blog.fohrn.com

Wirtshaus-Explorer: Müller´s Restaurant, Nürnberg

Es ist an der Zeit, das Hohelied auf eine Wirtschaft zu singen, der wir seit einigen Jahren die Treue halten: Es handelt sich um Müller´s Restaurant am Keßlerplatz in Nürnberg.

Der „Müller“ ist eine gutfränkische, große Wirtschaft. Nichts verrückt abgehobenes, aber in dem, was er tut, ist er gut. Und hält sein Niveau über Jahre – was man ja auch nicht immer hat.

Wer die Gaststube der Wirtschaft betritt, der tritt ein in ein teils uriges, teils biederes und teils vor Kitsch strotzendes Ambiente – in jedem Fall präsentiert sich „der Müller“ stockkonservativ. Die Wände sind mit bemalten Holzflächen vertäfelt, Ölschinken hängen an der Wand mit Landschaftsmalereien á la „Birken am Fluss“ oder „Ruhender Bergsee“ und auf den Fensterbrettern und den zahllosen Simsen findet sich Kitsch und Nippes zu Hauf. Aus dem Lautsprecher tönt, gedämpft zwar, aber immerhin vernehmbar seit Jahren die gleiche Platte: Deutsche Schlager als Instrumentalvariation im Stile der 1970er Jahre – Fernsehbands.

Sollte man davon nicht abgeschreckt werden? Ist das nicht der Prototyp eines nippesbeladenen Rentnerwohnzimmer-Gruselkabinetts? Nein! Nein und nochmals nein! Denn diese Präsentation steckt, dafür sorgt der Chef Hans-Roland Müller, seine freundlichen Bedienungen und das Küchenteam – voller Leben. Und das Publikum dankt es und strömt zu Hauf – was eigentlich immer eine telefonische Tischreservierung zur Pflicht macht.

Kommen wir zu den Speisen und Getränken: Hier wir auf dreierlei Wert gelegt: Qualität, Quantität und Geschmack. Es ist gutbürgerliche, fränkische Küche angesagt in Müllers Restaurant – die Portionen sind riesig (!) und schmecken! Eine besondere Empfehlung hier ist das fränkische Schäufele mit wirklich fast immer ofenfrischer, rösch-krachender Kruste und butterzartem Fleisch. Dazu gibt es ein Kniedla, wie es weithin seines Gleichen sucht. Man würde es mit zwei Händen wohl zu fassen kriegen – aber die Hände würden sich dabei nicht berühren. Die Soße war ausnahmslos hervorragend und: Die Salatgarnitur ist immer frisch. Wer ein echtes fränkisches Schäufele essen will, eine ordentliche Portion vertragen kann und Wert auf Geschmack und Qualität legt, der gehe zum Müller.

Gleiches gilt im Übrigen für das Schnitzel und das Cordon Bleu, wobei hier gesagt sein muss, dass die Pommes prima, der selbstgemachte Kartoffelsalat aber immer ein bisschen laff ist. Selbstverständlich werden sie mit Butterschmalz in der Pfanne zubereitet und mit krosser Panade serviert, wie sich das gehört. Auch der Braten genießt über die Grenzen Nürnbergs hinaus Berühmtheit. Zum Thema Bier: Das gehört für viele ja zum fränkischen Essen dazu. Beim Müller wird Neumarkter Lammsbräu ausgeschenkt, das ist ein rein ökologischen Bier, das im Rufe steht, sehr gut zu sein. Als Nicht-Bierkenner kann ich dazu nichts sagen.

Nicht nur die Qualität der Speisen verdient Anerkennung, auch die Bedienungen sind freundlich und schnell und versuchen, dem Gast jeden Wunsch zu erfüllen. Alles in allem ist der Gast beim Müller gut aufgehoben und das Preisniveau ist – gemessen an der Größe der Portionen und der Qualität der Speisen in sehr akzeptablem Bereich.

Müller´s Restaurant, Keßlerstr. 4, 90489 Nürnberg, Telefon: 55 55 85

Zwanzig Jahre? Nun ist aber mal gut.

Eigentlich schade, dass ich das jetzt schreibe, aber irgendwie finde ich das wirklich so: Ich bin quasi mit den Fantastischen Vier aufgewachsen, mit „Vier gewinnt“, mit „Die Da“ mit dem Album „Lauschgift“ mit dem Hip-Hop-Speedmetal-Crossover-Dingens „Megavier“, mit dem Album „solo“ von Thomas D. Ich habe mich über die fehlende Schöpfungshöhe von „4:99“ geärgert. Nun kommt, verbannt ins öffentliche-rechtliche Digitalfernsehen, ZDFdoku, das Konzert zum zwanzigsten Bühnenjubiläum der sog. „Fantis“.

