blog.fohrn.com

„…es ist mir nicht erinnerlich…!“

Seit einigen Jahren ist es ein gut eingespieltes Ritual: Wann immer durch Recherchen schwere Verfehlungen eines Politikers aufgedeckt werden, die in einiger zeitlicher Distanz passierten, sagt der Politiker, er könne sich daran nicht mehr erinnern, es sei ihm nicht mehr erinnerlich.

Solche „Erinnerungslücken“ sind vor allem zweierlei: Erstens eine bequeme Strategie, die notwendige Erklärung zu verwässern, um einem nötigen Rücktritt zu entgehen und zweitens natürlich ausnahmslos eine dreiste Lüge. Natürlich weiß jeder, dass die Erinnerungslücke eine glatte Lüge ist – aber beweisen kann man das eben nicht. Scholz ist damit durchgekommen, Aiwanger kommt gerade damit durch und letztlich sind vor diesen beiden auch große und kleine Lichter mit der vorgeschobenen „Erinnerungslücke“ recht gut gefahren.

Die Sache hat aber einen Haken: Wir, das Volk, aber auch die Medien lassen den Politikern diese Erinnerungslücken-Lüge jedes Mal aufs Neue durchgehen. Dabei ist doch glasklar: Wer sich bei eklatanten Vorwürfen (die ja im Leben gewöhnlich durchaus eine große Bedeutung haben) urplötzlich an nichts mehr erinnern können will, also auch nicht daran, ob der Vorwurf wahr oder falsch ist, ist grundsätzlich für eine politische Führungsposition absolut und ausnahmslos ungeeignet.* Alleine eine Erinnerungslücke des oben geschilderten Ausmaßes muss einen zwingenden und sofortigen Rücktritt zur Folge haben, denn wer derartige Erinnerungslücken hat, ist nun einmal prinzipiell außerstande, in erforderlichen Maße Verantwortung zu übernehmen und politische Entscheidungen mit der ihr innewohnenden Tragweite zu treffen.

Wir benötigen für die folgende Formel dringendst einen gesamtgesellschaftlichen Konsens: Erinnerungslücke = Rücktritt. Dieser Konsens muss hergestellt werden und er darf auch grundsätzlich nicht verhandelbar sein.

Alles andere ist Bullshit. Alles andere ist Einknicken vor der Lüge.

*Und nun komme ich zur freilich nötigen Fußnote. Nein, diese absolut getroffene Aussage ist nicht abelistisch, nicht im Mindesten. Jeder von Erinnerungslücken geplagte Mensch, aus welchen psychischen und physischen Gründen sie auch immer entstanden sein mögen, kann und wird selbstredend einen Platz finden, an dem er sich mit Wirkmächtigkeit für Gesellschaft und Gemeinwohl engagieren kann. Sollte jemand allerdings unter so ausgeprägten Amnesien leiden, dass ihm selbst einschneidende Lebensereignisse, eigene kriminelle Handlungen oder schwere moralische oder politische Verfehlungen nicht mehr erinnerlich sind, so ist die Ausübung eines politischen (Spitzen)Amtes nicht das geeignete Betätigungsfeld.

Ein paar Worte zum Aiwanger-Söder-Skandal

Wir leben in verrückten Zeiten. Zeiten, die so verrückt sind, dass man es kaum in Worte fassen kann. Ich will es dennoch versuchen, schon alleine, um hier einmal festzuhalten, wie weit fortgeschritten inzwischen die politische Unkultur ist.

Hubert Aiwanger hat mit hoher Wahrscheinlichkeit als Sekundarstüfler ein wirklich widerliches, antisemitisches und nach heutigem Verständnis auch volksverhetzendes Flugblatt verfasst, anlässlich eines Besuches im Konzentrationslager Judenwitze gerissen und im Klassenzimmer den Hitlergruß gezeigt. Vielfach bezeugt durch seine ehemaligen Mitschüler und vielfach bezeugt durch seine Lehrer. Er hat seine Kunstlehrerin mit Säure bespritzt und war auch sonst ein wohl eher widerwärtiger Zeitgenosse. Das alles passierte in einem Lebensalter, in dem man gewöhnlich reif genug ist, zu erkennen, dass solche Taten nicht nur falsch sind, sondern auch Konsequenzen haben.

Nun ist also herausgekommen, wes Geistes Kind dieser Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Freistaates Bayern, ist. Ich muss es an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Die vielen „markig-rechten“ Sprüche, die Aiwanger vor dem Skandal auf Twitter „X“ von sich gegeben hat, lassen in mir nicht die Hoffnung reifen, dass sich dieser Mann geändert haben könnte – nein, für mich persönlich bleibt Aiwanger der üble Antisemit, als der er sich zu erkennen geben musste.

Von Aiwanger halte ich persönlich nichts. Schon vor dem Skandal schien er mir weder als besonders integer noch als besonders klug. Ein einfacher Mann, ein Landwirt, ein Schlitzohr vielleicht (selbstredend ohne die halb positive, schon fast anerkennende Konnotation, die das Wort „Schlitzohr“ in Bayern hat). Er stand und steht einer Partei vor, die lediglich in ländlichen Gebieten in den Gemeinde- und Kreisräten einen gewissen Erfolg verbuchen kann, einer Partei, die sich einem diffusen Rechtskonservativismus verschrieben hat, wie er auf dem flachen Lande immer noch persistiert. Diese „Freien Wähler“ sind damit der CSU nicht unähnlich. Sie haben es, das halte ich für ein bemerkenswertes Detail, durch ihre kommunale Kleinarbeit geschafft, sich neben der CSU zu behaupten. Gerade Aiwanger, der erst 2002 zur Partei stieß, und nach den üblichen Stationen Vorsitzender seiner Partei in Land und Bund wurde, etablierte die FW als eine Partei, die rechts der CSU steht, vielleicht sogar nahe an der AfD, das möge nun jeder für sich entscheiden. Gerade vor der Folie des gesellschaftlichen Rechtsrucks der Zehnerjahre, besonders ab dem Jahr 2018, gelang ihm damit ein Lückenschluss, der der CSU nicht gefallen dürfte, gegen den sie sich aber auch nicht adäquat wehren konnte. Die Freien Wähler hatten mit der Wahl des niederbayerischen „Hillbillys“ Aiwangers als Galionsfigur erst einmal sogar Glück: Mit erstaunlich gutem Ergebnis zogen die Freien Wähler in den bayerischen Landtag ein. Ministerpräsident Söder konnte das Recht sein. Die sehr konservativen, ansonsten aber reichlich profillosen Kommunalpolitiker taten der CSU nicht weiter weh und erwiesen sich als loyaler Koalitionspartner. Auf die FDP in Bayern kann und konnte Söder nicht bauen. 2018 zog sie extrem knapp mit 5,1 Prozent gerade so in den Landtag ein, in diesem Jahr wird sie diesen Einzug mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr schaffen, was ausschließlich ein Personalproblem ist.

