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Roadstar TRA-2350P: Ein Weltempfänger mit DX-Qualitäten für wenig Geld.

Nachdem ich letztens den elta-Taschen“welt“empfänger 3555 so verrissen habe, möchte ich Euch heute einmal zeigen, dass es auch anders geht und dass man für weit unter 100 Euro einen echt vernünftigen Weltempfänger mit vielen Features bekommen kann. Seit Mittwoch ist ein Roadstar TRA-2350P Weltempfänger mein Eigen – ich habe mit ihm jetzt ausführlich experimentiert und ich kann meiner Begeisterung über dieses Radio noch immer kaum angemessen Ausdruck verleihen.

Aber von Vorne: Radiohören auf Kurzwelle ist nicht jedermanns Sache, was unter anderem an den technischen Limitationen der Kurzwelle und  gebräuchlichen Heimempfängern liegt sowie am dargebotenen Programm, das mit Sicherheit nicht alle Radiohörer zu interessieren vermag. Da Kurzwellenrundfunk ein Nischendasein führt, technisch anspruchsvoll ist und in der Regel längerfristig nur das Interesse geneigter Hobbyisten trifft, sind hierfür geeignete Heim/Küchen- oder Autoradios nur selten anzutreffen. Und was mitunter als portabler Weltempfänger für Urlauber angeboten wird, die am Ferienort Nachrichten und Fußballergebnisse hören wollen, ist oft auch nicht wirklich für den KW-Empfang tauglich (vgl. das besprochene elta-Radio). Und in Zeiten von Internetradio, Radio über Satellit und digitalem Rundfunk via DVB-C rückt die Kurzwelle noch tiefer in ihre Nische. Und dennoch: Kurzwellenempfang ist spannend und kurzweilig.

Es ist aber auch kostspielig, geht man die Sache mit etwas Ernst an, denn geeignete Empfänger kosten ein Vermögen, billige Empfänger bringen auf UKW und Mittelwelle brauchbare Ergebnisse, vergällen einem aber oft recht schnell den Spaß an der Kurzwelle.

In den 1970er und 1980er Jahren war das durchaus noch anders. In Zeiten des Kalten Krieges nutzten das kommunistische wie das kapitalistische Lager die Kurzwelle gerne, um die gegnerische Seite grenzüberschreitend mit entsprechender Propaganda zu versorgen. Radio Moskau in Bayern? Kein Thema. Radio Free Europe in Mitteldeutschland? Auch kein Thema. Diese Angebote interessierten natürlich auch Nicht-Techniker und so traf man bei Heimempfängern nicht selten auch ein brauchbares Kurzwellenteil an. In den 1980er Jahren hörte ich mit dem Grundig Radiorecorder meines Vaters als Kind auf RIAS Berlin „Professor van Dusen“ – auf Kurzwelle, das war gar kein Problem. Und dass mein damaliger Universum-Radiowecker ein funktionstüchtiges KW-Teil hatte, war für sich betrachtet nichts ungewöhnliches. Heute sucht man auf vielen Radios die Kurzwelle vergeblich (und auch ein LW-Band ist längst nicht mehr Standard).

Jetzt bietet die Firma Roadstar einen Kurzwellenempfänger an, der diesen Namen echt verdient hat und der auch auf UKW und MW eine gute Figur macht. Yaesu tut das auch – seit Jahren und erfolgreich – der Roadstar-Radio ist aber auch bei sehr knappem Budget realisierbar. Und bringt dafür ordentlich Empfang und sinnvolle Features bei solider Verarbeitung.

Im Jahr 2006 trat ein relativ neuer, junger Anbieter für Radiogeräte auf den (zuerst chinesischen) Markt, die Fa. Redsun. So ist für Sangean, Degen und Tecsun ein neuer Konkurrent hinzugekommen. Allerdings habe ich noch nicht mitbekommen, dass Redsun auf dem europäischen Markt auftritt. Das besagte Radio wird hier von den Firmen elta und Roadstar vertrieben – entsprechend gelabelt und mit englischer Beschriftung versehen.

Hier gibt es ein sehr lesenswertes Review des Redsun RP2100 (so wird der Roadstar TRA-2350P auf dem chinesischen Markt verkauft) in Englisch. Noch bevor das Radio auf dem deutschen Markt verkauft wurde, hatte es auch außerhalb Chinas einige Freunde.