Und ich bin ein bisschen traurig. Denn früher fand ich diese Jungs wirklich innovativ. Anfang der 90er Jahre zeigten sie uns, dass Hip-Hop in deutscher Sprache geht, Mitte der 90er führten sie vor, dass Hip-Hop und Metal kein Widerspruch ist und gegen Ende der 90er überraschten die Fantastischen Vier mit neuen Sounds.

Und heute? Heute sind sie mir peinlich. Ein alter, schwitzender Smudo ist auf dem Fernsehschirm zu sehen, dem jede Power fehlt. Um diese fehlende Kraft zu kompensieren, um an den Glanz längst vergangener Tage anzuknüpfen, versucht er immer verzweifelter, sich selbst in Extase zu versetzen – vergeblich: Mehr als Geschrei bleibt nicht. Als gerade der Song „Schizophren“ zum besten gegeben wurde, war mir schlagartig klar: Mit den Fantastischen Vier ist es vorbei. Es kommt nichts mehr rüber. Gar nichts mehr. Es ist so schade um diese Band.

Darüber kann auch das hervorragend und präzise spielende weißrussische Symphonieorchester nicht hinwegtäuschen. Und wenn Smudo auf dem von der Bühne weit ins Publikum ragenden Laufsteg die Parade abnimmt ist das – Verzeihung – nur endlos peinlich. Wenn die Jungs ihre alten Erfolge nicht „verspielen“ wollen, dann tun sie gut daran, aus diesem Jubiläumskonzert ihr Abschiedskonzert zu machen.

Ich bin dreizehn Jahre jünger als Smudo. Wir sind also nicht so weit auseinander. Und trotzdem empfinde ich die ganze Band (vielleicht mag man da Michi Beck ein Stück weit ausnehmen) als unheimlich alt, langsam – einfach stehen geblieben – so gegen 98/99. Mit „4:99“ waren sie dann schon auf dem absteigenden Ast. Aber heute? Sie sind alternde Schwaben und sehen der Midlife-Crisis schon deutlich ins grinsende Gesicht. Diesen Charme versprühte zumindest die heutige, live übertragene Performance.

Wirtshaus-Explorer: Schuhbeck´s Orlando, München

Am Donnerstag, in München, sind wir im „Schuhbeck´s Orlando“ am Platzl eingekehrt – und es war toll. Das muss – auch wenn man hier eher von gehobener Gastronomie sprechen will – in den Wirtshaus-Explorer!

Man hat, sieht man vom Hofbräuhaus ab, das Gefühl, dass das ganze Platzl Herrn Schuhbeck gehört, denn neben dem eigentlichen Sternerestaurant, den „Südtiroler Stub´n“ gehört das Café und Bistro Orlando, die Orlando-Bar, ein Schokoladenladen, ein Gewürzladen und ein Eissalon zur Marke „Schuhbeck“. Und , wenn man schon mal da ist, warum nicht gleich mal testen?

Über die Mittagszeit haben wir im Außenbereich auf dem Platzl im Bistro Orlando ohne Reservierung einen Tisch bekommen, im großzügigen und schön restaurierten Lokal wäre das ebenso möglich gewesen. Der Service war jovial-münchnerisch. Was mich ernsthaft gestört hat (und das war dann schon das Einzige) war, dass der Kellner auch auf höfliche Rückfrage hin nicht bereit war, seinen Fehler zuzugeben und ernstlich behauptete, die Joghurt-Quark-Mousse mit frischen Waldfrüchten wäre aus feinstem Nougat (!) hergestellt worden (er hat einfach ein falsches Dessert gebracht).

Erstaunt (und positiv überrascht) hat mich Angebot und Preise der Getränke. Hier geht es fair zu, denn die Preise liegen auf „Nürnberger“ Niveau. Für München, für Schuhbeck und für das Platzl hätte ich teureres erwartet (und akzeptiert). Der Cappuccino war überdies sehr fein, röstfrischer Kaffee mit reichlich Milchschaum, auf dem nach bester Barista-Art ein Muster gezeichnet war.

