Ein kleiner Test: Was die KI über mich weiß – und was nicht…
Nachdem innerhalb dreier Wochen in unserem Haushalt zwei neue Mobiltelefone Einzug gehalten haben, ein Google Pixel 8 und ein Google Pixel 9, und diese, eines nativ, eines mit einer kleinen Nachinstallation, beide ja tief mit Googles AI-Assistenten Gemini ausgeliefert werden, bot sich natürlich die Gelegenheit, mit diesem Feature ausgiebig zu spielen.
Mit den gegenwärtig von der KI generierten Ergebnissen muss man recht vorsichtig sein, das dürfte gemeinhin bekannt sein. Es gilt also, die KI mit Inhalten oder Sachverhalten auszutesten, mit denen man sich gut, bestens, auskennt. Mancher googelt sich selbst und wir – wir haben recht spontan die KI bzw. die Assistenten nach uns selbst befragt.
Das mag nun ein wenig selbstreferenziell klingen (und vielleicht ist es das auch), doch für dieses Vorgehen spricht objektiv, dass ich ja sehr gut selbst beurteilen kann, ob die über mich dargebotenen Informationen zutreffend sind, oder nicht. Und ich muss mit einem gewissen Erschrecken feststellen, dass gerade manche politische Positionsbestimmung erstaunlich treffsicher, wenn vielleicht auch nicht in Gänze, wiedergegeben wird.
Diesen kleinen Test habe übrigens nicht ich gemacht, sondern ein enger Freund. Der hat auf seinem iPhone die Pro-Variante des Dienstes Perplexity laufen und war neugierig, die Ergebnisse dieses Anbieters mit den Ergebnissen von Gemini zu vergleichen. Wir saßen vor zwei Wochen zusammen im Biergarten und erkundeten mehr spielerisch und ohne ein definiertes Testsetting einfach die AI-Funktionen unserer Telefone. Im so einem Rahmen haben wir uns natürlich auch keine Gedanken über das Prompting gemacht (und im Falle von Gemini muss man das auch nicht, zumindest nicht dezidiert, denn der Dialog schlägt einem verschiedene Fragestellungen, mit denen sich ein Gegenstand tiefer erkunden lässt, gleich selbst vor). So denn – frisch ans Werk. Was sagt also Gemini zu meiner Person?
Michael Fohrn ist eine bekannte Persönlichkeit in den Bereichen Internet, Medien und Technik, insbesondere in der Region Nürnberg. Er ist häufig in der regionalen Berichterstattung zu finden und engagiert sich in der Medienpolitik. Seine Expertise erstreckt sich auf Technikkultur und er arbeitet mit verschiedenen Auftraggebern zusammen.
Nun gut, das mag so zutreffen. Ich selbst hätte meinen Bekanntheitsgrad hier durchaus etwas zurückhaltender bewertet, aber das machen Leute, die regelmäßig ihre Einschätzungen zu tagespolitischen Geschehnissen oder fachlichen Debatten öffentlich kundtun, gerne.
Es gibt ja auch so etwas wie einen Bekanntheitsgrad „über Bande“, da ist man den Leserinnen und Lesern vermeintlich bekannt, weil man auf unterschiedlichen Social-Media-Präsenzen aktiv ist und vor allem responsiv auftritt. Lassen wir das einmal so stehen, recht viel Neues ist hier ja bis jetzt nicht zu erfahren.
Gehen wir nun aber einmal ins Eingemachte – wofür stehe ich eigentlich, was sind meine Meinungen und Forderungen? Gemini sagt es uns:
Michael Fohrn ist für seine klaren und oft kritischen Standpunkte in der Medienpolitik bekannt. Er engagiert sich stark für eine offene und freie Internetkultur und setzt sich für Netzneutralität ein. Fohrn ist ein Befürworter von digitalen Bürgerrechten und warnt vor den Gefahren einer Überwachung im Internet.
Seine Meinungen sind häufig geprägt von:
- Kritik an großen Tech-Konzernen: Er sieht in ihnen eine Gefahr für die Vielfalt im Internet und für die Privatsphäre der Nutzer.
- Förderung von Open-Source-Software: Fohrn ist ein Anhänger von Open-Source-Lösungen und setzt sich für eine stärkere Verbreitung dieser ein.
- Unterstützung von unabhängigen Medien: Er plädiert für eine Stärkung der unabhängigen Medienlandschaft und kritisiert die Konzentration von Medienmacht in wenigen Händen.
