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TV-Tipps

Arte-Doku: Schwarze Kassen.

Wenn das heutige TV-Programm mal wieder nicht viel hergibt, kann man den Fernsehabend auch gerne ins Internet verlegen: Die Arte-Doku „Schwarze Kassen“, die am 1. Juni ausgestrahlt wurde und nun natürlich aus deren Mediathek geflogen ist, gibts nämlich auf YouTube.

Worum geht es?

Die Autoren erzählen eine Geschichte, die 1945 in den Trümmern von Berlin beginnt. Sie erzählen von Nazi-Agenten, die in die Schweiz transferierte Geldsummen nach Deutschland zurückgeholt haben und damit die Kassen der neu gegründeten CDU füllen. Und eine heimliche Parteienfinanzierung über Rüstungsgeschäfte der Bundeswehr schließt sich dann an. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss konnte die gesamte Geschichte nicht aufdecken. (Quelle)

Ein absolut sehenswerter Film, der einem die Augen öffnetüber die Geschichte der CDU, Konrad Adenauer… Und – wen nimmt es Wunder – FJS (auch wenn er nur „am Rande“ vorkommt) hatte natürlich auch wieder seine dreckigen Finger mit im Spiel…

Und hier noch ein „Mirror“, wenn die eingebettete Doku mal wieder urplötzlich verschwunden ist…

Update 2. Juli 2017: Leider ist sowohl das Video depubliziert, als auch das „Mirror-Blog“ down 🙁

TV-Tipp: Die KiK-Story

Heute Abend, genauer um 21.45 Uhr zeigt das Erste Programm die Reportage „Die Kik-Story“ mit dem Untertitel „Die miesen Methoden des Textildiscounters“ . Das dürfte ein spannender Fernsehabend werden, ist die Reportage des NDR doch um einige Fakten bereichert worden

DWDL berichtet um den Rechtsstreit zwischen dem NDR und KiK – gottlob hat KiK den Rechtsstreit verloren und der (upgedatete) Film wird wieder gezeigt. Pikantes Detail am Rande: Angeblich wegen Urheberrechtsverstößen darf ein Foto des KiK-Mitbegründers Stefan Heinig nicht in der Reportage gezeigt werden. Da musst ich sehr lachen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier schon wieder einer furchtbar Angst um Leib und Leben hat und mit allen Mitteln zu vermeiden sucht, dass sein Bild öffentlich wird. Denn auch bei der entsprechenden Google-Suche findet sich kein brauchbares, verifiziertes Bild des Herrn Heinig. Meine Häme darüber kann und will ich nicht verbergen.

Dass die Arbeitsbedingungen, unter denen die Näherinnen, die für KiK arbeiten, katastrophal sind, ist keine Neuigkeit. Aber auch im Inland spotten sie jeder Beschreibung.

Die KiK-Story – wer keine Zeit hat, der nutze den Videorecorder. Wer es denn gar nicht schaffen sollte, der kann sich hier bei TV1.at den „alten“ Beitrag komplett ansehen (wer weiß, wie lange noch).

Update: Und im NDR setzt man dann mit weiteren Recherchen fort (ab 22.35 Uhr). Infos hier auf der NDR-Webseite.

Fernsehtipps zum 1. Mai

Viel kommt an diesem ersten Mai nicht in der Glotze, aber die wichtigsten Sendungen hier im Überrblick:

12.00 Uhr Kundgebung des DGB, Essen, Ansprache Berthold Huber (IG Metall), Phoenix (Link)

13.00 Uhr Ansprache des Vorsitzenden des DGB, Michael Sommer, erstes Programm (Link)

15.35 Uhr Die stählene Zeit (Teil 1-3), Phoenix (Link)

17:45 Uhr MDR Extra – 1. Mai, MDR (Link)

18.05 Uhr Der 1. Mai in Bayern, BR

22.30 Uhr zum 20. Todestag von Irmtraud Morgner, BR-Alpha

Heute in Frontal21: Wie Mr. Wash die Mitarbeiter ausbeutet

Wenn auch nur die Hälfte dessen, Was das ZDF über die Firma „Mr. Wash“ recherchiert hat, stimmt, dann gute Nacht!

