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Das Ende der Quelle

Das berühmte und einstmals sogar größte Versandhaus Quelle, ein traditionsreiches Unternehmen, befindet sich in Abwicklung – das ist niemandem entgangen. Und Tag für Tag treten neue, hässliche Seiten der Quelle-Pleite zutage. Eine Firmenpleite ist nie ein Spaß – hier wird es aber an ein paar Stellen besonders hässlich:

  • Der Lagerbestand von Quelle wird verscherbelt. Ich kann mir kaum vorstellen, wie elend sich das für all jene anfühlen muss, die nach langer Betriebszugehörigkeit ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und es dürfte sich auch nicht wesentlich besser für die anfühlen, die noch nicht gekündigt wurden und den Abverkauf erledigen müssen. Man bringt unters Volk, was man hat – um Gläubiger zu bedienen. Seine Arbeit im Wissen zu tun, nichts Zukunftsträchtiges, nichts im Wesentlichen sinnvolles leisten zu können, ist eine harte Nummer.
  • Und so fühlt sich auch seh komisch an, dass der Server von quelle.de dauerdown zu sein scheint. Rabatte von bis zu 30 Prozent auch Kleidung und bis zu 10 Prozent auf Technik wurden versprochen. Und was machen die Leute? Klicken wir blöd. Zehn Prozent Nachlass auf Technik ist indes ein schlechter Witz – denn die handelt man ohne Stress bei vielen Einzelhändlern heraus. Und zehn Prozent auf den nicht immer wirklich günstigen Katalogpreis ist oft genau so günstig, wie beim Einzelhändler ohne Herunterhandeln. Wer dann Eigenmarken wie „Universum“ oder „Privileg“ kauft – der hat zudem in Sachen Gewährleistung/Garantie keine Chance mehr. Zwar hat man bei diesen Marken wie bei allen anderen auch einen Anspruch auf die gesetzliche Gewährleistung – nur gegen wen wollte man den durchsetzen. Schlussendlich sichert man durch den Einkauf bei Quelle mittelfristig keinen einzigen Arbeitsplatz – und trotzden:
  • Der Server ist unerreichbar – gestern und heute.
  • Gestern hat sich Herr Middelhoff (wer sonst) in der Bild am Sonntag (wo sonst) im Ton vergriffen (was sonst).
  • Auf ein Echo musste man nicht lange warten: Hier ist ein ganz gutes. Und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil von der FDP (sic!) riet Herrn Middelhoff in der Süddeutschen, „den Mund zu halten“.
  • Über die Auswirkungen für die Menschen und die Region Nürnberg-Fürth muss nicht lang spekuliert werden. Die Arbeitslosigkeiit wird weiter ansteigen. Die Region blutet wirtschaftlich weiter aus. Bei DHL, dem Logistikpartner der Quelle stehen 900 Stellen bundesweit zur Debatte. Aber auch lokale KMUs sind mindestens betroffen.
  • Und so haut es auch bei Atos Origin und Itellium voll rein (600 Arbeitsplätze in Gefahr!).

Gestern war eine nur mäßig kritische aber erschreckend offene Reportage auf Stern TV zu sehen. Was von der Quelle bleint, so der Tenor, wird sich zeigen müssen. Im Prinzip wissen wir schon heute Bescheid: Nicht viel.

Erst kommt HD, dann kommt das große Abkassieren

Die Diskussion über das Geschäftsmodell der privaten Fernsehanstalten ist keineswegs neu und neu ist ebensowenig, dass die privaten Programmanbieter ihre bislang frei empfangbaren Sender gerne via Smartcard verschlüsselt hätten (und dafür eine Gebühr verlangen vollen – „Pay TV“ nennt man dieses „Empfangsmodell“ gemeinhin).

Nun scheint sich dieses Ansinnen aber zu konkretisieren. Das Blog Digitale Linke hat einen, wie ich finde, sehr guten Überblick.

Was aber läuft derzeit so krumm bei RTL, Sat 1 und Konsorten?

Man vergegenwärtige sich zuerst einmal das bisherige Geschäftsmodell der Privatstationen: Das Programm wird immer wieder durch Werbung unterbrochen. Die werbetreibenden Unternehmen zahlen für die Ausstrahlung und davon finanziert der Sender Personal, Einrichtungen, das Programm und die technische Verbreitung. Und ein Gewinn muss natürlich auch übrig bleiben. Vom großen Kuchen der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingezogenen Gebühren bekommen sie direkt nichts ab – das ist auch ok so. Bislang – den Fernsehsender RTL gibt es schon über 25 Jahre – scheint dieses werbefinanzierte Fernsehen auch Geld verdient zu haben – sonst gäbe es dieses ja nicht. Nun aber bricht ein lautes Gejammer über die Finanzierung des Privatfunks los. Warum? Bekommen diese Sender nicht mehr genug Geld? Scheinbar.