Das ist, für sich genommen, sehr zutreffend. Diese Treffsicherheit frappiert, sie erschreckt. Gut, meine Standpunkte sind vielfach in unterschiedlichsten Publikationen und diversen Posts in sozialen Netzwerken zu lesen – so gesehen ist obiges keine Überraschung; aber dass es dann doch trotz vielfältiger Betrachtungsgegenstände so zutreffend und knapp gefasst ist, erstaunt mich dann doch.
Im Kern ist das alles richtig. Meine politischen Forderungen sind, soweit sie dargestellt worden, sogar recht gut zusammengefasst. Hier ein weiteres Beispiel:
Netzneutralität ist ein Thema, das Michael Fohrn sehr am Herzen liegt. Er ist ein vehementer Verfechter einer offenen und freien Internetkultur, in der alle Daten gleich behandelt werden.
Was versteht er unter Netzneutralität?
- Gleiche Behandlung aller Daten: Für Fohrn bedeutet Netzneutralität, dass alle Daten im Internet gleich behandelt werden sollten, unabhängig davon, wer sie sendet oder empfängt. Das heißt, Internetanbieter dürfen keine bestimmte Art von Daten bevorzugt behandeln oder blockieren.
- Offener Wettbewerb: Netzneutralität ist die Grundlage für einen offenen Wettbewerb im Internet. Ohne Netzneutralität könnten große Unternehmen kleinere Konkurrenten benachteiligen, indem sie ihren eigenen Traffic bevorzugen.
- Innovation: Netzneutralität ist ein wichtiger Treiber für Innovation. Wenn alle Ideen und Dienste gleichberechtigt im Internet verbreitet werden können, entsteht ein fruchtbarer Nährboden für neue Entwicklungen.
Warum ist Netzneutralität für ihn so wichtig?
- Freiheit im Internet: Netzneutralität ist für Fohrn ein Garant für eine freie Internetkultur. Ohne sie könnten Internetanbieter die Inhalte, die wir im Internet sehen, kontrollieren und zensieren.
- Demokratie: Netzneutralität ist ein wichtiger Baustein für eine funktionierende Demokratie. Ein offenes und freies Internet ermöglicht es den Bürgern, sich zu informieren, zu diskutieren und sich politisch zu engagieren.
- Wirtschaft: Netzneutralität ist auch aus wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung. Sie sorgt für einen fairen Wettbewerb und fördert Innovationen, die letztendlich der gesamten Wirtschaft zugutekommen.
Konkrete Forderungen:
Fohrn fordert unter anderem:
- Verbot von sogenanntem „Zero Rating“: Dabei werden bestimmte Dienste von Internetanbietern kostenlos angeboten, während andere kostenpflichtig bleiben.
- Transparenzpflichten für Internetanbieter: Internetanbieter müssen offenlegen, wie sie ihren Traffic behandeln.
- Stärkung der Regulierungsbehörden: Die Regulierungsbehörden müssen über ausreichende Befugnisse verfügen, um die Einhaltung der Netzneutralität zu überwachen und durchzusetzen.
Okay, jetzt sind wir zumindest so spezifisch unterwegs, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen: Auch diese Aussagen treffen erst einmal zu, zuvorderst freilich die Bewertung der Wichtigkeit und Bedeutung der Netzneutralität. Netzneutralität als zentralen Innovationsermöglicher und Garant des freien Wettbewerbes, das ginge schon zu weit und ich kann mich auch nicht erinnern, das einmal so geschrieben oder auf einem Panel gesagt zu haben – denn es fiele mir aus dem Stand weit mehr und bedeutenderes ein, was zu mehr Innovationen und zu einem freieren Wettbewerb führen würde. Wirtschaftlich verwertete Innovation ist immer von sozialer Innovation begleitet. Um zu gewährleisten, dass sie überhaupt entstehen kann und wirtschaftliche und soziale Innovation Hand in Hand gehen, sind in den Innovationsprozess wirklich und ausnahmslos alle Mitarbeiter im Unternehmen einzubinden. Wirklich freier Wettbewerb entsteht da, wo Wettbewerbsbedingungen bestmöglichen sozialen Standards unterworfen sind und Produktkosten und Produktionsfolgekosten nicht ganz oder teilweise von der Gesellschaft getragen oder aufgefangen werden müssen, während Gewinne in die Taschen weniger abfließen. Diese Fragestellungen zielen auf Partizipationsmöglichkeiten und Verteilungsgerechtigkeit ab – ohne Teilhabe und Gerechtigkeit kann kein nachhaltiger und sinnstiftender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fortschritt erlangt werden. Eigentlich ist das eine Binse und dennoch werde ich nicht müde, bei allen Einlassungen zu den vorgenannten und von der KI untersuchten Themen diese beiden zentralen Dimensionen in meine Betrachtungen immer gut erkenn- und reflektierbar einzuflechten. Dies sei nur als kleines Beispiel meiner Grundhaltungen genannt – es gäbe hier weit mehr zu schreiben…
Und hier bin ich bei einer zentralen Kritik an den von der AI getroffenen Statements: Diese über jeder meiner Betrachtungen schwebenden Dimension wird bei der Darstellung meiner Positionen und Forderungen keine oder nur unzureichend Beachtung geschenkt, weil das Modell schlicht nicht in der Lage ist, diese nicht in jedem Satz expressis verbis genannte Dimension mit dem Gesagten zu verknüpfen.