Die Gerichte im Bistro würde ich, hätten sie nicht eine gewisse Raffinesse, als einfacher bezeichnen. Linguini wurden gereicht mit sommerlichem Gemüse und schwarzem Trüffel, dazu ein feier Espuma mit deutlicher, aber nicht übertriebener Knoblauchnote. Dazu natürlich frischer Parmigiano. Insgesamt eine gelungene Komposition für 13 Euro. Fast noch besser fand ich die Pizza á la Schuhbeck: Ein hauchzarter Teig, feurig-scharfe Salami, frisches Petersilienpesto, frische Champignons und Pecorino – fein gewürzt: Ich wusste bis Donnerstag nicht , dass es eine Feinschmeckerpizza gibt. Der Preis: 9 Euro. Zum Dessert gab es dann die bereits oben erwähnte Mousse, mit einer Kugel selbstgemachtem Erdbeereis mit leichter Kardamomnote und Waldfrüchten – sehr lecker, aber nicht das, was wir bestellt haben.

Preislich sind die Gerichte schon auf einem höheren Niveau (zum Beispiel kostet das Wiener Schnitzel 21,50 EUR und auch Schuhbecks Currywurst schlägt mit knapp zehn Euro zu Buche). Aber immerhin sind die Preise so gestaltet, dass es sich auch der „Normalverdiener“ ab und an leisten kann, wenn er denn will.

Mir hat es im Orlando richtig gut gefallen und ich will, wenn ich in München bin, auch wieder hin.

Einige Anmerkungen noch zu Schuhbecks Eissalon: Hier war ich sehr zufrieden. Eine Kugel Eis kostet im Straßenverkauf einen Euro. Und die Kugeln sind großzügig. Wer sich drei Kugeln Eis kauft, hat ordentlich was in der (Eis)tüte. Und es schmeckt. Exotische Sorten stehen zur Auswahl. Das ist wieder etwas, was ich am Schuhbeck-Konzept sympathisch finde: Das mit dem Eis ist was fürs Volk, denn anderenorts kostet eine Kugel Eis auch 80 Cent, ist aber weder so groß noch so gut wie bei Schuhbeck.

Zum Abschluss unseres Aufenthalts am Platz waren wir noch im Gewürzladen. Von Gewürzen verstehe ich nicht viel und ich konnte mit vielem, was dort angeboten wurde auch nichts rechtes anfangen – aber es muss gesagt werden, dass Schuhbeck ein ganz fantastisches Curry anbietet, dass in der heimischen Küche zur Currywurst oder einen selbstgekochten Chicken Korma ausgezeichnet passt.

Es waren zwei schöne Stunden am Platzl – und gar nicht abgehoben.

Aloha Limo

Der „Bionade“-Trend reißt nicht ab: Nachdem Bionade zum vollen Erfolg wurde, sprang auch Coca Cola mit seinem Produkt „Georgia“ auf den fahrenden Zug auf – selbst die kleinen Regionalbrauereien wie z.B. Frankenbrunnen mit seiner „BioLiebe“ sind dabei und nun gibt es schon wieder eine neue Bio natürliche Limo: Aloha. Also: Bionade-like, nur gebraut von Warsteiner und in stylish.

Diese beiden Sorten, „elderflower“ und „mango-Lime“ habe ich probiert, die geschmackliche Basis ist bei beiden in etwa gleich – diese Limo schmeckt malzig. Lediglich im geschmacklichen Oberton unterscheiden sich die beiden Sorten, „elderflower“ ist etwas runder, „mango-lime“ etwas sauer-spritziger. Und: Ganz nett.

Wir haben also ein neues Trendgetränk, eine Limo, die zu 100% natürlich sein soll, aber kein Bio-Siegel hat. Die Webseite der Limo, die von der International Brands Germany GmbH 6 Co. KG vertrieben und, wie schon gesagt, von Warsteiner gebraut wird (ob das ein Qualitätsmerkmal ist, möge jeder selbst entscheiden), gibt sich bewusst retro (Johannes , hatten wir´s nicht gestern von Super 8), Aufmachung, Flasche und Etikett gefallen – und drin ist: Eine Kreuzung aus Karamalz light und Limo. Wundert nicht – kommt ja aus einer Brauerei, das Ganze.

Und man gibt sich bei der Einführung der Limo wirklich Mühe und zeigt ein geschicktes Händchen fürs Marketing: So soll es, wie ich per Mail von Karel Jahns las, in Nürnberg in der gut beleumundeten Bar Europa eine „Aloha-Abend“ geben, wer kommt, bekommt eine Flasche geschenkt und ein Special DJ legt Aloha-Mukke auf. Chuck Norris trinkt Aloha? Es mag einem so vorkommen.