Und so ist es auch kein Wunder, dass sich mit den Firmen Roadstar und elta Importeure fanden, die das Gerät recht fix in den deutschen Markt einführten. So ist das Gerät nach wie vor auf den Seiten von Roadstar gelistet und kann unter anderem bei Conrad und Voelkner aus Nürnberg bezogen werden.

Bevor ich aber zum Unboxing und einer detaillierten Kritik des TRA-2350P komme, möchte ich Euch noch folgenden Link ans Herz legen: Eine Gruppe Honkonger Radio-Enthusiasten stattete der Firma Redsun einen Besuch ab und hielt auch die Produktion des RP2100 aka. TRA-2350P im Bild fest. Ich finde diese Bilder und den Kurzbericht sehr interessant (Detail am Rande: Es ist erkennbar, dass Redsun auch für Toshiba fertigt).

Nun aber erst einmal ein paar Bilder vom „Unboxing“:

Zum Unboxing: Das Radio wird in einer unspektakulären Schachtel geliefert, in der sich neben dem Gerät selbst ein Netzkabel, zwei Koax-Buchsen, die Garantiekarte und die Bedienungsanleitung befindet. Schon beim Auspacken merkt man: Das Radio bringt einiges auf die Waage, ist robust verarbeitet und hat den Charme der in den 1980er Jahren gängigen Geräte (und das ist keine Kritik – diese Apparate hatten ihre ganz eigene Eleganz und verstanden, durch Ergonomie der Bedienelemente zu überzeugen).

Auf den Bildern lässt sich schon das ein oder andere Feature erkennen:

Das Display ist groß und lässt sich beleuchten. Es ist gut ablesbar – allerdings könnte der Kontrast besser sein. Der Tuningknopf, das Abstimmrad, dominiert das Bedienfeld – es ist, wie man es sich wünscht: Es verfügt über ein leichtes Feedback, sitzt aber fest und „wabbert“ nicht. Auch die Tasten sind hintergrundbeleuchtet – ein angenehmes Feature. Mit der „Light“-Taste auf der Oberseite des Empfängers lässt sich die Beleuchtung steuern. Mit der daneben gelegenen „Snooze“-Taste wird der Weckvorgang unterbrochen, wenn man in Radiobetrieb draufdrückt, lässt sich der Quittungston der Tasten abstellen (und das ist notwendig, denn der nervt recht schnell).

Es gibt frontseitig zwei Drehschalter, um zwischen den Rundfunkbändern zu switchen – der obere schaltet FM mono und stereo sowie den AM-Bereich in einen „Wide“- und „Narrow“modus (das macht auch bei entfernteren Stationen Spaß, lassen sich im Widemodus bessere Empfangsergebnisse bei schwachen Signalstärken erzielen und im Narrowmodus werden – abhängig von der Senderstärke, Störgeräusche eliminiert). Mit dem unteren Bandschalter lässt sich zwischen Mittelwelle, Kurzwelle 1 und Kurzwelle 2 sowie 3 wechseln.

Folgende Frequenzbereiche werden empfangen:

  • UKW: 87,5 bis 108 MHz in ganzen MHz-Schritten bzw. 0,01 MHz-Schritten
  • MW: 522 bis 1620 KHz in 9 KHz-Schritten oder wahlweise
  • MW: 520 bis 1710 KHz in 10 KHz Schritten (z.B in den USA gebräuchlich)
  • SW1: 1711 – 10010 KHz
  • SW2: 9990 – 20010 KHz
  • SW3: 19990 – 29999 KHz, jeweils aufs KHz genau abstimmbar

Das bedeutet nichts anderes, als das vom 11m-Band bis auf 120 Meter alles empfangstechnisch abgebildet wird, bei nur zwei mal Umschalten nahezu durchgängig – das ist schon geil.

Weiterhin interessant ist die Spiegelfrequenzdämpfung. Sie beträgt für

  • UKW > 46 dB
  • MW > 60 dB
  • KW > 40 dB

Bei der Kurzwelle wären mindestens 60 dB schon nett gewesen, aber man darf nicht vergessen, dass ein Wert von etwa 40 dB für ein Heimgerät immer noch ganz anständig ist.