Söder, durch und durch Populist, steht sechs Wochen vor der Landtagswahl vor einem enormen Problem: Als unbeliebtester Ministerpräsident des Landes ist er weit davon entfernt, mit der CSU die zum Alleinregieren nötige Mehrheit zu stellen (was seinen Vorgängern in der Vergangenheit recht regelmäßig gelang). Klar wäre eine Koalition mit den in Bayern überraschend erfolgreichen Grünen durchaus möglich, allerdings für Söder nicht opportun.  Er stand den Grünen schon einmal deutlich näher, doch eine mögliche Koalition mit den im Bund recht unbeliebten Grünen scheint Söder den Bayern für nicht vermittelbar zu halten. Die FDP fällt als Koalitionspartner aus. Und mit der AfD will Söder nicht koalieren. Diesen Dammbruch überlässt er für die Zukunft lieber seinen Unionskollegen im Osten.

Es bleibt Söder also nur eine Option – die Freien Wähler. Und diesen Freien Wählern klebt gerade Scheiße am Schuh. Das Problem lässt sich einfach fassen: Die Freien Wähler haben ohne Aiwanger kein Gesicht. Das wäre dann kein Problem, wenn sie ein Profil hätten – sie haben aber keines. Kaum jemand kann präzise sagen, wofür diese FW eigentlich stehen. Man weiß allgemein, dass sie weiter rechts stehen als die CSU und man weiß, dass sie nicht die AfD sind. Und man kennt Aiwanger. Und vielleicht gerade so Herrn Professor Piazolo, der aber einfach nicht volkstümlich genug ist, um Aiwanger politisch beerben zu können. Gegenwärtig lässt sich die Sache auf eine einfache Formel zuspitzen: Die Freien Wähler sind Aiwanger und Aiwanger ist die Freien Wähler. Und Aiwanger klebt gerade Scheiße am Schuh – den Freien Wählern klebt Scheiße am Schuh. Unangenehm für Söder, der sich nun in einer Zwickmühle befindet – zur denkbar ungünstigsten Zeit: Am 8. Oktober wählt Bayern den nächsten Landtag.

Nun ist Söder sicher kein Mann, dem man so etwas wie „Standing“ oder gar Rückgrat attestieren könnte. Söder ist ein Opportunist – und er tut, was er als Opportunist tun muss: Er hält um jeden Preis, der nicht seine eigene Macht gefährdet, an seinem zukünftigen Koalitionspartner fest. Damit fügt der gegenwärtig taumelnden politischen Kultur einen unfassbar schweren Schaden zu – Aiwanger kann dieses Festhalten Söders an ihm als Erfolg verbuchen und damit – ohne ein Wort darüber verlieren zu müssen – als strahlender Sieger demonstrieren, dass antisemitische Hetze unbestraft bleibt und kein Hinderungsgrund für die politische Karriere ist. Es ist einfach unfasslich. Söder hat damit nicht weniger getan als eine der Grundfesten unserer Demokratie, dem Entgegentreten und dem Kampf gegen Antisemitismus, seinem bayerischen Koalitionsproblem zu opfern. Das ist in höchstem Maße verachtenswert. Söder hat hier einen großen Beitrag zur Legitimation des Rechsextremismus geleistet und damit eine schwerwiegende Schuld auf sich geladen – eine Schuld, die unverzeihlich ist und bleibt – und für die er wohl nie zur Rechenschaft gezogen werden wird. Daran wird auch das Manöver mit einem 25-Fragen-Katalog nichts ändern können (das war übrigens von Anfang an lächerlich – man hätte diese Fragen selbstverständlich bei einer Anhörung im Landtag stellen können; darauf hat man meines Erachtens bewusst verzichtet, wohlweislich, dass Aiwanger aus dem Stegreif nichts zu seiner Verteidigung zu sagen gehabt hätte, und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weiter in den Skandal hineingeritten hätte – und das galt es zu verhindern).

Vor zehn Jahren wäre so ein weitreichender Skandal nicht denkbar gewesen. Vor zehn Jahren wäre Aiwanger sofort zurückgetreten, um seinem sicheren Rausschmiss vorzugreifen. Das muss er heute aber nicht mehr. Dreieinhalbtausend trunkene Landtölpel bejohlten jüngst im Bierzelt diesen Aiwanger, mit „Hubert! Hubert“-Rufen, der bis auf diese reichlich unglaubwürdige Geschichte mit der vermeintlichen Urheberschaft des Hetzpamphletes durch seinen Bruder Helmut nichts zu seiner Entlastung beitragen konnte – oder wollte. Der Ungeist ist wieder salonfährig. Dass Aiwanger nicht zurücktritt, ist nur folgerichtig. Olaf Scholz, tief verstrickt in den Cum Ex-Skandal, den Wirecard-Skandal und den G20-Skandal, ist auch nicht zurückgetreten. Der von der Maskenaffäre gebeutelte Spahn ist ebenfalls nicht zurückgetreten, er verbreitet inzwischen in zunehmendem Maße seinen Unsinn. Auch Scheuer, der wegen seines PKW-Maut-Skandals völlig untragbar geworden ist, ist nicht zurückgetreten. Aiwanger ist ja quasi eingeladen, nicht zurückzutreten – wieso sollte er auch?