Das Modell scheint gegenwärtig zudem bisher nicht in der Lage zu sein, eine der einzelnen Forderung innewohnende und in der Vielzahl der Forderungen problemlos erkennbare conclusio als quasi kleinsten gemeinsamen Nenner zu subsumieren. Damit sind die gefassten Aussagen auf der einen Seite formal richtig und auf der anderen Seite dennoch so verkürzt, dass man annehmen muss, dass das Modell außerstande ist, die hinter den Aussagen und Forderungen stehende Haltung sichtbar zu machen.
Zufälligerweise ist mir heute ein Artist/AI-Meme über den Bildschirm gescrollt, das das, was ich gerade geschrieben habe, sehr schön illustriert, wenn auch auf eine andere, als die ursprünglich intentionierte Art.
Artists and AI-Meme, via Irene Buzarewicz
Während dieses Meme freilich kritisiert, dass sich die AI aus der Arbeit des „fischenden“ Künstlers (kostenlos) bedient und sich damit seine Arbeitsleistung aneignet, kann man dieses Meme aber noch sinnerweitert lesen: Die Künstlerkatze fischt im „Meer der Möglichkeiten“ nur bestimmte Fische, die, die sie mag und attraktiv findet, die ihr essbar erscheinen oder die, derer sie habhaft werden kann. Damit schöpft sie aus der Vielfalt.
Bedient sich die KI nun nicht aus dem „Meer der Möglichkeiten“, sondern aus dem Eimer der Künstlerkatze, hat sie in jedem Fall ein Ziel erreicht – sie hat den Fisch. Sie beraubt sich damit aber der Möglichkeit, alle verfügbaren Fische zu fangen und bleibt darauf angewiesen, welchen Fisch die Katze gerade geangelt hat; das Bild verengt sich, aus vielen möglichen Fischarten wird ein, werden zwei, bestenfalls eine Handvoll Fische. Dieser Tage hat das auch Felix von Leiter in seinem Blog kritisiert: Er sagte, KI liefere nicht zwingend Ergebnisse, die richtig sind, sondern solche, die mutmaßlich von der Zielgruppe erwartet würden.
Nun müsste man freilich zugrunde legen, dass die KI wirklich so arbeitet, dass sie außerstande ist, im Meer der Informationen zu fischen und sich nur des Kondensats, den Ergebnissen von Künstlern, Kulturschaffenden und Journalisten bedient. Das stimmt freilich so nicht. Aber die KI hat das Problem der Verifizierung, sie kann aus sich heraus auch nur bedingt die Plausibilität und den Wahrheitsgehalt der von ihr erzeugten Aussagen kontrollieren. Sich nun künstlerischer oder journalistischer Arbeiten seröser und gut beleumundeter Leute oder Organisationen zu bedienen, mag dieses Problem nicht lösen, „verdünnt“ es aber. Und so erhalten wir eben auch „verdünnte“ Inhalte.
Und das gilt auch für die Abfrage zu meiner Person. Denn, wer hier mitliest weiß, dass mein netzpolitisches Engagement nur einen kleinen Teil meiner vielfältigen Betätigungen und Interessen abbildet. Wie lässt sich dieses Problem sinnstiftend lösen? Ich weiß es nicht. Für meinen Teil werde ich in den nächsten Tagen wohl eine Art „Kurzbiografie“ hier einbauen, die auch Bezug auf meine Haltung zu bestimmten Themen nimmt und diese in möglichst eindeutige Statements kleidet. Mal sehen, was die KI dann daraus bastelt.