Ich habe in der Galerie eine Makroaufnahme vom Aufkleber gemacht, der auf die 50 Stationsspeicher hinweist. Das mag auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär sein, aber es hat damit natürlich etwas auf sich: Den TRA-2350P gibt es in zwei Versionen, die sich nicht ohne weiteres voneinander unterscheiden lassen: Mit Speichermöglichkeit und ohne Speichermöglichkeit. Wer sich das Radio kaufen will, sollte also beim Händler unbedingt erfragen, ob die Speichermöglichkeit gegeben ist. Das ursprüngliche Modell (und auch einige, die in Deutschland vertrieben wurden), hatte diese nämlich nicht.

Weitere Features: Es kann zwischen der Lokalzeit und einer frei zu wählenden Weltzeit gewechselt werden (hierfür gibt es auch beim Empfang zu Hause eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit – man konfiguriert einfach die UTC). Dann gibt es noch einen Höhen- und Bassregler, einen Regler für AM-Verstärkung, einen Umschalter für interne und externe Antenne, einen Sleepmodus, zwei programmierbare Weckzeiten… Man vermisst eigentlich nichts.

Die Stromversorgung: Das Radio lässt sich auf unterschiedliche Weise mit Energie speisen. Zunächst einmal ganz klassisch über das Lichtnetz (230V), der Trafo ist eingebaut. Weiterhin gibt es eine 6-9 V-Gleichstrombuchse (sollte jemand auf die Idee kommen, das Radio zu importieren oder sich in anderen Varianten aus China zusenden zu lassen, besteht auch bei abweichender Lichtnetzspannung die Möglichkeit, das Radio an einem entsprechenden Trafo zu betreiben). Und – und das ist ein sowohl nettes wie auch durchdachtes Feature – der Batteriebetrieb ist ausgezeichnet umgesetzt: Es können Mono- und Mignonzellen parallel eingesetzt werden, man hat also immer eine Energiereserve zur Verfügung. Statt normaler Batterien lassen sich wahlweise Akkus verwenden – das am Lichtnetz angeschlossene Radio lädt sie auf Wunsch.

Zum Empfang (das wichtigste):

Der Roadstar TRA-2350P hat auf allen Wellen einen guten bis sehr guten Empfang: Zu meiner Testumgebung ist zu sagen, dass ich das Radio über vier Tage im Norden Nürnbergs in der Nähe des Flughafens getestet habe und das die Empfangsbedingungen hier nicht optimal sind, weil Flugradar und die Funksysteme den Empfang bei normaler Unterhaltungselektronik immer wieder beeinträchtigen. So ist zum Beispiel beim tricc iCube mit einfachem UKW-Empfangsteil immer wieder zu beobachten, dass bei B4 Klassik immer wieder der Funkverkehr zwischen Tower und Flugzeug einstreut. Dem Roastar macht das aber kaum etwas aus.

Der Empfang auf UKW ist sehr ordentlich un stabil, Überreichweiten habe ich im Testzeitraum nicht empfangen können. Weiterhin auffällig ist das Abstimmgeräusch auf UKW – es ist vorhanden, mich stört es nicht, aber es ist e ben vorhanden. Im Stereobetrieb ist bei eisen Passagen im Programm selbst der Ortssender ein Rauschen vernehmbar – das könnte echt besser sein.

Schon auf Mittelwelle, ab etwa 19 Uhr, zeigt sich die ganze Stärke des Radios – der Empfang ist durchweg gut und stabil, es kann präzise abgestimmt werden. Das macht richtig Spaß. Auch der schwache WDR ist aud Mittelwelle in Nürnberg zu empfangen, die Stimme Russlands sowieso, etliche französische und holländische Sender – prima. On3-Radio, der Jugendsender des BR wird auf  MW in Nürnberg gesendet: Der Sender ist hervorragend zu empfangen, es sind keinerlei Störungen zu verzeichnen, und das Signal übersteuert auch nicht. Ich bin vollauf zufrieden.