Während wegen einer Lappalie, der Automobilmesse in München, gegenwärtig 27 Klimaschützer in Präventivhaft genommen wurden (ein Vorgang, der jeden vernunftbegabten und herzensgebildeten Menschen an der Rechtsstaatlichkeit solcher Aktionen zweifeln lassen muss), werden wir einen neuen Vizeministerpräsidenten mit dem schweren Makel, sich vom Verdacht, ein Antisemit zu sein, nie ernsthaft befreien zu können, erdulden müssen – wegen eines Ministerpräsidenten, der schlicht zu feige war, das zu tun, was er hätte unternehmen müssen: Aiwanger zu entlassen.

Der deutsche Konservatismus, das lehrt uns dieser Skandal, ist an seiner Wurzel verfault. Es ist nichts weiter als ein Elend.

Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann

Es mag manche von Euch verwundern, aber mit dem „Œuvre“ von Eduard Zimmermann und seiner Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ bin ich auf eine erschreckend enge, vielleicht gar seltsame Weise vertraut. Mitte der 2010er-Jahre gab es nämlich auf YouTube alle Folgen (bis auf eine Einzige, die als verschollen gilt) dieser Sendung zu sehen. Ein User namens „Aktenzeichen Laibachs Hodenwohl“ (no shit!!) lud die Episoden in astreiner Original-MAZ-Qualität hoch (ich frage mich, woher er die hatte, denn in den ausgehenden 60ern hatte kaum jemand ein Videogerät und die Qualität der Folgen war um Welten besser als alles, was selbst ein teurer semiprofessioneller Recorder in den 70er-Jahren aufzuzeichnen vermochte). Und ich habe sie alle mindestens einmal gesehen, viele sogar mehrfach. Leider wurden zwischenzeitlich auf Betreiben des ZDF alle Folgen von YouTube gelöscht.

Screenshot, Eduard Zimmermann in seiner Sendung „Aktenzeichen XY“ vom 8. April 1988

Dieses XY-Bingewatching fiel in die Zeit meiner Journalistenausbildung und war in vielerlei Hinsicht sehr lehrreich. Klar ist, dass das weltweit wohl erste True-Crime-Fernsehformat in seiner Machart und insbesondere durch die vielfältigen Kommentare Eduard Zimmermanns zweifelsohne die Erlebens- und Erkenntniswelten des bürgerlich-reaktionären Milieus bediente. Zimmermann, dessen Biografie vorsichtig ausgedrückt viele Fragen aufwirft, zog zeitlebens viel berechtigte Kritik auf sich, der er sich regelmäßig in moralisierendem Tonfall erwehrte. Bemerkenswert ist auch, dass er als einer der Wenigen sehr früh seine eigene TV-Produktionsfirma gründete und somit beträchtlich verdiente. Enge Kooperationen zwischen Produktionsfirmen und öffentlich-rechtlichem Fernsehen gab es schon in der Frühzeit des Mediums im Unterhaltungsbereich, im journalistischen Bereich allerdings handelte es sich um ein Novität.

Zugestehen muss man Zimmermann, dass er es auf kluge Weise verstand, die Sorgen und Ängste des (Klein-)Bürgertums aufzugreifen und zu bedienen, leider auch hin und wieder mit deutlich moralisierendem Impetus (andere nennen das „pädagogisieren“, hier habe ich persönlich aber ein grundständig anderes Verständnis von Pädagogik). Er hat sich allerdings anlässlich der Gravitas der in der Sendung vorgestellten Kriminalfälle nur äußerst selten zu ausfallenden Wertungen hinreißen lassen, mit einer Ausnahme: Hatten Kriminalfälle eine politische Motivation und waren diese Motive in linken Ansichten zu suchen, kam ihm diese Souveränität recht regelmäßig abhanden. Rechts motivierte Straftaten fanden unter der Ägide Zimmermanns in seiner Sendung keinen Raum. Sonst bemühte sich Zimmermann zumeist recht erfolgreich, Seriosität auszustrahlen und um einen gemäßigten Duktus und rang um die notwendige emotionale Distanz.

Die Beschäftigung mit Zimmermanns „XY“ ist durchaus lohnend, ist sie doch in mehrerlei Hinsicht ein Spiegelbild der konservativen bundesrepublikanischen Fernsehgeschichte. An „XY“ lassen sich nicht nur die Themen der Zeit gründlich studieren, auch die fernsehtechnischen Möglichkeiten und frühe Formen der Interaktion mit den Zuschauern machen diese Folgen zu einem reizvollen zeitgeschichtlichen Dokument. Die zur Zeit der jeweiligen Folge tagesaktuellen Bezüge wirken immer mehr oder weniger deutlich in die Sendung hinein – und sind auch heute noch gut herauszulesen. Besonders spannend ist aber, dass die Sendereihe seit 1967 besteht und damit ein in seiner Gesamtheit sehr vollständiges Bild der vorgenannten Aspekte abbildet.

Und nun gibt es zu diesem Thema einen sehr geschickt montierten und unglaublich süffigen abendfüllenden Dokumentarfilm mit dem Titel „Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann„, der Film ist in der Mediathek des ZDF abrufbar und wird heute Abend um 23 Uhr im zweiten Programm ausgestrahlt. Das ist insofern beachtlich, als diese Dokumentation nur wenig nostalgische Gefühle aufkommen lässt und weder Zimmermann noch dem ZDF wirklich zur Ehre gereichen kann. Den Film verstehe ich als essayistische Montage mit interessanten politischen und gesellschaftlichen Gegenperspektiven, stellt kluge Fragen, deren Antworten durch einmontierte zeitgenössische Fernsehbilder implizit beantwortet werden. In seiner erwartbar überaus präzise beobachteten Kritik stößt sich Stefan Niggemeier gerade an dieser Herangehensweise – es ist überaus spannend, wie sehr Zimmermann mehr als fünfundzwanzig Jahre nach seinem Abschied vom Bildschirm und dreizehn Jahre nach seinem Tod noch immer polarisiert.

Es fällt nicht schwer, in unseren Tagen die Reaktionen auf diesen spannenden Dokumentarfilm vorauszusagen: XY- und Zimmermann-Fans werden sich sicher „triggern“ lassen, das reaktionäre Lager wird der Doku vorwerfen, tendenziös zu sein. Das mag im weitesten Sinne vielleicht sogar zutreffen, allerdings will es kaum verwundern. Zimmermann, der zeitlebens tendenziös war, provoziert durch seine Arbeit eine solche Reaktion geradezu.

