistisch. Und als conclusio darf daher gelten: Ich kann nur und ausschließlich dann von meinem Gegenüber einen Alttext oder eine content warning einfordern, wenn ich mir absolut und zweifelsfrei sicher bin, dass mein Gegenüber ohne Hinderungsgrund diese Informationen nicht zur Verfügung stellt, weil er dazu nicht Willens ist. Und das kann man, wenn man die Menschen nicht persönlich gut kennt, kaum gewährleisten.

Richtig geil wird es aber, wenn man für die Verwendung von KI-Diensten wie dem Alt-Bot kritisiert wird. Kurz erklärt: Der Alt-Bot sorgt über Googles KI-Dienst Gemini dafür, dass in Form einer Reply eine automatisch generierte Bildbeschreibung unter einen Post gesetzt wird, sofern der postende User das möchte. Das funktioniert in 90 Prozent der Fälle überraschend gut, in 10 Prozent der Fälle hat die KI mit der Interpretation schon noch Probleme. Diese KI-Bildbeschreibungen sind mitunter auch nicht ganz unproblematisch. Zuerst einmal ist eine Bildbeschreibung als Reply nicht optimal (aber besser als nichts!), zum anderen beschreibt die KI nicht nur, sondern interpretiert auch, beispielshalber, indem Bildstimmungen als „angenehm“, „warm“, „freundlich“, „nüchtern“, „kühl“… bezeichnet werden. Meine größte Schwierigkeit mit der KI liegt im Umstand, dass sie leider häufig gängige, erlernte Vorurteile repliziert. Dennoch: Wer heute Dienste wie den Alt-Bot zur automatischen Generierung von Bildbeschreibungen verwendet, wird, das darf und möchte ich annehmen, die Vorteile und Nachteile gegeneinander abgewogen haben. Nun aber einem Menschen mit Behinderung vorzuwerfen, wie es der Post im Screenshot zeigt, ein Hilfsmittel wie den Alt-Bot zu verwenden, ist unter den miesen Moves nochmal ein besonders mieser Move.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die allzu lauten „Mahner“ oft selbst nicht von einer Behinderung betroffen sind, dass ihre mitunter unangenehm persistenten „Mahnungen“ vielmehr Ausdruck ihrer Selbstgefälligkeit und damit auch Vehikel eines deplatzierten moralischen Überlegenheitsgefühls sind. Unter den Menschen mit Behinderung, mit denen ich regelmäßig im Kontakt bin (allein meine beruflichen Kontakte belaufen sich hier auf etwa 350 bis 400 Personen) erlebe ich mehrheitlich, dass man in diesen Fragen jedenfalls eine ganz andere, von Toleranz und Wohlgesonnenheit geprägte Tonlage pflegt und durch geduldiges Erklären versucht, die erkannten Barrieren zu benennen und ihre Dysfunktion begreifbar zu machen und nicht zuletzt auch Vorschläge zur Beseitigung der Barriere unterbreitet. Das gilt auch für ihre Angehörigen und Freunde. Freilich mag gelegentlich auch mal jemandem aufgrund der nicht selten durchgängigen Diskriminierungserfahrung der Geduldsfaden reißen, aber das ist die Ausnahme.