Der Kurzwellenempfang kann durchweg überzeugen: BBC World Service und Deutsche Welle sind unkritisch, ebenso die Stimme Russlands und Radio Belarus. Aber auch Nordkorea und Vietnam waren problemlos zu empfangen, genau so wie Radio France, die Niederlande, andere osteuropäische Sender… Auf 41 und 49 Meter könnte der Empfang kaum besser sein. Auf den Tropenbändern tut sich mit der eingebauten Antenne wenig bis gar nix – hier muss ich noch mit einer Langdrahtantenne experimentieren, dazu bin ich aber noch nicht gekommen.

Es lässt sich sagen: Mit Bordmitteln lässt sich bereits etliches empfangen. Das Fading ist absolut erträglich, mit Spiegelfrequenzen gibt es kaum Probleme. Zudem bietet der TRA-2350P eine Anschlussmöglichkeit für Antennen für alle Wellenbereiche. Das macht nicht nur Lust auf mehr sondern bietet auch die Möglichkeit.

Nun bringt der Empfänger per se keinen Single Side Band – Empfang mit, was als Nachteil gewertet werden kann. Es ist aber möglich, einen entsprechenden „Adapter“ am ZF-Ausgang anzuschließen und somit SSB-Empfang zu ermöglichen. Und das ist u.U. sogar günstiger, als irgend ein eingebautes Teil mit zweifelhafter Qualität. Bei Youtube findet sich sogar eine kurze Videodemonstration:

Auf die selbe Art und Weise ist anderen bastelfindigen Besitzen des Radios sogar DRM-Empfang gelungen. Hier auch. Klar – hier wird die Decodierung des Signals vom PC übernommen, das Signal gelangt über die Soundkarte in den Rechner. Das finde ich ein sehr spannendes Experiment, so weit bin ich seit Mittwoch aber noch nicht vorgedrungen (auf ähnliche Weise habe ich in 2004 bereits mit DRM experimentiert – da hat das IIS Fraunhofer eine Empfängerbox mit Festfrequenz für ihren DRM-Sender Bitexpress für ein paar Euro angeboten – so gesehen ist man mit dem TRA-2350P schon ein ganzes Stück flexibler).

Ich halte fest: So einen ZF-Ausgang sucht man in dieser Preisklasse bei der Konkurrenz vergeblich – deutlicher: Mir ist kein einziges Gerät diesseits der 100-Euro-Marke bekannt, dass dieses Feature mitbringt!

Ein weiteres interessantes Moment: Selbst UKW-DXer interessieren sich für das Gerät!

Der eingebaute Lautsprecher überzeugt: Höhen und Tiefen werden sauber wiedergegeben. Der Klang ist für einen eingebauten Lautsprecher sogar richtig gut.

Fazit: Das Radio ist für 60 bis 70 Euro zu haben. Zu diesem Preis ist das Gerät konkurrenzlos. Die günstigen YachtBoys spielt es ohne Stress an die Wand. Es gibt kaum Kritikpunkte. Das Preis/Leistungsverhältnis ist einwandfrei. Mit diesem Empfänger kann man schon einen Einstieg ins SWL-Hobby wagen. Ich bin kein allzu aktiver SWLer, aber ich kann es ja noch werden. Gerne mit dem Roadstar TRA-2350P.

Die Hypo Alpe Adria wird eine österreichische Staatsbank. Und wer darfs zahlen? Bayern.

Liebe Leserin, Lieber Leser,

bitte tut mir einen Gefallen: Bitte schaut Euch dieses Video an. Ja, es ist vom BR, von quer, es ist nicht mal lusting. Aber: Bitte schaut es Euch an!

Wer´s nicht als Video sehen kann, der lese es im Artikel der Basler Zeitung (von heute) nach: Jörg Haider (!) hat uns also dieses Ei ins Nest gelegt. Jörg Haider. Und das Geld verschenkt und sich so wählen lassen und sich feiern lassen. Unfassbar!!

Nun rechnet die Rheinische Post uns vor, dass das Experiment mit der Hypo Alpe Adria die Bayern LB (und damit den Steuerzahler) 3,75 Milliarden Euro kostet. Das dürfte aber bei Weitem nicht alles sein: Die Bayern LB muss ja in ihere Bilanz den Buchwert der jetzt an Österreich „verschenkten“ Bank auch noch abschreiben. Wie hoch der dort angesetzt ist, weiß ich gerade nicht (aber das dürfte kein kleiner Betrag sein) und der sinkt jetzt (!) von Viel auf Null (meint man auch hier).