„Diese Sendung ist kein Spiel“ – eine interessante und sehenswerte Dokumentation, die ich uneingeschränkt empfehlen möchte.

Wochenrückblick KW 27 und 28 2023

Und mal wieder mein kleiner, rein subjektiver Wochenrückblick.

  • Was mir in den letzten zwei Monaten immer wieder auffiel: Die Springerpresse hetzt quasi im Wochenrhythmus gegen den Atomausstieg (übrigens ein völlig nutzloses Unterfangen, weil der bereits vollzogen und technisch und gesellschaftlich unumkehrbar ist), indem sie behauptet, wir wären nun von Stromimporten abhängig, was wiederum daran festgemacht wird, dass von Zeit zu Zeit tatsächlich Strom importiert wird. Freilich importieren wir Strom, das ist ja auch nachvollziehbar, denn es gibt keinen plausiblen Grund, in Deutschland teuer Kohle zu verstromen, wenn man billigen Windkraftstrom aus Dänemark und den Niederlanden importieren kann. Spannend weiterhin: Im ersten Quartal 2023 (also in den Wintermonaten) wurden zwar rd. 12 Milliarden Kilowattstunden Strom importiert, allerdings auch 21 Mrd. kWh exportiert. Das ganze bei über 10 Prozent weniger Strom aus konventionellen Energien im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In diese Statistik zählen zwar noch die letzten drei verbliebenen AKWs, die inzwischen abgeschaltet sind, ihr Anteil an der Gesamtstromerzeugung war aber mit vier Prozent nur marginal (und damit z.B. geringer als die 5 Prozent Stromgewinnung mit Biogas – scheißende Kühe toppen Atomkraft, auch irgendwie nice, oder?). Quelle.
  • Ich habe jetzt mal dieses pluto.tv, den kostenlosen Dienst von Paramount, ausprobiert. Über 100 Sender, die meisten davon brauche ich nicht, aber es gibt auch wirklich coole Sachen dort, wie zum Beispiel South Park, diverse Serien-Streams und Ähnliches. Gestern lief auf einem dieser Main-Filmkanäle The Crow, das ist für mich als Kind der 90er natürlich genial. Und dann einen „Best Of Beat-Club„-Kanal, MTV Rock, einen Sender, der nur Dittsche bringt – und natürlich South Park. Anmeldefrei, oft in 720p, was echt okay ist. Das Einzige, was ich wirklich zu bemängeln habe, ist, dass mir weder im Browser noch in der App eine vernünftige Programmvorschau über mehrere Tage gelingt. Wer da eine Lösung hat, schreibt sie mir gerne in die Kommentare…
  • Diese Meldung aus Thüringen hat mich schockiert, obschon sie erwartbar war: Deutsche Kunden werden bei der Kahlaer Tafel vor ukrainischen Flüchtlingen bevorzugt. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll… Zuerst einmal ist es eine Schande, eine himmelschreiende Schande, dass in einem der wohlhabendsten Länder der Erde für Bedürftige nicht einmal genügend abgelaufene, unverkäufliche Lebensmittel zur Verfügung stehen. Wen nimmt da Wunder, dass der Verteilungskampf beginnt? Im Bund steht die AfD in den Umfragen auf 20 Prozent, in Thüringen auf gute dreißig. Wen nimmt da Wunder, dass die Verteilungsprioritäten nach rassistischen Gesichtspunkten gesetzt werden? Wir befinden uns in Deutschland in einer außerordentlich kritischen Phase – jetzt muss, allen Kosten zum Trotz, radikal von oben nach unten umverteilt werden, wenn wir nicht in den nächsten Monaten den Vorabend des Faschismus erleben wollen. Vielleicht sind wir aber auch schon über diesen Punkt hinausgegangen.
  • Besonders ans Herz legen darf ich Euch diesen Thread zum Thema „assistierter Suizid“, in dem auf die Zeitgleichheit zwischen der legalen Möglichkeit des assistierten Suizids, der Krise im Gesundheitssystem, dem Sozialabbau und den Folgen der Coronapandemie hingewiesen wird. Lesens- und bedenkenswert!
  • Zu dieser Elterngeldsache muss ich noch mal ein paar Worte verlieren – einfach, weil es so treffend, so entlarvend illustriert, was in diesem Land schiefläuft: Während Elterngeld gegenwärtig erst dann nicht an Paare gezahlt werden, die über 300.000 Euro Jahreseinkommen (das sind wirklich reiche Leute, da gibts kein Vertun) verfügen, also auch die Paare mit einem Jahreseinkommen von 299,999 Euro (vulgo Millionäre, die darf man nicht subventionieren, die und ihr Vermögen muss man maximal besteuern), bekommt eine Familie, die Opfer von Hartz IV Bürgergeld ist – NICHTS. Denn hier wird das Elterngeld als Einkommen gewertet und vom „Regelsatz“ abgezogen. Arme Familien, arme Alleinerziehende bekommen kein Kindergeld. Und wir diskutieren ernsthaft, ob man das Elterngeld Paaren mit 150.000 Euro Jahreseinkommen nicht ausbezahlen sollte? Srsly? Man musste nicht lange warten, die Partei der Besserverdienenden FDP heult natürlich laut auf, will diese Pläne hintertreiben. Mit politischer Rückendeckung wollen sich die Reichen und Superreichen, die den Hals noch nie voll bekommen haben, weiterhin ungebremst an den Geldern vergreifen, die bei den Armen so viel besser, so viel sinnvoller angelegt wären. Anders kann man das nicht sagen.
  • Zwischenzeitlich gibt es auch (für mich bestens nachvollziehbare) Stimmen, die das Elterngeldding als Nebelkerze bezeichnen, die gezündet wird, um von einem im Kern noch viel größeren Skandal abzulenken: Lindner will (das kommt in diesem Artikel leider nur am Rande vor) die Kindergrundsicherung mit allen Mitteln verhindern, schickt seinen Generalsekretär vor. Neben der Partei der sozialen Kälte FDP positioniert sich auch die bayerische Korruptionspartei CSU gegen die Kindergrundsicherung. Dieses Geeier um die Kindergrundsicherung ist, das muss so klar gesagt sein, eine Schande.
  • Gargamel.
  • Am Wochenende war in Nürnberg wieder das Norisring-Rennen. Ich bin nun kein erklärter Feind des Motorsports, aber ein Rennen inmitten einer Großstadt fahren zu lassen, scheint mir dann doch arg aus der Zeit gefallen. Selbst in der Nürnberger Nordstadt ist der Lärm der Motoren zu hören, ich habe einige Jahre in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke gearbeitet und man kann es nicht anders sagen: Den Lärm und Gestank des Norisrings darf kein vernunftbegabter Mensch den Bürgern einer Stadt zumuten. Ausgewiesene Rennrundkurse gibt es in Deutschland genug. Und so ist freilich dieses Rennen auch Schauplatz einer Protestaktion der Letzten Generation geworden, man hätte ja darauf wetten können.