Man kann nur spekulieren, warum das „alte Geschäftsmodell“ nicht mehr so recht funktionieren mag. Einige Gründe liegen auf der Hand (dies ist meine persönliche Analyse und weder sauber belegbar noch vollständig).

Werbung musste der Privatfernsehzuschauer bislang in Kauf nehmen. Man konnte sich dieser nur dann entziehen, wenn man die gewünschte Sendung auf Band aufnahm und bei den mit aufgezeichneten Werbeblöcken das Band vorspulte. In Zeiten von DVD-Festplattenrekordern hat sich daran im Wesentlichen nichts geändert- es ist aber deutlich einfacher geworden: Die einmal einprogrammierte Serie fliegt beispielsweise täglich (in bestechender Bild- und Tonqualität) auf die Festplatte. Die Werbeblöcke werden dann mit 150-facher Geschwindigkeit einfach weggespult (oder besser: Quasi weggedrückt). Das Aufzeichnen erfolgt automatisch und man muss noch nicht einmal von Zeit zu Zeit eine Kassette wechseln. Und diese „Wundergeräte“ sind heute günstiger als ein halbwegs ordentlicher Videorekorder vor fünf Jahren. Wer, bitte wer, der sich so einen Rekorder einmal gekauft hat, sieht noch Werbung?

Mit einem einzigen (sic!) Tastendruck kann ich den laufenden Abendfilm aufzeichnen und ihn während der Aufnahme ansehen, darin herumspulen etc. „Time Shift“ heißt dies Wunderwerk, es gehört zur Grundausstattung dieser Rekorder, ist kinderleicht zu bedienen und wenn ich dem Gerät einen Vorsprung von nur einer Viertelstunde lasse, dann wird mein Spielfilm nicht mehr durch Werbung unterbrochen.

Ich gehe trotzdem nicht davon aus, dass die Intention der Zuschauer bei der Benutzung der Rekorder primär das Wegdrücken von Werbung ist. Vielmehr erlaubt so ein Rekorder ohne großen Aufwand, Sendungen dann zu sehen, wenn man Zeit hat. Das Werbung-Wegdrücken ist ein netter Nebeneffekt. Und wer wollte den nicht nutzen?

Das bekommt natürlich auch die Werbewirtschaft mit – und wer will für Werbung, die mit Gewissheit einen Teil der Zuschauer nicht mehr erreicht – noch hohe Preise zahlen?

Die Alternative aus Sicht des „Verbandes privater Rundfunk- und Telemedien“ ist, die Sender zu verschlüsseln und nur gegen eine Gebühr empfangbar zu machen. Damit das so bezahlte Programm dann nicht aufgezeichnet oder „getimeshifted“ werden kann, soll auch noch ein Kopierschutz auf das Signal aufmoduliert werden.

Double fuck!

Erst soll ich also löhnen, dass ich mir Hochkultur á la „Bauer sucht Frau“, „Big Brother“ oder „Superstar“ reinziehen darf, und dann kann ich das noch nicht einmal mehr aufzeichnen? Ein tolles Geschäftsmodell der Privaten: Die kassieren dann doppelt: Mein Geld für die Smartcard und das Geld der werbenden Wirtschaft. Das haben die sich fein ausgedacht. Nun habe ich aber ernsthaft Zweifel, ob den Privaten dann nicht die Zuschauer davonlaufen. Denn ich will eigentlich nicht mehr als die GEZ-Gebühr Rundfunkgebühr bezahlen. Und viele können das auch nicht. Und: Wo ist der Mehrwert für mich? Was habe ich davon, wenn ich an RTL und Konsorten etwas bezahle und trotzdem Werbung läuft?

Hier will man mir verklickern, dass ich dafür das hochauflösende HD-Fernsehen bekomme – gestochen scharfe Bilder. Ich selbst habe aber gar keinen HD-fähigen Fernseher (ich habe zur Zeit gar keinen Fernseher und wenn ich einen wollte, würde ich mir einen Gebrauchten kaufen – mit Sicherheit einen ohne HD). Und ich kenne genug Leute, die auch keinen High-End-Fernseher haben und mit HD überhaupt nichts anzufangen wissen (und das auch nicht brauchen). All jene und ich können mit diesem Deal also nur verlieren.