Der Kurier (eine österreichische Zeitung) tut dann aber irgendwie so, als ob das für die BayernLB Peanuts wären, kommt aber nicht umhin, einzugestehen, dass der Freistaat Bayern 2008 erst einmal 10 Milliarden Euro draufgeworfen hat. Was hat die Bayern LB dafür bekommen? Einen Euro. Muss Wien eigendlich den symbolischen Euro überweisen? Den Kontoauszug würde ich sehr gerne sehen!!

Wer hat das Ding eigentlich gekauft? Die BayernLB (da mischen auch die bayerischen Sparkassen mit). Und wer hat dafür unterschrieben? Ede Stoiber, Huber, Beckstein… Und wer darfs bezahlen…?

Wirtshaus-Explorer: Der Schinkenwirt in Hiltmannsdorf

Ich bin froh, dass es keine allgemeingültige Definition von Gemütlichkeit im Kontext der Gastronomie gibt, denn dies würde mich , gäbe sie es, schwer in die Breduillie bringen, wenn ich über den Hiltmannsdorfer Schinkenwirt schreibe.

Es gibt sie immer noch, diese fränkischen Wirtshäuser auf dem Land, bei denen man meint, dass die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Hier kommt man an das große Wirtshaus, mitten im Dorf, das auch wirklich noch ein Haus ist, in dem auch die Wirtsleute wohnen. Die Fensterscheiben dieser Wirtshäuser sind gerne aus kleinen, gelb durchfärbten Scheiben mit Struktur im Glas, die an Butzenscheiben gemahnen, wenn man nur genug Phantasie aufwendet. Die Wirtshaustür ist aus Eiche – und sie ist schwer. Der Eingangsbereich ist gerne deckenhoch gefliest, vorwiegend in Ockertönen. Diese Fliesen findet man auch auf den Toiletten, ein wiederkehrendes Thema, gleichsam. Wie die Tür ist auch der Schanktisch und die Stühle in der Wirtsstube in Eiche, die Tischplatten sind Eichenfurnier oder noch klassischer: Resopal. An nicht selten in Eierschale getünchten Wänden hängen Bilder – Malereien oder Fotografien, die Bäume, Hirsche, ganze Landschaften – immer aus der Region – zeigen. Dazu gesellen sich immer wieder Schützenscheiben. Und über jedem Tisch hängt ein kupferner Lampenschirm. Der Gastraum verfügt neben den Stühlen über ein stilbildendes Must: Die im gesamten Raum umlaufende Sitzbank gehört unbedingt dazu.

Jetzt scheiden sich die Geister, ob man das gruselig oder gemütlich findet. Auf jeden Fall gehört so ein Wirtshaus in jedes Dorf und leider sterben diese Wirtshäuser immer öfter. Wenn man in so einem Wirtshaus sitzt, dann kann man schon mal gerne vergessen, dass man im Hier und Jetzt, im Jahre 2009 ist. Man könnte, wären die Preise auf der Karte nicht in Euro ausgewiesen, auch im Jahr 1978 oder 1985 sein – die Zeit scheint zu stehen.

Die Erfahrung lehrt allerdings: Gerade in diesem Ambiente, verbunden mit der Lage auf dem Land, kann man in solchen Wirtshäusern gut und günstig deftig essen. Und genau das ist beim Schinkenwirt in Hiltmannsdorf der Fall.

Gestern haben wir das wieder einmal getestet. Das Schweineschnitzel mit Kartoffelsalat mag hierbei nicht die Königsdisziplin sein – allerdings lässt sich hieran schon ablesen, welcher Standard in einem solchen Wirtshaus gefahren wird.

Das Schweineschnitzel muss zuerst dünn, groß und „saftig“ sein, die Panade sollte kross sein und sich leicht vom Schnitzel wellen. Selbstverständlich ist das Schnitzel in der Pfanne im Butterschmalz zu schwenken und herauszubacken, ein absolutes No Go sind Schnitzel aus der Fritteuse. Der Kartoffelsalat verlangt eine gute Würze und eine mittlere Konsistenz. Zu mehlig und trocken darf er nicht sein, schleimig geht gar nicht. Ein absolutes Must ist, dass er stets selbst gemacht und frisch zubereitet ist. Alles andere verbietet sich.