Mir geht der Vergleich mit dem Karamalz nicht aus dem Kopf…

Wirtshaus-Explorer: Gasthof „Goldener Stern“ Schwabach

Gestern waren wir in der mittelfränkischen Kleinstadt Schwabach im Gasthof „Goldener Stern“ – malerisch am Schwabacher Marktplatz gelegen – umrahmt von liebevoll restaurierten historischen Gebäuden. Es war ein sehr schöner Abend – dazu hat der „Goldene Stern“ nur einen kleinen Beitrag geleistet – und dennoch soll meine Kritik hier gnädig ausfallen.

Der „Goldene Stern“ – betrieben vom Koch und Küchenmeister Dieter Trutschel – hat Ambiente und verströmt mit seinem urigen Charme Gemütlichkeit. Wie auf dem Bild zu erkennen, präsentiert sich schon die Hausfassade liebevoll – ähnlich ist es mit der Gaststube und dem Biergarten. Überall ist das Gasthaus geschmückt mit netten, unaufdringlichen Details.

Wir saßen im Biergarten, der bei gutem Wetter mit einem kleinen künstlichen Wasserfall ein innerstädtisches Idyll ist. Man sitzt gut und fühlt sich wohl – die Getränke sind schnell und gut gekühlt gebracht. Dass es in unserer Ecke des Biergartens verdächtig nach Bio-Abfällen gerochen hat, sei verziehen. Ob man dort etwas essen möchte, sollte man sich aber überlegen:

Ich hatte ein fränkisches Schäufele mit Salatgarnitur. Ofenfrisch soll das Schäufele dort sein, wenn man der Speisekarte Glauben schenken mag. Der Fairness halber sei gesagt, dass die Salatgarnitur frisch und selbstgemacht war, das Dressing war hervorragend. Was man vom Schäufele nicht behaupten kann. Das hätte selbst dem Lehrbuben die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Die Qualität des Schäufele steht und fällt mit der Kruste – und diese Kruste ist auch ein sicherer Indikator, ob das Schäufele frisch ist oder eben nicht. Unser Schwein, das war nicht nur der Kruste sondern auch dem Geschmack des Fleisches zu entnehmen, trat seine Reise in den Schweinehimmel schon vor längerer Zeit an. Und dessen sterbliche Überreste dürften in der Trutschelschen Küche schon öfter aufgewärmt worden sein, bevor sie sich auf meinem Teller wiederfanden.

Ich komme nochmal auf die Kruste zu sprechen: Im Idealfall ist diese richtig knusprig, würzig, leicht salzig und lässt sich leicht und gut beißen. Wenn das Schäufele alt ist, dann ist die Kruste im Kern hart und außen klebrig – haftet also am Zahn, lässt sich schwer durchbeißen und schmeckt etwas seltsam. Willkommen im „Goldenen Stern“ – Fleisch und Kruste waren einfach nix. Das konnte auch die ordentliche Soße und der Kloß nicht mehr retten. Das Schäufele mag alles mögliche gewesen sein – ofenfrisch war es definitiv nicht.

Dass der Sauerbraten mit einer Menge ganzer Kirschen gereicht wird, mag eine Abwandlung des bekannten Rezepts sein. Vielleicht auch eine Schwabacher Eigentümlichkeit. Geschmeckt hat es meiner Schwester nicht, sie hat es nicht aufgegessen und man konnte vor der netten Bedienung auch nicht verstecken, dass es nicht geschmeckt hat.

Bei der Atmosphere und Gastlichkeit kann der „Goldene Stern“ voll punkten, die Speisen sind aber eines Lehrlings nicht würdig und rentieren keinen Weg. Mehr will ich dazu nicht schreiben.

Offener, nicht versendeter Brief an Frau Pauli

Sehr geehrte Frau Dr. Pauli,

es war schon toll, als sie es dem Stoiber ordentlich gegeben haben. Großen Fürsten muss ab und an auf den Fuß gestiegen werden. Und es hat ja gewirkt – vielleicht sogar nachhaltiger, als sie sich das je ausmalen konnten. Dafür genossen Sie – das soll nun nicht geschleimt sein – meinen höchsten Respekt.

Als Sie sich dann der wütenden Meute in Passau nicht nur präsentierten, sondern sich auch auspfeifen ließen – Respekt. Ich hätte das nicht gebraucht (und gebracht hat´s unterm Strich auch nichts). Aber: Den Mut muss man erst mal aufbringen.

