Monatsrückblick Januar 2025
Neues Jahr, neue Vorsätze: Ich schrieb gerne die Wochen- oder Zweiwochenrückblicke, habe aber leider nicht immer die Zeit, das in der Regelmäßigkeit zu tun, die so ein Wochenrückblick eigentlich erfordert. Einige kleine Notizen über Alltägliches und Nichtalltägliches aber sollen dennoch nicht verloren gehen – und so möchte ich den unregelmäßigen Wochenrückblick in einen regelmäßigen Monatsrückblick überführen. Das geht freilich sehr zulasten der Aktualität, dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht ist das aber auch ein sinnstiftender Filter, durch den allzu generisches und kurzlebiges rutscht. Wir werden sehen, wohin die Reise führt – aber ein Anfang soll mit diesem Post gemacht sein.
- einen beschisseneren Start ins Jahr hätte das aus Perspektive des Datenschutzes reinrassige Katastrophenprojekt „elektronische Patientenalte“, auch als „elektronische Gesundheitsakte“ bekannt, kaum haben können. Der für jeden Versicherten, der nicht aktiv widerspricht, zwangsverordnete Daten-GAU ist mit reichlich primitiven Mitteln „hackbar“, in der Pressemitteilung des Chaos Computer Clubs vom Kongress Ende Dezember sagt mit berechtigterweise leicht süffisantem Unterton: „Zudem demonstrieren die Forscher, wie Mängel in der Spezifikation es ermöglichen, Zugriffstoken für Akten beliebiger Versicherter zu erstellen. Dies ist möglich, ohne dass die Gesundheitskarten präsentiert oder eingelesen werden müssen. Damit hätten Kriminelle auf einen Schlag Zugriff auf mehr als 70 Millionen Akten.“ Wer der ePA bislang nicht widersprochen haben sollte – es ist nun allerhöchste Zeit!
- Dazu ein den Blick in eine wichtige Richtung erweiternder Einwurf von Enno Park, den ich hier einfach mal übernehme: „Rund um die #EPA Debatte fällt mir etwas auf: Manchen Menschen ist offenbar nicht klar, dass viele Patient*innen eben KEIN Vertrauensverhältnis zu einigen ihrer Ärzt*innen haben, diese aber aufgrund ihrer Erkrankung und gesellschaftlicher Zwänge trotzdem aufsuchen müssen.“
- Im Zuge der Causa um den von Zuckerberg bei Facebook USA abgeschafften Faktencheck muss ich doch mal einige Sätze loswerden, weil mich das Thema echt aufregt: „fact checking“ ist nichts anderes als ganz basales journalistisches Handwerkszeug. Aussagen von Personen werden recherchierbaren Fakten gegenübergestellt, damit sind Aussagen klar verifizierbar oder falsifizierbar. Hier dreht es sich ganz bewusst nicht um eine Einordnung oder eine Kommentierung von Meinungen. Hierzu wendet man Mittel der Quellenprüfung, Recherche, Gegenrecherche, Auswertung wissenschaftlicher Quellen… an. Fact checking kann man übrigens lernen – ich zum Beispiel habe das man an der Journalistenschule gelernt. Es geht einem quasi in Fleisch und Blut über. Wenn Aussagen falsifiziert werden, rückt das die Person, die diese Aussagen getätigt hat, nicht selten ins Licht des Lügners. Oft darf man diese Personen dann auch mit Fug und Recht als solche bezeichnen, nicht immer ist das allerdings Intention gewesen, nicht immer wurde bewusst gelogen. Deswegen ist das Ergebnis eines Faktenchecks erst mal auch nur das: Eine Verifikation, eine Falsifikation. Leuten, die gerne und vorsätzlich lügen, tut das natürlich weh. Mit Benennung aller herangezogener Quellen weist der Faktencheck sich nicht nur als handwerklich korrekt durchgeführt aus, sondern sorgt gleichzeitig für große (und nicht selten ebenfalls schmerzliche) Transparenz. Was können notorische Lügner dem Faktencheck entgegenstellen? Eigentlich nichts. Aber aus diesem Dilemma finden Lügner einen sehr einfachen „Ausweg“, indem der Faktencheck (unberechtigterweise) als „tendenziös“ gebrandmarkt wird. Das ist alles erwartbar und erklärlich. Wenn aber Journalisten wider besseren Wissens in das gleiche Horn stoßen, dann wird es bedenklich. Sehr geärgert habe ich mich über einen Kommentar in der FAZ vom bekanntermaßen sehr konservativen Konservativen Jasper von Altenbockum, der da schreibt: „Die „Wahrheit“, der damit zum Durchbruch verholfen werden soll, ist auffällig oft – wenn es nicht gerade um die Gegendarstellung zu Lügen staatlicher Propaganda (Russlands) geht – die Wahrheit linksliberaler Hegemonie. Ob Migration, Klima, Energie, Soziales, Gender – man kann jeweils darauf wetten, dass der „Faktencheck“ zum Gesinnungscheck wird“. Herr von Altenbockum müsste es eigentlich besser wissen. Dabei hat er meines Erachtens mit der Analyse, der Rückzug vom Fact Checking bei Facebook in den USA ließe „sich mit ein wenig Übertreibung als Kotau vor grassierendem Trumpismus bezeichnen“ doch ganz recht (auch ohne Übertreibung). Fact checking als „Mode“ und „Mittel des politischen Meinungskampfs“ zu bezeichnen, ist, wie gerade dargelegt, freilich nicht aufrichtig.