Hier gehts zum Link der Sendungsvorschau – und hier ist ein Video (leider auf der Heute-Startseite – wer weiß, wie lange es da noch steht, also bitte beeilen, wenn ihr es anschauen wollt). Besonders skandalös sind die Arbeitsbedingungen von Mr. Wash übrigens in…

… Nürnberg!

Heute im zweiten Programm, Frontal 21, ab 21 Uhr

TV-Tipp: Vorne ist verdammt weit weg

Das Bayerische Fernsehen beschert uns einen guten Start ins neue Jahr. Heute Abend um 20.15 Uhr sendet der BR nämlich die gesellschaftskritische Komödie von Frank-Markus Barwasser (aka. Erwin Pelzig) Vorne ist verdammt weit weg.

Der Film ist absolut sehenswert – auch für Nicht-Franken und Nicht-Pelzig-Freunde. Und der Ende 2007 bereits im Kino angelaufene Film nimmt einen konkreten Bezug zur derzeitigen globalen Wirtschafts- und Finanzkrise™, auch wenn diese zum Zeitpunkt des Drehs und Kinostarts quasi noch nicht bekannt war (eine besondere Leistung Barwassers, der nicht nur als Erwin Pelzig zu sehen ist sondern auch das Drehbuch schrieb).

Bevor ich weitere Lobeshymnen anstimme (den Film haben wir damals im Lieblings-Rio-Palast-Kino gesehen), schaut Euch den Trailer an – dann ist schon fast sicher, dass ihr heute Bayern 3 einschaltet:

Pelzigs Nachbar Johann bricht sich das Bein. Das kann vorkommen und wäre nicht weiter schlimm, würde Johann nicht Angst vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes – er ist Chauffeur für Herrn Bieger, den Chef eines mittelständischen Einkaufswagenherstellers – hätte. Pelzig hat ein großes Herz und nichts zu tun. Also springt er kurzerhand für Johann ein.

Der neue Chauffeur des Chefs bekommt eine Menge Firmeninterna mit und so erfährt er auch, das nicht nur der Job seines Nachbarn – sondern alle Jobs bei Bieger in Gefahr sind, weil ein Unternehmensberater namens Kienze die Produktion von Franken in die Mongolei verlagern will. Wenn Pelzig nun aber den Job von Johann retten will, dann muss er das ganze Unternehmen retten…

Barwasser ist super! Philipp Sonntag als Eduard Bieger ist super!! Christine Paul als Hure Chantal ist? Super! Der ganze Film ist super – hier merkt man dann doch den Unterschied zwischen Kabarett und Kotze Comedy. Und wie ist der Humor des Films? Teilweise sehr leise und hintergründig:

Und eben manchmal auch: Urfränkisch!

Daher eine dringende Empfehlung: Heute abend, viertel nach acht, das dritte Programm anschalten! Bildquellen: Screenshots.

Urban Priols Tilt! – Der Jahresrückblick 2009

Wir gehen ja einmal im Monat ins Kabarett. Zumindest versuchen wir es – und für den Dezember stand Urban Priols „Tilt!- Der Jahresrückblick“, bekannt aus dem Dritten, auf dem Programm.

So zog es uns gestern in die Nürnberger Meistersingerhalle – wir wussten allerdings vorher nicht, dass der BR die Veranstaltung aufzeichnete.

Im Großen und Ganzen war es ein gelungener Abend. Priol war „körperlich“ in Höchstform, er spielte ganze drei Stunden (und da ist die Pause schon weggerechnet).