Mein Respekt schwand etwas, als Sie sich für ein drittklassiges (und inzwischen eingestelltes) Männermagazin in fragwürdiger Pose ablichten ließen. Ich habe nicht alle Bilder gesehen, ich kaufe aber auch keine Männermagazine. Diese Bilder brauchte niemand, am wenigsten Sie selbst. Schwamm drüber, jeder macht mal einen Fehler.

Sie sind dann in die Freien Wähler eingetreten. Mein Respekt schwand zusehends, denn was wollen oder können die Freien Wähler, außer vergrätze CSUler von der Straße aufklauben? Sie wissen es nicht? Ich weiß es auch nicht. Macht aber nichts, die Freien Wähler wissen es selbst nicht.

Wenn man in so eine Partei frisch eingetreten ist, und man tönt herum, eine neue Partei gründen zu wollen, wie reagieren dann die Mitglieder dieser Partei? Ich kann es Ihnen sagen: Sie freuen sich nicht. Viel mehr noch: Sie ärgern sich. Und deshalb haben sie Sie auch rausgeschmissen. Mit was? Mit Recht!

Ok, Sie haben dann eine neue Partei aufgemacht – die „Freie Union“. Allein der Name ist nicht sehr originell. Aber wenn man zwischen Mittagessen und Kaffeetrinken eine neue Partei aus dem Boden stampft, dann langt es nicht zu mehr. Das kann ich einsehen. Das Parteiprogramm war auch nicht originell. Beim Parteinamen haben Sie einfach die Namen „Freie Wähler“ und „Christliche irgendwas Union“ zusammengeschoben und hatten dann „Freie Union„. Ich dachte immer, Politik sei was kompliziertes. Sie, liebe Frau Dr. Pauli haben mich eines Besseren belehrt. Beim Parteiprogramm haben Sie das offensichtlich ähnlich gemacht – die Rezeptur ist recht simpel: Man nehme eine mittelmäßige Predigt eines durchschnittlichen Baghwan-Jüngers und eine Sammlung nichtssagender – weil hohler – Politikerphrasen und schiebe das ganze zusammen. Noch schnell mit etwas Weltfrieden würzen und in die Friede-Freude-Eierkuchenform füllen und dann wenige Stunden in einem Münchener Bierkeller bei reichlich heißer Luft durchbacken. Fertig ist das Parteiprogramm. Respekt? Eher nicht so viel von mir verlangen, bitte. Aber immerhin habe ich mich köstlich amüsiert. Das ist doch auch was wert, Frau Dr. Pauli, oder?

Und was gedenken Sie nun zur Erheiterung ihre Volkes beizutragen? Sie machen Kader Loth (sic!) zur Frauenbeauftragten (sick! sic!)! Ich habe ernsthaft heute morgen auf den Kalender gesehen – einzig, um auszuschließen, dass heute der 1. April ist. Heute ist nicht der erste April. Frau Dr. Pauli, sie machen ernsthaft Kader Loth zur Frauenbeauftragten? Wirklich? Da könnten sie doch genauso gut Mahmud Ahmadinedschad für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Oder was hielten Sie von einer Honorarprofessur in Wirtschaftsethik für Herrn Ackermann? Frau Dr. Pauli, egal, was sie sich in letzter Zeit so einbauen, nehmen Sie weniger davon!

Liebe Frau Dr. Pauli, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine gute PR nicht so ganz Ihre Sache ist. Ich hätte da aber einen heißen Tipp: Mehr Aufmerksamkeit erreichen Sie – und boulevardesker kann man kaum auftreten – wenn Sie sich hier hinbegeben.

Auf fröhliche 0,3%!

Herzlichst,

Ihr

Michi.

P.S.: Frau Dr. Pauli, ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass über das Schattenkabinett Loth in der WELT nicht unter der Rubrik „Politik“ sondern in der Rubrik „Vermischtes“ berichtet wird?

P.P.S.: Fr. Dr. Pauli! Finger weg vom Telefonhörer! Das hier ist Satire! Nur so zur Info.

Die Junge Union erklärt ihre Mitgliederwerbekampagne

Nö, verklemmt sind die bestimmt nicht. Und es ist doch immer wieder ein Genuss, sich von politischen Profis „aufklären“ zu lassen.

