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Meine Hardware gehört mir!

Eigentlich ist es unglaublich und eines Rechtsstaats nicht würdig: In Göttingen wird gegen 600 (sic!) Privatpersonen ermittelt, die sich gegen Geld von einer Handybude den SIM-Lock von ihren Phones entfernen haben lassen. Der SPON-Artikel weist in aller Deutlichkeit darauf hin, dass so ein Vorgehen möglicherweise gar nicht strafbar ist.

Es ist schon strange: Da kauft man sich ein Handy – gerne auch mit (Knebel)Vertrag und entfernt dann das Branding oder den SIM-Lock. Damit, das dürfte den meisten bewusst sein, verliert man seine Garantie. Was daran aber strafbar sein soll, ist nicht nur ein Rätsel – wäre es strafbar, wäre dies allerdings auch dämlich ohne Ende.

Der SIM-Lock, manchmal auch ein Softwarebranding, soll bei Handys verhindern, dass Funktionen eines Telefons genutzt werden können, von denen der Netzbetreiber nicht gerne sieht, dass sie genutzt werden. Oder aber es soll verhindert werden, dass ein Handy mit einer anderen SIM-Karte genutzt wird, als der, die der Mobilfunkanbieter dafür vorgesehen hat. Beides ist, genauer betrachtet, Unfug:

Das in der letzten Zeit die Handysubventionen recht unattraktiv geworden sind, ja in vielen Vertragsmodellen gar fallen gelassen wurden, verwirken die Anbieter auch das Recht auf einen SIM-Lock (wenn sie denn je eines hatten). Ein solcher SIM-Lock wäre auch gar nicht notwendig, wenn die Vertragskonditionen so attraktiv wären, dass der Kunde gar nicht erst auf die Idee käme, eine andere SIM-Karte nutzen zu wollen. Und das Softwarebranding zeigt in der Praxis auch wesentliche Nachteile für den Nutzer: Legale Softwareupdates können in der Regel auf gebrandeten Handys erst dann installiert werden, wenn diese vom brandenden Telco freigegeben und die das Branding ausmachenden Teile der Software implementiert sind. In der Praxis bedeutet das, dass ich ein ungebrandetes Handy sofort updaten kann, wenn der Hersteller das Uptdate zur Verfügung stellt. Bei den gebrandeten Geräten muss man warten, bis der Telco das getan hat (und nicht selten lassen sich die Telcos Zeit damit).

Gebrandete Handys ohne SIM-Lock machen auch gerne Ärger mit Karten anderer Netzbetreiber, sind sie nicht selten so vorkonfiguriert, dass es einiger Frickelarbeit bedarf, bis man die passenden Settings nachgetragen hat. Wenn ich von meinem Telco aber ein gebrandetes Handy bekomme, so ist es mein gutes Recht, dieses weiterzuverkaufen – der Käufer will aber mit dem Anbieter seiner Wahl und nicht mit dem Anbieter meines Brandings telefonieren und surfen…

Vor vielen Jahren hatte ich mal eine UR-XBOX. Damals wurde mir per AGB untersagt, an der Konsole Veränderungen vorzunehmen. Das war mir aber wurscht und hätte ich so ein Ding noch, wäre es mir immer noch wurscht – meine Hardware gehört mir und so muss es selbstverständlich sein, dass ich darauf die Modifikationen vornehme, die ich möchte. Ob ich mir aus meiner X-Box nun einen Mediaserver bastle oder ein lustiges Vogelhäuschen zimmere ist einzig und allein meine Sache.

Mir riecht die ganze Aktion schon wieder nach so einem Lobbyding von Softwareherstellern, Hardwareherstellern und Telcos, die über den Gesetzesweg versuchen, mich in meinen Rechten als Verbraucher zu beschneiden. Es ist ein Unding!
Btw – ist es schon ein illegaler Hack, wenn ich mir im Ausland ein IPhone kaufe, das dort zum einen billiger ist, nicht gebrandet ist und nicht mit irgendwelchen Magentaknebelverträgen um die Ecke kommt?

Die Telcos hätten mit der ganzen Unlock- und Debrandingkiste genau dann keinen Stress, wenn sie transparente Kosten und attraktive Preise für Mobilkommunikation und weiterhin marktgerechte Hardwarekosten verlangen würden. Da der Markt in diesem Bereich aber übersättigt ist und man seine Pfründe sichern will, nun also so eine Schwachsinnsaktion.

Wohin soll das noch führen? Soll ich mir vom Hersteller meines Rechners zukünftig vorschreiben lassen, welche Programme – oder welches OS ich installieren darf? Entscheidet der Hersteller meines Sat-Receivers in Zukunft, welche Sender ich sehen bzw. nicht sehen kann?

Wer verbietet, dass der Kunde bei seiner Hardware die Software seiner Wahl einspielen und benutzen darf, der legt den Verbraucher und Bürger an ein unzulässiges Gängelband – und stärkt die Technikoligopole. Das darf nicht sein!

See also: netzpolitik.org

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