Wochenrückblick KW 26 2023

Ihr wisst Bescheid, die Tradition der unregelmäßigen Wochenrückblicke geht weiter. Zwischenzeitlich haben wir ein paar Tage Urlaub in Main- bzw. „Wein“franken gemacht, einige neue Weingüter kennengelernt und es uns auch sonst mach Kräften gut gehen lassen. Interessantes Detail am Rande: Keiner der Winzerinnen und Winzer (ja, inzwischen gibt es echt viele Winzerinnen!), darunter auch reichlich konservative Gestalten, lässt einen Zweifel daran offen, dass der Klimawandel den fränkischen Weinbau massiv berührt und teilweise sogar bedroht. Wer das nicht sehen will, wer weiterhin den menschengemachten Klimawandel leugnet, der muss entweder extrem dumm oder aber ausgesucht bösartig (in der Regel allerdings beides) sein.

  • Die EVG schreitet im Tarifkonflikt zur Urabstimmung. Als regelmäßiger Nutzer von ÖPNV und Bahn sehe ich das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Mit dem weinenden freilich, weil auch mich die Auswirkungen eines unbefristeten Streiks mittelbar oder sogar unmittelbar treffen werden. Mit einem lachenden, weil es mal wieder an der Zeit ist, dass die deutsche Öffentlichkeit vorgeführt bekommt, dass Streik erstens ein legitimes, zweitens wirksames, drittens Solidarität stiftendes und viertens letztlich auch erfolgreiches und damit notwendiges Mittel des Arbeitskampfes ist. Das wissen viele theoretisch und haben sich dennoch vom Thema Arbeitskampf weit entfernt. Da kann so ein kleines Realitätsupdate ja mal ganz heilsam sein.
  • Homeoffice schlägt Büro: Angestellte zufriedener und produktiver. Ach was? Das konnte ja niemand ahnen…
  • Die Diabetes-Zahlen brechen durch die Decke. „Mediziner gehen davon aus, dass die Erkrankung durch die veränderte westliche Ernährungsweise mit viel Zucker und Weißmehlprodukten gefördert wird“, heißt es in einer kurzen Meldung des Deutschlandfunks. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich hier einen Dokumentarfilm zum Thema aus dem Jahr 2015 verlinkt, den ich Euch diesbezüglich unbedingt ans Herz legen möchte.
  • In meiner Twitter-Timeline ist ein Gedanke an mir „vorbeigescrollt“, den ich gut und schlüssig finde und den ich daher hier festhalten möchte (auf Twitter aber leider nicht mehr auffinden kann): Über die Proteste der Letzten Generation wird viel berichtet – aber immer nur dann, wenn sich die Aktivisten irgendwo festkleben. Werden allerdings das Eigentum beziehungsweise die Statussymbole der Superreichen angegriffen (wie zum Beispiel Privatflugzeuge, Yachten oder Golfplätze), so reicht dies in der Berichterstattung bestenfalls für eine Randnotiz, oft wird gar nicht darüber berichtet. Diese bewusste Verzerrung ist typisch für die Berichterstattung in unserer gegenwärtigen Klassengesellschaft: Der „Klebeprotest“ kann auch den „kleinen Mann“ treffen, über ihn zu berichten hilft, die Betroffenen des Klimawandels, die Unter- und Mittelschicht zu spalten. Eine Berichterstattung auf die Statussymbole der Reichen und Superreichen würde auf den Klassenwiderspruch, den Widerspruch zwischen „unten“ und „oben“ hinweisen – und das ist natürlich nicht gewünscht. Bitte behaltet das im Hinterkopf, wenn Zeitung und Fernsehen sich mal wieder an den sogenannten „Klimaklebern“ abarbeiten.
  • Ja, scheiß doch die Wand an! Jetzt haben diese Zonendummbeutel die „besorgten Bürger“ scheiß Nazis in Sonneberg einen AfD-Typen zum Landrat gewählt. Geht einfach weg, ihr Heckenpenner. Kann ich bitte diesen antifaschistischen Schutzwall noch mal sehen?
  • Es ist alles so absurd!! In Sonneberg gewinnt also ein AfDler gegen einen CDU-Mann und der Idiot der Nation Friedrich Merz will als Konsequenz daraus „härtere Angriffe gegen die Grünen“ fahren. Was stimmt mit diesem Typen nicht? Will der eine Zweidrittelmehrheit für CDU und AfD organisieren, oder was?
  • „Neues von der Brandmauer gegen Rechts.“
  • Habt Ihr es mitbekommen? Der Mindestlohn steigt. Von 12,- Euro auf 12,41 Euro. Ganz tolle Wurst! Alter.
  • European Data Act. Das klingt schon nicht besonders vertrauenerweckend. Und scheint es auch nicht zu sein. Zuerst einmal möchte man an der Idee dieses Gesetzes nichts falsch finden, im Gegenteil. Es wäre ja gut, wenn der Nutzer eines datensammelndenerhebenden Geräts frei bestimmen könnte, wer diese Daten am Schluss bekommt (und vor allem: wer nicht!). Und letztlich wäre es ja auch kein Schaden, das Abfließen unserer Daten auf amerikanische, chinesische und russische Server zu reglementieren. Aber besserer Verbraucherschutz und die damit einhergehende Limitation der Datensammelwut der Privatwirtschaft ist ganz offensichtlich nicht die Intention dieser Gesetzesinitiative, vielmehr ist Folgendes zu lesen: „Außerdem soll Behörden in Ausnahmefällen – wie bei Hochwasserkatastrophen oder Waldbränden – der Zugriff auf Daten gestattet werden, die in Besitz der Privatwirtschaft sind“. Hochwasserkatastrophen, Waldbrände. Well, das erinnert mich irgendwie an das bayerische „Polizeiaufgabengesetz“. Da hat es auch geheißen, das werde nur gegen böse Terroristen eingesetzt und jetzt sitzen harmlose Klimaprotestierer ohne Gerichtsurteil in Präventivhaft.
  • „Cage fight“ ist für mich ja das Unwort des Monats. Zuckerberg und Musk wollen sich also in aller Öffentlichkeit verkloppen. Gut, wenn diese beiden Gestalten sich ordentlich auf die Fresse hauen, kann es keine Verlierer geben. In diesem Sinne – nur zu! Allerdings demonstriert dieses alberne Gehabe, von was für präpubertierenden narzisstischen Sacknasen unsere (Digital-)Wirtschaft dominiert wird. Das kannst Du Dir nicht ausdenken…
  • Und wo wir gerade bei völlig unfähigen Wirtschafts“führern“ sind: Elon Musk kann mal wieder das Wasser nicht halten und verpasst Twitter den nächsten Tiefschlag. Gut, ist ja nicht mein Geld, dass der Kasper da verbrennt…
  • Noch einmal Sonneberg: Die einzige Gruppe, die hier stabil agiert, ist die Nürnberger Stadtratsfraktion der Linken, die einen Ausschluss Sonnebergs aus der Metropolregion Nürnberg gefordert hat.
  • Für meinen persönlichen Geschmack wandelt YouTube gerade an der Grenze zur Unbenutzbarkeit. Das ist auch der Grund, warum ich den Dienst in den letzten Monaten immer weniger nutze. Bei vielen Filmchen werden einem zwei Zwangswerbefilme am Stück auf Auge gedrückt, teils ist diese Werbung schrecklich banal, oft geradezu stumpfsinnig. Diese Situation könnte sich in naher Zukunft sogar noch deutlich verschärfen. Ich frage mich, warum sich eigentlich noch kein veritabler Konkurrent etablieren konnte.