Meine Lieblingsszene: Die Junge Union fährt geschlossen mit einem schwarzen, tiefergelegten Alt-Golf, musikalisch untermalt mit diesem „Drag-Dingens-tin-tey“-Sound zur Parteisitzung auf dem Acker vor. Oh, wie grottig ist das denn! Da hätte man sich den Rest des Beitrags glatt sparen können. Diese eine Szene sagt ALLES!

Miete senken zum Selbermachen – Das Abwertungskit.

Was Kreuzberg und dem Prenzlauer Berg in Berlin passiert ist, will man in Hamburg St. Pauli verhindern: Den Zuzug junger, „kreativer“ Reicher und die Verdrängung Ärmerer an den Stadtrand. Die Veryuppisierung von Stadtteilen nennt man auch „Gentrification“ und diese gilt es abzuwehren. Und dies hat sich die Initiative „Es regnet Kaviar“ auf die Flagge geschrieben.

Aber: Wie macht man das? Wie „senkt man seine Miete“ selbst? Das erklärt die Initiative in einem kurzen, sehenswerten Video:

Nicht einfach verasseln lassen – Fassadenmodifikation gegen Gentrification hat ein System – und ist doch so einfach…

Nichts desto trotz – das ist kein Hippie-Spaß sondern die Reaktion auf ein ernstzunehmendes Problem – denn allein um des sozialen Friedens in den Städten Willen muss die Gentrification frühestmöglich gestoppt werden. Alle Nürnberger Leser möchte ich daran erinnern, dass dieses Phänomen auch schon in Nürnberg um sich gegriffen hat, wenn man zum Beispiel manche Straßenzüge in Gostenhof oder Teile in St. Johannis betrachtet, wird man das merken (vom Nibelungenviertel in der Südstadt gar nicht zu sprechen).

Und doch bleiben letzte Zweifel: Wenn die im Video empfohlenen Maßnahmen tatsächlich in größerem Umfang ergriffen werden, lässt sich der „Fake“ von geübtem Auge schnell erkennen – und die Wirkung verpufft. Und gänzlich nutzlos erscheinen diese bürgerbewegten Aktionen in den Stadtteilen, in denen der Strukturwandel – die Yuppisierung – schon weit fortgeschritten ist.

Polizeifunk ruft

Gerade erst rausgekommen – von mir lange ersehnt – und nun (zumindest die ersten Teile) im Schacht meines DVD-Players: Es gibt die NDR-Vorabendserie „Polizeifunk ruft“ jetzt als DVD-Box. Wer die „Hafenpolizei“-Box gesehen und gemocht hat, der mag mit Sicherheit auch die Polizeifunk-Folgen (52 an der Zahl, jede dauert etwa 25 Minuten lang). Man darf diese Serie durchaus als Fortsetzung der „Hafenpolizei“ begreifen: Mit dabei ist wieder Kommisar Koldehoff, gespielt von Josef Dahmen. Und es gibt einen jungen Polizisten, eine „weiße Maus“, also einen Motorradstreifenfahrer, den Wachtmeister Hartmann – der Held der Serie, denn Hartmann stellt jeden Verbrecher, löst jedes Problem.

Und so spielen sie sich durch die Folgen, jagen Marihuanahändlern, stöbern Versicherungsbetrüger auf, nehmen eine Teppichhelerbande hoch, jagen Überfaller und trösten Überfallene.

Alles ein bisschen brav und bieder, alles etwas glatt und von der Story mitunter auch sehr gemütlich aber: Herrlich retro. Bis Folge 14 in schwaz/weiß, Ehrensache, dann in verblassten Farben und in mono. Mit einer wundervollen 60er-Jahre-Hamburg-Kulisse, dem schwarzen Bakelittelefon mit seinem unverkennbaren Schellen, grobgemusterte Strukturtapeten, Opel Admirals, Espressos (das sind Cafés, ich weiß um den Plural Espressi), Lederjacken, Hornbrillen, Tütenlampen, VW-Bullys, Speckpfannekuchen…

Noch habe ich nicht alle Folgen gesehen (aber das dauert sicher nicht mehr lange), und trotzdem empfehle ich diese Box jedem, der das alte Krimiflair mag. Ebenfalls Herausgekommen ist dieser Tage die Box „Hamburg Transit“ – der Nachfolger von „Polizeifunk ruft“. Darüber mehr, wenn ich das gesehen habe.

Bis dahin heißt es im Vorspann: „Großstadt, Technik, Menschen, Gefahr!“.

Polizeifunk ruft, 7 DVD-Box, rd. 3000 min. ARD-Video, etwa 44 Euro.

1 82 83 84 85 86 110