Dieses „Pflichtenheft“ erfüllt der Schinkenwirt ausnahmslos: Große, saftige Pfannenschnitzel mit herrlicher Panade, groß und duftend und ein hervorragender Kartoffelsalat liegen auf dem Teller. Es gibt am Schnitzel nichts, aber auch wirklich nichts auszusetzen. Die Getränke kommen frisch gezapft auf den Tisch (das sollte man an und für sich nicht eigens erwähnen müssen, aber heute bekommt man immer wieder ein Bier ohne Schaum oder ein Spezi ohne Kohlensäure gebracht – leider, nicht so in Hiltmannsdorf).

Einmal in der Woche gibt es selbstgemachte Blut- und Leberwürste, ab und an Schlachtschüssel. Mit einer Besonderheit , die viele unseres Alters gar nicht mehr kennen, kann der Schinkenwirt zudem aufwarten: Der Leberkäs, der aber nicht aus hochfeinem Brät gebacken wird, sondern eher wie ein Hackbraten daherkommt – eine Spezialität nach alter Väter Sitte. Zudem findet man auf der Karte das ganze fränkische Programm: Rinderbraten, Schweinebraten und gemischter Braten, Schäufele und in den „R-Monaten“ natürlich der Karpfen. Kloß mit Soß. Und deftige Brotzeit. Man wird nichts vermissen beim Schinkenwirt.

Das hat sich natürlich herumgesprochen, deshalb sollte man telefonisch vorreservieren. Und auch die Öffnungszeiten sind nicht durchgängig – derzeit hat das Lokal Mintag , Dienstag und Freitag Ruhetag. Ein Anruf bei den netten Wirtsleuten verschafft Klarheit.

Schinkenwirt, Alte Dorfstraße 11, 90556 Hiltmannsdorf. Telefon: 75 16 30. Eine Anfahrtsskizze und GPS-Koordinaten gibt es hier.

Elta 3555. Was taugt der Billig-Weltempfänger?

Der Markt ist voll von billigen Taschenweltempfängern, als kleinen tragbaren Radios, die über eine gespreizte Kurzwelle verfügen – und die, wie gesagt, für wenig Geld zu haben sind. Der Elta 3555 ist mein drittes Radio dieser Art – zuerst hatte ich mir in den 90er ein No-Name-Gerät litauischer oder polnischer Fertigung gekauft (das überraschend gut war, leider haben es die „Brüder“ geschafft, das kaputt zu machen). Dann hatte ich einen YachtBoy von Grundig (in Porsche-Design), der war sehr chic und brachte ordentlichen Empfang, mochte aber keine hohe Luftfeuchtigkeit und auch kein Spritzwasser. Und nun habe ich mal dieses Billiggerät gekauft. Bei Amazon kostet es um die 15 Euro, ich habs für 12 bekommen und in diversen Grabbelkisten in Supermärkten wurde es schon für unter zehn Euro gesichtet. Was kann man davon erwarten?

Nicht viel, so möchte man denken. Das stimmt auch, aber eben nur zum Teil.

Das Radio kommt in einer einfachen Faltschachtel, es liegt eine Plastikschutzhülle bei, die so halbwegs passt und eine „Bedienungsanleitung“ mit ohne Information in mikroskopisch kleiner Schrift und Übersetzungsversuchen in gefühlten vierzig Sprachen. Nichts, was erhellt, nichts, was man braucht.

Das Radio ist etwas größer und dicker als eine Zigarettenschachtel, wiegt etwa 200 Gramm und müffelt leicht nach Chemie, wenn man es aus der Schachtel befreit.

Betrieben wird es mit zwei AA-Batterien und mit den läuft es und läuft es und läuft es – zehn, fünfzehn Stunden bestimmt.

Bedienbarkeit: Das Flüssigkristalldisplay verleiht dem Radio einen Touch von komplexer Elektronik. Das kann man vergessen. Sender werden grundsätzlich manuell abgestimmt, Sender speichern kann man nicht. Was unkomfortabel klingt, ist auf Reisen ein echter Vorteil: Hier dreht man einfach das Abstimmrad zum gewünschten Sender – fertig. Kerine Band“scans“, kein umständliches Programmieren – einschalten, abstimmen, fertig. Die Senderfrequenz wird dabei digital im Display angezeigt – bei meinem Gerät stimmte die Anzeige um 0,1 MHz nicht – damit kann man gut leben. Wenn das Radio ausgeschaltet wird, dann erscheint für eine Sekunde auf dem Display irgend was kryptisches und dann die Urzeit. Das Display ist nicht hintergrundbeleuchtet und dient – wie gesagt, bei der Abstimmung eher als Schätzeisen.