 

Kurztest: Das FlexSolar USB-Solarpanel

Der Preisverfall bei Solarmodulen ist nicht nur im Bereich der professionellen Photovoltaik angekommen, auch kleine Niedervoltpanels aus dem Gadget-Bereich kosten mittlerweile ein Taschengeld. Und so hat mich der Spieltrieb bewogen, mir mal ein solches Panel kommen zu lassen. Nach einigem Stöbern habe ich mich für ein Modul der Firma FlexSolar entschieden, das Panel liefert über eine USB-Buchse 5 Volt Spannung mit einer Leistung von maximal 6 Watt. Und das bei einer Größe von etwa einem DIN-A5-Blatt. Das klingt doch interessant, zumal der Preis niedriger als 20,- Euro ist.

Liest man die Artikelbeschreibung genauer, wird einem aber schon der erste Zahn gezogen – aus den beworbenen 6 Watt Leistung wird dann bereits ein maximaler Output von 4,5 Watt bei 5 Volt. Zudem empfiehlt der Hersteller den Einsatz von „Low-Power Equipment“, wie auch immer sich das definieren soll.

Geliefert wird das Panel und eine mehr als lückenhafte Bedienungsanleitung in einem neutralen Luftpolsterumschlag. Mit dabei liegen zwei Mini-Karabiner, die allerdings nicht in die vorgestanzten Ösen des Panels passen. Das Panel selbst macht einen ganz ordentlichen Eindruck, die an einem Spiralkabel fest mit dem Gerät verbundene USB-Buchse weniger.

Zuerst einmal teste ich das Panel auf dem Balkon und schließe mein Handy an. Das Ergebnis dieses ersten Tests ist ernüchternd: Bei bewölktem Himmel schafft es das Modul nicht, auch nur ein einziges Prozent Leistung in den Handyakku zu pressen. Über Einsatzzweck und Aufstellung, das wird mir klar, muss ich mir erst noch einmal Gedanken machen.

Am nächsten Tag kommt mir die Idee: Testweise werde ich das Panel auf einem Dachvorsprung mit Hilfe zweier Powerstrips befestigen. Dieser Dachvorsprung liegt ab dem Vormittag (bis etwa 16 Uhr) in der Sonne, damit sollte sich doch eine bessere Ausbeute erzielen lassen. Nun muss ich nur nach einem USB-Kabel kramen, das lang genug ist (an Verkabelung ist nichts weiter im Lieferumfang enthalten). Als Energiespeicher habe ich meine Powerbank ausersehen. Die hat nicht nur eine angenehm hohe Kapazität von nominell 20.000 mAh, sondern auch ein Display, das den Ladezustand in Ein-Prozent-Schritten anzeigt.

Dieser Versuchsaufbau sollte dann auch entsprechende Erfolge zeigen: Bei voller Sonneneinstrahlung liefert das Panel immerhin so viel Energie, dass sich die Powerbank in der Stunde um fünf bis sechs Prozent laden lässt. Und so gelingt es mir, den Batteriespeicher innerhalb eines Sommertages um 40 Prozent zu füllen. Das mag jetzt nicht nach übertrieben viel Energie klingen, aber mit dieser Energie lässt sich ein normales Android-Telefon und ein 7-Zoll-Tablet aufladen. Ich freue mich – meine Geräte laufen das erste Mal mit Sonnenstrom.

Wenn man das Panel so aufgestellt bekommt, dass es in optimalem Winkel vollständig der maximalen Sonneneinstrahlung exponiert ist, dann funktioniert die Sache erstaunlich gut. Aber schon bei bewölktem Himmel oder etwas Schatten bricht die Stromausbeute so dramatisch ein, dass über die USB-Buchse im besten Falle noch eine Erhaltungsladung des angeschlossenen Devices möglich ist, in der Regel geht dann aber gar nichts mehr. Und damit hinterlässt das Panel einen zwiespältigen Eindruck – denn es stellt sich ganz von selbst die Frage, was man mit so einem Panel anstellen könnte.