- Das stützt meine seit gut zwei Jahren immer wieder postulierte und an inzwischen unzähligen Punkten bestätigte Theorie: Der deutsche Konservativismus steckt in der schwersten intellektuellen Krise seit Hugenberg.
- „Früher habe ich immer gedacht, das Unrealistischste in Bond-Filmen seien die durchgeknallten Super-Milliardäre, die die Weltherrschaft anstreben. Heute weiß ich: Das Unrealistischste in Bond-Filmen sind wohl eher effizient arbeitende staatliche Institutionen und mutige, mit den nötigen Mitteln ausgestattete Einzelakteure, welche durchgeknallte Super-Milliardäre davon abhalten, die Weltherrschaft anzustreben.“ /via
- Ein faschistischer Begriff, nämlich „biodeutsch“, wurde zum Unwort des Jahres 2024 gewählt. Das ist wichtig und richtig, ebenso wichtig ist aber auch, herauszustellen, dass die Gastjuroren „importierter Antisemitismus“ zu ihrem Unwort kürten – aus bekannten Gründen.
- In einem Beitrag auf X (ehemals sehr aktiv dort, verzichte ich mittlerweile auf eine Verlinkung dorthin, kein Traffic für Elmo!) trifft man seitens der Amadeu Antonio Stiftung den Nagel auf den Kopf: „2024: „biodeutsch“; 2023: „Remigration“; 2022: „Klimaterroristen“; 2021: „Pushback“; 2020: „Corona Diktatur“; 2019: „Klimahysterie“. Die Liste der Unwörter des Jahres zeigt die rechtsextreme und demokratiefeindliche Diskursverschiebung der Bundesrepublik im Zeitraffer.„
- Wieder einen Schritt näher an der Apokalypse: Die Maul- und Klauenseuche ist zurück.
- Dog whistle 88.
- Trump labert bei seiner Inauguration faschistische Scheiße. Das stand im Prinzip zu erwarten, dass er dabei allerdings derart aus dem Rahmen fällt, hat etliche Kommentatoren dann doch verwundert. Das unfreiwillig beste Statement hat der Simultandolmetscher bei Phoenix rausgehauen (Vorsicht, Link geht zu X, via fefe).
- Währenddessen zeigt Musk den Hitlergruß. Während gerade deutsche Medien darüber rätseln, ob das nun tatsächlich ein Hitlergruß oder nur eine „ähnliche Geste“ war, versteht der Rest der Welt die unmissverständliche Dogwhistle. Wobei, das war keine, das war eindeutig. Wer den Hitlergruß Musks nicht als solchen erkennt, will ihn nicht erkennen, wider besseres Wissen.
- Zu Musk eine treffende Analyse der taz: „Elon Musk setzt sein Geld ein, um einen digitalen Faschismus voranzutreiben – auch in Deutschland.“
- Ich muss an dieser Stelle hier mal einen Gedanken reinwerfen: Der Grund, warum ich mir die (in meinem Falle durchaus knappe) Zeit nehme, wieder verstärkt zu bloggen, hat freilich auch, über Bande, mit Musk zu tun. In der Vergangenheit habe ich sehr viel Content in Social Media, besonders in Richtung Twitter, abfließen lassen. Der ist nun unweigerlich verloren – oder in falschen Händen, sucht es Euch raus. Auch wenn ich nun im Fediverse recht aktiv bin, gibt es ja keine Garantie, dass sich das in den nächsten Jahren noch trägt. Wohl dem, so denke ich, der sein altes Blog noch nicht plattgemacht hat – hier hat man seine Inhalte nicht aus der Hand gegeben – und folglich sind sie noch da. Wer also noch ein altes Blog irgendwo herumidlen hat: Reaktivieren!