Foto: Wikipedia, Benutzer Plumpaquatsch, CC-BY-SA

Allerdings – und das war nicht nur mein Gefühl, hat es Herrn Priol dann doch etwas an Biss gefehlt. Er nahm sich viel Zeit (weit über zwei Stunden) um mit unserer alten Bundesregierung und unserer Kanzlerin, dem „Ostgsteck“ abzurechnen. Im Vergleich hierzu ging er aber mit der neuen – wesentlich schlimmeren – Bundesregierung geradezu freundlich um. Gut, Westerwelle bekam ein bisschen was ab, Pofalla sowieso (aber das ist ja schon ein running gag), mit Frau Köhler (Kristina) und unserem neuen Asialettenminister Rösler ging er, gemessen an seinen „alten Zeiten“ fast liebevoll um. Man fragt sich schon, ob er mit dem Alter braver wird oder der BR bzw. das ZDF hier ein bisschen mitschnacken, damit es bestimmten Personen nicht allzu sehr an den Kragen geht. Oder ist das allein meine Wahrnehmung, hat mich die Radikalität eines Pispers und Kling schon so versaut?

Und manches aus dem neuen Jahresrückblick war allen, die „Tilt!“ und Priols Programme generell in der letzten Zeit verfolgt haben, gar nicht neu. Musste er sich 2007 noch frühmorgens ein Bier aufmachen, um die Schreibe von Hugo Müller-Fock zu ertragen brauchte er 2009 schon einen Schnaps. Die im Bunker von jeder dem Geiste zuträglichen Frischluftzufuhr abgeschnittenen Denker unserer Gesetze und politischen Schlagworte sind auch kein neues Motiv und auch mit dem altbekannten Bahn-Bashing erzielte Priol schon früher Erfolge.

Nichts desto trotz – etliche Gags waren gut und saßen auch.

Was den Kabarettgenuss allerdings erheblich trübte, war die Aufzeichnung des Bayerischen Rundfunks – all überall Kameras und auch in den hinteren Reihen wurde das Publikum mit der sog. Steadycam immer wieder gefilmt. Und auch an Herrn Priol kamen die fußläufigen Kameraleute nah heran – was der Sicht nicht immer zuträglich war. Ich fühlte mich jedenfalls auf eine unangenehme Weise immer beobachtet – so ein unangenehmes Gefühl hatte ich bei einer Liveaufzeichnung aber noch nie.

Dass überhaupt das Fernsehen da war, hat mich gewundert, ist die Meistersingerhalle bekanntermaßen nicht die hübscheste Kulisse – und auch sonst bin ich „Tilt!“ ja aus Priols Aschaffenburger Hofgartentheater gewöhnt.

Wer an Priols Jahresrückblick Spaß hat (und gestern nicht dabei sein konnte) der kann sich die Fernsehaufzeichnung diese Woche im Bayerischen Rundfunk, drittes Fernsehprogramm ansehen:

Donnerstag, 10. Dezember ab 21.45 Uhr (Teil 1) und

Freitag, 11. Dezember a 22.45 Uhr (Teil 2).

Hier ist der Link zur Sendung.

Erst kommt HD, dann kommt das große Abkassieren

Die Diskussion über das Geschäftsmodell der privaten Fernsehanstalten ist keineswegs neu und neu ist ebensowenig, dass die privaten Programmanbieter ihre bislang frei empfangbaren Sender gerne via Smartcard verschlüsselt hätten (und dafür eine Gebühr verlangen vollen – „Pay TV“ nennt man dieses „Empfangsmodell“ gemeinhin).

Nun scheint sich dieses Ansinnen aber zu konkretisieren. Das Blog Digitale Linke hat einen, wie ich finde, sehr guten Überblick.

Was aber läuft derzeit so krumm bei RTL, Sat 1 und Konsorten?