Das Radio lässt sich auf UKW und MW hervorragend abstimmen, denn der „Tuning“-Knopf ist verhältnismäßig straff zu bedienen – fast schwergängig. Klingt nach Nachteil, ist aber ein Vorteil, weil man zum Abstimmen kein großes Fingerspitzengefühl braucht. Die Empfangsstärke ist auf UKW ok, die Ortssender sind gut empfangbar, auch die starken Sender des BR kommen sauber rein. Auf Mittelwelle tut sich abends erst richtig was, das ist bekannt – hier würde ich die Empfangsleistung des Radios als ausgesprochen gut bezeichnen. Die Sender kommen klar und störungsfrei, überlagern sich nicht. Im Bereich der Kurzwelle (und das ist für ein solches Radio nicht Kür sondern Pflicht!!) sieht es dunkel aus. Um die 49m klappt der Empfang leidlich, bei 16 m tut sich gar nix, mit dem Antennchen ist, das ist mir klar, ist nicht die Welt zu holen, aber dass der Empfang so mager ist, hätte ich nicht gedacht.

Der Kurzwellenbereich ist auf sieben Bänder aufgespreizt, im Band 1 und 2 gibt es ein bisschen was zu hören, aber nicht viel. Das Programm der DW war nicht zu bekommen. Die Bodenwelle des Bayerischen Rundfunks auch nicht. Das ist schon arm! Asien? Afrika? Fehlanzeige. Im Kurzwellenbereich macht der 3555 nicht nur eine schlechte, sondern fast gar keine Figur.

Zum Klang: Das Ding kostet etwas über zehn Euro. Man kann also nicht so viel erwarten – das vorweg. Bei mittlerer Lautstärke arbeitet der kleine Lautsprecher nahezu verzerrungsfrei – es ist kein Problem, Nachrichten zu hören. Auch einem Hörspiel kann man gut folgen. Musik aller Art macht damit gar keinen Spaß, aber hierfür ist das Radio wohl auch nicht gedacht. Am Kopfhörerausgang (mono, aber auf beide Kanäle geschaltet), kommt mächtig Saft an, hier muss man die Lautstärke maßvoll vorwählen, sonst tut das Ohr weh. Das Radio hat, bei Kopfhörer- wie Lautsprecherbetrieb, ein ordentliches Eigenrauschen, mein Radio hatte zudem auch ein kleines dauerhaftes Störgeräusch auf allen Wellen, auch bei abgedrehter Lautstärke (wohlgemerkt: Im Batteriebetrieb).

Für wen mag so ein Radio sinnvoll sein? Zum Kurzwellenempfang, egal ob gelegentlich zu Hause oder auf Reisen, taugt es meiner Meinung nach nicht. Musik will man damit auch nicht wirklich hören. Wer auf UKW oder Mittelwelle Nachrichten oder Fußballergebnisse hören mag, das Ding zum Grillen mitnimmt oder im Geräteschuppen Berieselung will, der kann mit dem Radio schon Spaß haben. Ich habe meines jemandem geschenkt, der genau das damit macht.

Es hat im Übrigen auch eine Weckfunktion, die habe ich aber nicht getestet. Ich selbst bin nur mäßig von dem Radio begeistert. Für das kleine Geld kann man, so denke ich, auch nicht recht viel mehr erwarten. Das Preis/Leistungsverhältnis ist im Wesentlichen schon ok.

Wer hat den längsten?

Die deutschen Blogcharts waren ja immer wieder mal in der Kritik ob ihrer Aussagekraft. Ich hab´ mich nie wirklich dafür interessiert, bis ich heute – durch Zufall – das jedem zugänglichre „Digitaler Schwanzvergleich“-Tool entdeckt habe. Geil!

Armer Sascha Lobo. Bwahahahaha!