CWs, das ist unbestritten, können bedeutungsvoll und angebracht sein und das Filtern echter verstörender Inhalte für Zielgruppen, für die sie nicht geeignet sind, durchaus erleichtern. Wer aber bei quasi jedem alltäglichen Anlass eine content warning einfordert oder setzt, macht nicht nur für Menschen mit und ohne Behinderung die Timelines unlesbar, er macht aus den CWs ein verdammt stumpfes Schwert.
In dem von mir zu im Screenshot herangezogenen Beispiel habe ich mit dem Vermerk „Netzfund“ eine Karikatur gepostet, die in eindeutiger Weise dazu Stellung bezieht, dass Musk im Zuge der Trump-Inauguration 2025 öffentlich und nach meinem Verständnis auch eindeutig den Hitlergruß „entbot“. Ist ein CW für eine das tages- wie weltpolitische Geschehen karikierenden bildliche Darstellung nötig, sinnstiftend, angemessen?
Wer gerade abnehmen möchte und einfordert, dass vor jedem geposteten Schokoladentafel-Bild, vor jedem geposteten Bild eines schön angerichteten Tellers im Restaurant eine content warning zu setzen sei, der delegiert nicht nur sein individuelles Problem in die Community, sondern beraubt die CW ihres Sinns und Nutzens. Wer vor jedem Post, das sich mit Rassismus, Faschismus, Klassismus, mit Trump, mit Musk, mit Putin… auseinandersetzt, eine Rassismus-CW, Faschismus-CW, Klassismus-CW, Trump-CW, Musk-CW oder Putin-CW fordert, erschwert die notwendige Diskussion, erschwert den Austausch, erschwert, dass Betroffene ihre Betroffenheit – auch ungefiltert, auch unkategorisiert, auch ohne entsprechende Zuordnung – artikulieren können. Und in letzter Konsequenz silenced er dadurch marginalisierte Personengruppen. Im Übrigen gilt hier analog das zum Thema Alttext Gesagte: Wer CWs einfordert, fordert von seinem Gegenüber ein, immer in der Lage zu sein, seine Aussage oder den Inhalt seines Posts in eine – wohlgemerkt dem Gegenüber genehme, von jenem als sinnvoll erachtete – Verschlagwortung zusammenzufassen und ignoriert, dass es Menschen gibt, die das, z.B. aufgrund von geistiger oder psychischer Behinderung, einer grundsätzlich anderen Weltwahrnehmung oder aufgrund kultureller Unterschiedlichkeiten vielleicht gar nicht kann. Und das ist nichts anderes als nackter Ableismus.
Und wenn wir schon beim Thema Verschlagwortung sind: Es gibt aus unterschiedlichsten Gründen genug Menschen, die mit den Begriffen CW, TW, content warning, trigger warning… gar nichts anzufangen wissen. Wollte man dann etwa einem verstörenden Inhalt das Wort „Inhaltswarnung“ oder im Geiste Leichter Sprache „Inhalts-Warnung“ voranstellen, hätte ich wieder zwei neue Begriffe für die Filterliste. Irgendwann wird dieses Konstrukt nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für alle unbedienbar. Die CW-Thematik trägt ein aus meiner Sicht bislang ungelöstes Nomenklatur-Problem mit sich: Man müsste sich, damit es funktionieren kann, im Vorfeld und bei allgemeiner Akzeptanz darauf einigen, was verstörende Inhalte überhaupt sind und wie sie zu kennzeichnen sind. Nach meiner persönlichen Beobachtung tragen die selbstberufenen „CW-Anmahner“ weder zu dieser Diskussion, geschweige denn zur Lösung dieses Problems, etwas Sinnstiftendes bei.

Und es vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht Zeuge der Forderung nach einer „Gschmarri“-Triggerwarnung werden muss. Dein Haustier ist gerade verstorben? Fordere doch eine TW für niedliche Katzenbilder. Leute posten bei jeder Gelegenheit Bilder ihres Dopes und mokieren sich dann, wenn bei einem Essensbild aus dem Wirtshaus im Hintergrund unscharf ein Seidel Bier zu sehen ist – „Eine Alkohol-CW kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein!“. Jemand isst Fleisch? Jemand trinkt Milch? Geht eigentlich gar nicht, aber wenn man das unbedingt posten muss, dann nur mit „TW Tierleiche“ und „TW Eutersekret“.

Mir ist klar, dass das gerade Gesagte viele Leute verärgern mag. Manche sind im besten Willen vielleicht überzeugt, sie würden gerade aus dem Fediverse einen inklusiveren Ort machen, wenn sie nur möglichst viele Nutzer mit ihrem Unterlassen von CWs oder Alttexten konfrontieren. Dass das so unmöglich klappen kann, erklärt sich aber allein schon mit dem sozialpsychologischen Konzept der Reaktanz: Selbst wenn der Nutzer die Sinnhaftigkeit von CWs oder Alttexten prinzipiell versteht und mit der Aussage, sie seien sinnvolle und barrierenmindernde Maßnahmen, wird er sie dann aus einer Abwehrhaltung heraus nicht setzen, wenn er allein bei anderen Usern nur sieht, wie sie permanent und ubiquitär – und leider oft in unangemessenem Ton – dazu aufgefordert werden. Man verdirbt es sich so recht schnell (und ohne Not) mit den wohlwollendsten Zeitgenossen (und erweist der guten Sache einen Bärendienst).

Fazit: Wenn Du also User permanent für ihre fehlenden Alttexte, content oder „trigger“ warnings oder (wegen der für Screenreader mitunter schwierigen Ausspielbarkeit) der Verwendung von Emojis kritisierst, dann bist Du eben kein Mensch, der sich für Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt, dann schaffst Du eben kein Verständnis für Menschen mit Behinderung, schaffst keine Räume für Inklusion, nein, Du bist ableistisch. Stell das ab.

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