Man vergegenwärtige sich zuerst einmal das bisherige Geschäftsmodell der Privatstationen: Das Programm wird immer wieder durch Werbung unterbrochen. Die werbetreibenden Unternehmen zahlen für die Ausstrahlung und davon finanziert der Sender Personal, Einrichtungen, das Programm und die technische Verbreitung. Und ein Gewinn muss natürlich auch übrig bleiben. Vom großen Kuchen der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingezogenen Gebühren bekommen sie direkt nichts ab – das ist auch ok so. Bislang – den Fernsehsender RTL gibt es schon über 25 Jahre – scheint dieses werbefinanzierte Fernsehen auch Geld verdient zu haben – sonst gäbe es dieses ja nicht. Nun aber bricht ein lautes Gejammer über die Finanzierung des Privatfunks los. Warum? Bekommen diese Sender nicht mehr genug Geld? Scheinbar.

Man kann nur spekulieren, warum das „alte Geschäftsmodell“ nicht mehr so recht funktionieren mag. Einige Gründe liegen auf der Hand (dies ist meine persönliche Analyse und weder sauber belegbar noch vollständig).

Werbung musste der Privatfernsehzuschauer bislang in Kauf nehmen. Man konnte sich dieser nur dann entziehen, wenn man die gewünschte Sendung auf Band aufnahm und bei den mit aufgezeichneten Werbeblöcken das Band vorspulte. In Zeiten von DVD-Festplattenrekordern hat sich daran im Wesentlichen nichts geändert- es ist aber deutlich einfacher geworden: Die einmal einprogrammierte Serie fliegt beispielsweise täglich (in bestechender Bild- und Tonqualität) auf die Festplatte. Die Werbeblöcke werden dann mit 150-facher Geschwindigkeit einfach weggespult (oder besser: Quasi weggedrückt). Das Aufzeichnen erfolgt automatisch und man muss noch nicht einmal von Zeit zu Zeit eine Kassette wechseln. Und diese „Wundergeräte“ sind heute günstiger als ein halbwegs ordentlicher Videorekorder vor fünf Jahren. Wer, bitte wer, der sich so einen Rekorder einmal gekauft hat, sieht noch Werbung?

Mit einem einzigen (sic!) Tastendruck kann ich den laufenden Abendfilm aufzeichnen und ihn während der Aufnahme ansehen, darin herumspulen etc. „Time Shift“ heißt dies Wunderwerk, es gehört zur Grundausstattung dieser Rekorder, ist kinderleicht zu bedienen und wenn ich dem Gerät einen Vorsprung von nur einer Viertelstunde lasse, dann wird mein Spielfilm nicht mehr durch Werbung unterbrochen.

Ich gehe trotzdem nicht davon aus, dass die Intention der Zuschauer bei der Benutzung der Rekorder primär das Wegdrücken von Werbung ist. Vielmehr erlaubt so ein Rekorder ohne großen Aufwand, Sendungen dann zu sehen, wenn man Zeit hat. Das Werbung-Wegdrücken ist ein netter Nebeneffekt. Und wer wollte den nicht nutzen?

Das bekommt natürlich auch die Werbewirtschaft mit – und wer will für Werbung, die mit Gewissheit einen Teil der Zuschauer nicht mehr erreicht – noch hohe Preise zahlen?

Die Alternative aus Sicht des „Verbandes privater Rundfunk- und Telemedien“ ist, die Sender zu verschlüsseln und nur gegen eine Gebühr empfangbar zu machen. Damit das so bezahlte Programm dann nicht aufgezeichnet oder „getimeshifted“ werden kann, soll auch noch ein Kopierschutz auf das Signal aufmoduliert werden.

Double fuck!

Erst soll ich also löhnen, dass ich mir Hochkultur á la „Bauer sucht Frau“, „Big Brother“ oder „Superstar“ reinziehen darf, und dann kann ich das noch nicht einmal mehr aufzeichnen? Ein tolles Geschäftsmodell der Privaten: Die kassieren dann doppelt: Mein Geld für die Smartcard und das Geld der werbenden Wirtschaft. Das haben die sich fein ausgedacht. Nun habe ich aber ernsthaft Zweifel, ob den Privaten dann nicht die Zuschauer davonlaufen. Denn ich will eigentlich nicht mehr als die GEZ-Gebühr Rundfunkgebühr bezahlen. Und viele können das auch nicht. Und: Wo ist der Mehrwert für mich? Was habe ich davon, wenn ich an RTL und Konsorten etwas bezahle und trotzdem Werbung läuft?