Die ersten Versuche mit dem Panel habe ich in den Tagen um die Sommersonnenwende unternommen. Da war die Energieausbeute, wie schon beschrieben, hinreichend gut. Doch schon eine Woche später und bei etwas gemäßigterem Wetter bricht die Leistung ein. Plötzlich lässt sich die Powerbank an einem leicht bedeckten Tag nur noch um 22% laden, ein enttäuschendes, wenig auskömmliches Ergebnis. Damit würde man zwar immer noch ein Smartphone so weit aufgeladen bekommen, dass man es gut einen Tag lang benutzen könnte, allerdings darf nicht vergessen werden, dass man die guten Aufstellbedingungen, die ich für das Experiment wählen konnte, kaum so konstant im freien Feld (z.B. auf einer Wanderung) vorfinden wird beziehungsweise herstellen kann.

Ja, im Sommer könnte ich damit mein Handy und mein Tablet betreiben, immerhin. Bei einem Preis von gegenwärtig 19,- Euro müsste das Panel allerdings etliche Jahre durchhalten, damit es sich amortisiert. Auch für eine Gartenhütte ohne Stromanschluss oder den Betrieb im Zelt ist so ein Panel denkbar. Allerdings eben nur mit zwei Einschränkungen, die die Sache dann schon uninteressanter machen, nämlich der Notwendigkeit, das Panel so auszurichten, dass es die meiste Zeit des Tages der prallen Sonne ausgesetzt ist (was aber z.B. Powerbanks so gar nicht mögen!) und der Problematik, dass das Teil nur bei bestem Wetter, nicht aber stärker bewölktem Himmel funktioniert.

Sicher, diese Einschränkung ist auch der Ladeelektronik der angeschlossenen Geräte geschuldet. Würde man das Panel direkt mit einem geeigneten 5-Volt-Akku verbinden, so würde die Batterie auch mit weniger Saft geladen werden; die Ladeelektronik unserer Handys, Tablets, Powerbanks und Bluetoothboxen benötigt in aller Regel eine halbwegs konstante Mindestspannung, um anzuspringen. Letztlich ist aber diese Anwendung genau die, für die man ein USB-Niedrigvolt-Panel kauft. Wer seine mobilen Devices mit einem ordentlichen Schaltnetzteil auflädt, der wird um den Preis des Panels viele Jahre seine Steckdosenadapter nutzen können. Ich kann mir, unabhängig vom Kaufpreis, auch nicht so recht vorstellen, dass die Umweltbilanz dieses Panels (Herstellung, Transport- und Logistikaufwendungen, Entsorgung) insgesamt positiv ausfällt.

Als Fazit bleibt also, dass das Panel im Prinzip funktioniert und den angedachten Zweck sogar erfüllt, letztlich für einen sinnvollen Betrieb aber viel zu wenig Leistung liefert. Und damit ist es vor allem eines: Eine nette Spielerei.

Traktat über den Hund, sowie über Lerm und Geräusch

Gerade durch Zufall wieder über Tucholskys Satire aus dem Jahr 1929 gestolpert. Mit Vergnügen gelesen.

„Im Hund hat sich der bäuerische Eigentumstrieb des Menschen selbständig gemacht; der Hund ist ein monomaner Kapitalist. Er bewacht das Eigentum, das er nicht verwerten kann, um des Eigentums willen und behandelt das seines Herrn, als gebe es daneben nichts auf der Welt. Er ist auch treu um der Treue willen, ohne viel zu fragen, wem er eigentlich die Treue hält: eine Eigenschaft, die in manchen Ländern hoch geschätzt wird. Sie ist für den Betreuten recht bequem.“ – Tucholsky

Mehr? Hier entlang.

Die große Zuckerlüge – ein aufrüttelnder Dokumentarfilm

Derzeit ist einer der wohl bedeutendsten Dokumentarfilme der letzten zehn Jahre auf YouTube abrufbar: „Die große Zuckerlüge“ (Originaltitel „Sugar Coated“) ist ein aufrüttelnder kanadischer Dokumentarfilm, der sich auf die Spuren der Ursache und Folgen unseres Zuckerkonsums begibt.

Dieser Streifen räumt mit vielen Mythen rund um die Ernährung und auch mit vielen Lügen auf, unter anderem auch mit dem Fehlschluss, dass Übergewicht auf einer zu hohen Kalorienaufnahme basiere, ganz gleich, woher diese Kalorien kämen.

(Alternativlink)

Die Folgen von systematischer Verschleierung der gesundheitlichen Folgen des Zuckerkonsums (auch des „moderaten“ Zuckerkonsums wohlgemerkt) und die Manipulation der öffentlichen Meinung werden anhand von Zeitzeugeninterviews, Auswertung tausender interner Dokumente der US-amerikanischen Lebensmittelindustrie, historischen Filmdokumenten und Expertenstatements belegt.

„In der Zuckerdebatte stehen wir heute ungefähr da, wo die Tabakdebatte 1960 stand.“
Stan Glantz

Enge Verflechtungen der führenden Figuren US-amerikanischer Ernährungswissenschaftlich wie Ancel Keys und Fred Stare mit der Zuckerindustrie werden nachgezeichnet und die besonders perfide Funktionsweise des Zuckerlobbyings deutlich gemacht. Die Offenlegung der

„Wir haben ein so giftiges Lebensmittelangebot, weil das am meisten Profit bringt“
Stan Glantz

Wir müssen uns klarmachen: Das, was seit Jahrzehnten in den USA und Kanada passiert, geschieht dort ja nicht isoliert in den Landesgrenzen. Im Gegenteil: Auch hierzulande werden die wohlgemerkt gekauften „Ergebnisse“ der am finanziellen Tropf der Industrie hängenden Forscher referenziert und für richtig erachtet. Und natürlich agiert diese Lebensmittelindustrie global – und wendet somit selbstverständlich dieselben Desinformations- und Manipulationsstrategien an, wie in Nordamerika, freilich adaptiert um in den Zielmärkten funktionierende Marketingstrategien und mit hier bekannten Testimonials versehen.