Zurück zum Geldbeutel der Privaten: Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die Webeeinnahmen der Sender auch ohne die segensreichen neuen Rekordertechniken gesunken wären oder sogar gesunken sind. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen immer weniger Geld zur Verfügung haben, wird immer mehr beim Discounter gekauft. Viele wollen das nicht, vielen bleibt letztlich keine andere Wahl. Hier ist Werbung aber eher zweitranging. Aldi hat keine Fernsehwerbung, Plus Netto, Penny, Norma etc. auch nicht. Nur Lidl hat nach Jahren der Abstinenz jetzt Werbespots – aber deren Image ist (mit Recht) auch so beschissen, dass die das wohl brauchen. Und bei den Discountern sind die Markenartikel in der Minderheit – so funktioniert nun mal das Discountprinzip. Rentiert dann Werbung hier langfristig? Das gilt so ziemlich für alle Produktgruppen, wenn man von Banken und Autos absehen möchte. Versteht mich bitte nicht falsch: Ich will hier nicht das „Wozu überhaupt Werbung?“-Fass aufmachen. Ich frage mich nur, ob die klassische Fernsehwerbung für klassische Produkte in Zukunft noch wie gehabt funktionieren wird und ob sich nicht mittelfristig die Werbemasse auf eine Quantität reduziert, vor der die zig Privatfernsehsender sich nicht mehr im gekannten Umfang finanzieren können. Sollte eine Entwicklung in diese Richtung stattfinden, dann ist aber das Konzept mit der Smartcard und der geringen angedachten Gebühr für den Eimer – dann geht nur Pay-TV oder eben gar nichts.

1998 war ich in London. Ich war privat untergebracht und habe über die schon damals deutlich merkbare Verbreitung von Pay-TV gestaunt. Meine Gastmutter hatte zu dieser Zeit einen Uraltfernseher (bei dem mich wunderte, dass das Bild überhaupt bunt war) und eine fette Sky-Paybox obendrauf. In England geht sowas. Wer über Antenne drei, vier, vielleicht auch sieben oder gar acht Programme frei empfangen kann, der mag eher bereit sein, Pay-TV zu abonnieren, als jemand in – sagen wir beispielsweise Nürnberg – der über DVB-T mehr als zwanzig, über Kabel gute vierzig und mit Schüssel hunderte frei empfangbare Fernsehprogramme zur Verfügung hat.

Aber selbst zu der Zeit, als es hier nur sechs oder sieben Programme gegeben hat, gab es genug Leute, die keinen Kabelanschluss nutzten und keine Schüssel auf dem Dach hatten. Und die wird es wieder geben: Wenn RTL von mir Geld haben will, dann sehe ich kein RTL mehr. Fertig. Wenn Sat 1 von mir Geld will, sehe ich kein Sat 1. Gut is´. Ich werde mit Sicherheit nicht der einzige sein, der so denkt. Und dann haben die Privaten ein echtes Problem: Wenn sie immer weniger Zuschauer technisch erreichen, sinken die Webeeinnahmen automatisch. Dann wird – wir kennen das – erst mal am Personal gespart. Das wird nicht reichen und dann wird, wir kennen das, am sowieso schon dürftigen Programm gespart. Dann kommt das, was wir in den Neunzigern schon hatten: Sie holen verstaubte olle Kammellen Filme aus dem Archiv und nudeln die zum x-ten Mal herunter. Gerne auch in HD (gnihihi!). Was passiert dann? Die Leute haben keinen Bock auf die vierunddrölfzigste Wiederholung vom Schlosshotel Orth oder den in die Pfanne gehauenen Paukern und kündigen die Smartcard. Das ist, lieber VPRT, ein Sterben auf Raten, das sich jetzt schon antizipiert.

Wenn der Verbraucher die Werbung nicht mehr akzeptiert, muss er konsequenterweise auf das Programmangebot verzichten oder eben dafür bezahlen. (Jürgen Doetz, Präsident des VPRT)

Eben nicht! In den Diskussionsbeiträgen zur entsprechenden Meldung der Seite Digital TV sagt ein User:

Nur wenn der Kunde für etwas zahlt, dann hat er auch gewisse Ansprüche. Für unterbrochene, gekürzte und qualitativ minderwertige Programme wird der Kunde auch nichts bezahlen. Ich bezahle meine Zeitschriftenabos, aber die komischen Werbeschmierblättchen sind immer noch umsonst im Briefkasten.
Wenn ich für Fernsehen zahlen soll, dann erwarte ich Serien zeitnah zur Erstausstrahlung, Filme ungeschnitten, nicht unterbrochen, mit 5.1 Ton und Abspann. Und wenn ich dafür zahle, dann will ich all das auch aufnehmen können und anschauen wann und wie es mir passt.