Hier will man mir verklickern, dass ich dafür das hochauflösende HD-Fernsehen bekomme – gestochen scharfe Bilder. Ich selbst habe aber gar keinen HD-fähigen Fernseher (ich habe zur Zeit gar keinen Fernseher und wenn ich einen wollte, würde ich mir einen Gebrauchten kaufen – mit Sicherheit einen ohne HD). Und ich kenne genug Leute, die auch keinen High-End-Fernseher haben und mit HD überhaupt nichts anzufangen wissen (und das auch nicht brauchen). All jene und ich können mit diesem Deal also nur verlieren.

Zurück zum Geldbeutel der Privaten: Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die Webeeinnahmen der Sender auch ohne die segensreichen neuen Rekordertechniken gesunken wären oder sogar gesunken sind. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen immer weniger Geld zur Verfügung haben, wird immer mehr beim Discounter gekauft. Viele wollen das nicht, vielen bleibt letztlich keine andere Wahl. Hier ist Werbung aber eher zweitranging. Aldi hat keine Fernsehwerbung, Plus Netto, Penny, Norma etc. auch nicht. Nur Lidl hat nach Jahren der Abstinenz jetzt Werbespots – aber deren Image ist (mit Recht) auch so beschissen, dass die das wohl brauchen. Und bei den Discountern sind die Markenartikel in der Minderheit – so funktioniert nun mal das Discountprinzip. Rentiert dann Werbung hier langfristig? Das gilt so ziemlich für alle Produktgruppen, wenn man von Banken und Autos absehen möchte. Versteht mich bitte nicht falsch: Ich will hier nicht das „Wozu überhaupt Werbung?“-Fass aufmachen. Ich frage mich nur, ob die klassische Fernsehwerbung für klassische Produkte in Zukunft noch wie gehabt funktionieren wird und ob sich nicht mittelfristig die Werbemasse auf eine Quantität reduziert, vor der die zig Privatfernsehsender sich nicht mehr im gekannten Umfang finanzieren können. Sollte eine Entwicklung in diese Richtung stattfinden, dann ist aber das Konzept mit der Smartcard und der geringen angedachten Gebühr für den Eimer – dann geht nur Pay-TV oder eben gar nichts.

1998 war ich in London. Ich war privat untergebracht und habe über die schon damals deutlich merkbare Verbreitung von Pay-TV gestaunt. Meine Gastmutter hatte zu dieser Zeit einen Uraltfernseher (bei dem mich wunderte, dass das Bild überhaupt bunt war) und eine fette Sky-Paybox obendrauf. In England geht sowas. Wer über Antenne drei, vier, vielleicht auch sieben oder gar acht Programme frei empfangen kann, der mag eher bereit sein, Pay-TV zu abonnieren, als jemand in – sagen wir beispielsweise Nürnberg – der über DVB-T mehr als zwanzig, über Kabel gute vierzig und mit Schüssel hunderte frei empfangbare Fernsehprogramme zur Verfügung hat.

Aber selbst zu der Zeit, als es hier nur sechs oder sieben Programme gegeben hat, gab es genug Leute, die keinen Kabelanschluss nutzten und keine Schüssel auf dem Dach hatten. Und die wird es wieder geben: Wenn RTL von mir Geld haben will, dann sehe ich kein RTL mehr. Fertig. Wenn Sat 1 von mir Geld will, sehe ich kein Sat 1. Gut is´. Ich werde mit Sicherheit nicht der einzige sein, der so denkt. Und dann haben die Privaten ein echtes Problem: Wenn sie immer weniger Zuschauer technisch erreichen, sinken die Webeeinnahmen automatisch. Dann wird – wir kennen das – erst mal am Personal gespart. Das wird nicht reichen und dann wird, wir kennen das, am sowieso schon dürftigen Programm gespart. Dann kommt das, was wir in den Neunzigern schon hatten: Sie holen verstaubte olle Kammellen Filme aus dem Archiv und nudeln die zum x-ten Mal herunter. Gerne auch in HD (gnihihi!). Was passiert dann? Die Leute haben keinen Bock auf die vierunddrölfzigste Wiederholung vom Schlosshotel Orth oder den in die Pfanne gehauenen Paukern und kündigen die Smartcard. Das ist, lieber VPRT, ein Sterben auf Raten, das sich jetzt schon antizipiert.