- Man hätte es ja voraussehen können, dass die ersten politischen „Initiativen“ von den amerikanischen Gerichten kassiert werden. Sie bekamen, was sie verdienten.
- Sehr spannender Longread von Correctiv: „Der Mann der Großkonzerne: Das Lobby-Netzwerk von Friedrich Merz“
- Möglicherweise werden wir uns irgendwann mit eine milden Lächeln an diese krass kuriose Golf-von-Mexiko-Nummer erinnern. Kuriositäten-Level des Tages: „Weil der neue US-Präsident einen hunderte Jahre alten Namen für eine Meeresbucht geändert hat, behandelt Google Maps sein Land intern nun wie autoritäre Regime“. Nun, das ist erstmal ja eine zutreffende Kategorisierung.
- Ich kriegs nur bruchstückhaft wiedergegeben, aber: Gestern habe ich zufällig ins Deutschlandradio reingeschaltet. Kurzer Bericht, demzufolge DeepSeek das Modell von ChatGPT bei Weitem übertreffe. Die hierfür wohl notwendigen Prozessoren von Nvidia sind von einem Embargo seitens der USA betroffen. China hat das dann (möglicherweise) mit einer alten Prozessorgeneration gewuppt. Analyst 1: „Das musste so kommen, in China sind weltweit die meisten Wissenschaftler an der Entwicklung von Sprachmodellen dran, insofern war es statistisch zu erwarten, dass die Chinesen dieses Niveau mit alter/eigener Hardware hinbekommen.“ Analyst 2: „Nun sind die USA auch in Sachen AI deutlich im Hintertreffen, das kriegen sie in sinnstiftender Zeit auch nicht mehr aufgeholt.“
Irgendwie fühle ich mich ja in meiner seit wenigstens fünfundzwanzig Jahren postulierten Meinung, dass Wirtschaftsembargos noch nie was genutzt haben, bestätigt. Keine Chips von den Ammis? We don’t give a fuck, wir werfen da Brainpower drauf, bauen das Ding einfach besser und mit einem Bruchteil des Geldes, das Altman und Konsorten da verbraten haben. Wir waren nicht die Ersten? Wen’s schert – wir müssen nicht die Ersten, sondern die besten sein. Ich würde heute ja keinen roten Heller mehr in Ammi-Tech investieren, das ist Geldverbrennung. Das Zeug, was die liefern, ist wie so ein alter Straßenkreuzer: Säuft viel, ist ineffizient, schwer und langsam, alte Technik wird durch viel Blech kaschiert. Ein Präsident wie Trump passt da ausgezeichnet dazu. Und über die wirtschaftlichen Auswirkungen schreibt fefe ein paar Zeilen. - Sauft ihr gerne Coca-Cola? Das ist wohl gerade keine gute Idee.
- Bedauerlicherweise ist es ja nicht ausgeschlossen, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler wird. Wird er es, so ist er von Tag Eins seiner Kanzlerschaft an der Kanzler der Schande. Mithilfe der AfD setzt Merz europarechtswidrige Migrationsgesetze durch. Er fungiert damit nicht nur als Steigbügelhalter der Faschisten, sondern stellt sich in eine Reihe mit den Trumps und Orbans dieser Welt (und anderem Gelichter). Das ist nicht nur ein „Tabu“-; das ist ein Dammbruch und ein handfester Schlag ins Gesicht jeder Demokratin und jedes Demokraten.
- …und schon rücken die ersten CDUler von Merz ab, darunter Merkel und Daniel Günther.
- Man muss kein Prophet sein, um festzustellen: Merz kann es nicht. Über Merz muss ich mal was Längeres schreiben, da fehlt mir gerade aber ein wenig die Zeit. Er hat seine Abstimmung jedenfalls verloren, den Schulterschluss mit den Faschisten hat er trotzdem versucht… der Mann ist wirklich übel. Aber dazu beizeiten mehr…