Und hierum dreht es sich im Kern: Wieso sollte ich für RTL und Co. bezahlen, wenn es auch richtiges Pay-TV gibt? Es liegt auf der Hand: Privatfernsehen nimmt man so mit, aber bei der Qualität des Programms finden sich etliche Leute, die nicht bereit sind, hierfür etwas zu bezahlen – auch nicht wenig. Ein anderer User sagt deshalb (ganz radikal):

Es war ein Fehler den Privaten eine Lizenz zu erteilen. Die Folgekosten der Verblödung der Unterschicht sind enorm und durch nichts zu rechtfertigen.

Hier wird der Spieß – nicht ganz zu Unrecht – umgedreht, denn zwischen den Zeilen wird hier artikuliert, dass Privatfernsehen mit Nichten kostenlos ist sondern das Bildungsniveau bestimmter Zielguppen konterkariert und damit sogar Kosten verursacht.

Sollte dieses Modell der Privaten wirklich in die Tat umgesetzt werden, so gibt es zwei Gewinner: Die öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten im Speziellen und die Gesellschaft allgemein. Das können wir in der Tat einmal auf uns zukommen lassen.

Rösler Gesundheitsminister? Hilfe!!

Jetzt ist es – wie nicht anders zu erwarten – soweit: Der gebürtige Vietnamese und FDP-Mann Philipp Rösler zerschlägt das Solidarsystem der Gesundheitversorgung. Wo haben die diesen Bundeswehrarzt denn ausgegraben?

Der Hammer: Der Arbeitgeberbeitrag zur GKV wird eingefroren , der Arbeitnehmer muss Beitragssteigerungen alleine bezahlen – und: Dass unter einem FDP-Gesundheitsminister die Beiträge explodieren dürften, liegt auf der Hand. Unsozial und unsolidarisch ist, dass der Arbeitnehmer unter Umständen den Versicherungsbeitrag unabhängig vom Einkommen stemmen muss. Zwar soll hier mit Steuermitteln geholfen werden, aber: Wer bezahlt diese Steuern?

Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich lachen: Auf die Rückfrage eines Journalisten auf der gerade laufenden Pressekonferenz in Berlin, warum man gerade Philipp Rösler zum Gesundheitsminister mche, reichte die angesprochene Merkel die Frage gleich an Westerwelle weiter. Das sei, so sagte sie augenzwinkernd, keine Distanzierung zu Herrn Rösler. Nö, gar nicht.

Am heutigen Tag (zur Stunde läuft die Pressekonferenz) ist klar: Selbst wenn die „Regierung“ tatsächlich die niedrigen und mittleren Einkommen entlasten würde (woran ich allerdings nicht glaube – das haben sie nämlich noch NIE getan und dafür stehen sie auch nicht), würde es nichts nutzen: Der Plusbetrag, der durch Steuerentlastungen bliebe, würde sofort doppelt und dreifach von den Ausgaben gefressen, die privat zu leisten sind, um überhaupt eine Grundabsicherung zu erhalten.

Der Teufel soll das Pack holen!! Diese Regierung, wer dies bestreitet, ist ein Lügner, steht für soziale Kälte, Sozialabbau, Abschaffung staatlicher Leistungen und für wachstende Armu und: Angst.

Und nun geht es weiter: Ein Außenminister, der der englischen Sprache nicht mächtig ist. Und was will der Schäuble als Finanzminister? Der hat doch als Innenminister schon total versagt… Das Sprachrohr der Weinbauern, Brüderle, wird Wirtschaftsminister!! Was haben die denn bitte geraucht?? Kanzleramtsminister wird der Pofalla (gut, der passt zur Merkel, das ist nur stringent).

Da trifft Not auf Elend. Und reißt das ganze Land in den Keller. Scheiße.

Wir erleben knallharte Klientelpolitik – wer hat bitte die Partei der Besserverdienenden an die Regierung gewählt?

Gerde läuft die PK auf Phönix. Zum Gaudium der Journalisten und Zuschauer. Mit ernsthafter Politik hat das nix mehr zu tun.