Wenn der Verbraucher die Werbung nicht mehr akzeptiert, muss er konsequenterweise auf das Programmangebot verzichten oder eben dafür bezahlen. (Jürgen Doetz, Präsident des VPRT)

Eben nicht! In den Diskussionsbeiträgen zur entsprechenden Meldung der Seite Digital TV sagt ein User:

Nur wenn der Kunde für etwas zahlt, dann hat er auch gewisse Ansprüche. Für unterbrochene, gekürzte und qualitativ minderwertige Programme wird der Kunde auch nichts bezahlen. Ich bezahle meine Zeitschriftenabos, aber die komischen Werbeschmierblättchen sind immer noch umsonst im Briefkasten.
Wenn ich für Fernsehen zahlen soll, dann erwarte ich Serien zeitnah zur Erstausstrahlung, Filme ungeschnitten, nicht unterbrochen, mit 5.1 Ton und Abspann. Und wenn ich dafür zahle, dann will ich all das auch aufnehmen können und anschauen wann und wie es mir passt.

Und hierum dreht es sich im Kern: Wieso sollte ich für RTL und Co. bezahlen, wenn es auch richtiges Pay-TV gibt? Es liegt auf der Hand: Privatfernsehen nimmt man so mit, aber bei der Qualität des Programms finden sich etliche Leute, die nicht bereit sind, hierfür etwas zu bezahlen – auch nicht wenig. Ein anderer User sagt deshalb (ganz radikal):

Es war ein Fehler den Privaten eine Lizenz zu erteilen. Die Folgekosten der Verblödung der Unterschicht sind enorm und durch nichts zu rechtfertigen.

Hier wird der Spieß – nicht ganz zu Unrecht – umgedreht, denn zwischen den Zeilen wird hier artikuliert, dass Privatfernsehen mit Nichten kostenlos ist sondern das Bildungsniveau bestimmter Zielguppen konterkariert und damit sogar Kosten verursacht.

Sollte dieses Modell der Privaten wirklich in die Tat umgesetzt werden, so gibt es zwei Gewinner: Die öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten im Speziellen und die Gesellschaft allgemein. Das können wir in der Tat einmal auf uns zukommen lassen.

Zwanzig Jahre? Nun ist aber mal gut.

Eigentlich schade, dass ich das jetzt schreibe, aber irgendwie finde ich das wirklich so: Ich bin quasi mit den Fantastischen Vier aufgewachsen, mit „Vier gewinnt“, mit „Die Da“ mit dem Album „Lauschgift“ mit dem Hip-Hop-Speedmetal-Crossover-Dingens „Megavier“, mit dem Album „solo“ von Thomas D. Ich habe mich über die fehlende Schöpfungshöhe von „4:99“ geärgert. Nun kommt, verbannt ins öffentliche-rechtliche Digitalfernsehen, ZDFdoku, das Konzert zum zwanzigsten Bühnenjubiläum der sog. „Fantis“.

Und ich bin ein bisschen traurig. Denn früher fand ich diese Jungs wirklich innovativ. Anfang der 90er Jahre zeigten sie uns, dass Hip-Hop in deutscher Sprache geht, Mitte der 90er führten sie vor, dass Hip-Hop und Metal kein Widerspruch ist und gegen Ende der 90er überraschten die Fantastischen Vier mit neuen Sounds.