„Ich habe etwas gegen Leute, die Geld damit verdienen, indem sie andere Leute vergiften.“
Robert H. Lustig

Auch wenn der Film bereits im Jahr 2015 erstausgestrahlt wurde, hat er bis heute nichts von seiner Aktualität und Brisanz verloren – im Gegenteil: Die Coronajahre haben auch die Defizite in der Ernährung ansteigen lassen, die Inflation des letzten Jahres hat zudem dazu geführt, dass gesunde Lebensmittel überproportional teuer geworden sind. Wer nun meint, dass hier isoliert die Situation in Nordamerika hingewiesen werde und das für6 das vermeintlich gesünder lebende Europa nicht gelte, der sei auf diese ZDF-Doku aus Deutschland hingewiesen – wenig überraschend ist es bei uns das selbe Problem.

Die konsistente Montage und moderate Dramaturgie, der unaufgeregte Erzählton, die starken Statements und die wenigen, exzellent aufbereiteten Grafiken machen diesen abendfüllenden Dokumentarfilm nicht nur zu einem wichtigen und aufklärerischen Zeitdokument, er ist zudem kurzweilig, pointiert und lehrreich. Am wichtigsten aber: Dieser Dokumentarfilm ist so aufrüttelnd, dass ihn jeder Bürger gesehen haben muss.

Wochenrückblick KW 24/2023

Na denn, ein paar Beobachtungen der vergangenen Tage möchte ich Euch nicht vorenthalten – here wo go…

  • Nix mehr Bunga Bunga. Mich wundert allerdings schon, dass in den allermeisten Nachrufen – und ich habe einige gelesen – bestenfalls darauf eingegangen wurde, dass Berlusconi ein „Populist“ gewesen sei, unser Lokalblättchen bezeichnete ihn gar, als sei dies eine besondere Leistung, als „Vater des Populismus“. Der „bessere“ Nachruf auf Berlusconi und den Schaden, den er Italien zufügte, erschien bereits 2014 in der Taz: „Der Berlusconismus ist die Fortsetzung des Faschismus mit anderen Mitteln.“
  • In meiner Heimatstadt war Kirchentag. Und ich war nicht zugegen. Nicht mal, weil es mich nicht grundsätzlich interessiert hätte, aber meine Zeit war knapp (schließlich muss der werktätige Mensch ja auch noch Werke tätigen) und ein Tagesticket wäre relativ teuer gewesen. Dennoch hat es mir gefallen, so viele fröhliche und bunte Menschen in der Stadt zu sehen.
  • Mit der Auswahl de Maizières zum Präsidenten des von Laien organisierten Kirchentages hat sich jenes Laiengremium freilich keinen Gefallen getan. Der CDU-Mann tut CDU-Dinge und missbraucht dafür die Schöpfungsgeschichte. Übrigens nicht nur im Deutschlandfunk, sondern auch im Interview mit der Zeit. Nun, das wäre für sich genommen eigentlich gar kein Aufreger. Dass de Maizière nicht die hellste Kerze auf der Torte ist, ist hinlänglich bekannt und dass ein abgehalfterter CDU-Politiker keine Gelegenheit zur Profilierung auslässt, stand ebenfalls zu erwarten. Warum man aber so einen an die Spitze des Kirchentages setzt, bleibt mir ein Rätsel. Damit schadet man sich doch nur selbst.
  • Ein bisschen tragisch finde ich schon, dass inzwischen die Mehrheit der Deutschen weder der katholischen noch der evangelischen Kirche angehören. Die Kirchen, anders kann man es nicht sagen, haben es aber auch mit Anlauf versaut: Die Missbrauchsskandale und ihre schleppende bzw. verschleppte Aufklärung werden hierfür immer wieder als zentraler Beweggrund der Menschen genannt, sich von der Kirche abzuwenden. Ich würde zudem die Unfähigkeit, Erneuerung zuzulassen, ebenfalls als Grund für diese Entwicklung vermuten. Und dann noch was:
  • Die Kirchen müssen ihr Verhältnis zum Konservativismus klären. Der schadet gerade den Glaubensgemeinschaften mehr als er ihnen nutzt – und gerade Konservative suchen immer wieder kirchlichen Anschluss, um ihre Taten mit dem Glauben rechtfertigen zu können. „Konservativen ist der Evangelische Kirchentag zu links. Verstehe ich voll. Mit den Armen teilen, Sünden vergeben, Schulden erlassen, seinen Nächsten lieben, Ertrinkende retten, das Reich Gottes den Kindern vorbehalten – linksgrünversiffte Kackscheisse, wie sie im Buche steht!“
  • Die vermeintliche „Brandmauer gegen Rechts“ der CDU ist natürlich nichts anderes als eine Lüge. Es gibt diese Brandmauer vonseiten der Konservativen schlicht nicht – und sie wird nur dann beschworen, wenn CDU und CSU ihre Mehrheiten abhandenzukommen drohen. Dass die Partei Die Linke die Wahl eines CDU-Politikers empfiehlt, ist schon etwas Besonderes. Auch deshalb, weil die Linke damit wesentlich mehr zur Errichtung und Aufrechterhaltung dieser viel beschworenen Brandmauer beitragen, als es die Konserven je zu tun bereit wären (man stelle sich vor, die CDU würde dazu aufrufen, einen Linken zu wählen, um nicht das Feld der AfD zu überlassen – undenkbar!).

Webcams aus Nürnberg

Ein bisschen aus der Zeit gefallen sind sie ja schon: die Webcams. Ende der 1990er Jahre bis in die 2010er Jahre hinein gehörte es quasi zum guten Ton, im „WWW“ eine Webcam zu betreiben, um der großen weiten Welt sein Unternehmen, seine Umgegend oder das örtliche Wetter im Livebild präsentieren zu können. Und so erfreut sich die Webcam unter den Ureinwohnern dieses weltweiten Netzes ungebrochener Beliebtheit (auch wenn es immer weniger solcher Webcams im öffentlichen Raum werden).

Auch in Nürnberg gab es mal eine Vielzahl solcher Kameras – und einige haben sich bis heute gehalten. Im Folgenden möchte ich einen aktuellen Überblick über noch aktive Webcams in der Frankenmetropole geben:

Nicht mehr verfügbar ist leider die Cam auf die Kaiserburg, die von einem ortsansässigen Versicherer angeboten wurde. Du hast eine Webcam gefunden, die ich vergessen habe? Lass´ mir einfach einen Kommentar da. Viel Spaß beim Cam-Spotten!

1 2 3 4 5 6 108