Edit: Lesenswert: Schröders Erben beschließen die Kopfpauschale.

Was wird nur aus den Menschen?

Was wird nun nur aus den tausenden Menschen, die einstmals stolz waren auf ihre Quelle, auf ein Stück Wirtschaftswundergeschichte, auf das berühmte Fürth-Nürnbergerische Versandhaus, dem gestern Abend vom Insolvenzverwalter das Totenglöcklein geläutet wurde?

Was wird aus unserem Quelle-Turm, aus dem großen Kaufhaus an der Fürther Straße?

Nun haben sie es geschafft, die Banken, der Herr Middelhoff und Konsorten. Nun wird die Quelle, neben Grundig, Triumph-Adler, der AEG und etlichen anderen nicht nur aus der Unternehmenslandschaft und mit Logos und Shops aus unserem Stadtbild verschwinden sondern auch tausende Arbeitsplätze. Als ob die Region nicht schon genug gebeutelt wäre.

Foto: Quelle.com

Bis zuletzt wurden salbungsvolle Worte der Hoffnung an die Arbeiter gerichtet – umsonst. Derweilen hatte in den letzten Wochen eine Frau namens Madeleine Schickedanz nichts besseres zu tu, als zu jeder sich bietenden Gelegenheit in hochnotpeinlicher Weise zu bejammern, dass sie als ehemalige Multimillionärin auf den Hartz-IV-Satz zurückfallen würde.

Was wird bleiben? Zerstörte Hoffnungen, tausende Arbeitslose und der denkmalgeschütze Quelle-Turm an der Fürther Straße.

Foto: Wikipedia, CC-BY Jan-Eric Loebe.

Bündnis 90/Die StaSi

Es ist unglaublich. Unfassbar. Zuerst verrieten die Grünen den Politikwechsel im Saarland (und in Thüringen haben sie wohl auch kräftig mitgemischt). Und nun bedienen sie sich über die Länderparlamente hinweg genau der Methoden, die sie bei der Vergangenheit des politischen Gegners immer so anprangern.

Nun ist auch das komplette Formular für die bündnisgrüne Feindbeobachtung aufgetaucht – und zwar hier bei der taz.

Im Grunde darf man sich über die Instinktlosigkeit der Grünen nicht mehr wundern, aber ich fasse es immer noch nicht….

„Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern!“

Manche Wahrheiten schmerzen und diese besonders: „Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern!“ hieß es im Wahlkampf der Linken bei der saarländischen Landtagswahl. Und sie haben, das wissen wir jetzt leider, Recht behalten.

Diese grüne Partei, daran werden wir uns gewöhnen müssen, ist in ihrer politischen Ausrichtung derart umgeschwenkt, dass ein jeder Demokrat ernsthafte Schwierigkeiten hat, die ihm im Halse aufsteigende Kotze bei sich zu behalten.

Seit heute ist aber allen – auch den Naiven und Dummen – augenscheinlich klar: Wer grün wählt, wählt schwarz-gelb gleich mit. Oder plastischer: Wer grün wählt, wählt Sozialabbau, Atomkraft (sic!), den Kriegseinsatz in Afghanistan (gut, das wissen wir seit Schröder), wer grün wählt, wählt grünlich überlackierte Konservative. Haschisch rauchen, Wollpullis stricken und den Nachwuchs im Parlament stillen ist nicht mehr: Wer grün wählt, wählt die NullToleranz-Politik der CDU, die diskriminierende Politik von schwarz-gelb und die Familien- und Kinderfeindlichkeit gleich mit.

Im Saarland sollte ein Politikwechsel stattfinden: Die Wähler kippten die seit 1999 bestehende absolute Mehrheit der CDU. Die Saarländer wollten Lafontaine, anders lässt sich nicht erklären, warum die Linke von 2 Prozent 2004 auf über 20 Prozent gewannen. Das Eintreteder FDP in den saarländischen Landtag darf man als Watschn für die CDU interpretieren, aus den mageren fünf Sitzen, die diese Partei erringen konnte, einen Regierungsauftrag ableiten zu wollen, ist an den Haaren herbeigezogen.  Noch schlimmer sieht es nur bei den Grünen aus, drei (!) Abgeordnete können sie in den Landtag entsenden.

Und just diese Grünen – es ist eine Schande! – verhindern, in völliger Ignoranz ihrer Herkunft und ihrer Ziele, diesen vom Wähler herbeigewünschten und herbeigewählten Regierungswechsel. Denn: Eine Schwampel ist kein Wechsel sondern eine Beibehaltung der derzeitigen Regierung unter verschärften Bedingungen.