Und heute? Heute sind sie mir peinlich. Ein alter, schwitzender Smudo ist auf dem Fernsehschirm zu sehen, dem jede Power fehlt. Um diese fehlende Kraft zu kompensieren, um an den Glanz längst vergangener Tage anzuknüpfen, versucht er immer verzweifelter, sich selbst in Extase zu versetzen – vergeblich: Mehr als Geschrei bleibt nicht. Als gerade der Song „Schizophren“ zum besten gegeben wurde, war mir schlagartig klar: Mit den Fantastischen Vier ist es vorbei. Es kommt nichts mehr rüber. Gar nichts mehr. Es ist so schade um diese Band.

Darüber kann auch das hervorragend und präzise spielende weißrussische Symphonieorchester nicht hinwegtäuschen. Und wenn Smudo auf dem von der Bühne weit ins Publikum ragenden Laufsteg die Parade abnimmt ist das – Verzeihung – nur endlos peinlich. Wenn die Jungs ihre alten Erfolge nicht „verspielen“ wollen, dann tun sie gut daran, aus diesem Jubiläumskonzert ihr Abschiedskonzert zu machen.

Ich bin dreizehn Jahre jünger als Smudo. Wir sind also nicht so weit auseinander. Und trotzdem empfinde ich die ganze Band (vielleicht mag man da Michi Beck ein Stück weit ausnehmen) als unheimlich alt, langsam – einfach stehen geblieben – so gegen 98/99. Mit „4:99“ waren sie dann schon auf dem absteigenden Ast. Aber heute? Sie sind alternde Schwaben und sehen der Midlife-Crisis schon deutlich ins grinsende Gesicht. Diesen Charme versprühte zumindest die heutige, live übertragene Performance.

Polizeifunk ruft

Gerade erst rausgekommen – von mir lange ersehnt – und nun (zumindest die ersten Teile) im Schacht meines DVD-Players: Es gibt die NDR-Vorabendserie „Polizeifunk ruft“ jetzt als DVD-Box. Wer die „Hafenpolizei“-Box gesehen und gemocht hat, der mag mit Sicherheit auch die Polizeifunk-Folgen (52 an der Zahl, jede dauert etwa 25 Minuten lang). Man darf diese Serie durchaus als Fortsetzung der „Hafenpolizei“ begreifen: Mit dabei ist wieder Kommisar Koldehoff, gespielt von Josef Dahmen. Und es gibt einen jungen Polizisten, eine „weiße Maus“, also einen Motorradstreifenfahrer, den Wachtmeister Hartmann – der Held der Serie, denn Hartmann stellt jeden Verbrecher, löst jedes Problem.

Und so spielen sie sich durch die Folgen, jagen Marihuanahändlern, stöbern Versicherungsbetrüger auf, nehmen eine Teppichhelerbande hoch, jagen Überfaller und trösten Überfallene.

Alles ein bisschen brav und bieder, alles etwas glatt und von der Story mitunter auch sehr gemütlich aber: Herrlich retro. Bis Folge 14 in schwaz/weiß, Ehrensache, dann in verblassten Farben und in mono. Mit einer wundervollen 60er-Jahre-Hamburg-Kulisse, dem schwarzen Bakelittelefon mit seinem unverkennbaren Schellen, grobgemusterte Strukturtapeten, Opel Admirals, Espressos (das sind Cafés, ich weiß um den Plural Espressi), Lederjacken, Hornbrillen, Tütenlampen, VW-Bullys, Speckpfannekuchen…

Noch habe ich nicht alle Folgen gesehen (aber das dauert sicher nicht mehr lange), und trotzdem empfehle ich diese Box jedem, der das alte Krimiflair mag. Ebenfalls Herausgekommen ist dieser Tage die Box „Hamburg Transit“ – der Nachfolger von „Polizeifunk ruft“. Darüber mehr, wenn ich das gesehen habe.

Bis dahin heißt es im Vorspann: „Großstadt, Technik, Menschen, Gefahr!“.

Polizeifunk ruft, 7 DVD-Box, rd. 3000 min. ARD-Video, etwa 44 Euro.

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