Grün, soviel ist klar, ist tot. Unter Schröder begann das Sterben dieser Partei – nun ist es zu Ende.

Hörbuch: Olaf Baale – Abbau Ost

Es ist lange her, dass ich ein so ausgezeichnetes Hörbuch im CD-Schacht hatte: Olaf Baales „Abbau Ost“ ist eine gelunge Bestandsaufnahme der deutschen Einheit – im Jahr 2008. Baale analysiert trennscharf, ehrlich und umfassend, warum Ostdeutschland wirtschaftlich in weiten Teile n darniederliegt. Und daran hat sich bis heute im Wesentlichen nichts geändert. Das Schöne und Wahre an Baales Betrachtung ist, soviel sei vorweg gesagt, dass dieses Hörbuch keine Abrechnung mit den Ostdeutschen ist – denn die können nichts dafür. Und Baale erklärt auf ganz wunderbare Weise, warum das so ist.

Foto: TechniSat

Bevor ich aber tiefer einsteige, möchte ich ein Zitat voranschicken, das sich auf der Seite „unsere-deutsche-einheit.de“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung findet:

Das Wissen um die künftige Entwicklung des Beitrittsgebiets belastet mich. Ostdeutschland hat sich von der konjunkturellen Entwicklung in Europa abgekoppelt. Ich lebe in einer Region, in der es Zeit meines Lebens – und bei optimistischer Prognose feiere ich zur Mitte des Jahrhunderts meinen 90. Geburtstag – stetig nach unten geht, in der sich die wirtschaftliche Situation und das gesellschaftliche Umfeld jedes Jahr ein wenig mehr verschlechtern. Die Situation in Ostdeutschland erinnert mich an einen dieser Kriegsfilme aus Hollywood, wo der Soldat tödlich getroffen am Boden liegt und sich sein Kamerad über ihn beugt. Der Soldat erkennt den Freund und sagt: Ich spüre meine Beine nicht mehr, und sein Kamerad antwortet, Tränen in den Augen: Halt durch! Du wirst bald wieder auf den Beinen sein. Und dann gehen wir zusammen am Strand spazieren, so wie du es dir immer gewünscht hast…. (Olaf Baale, am 4. Februar 2009)

Baale nimmt uns mit auf eine Reise in die DDR und die Wendejahre, er hilft zuerst, das Wirtschaftssystem der DDR zu verstehen, nicht nur mit seinen Schwächen und seinen Stärken. Er zeichnet ein präzises Bild der bundesdeutschen Wirtschaft vor dem Beitritt der DDR. Und er lässt beides im Kontext des Vereinigungsprozesses zusammenfließen – verständlich und strukturiert. Und dann fallen einem die Fehler des Einigungsvertrages deutlich auf. Hier endet die Betrachtung aber keineswegs: Welchen Einfluss hat das Parteiensystem auf die wirtschaftliche Entwicklung des Ostens? Was ist da eigentlich mit der Privatisierungswelle durch die Treuhandanstalt passiert? Welche Auswege antizipieren sich und wie schmerzhaft wird das für Gesamtdeutschland sein? Diese Fragen – man mag es kaum glauben! – versteht Baale zu beantworten. Und die Antworten liefert dieses Hörbuch.

Wer sich öfter Hörbücher von TechniSat zu Gemüte führt , der weiß, dass die Leistung der Sprecher – na sagen wir mal: Nicht immer so optimal ist. Diese CDs bilden eine vornehme Ausnahme, denn Olaf Baale liest sein Buch selbst. Und er kann nicht nur schreiben, er trägt sein Werk auch wunderbar vor.

Eine Hörprobe gibt es auf den Seiten von Techisat.

Dieses Hörbuch empfehle ich allen, die sich für die Geschichte der DDR und für Tagespolitik interessieren. Erkenntnisgewinn ist garantiert – und dabei ist der „Stoff“ noch nicht mal trocken. Hier kann man mit Spaß viel Neues erfahren und gute Argumente finden. Ich bin versucht, „Abbau Ost“ zu meinem persönlichen „Hörbuch des Jahres 2009“ zu küren.

Olaf Baale – Abbau Ost. Radioropa-Hörbuch 2008, 8CDs mit Bonus-mp3-CD, Laufzeit: gute 10 Stunden, EUR 16,90.

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