(btw: Ich glaube mittlerweile auch, dass die Daten der DBC nur mäßig aussagekräftig sind, aber Spaß macht es schon)

Das GEZanke geht weiter…

In der heutigen Printausgabe der Nürnberger Nachrichten wird auf der ersten Seite (sic!) getitelt: Kein Fernseher, aber zahlen?

Dem Bericht zufolge diskutieren die Ministerpräsidenten der Länder gerade zwei Varianten, wie man vermittels „Rundfunkgebühr“ dem Bürger noch tiefer in die Tasche greifen will:

Dazu zähle die Einführung einer Rundfunkge­bühr auf alle Haushalte, unabhängig davon, ob dort ein TV-Gerät vorhan­den sei oder nicht.
Die zweite Variante sei eine Fort­setzung der bisherigen Praxis bei aller­dings umgekehrter Beweislast. Dann müsste ein Rundfunkteilnehmer in jedem Fall die volle Gebühr zahlen, es sei denn, er kann nachweisen, dass er kein Fernsehgerät besitzt.

Brennt denen der Kittel??

Beide „Varianten“, die unsere Landesväter da diskutieren, sind absolut inakzeptabel. Bei ersterer würde man quasi eine Zwangssteuer für öffentlich-rechtlichen Rundfunkeinführen – das darf nicht sein, denn wer die (nicht bestellte) „Leistung“ Radio und TV nicht in Anspruch nimmt, weil er keine Geräte zum Empfang bereithält, muss dafür nichts zahlen. Ein Nichtraucher muss ja auch keine Tabaksteuer zahlen. Oder sollte ich hier irren?

Bei der zweiten, der Beweislastumkehr, ist anzumerken, dass sie geltendes Recht im Grundsatz verletzt: Wenn jemand von mir Geld will (in unserem Fall die GEZ im Auftrag des ÖRR), muss der mir nachweisen, dass ich Waren oder Leistungen von ihm bezogen habe. So ist das mal. Wäre dem nicht so, könnte die Telekom jedem Bürger Deutschlands morgen eine Rechnung in beliebiger Höhe zusenden – und der arme Bürger müsste dann den Gegenbeweis antreten…

Beweislastumkehr? Das wäre unter dem Strich auch ein Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung. Warum? Selbst wenn ich vor Zeugen und auf Videoband dokumentiert habe, wie ich meinen Fernseher beim Wertstoffhof verschrotten lasse, könnte ich immer noch nicht beweisen, dass ich keinen Fernseher mehr habe. Schließlich könnte ich ein Zweitgerät besitzen. Oder aber mir nach dem Verschrotten einen neuen Fernsehr gekauft haben. Der Beweis könnte letztlich nur angetreten werden, wenn jemand unangemeldet in meine Wohnung kommt und jeden Winkel und Schrank auf einen Fernseher durchsucht. Ist es verhältnismäßig, die Unverletzlichkeit der Wohnung in Frage zu stellen, um eine Handvoll Schwarzseher zu ertappen?

Warum fangen jetzt eigentlich die Ministerpräsidenten das Spinnen an? Die Berliner Morgenpost hat eine Antwort:

Die neue Regelung soll den Wegfall von Gebühreneinnahmen durch Fernsehabstinenz kompensieren.

Aha. Wenn weniger Leute fernsehen (vielleicht, weil sie darauf keinen Bock haben), dann muss man nicht das Programm verbessern, um Anreize für das Fernsehen zu schaffen – nein, es genügt, wenn man irgendwelche Tricks ausheckt, damit die Kohle weiterhin stimmt. Schön, jetzt weiß ich auch, wie unsere Ministerpräsidenten so ticken.

Es kommt noch schlimmer:

Bei der „modifizierten Geräteabgabe“ soll für ein internetfähiges Smartphone, einen Laptop oder PC die gleiche Abgabe fällig sein wie für Fernsehgeräte.

Diese Saubande! Bislang musste ein Computer- oder Smartphonebesitzer dafür die GEZ-Radioabgabe blechen, was an sich schon eine bodenlose Frechheit ist und von den Gerichten immer wieder abgewatscht wird. Nun soll der Computerbesitzer für diesen noch mehr an die GEZ abdrücken: Knapp 18 Euro pro Monat.

Ich kann mich an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen: Wer sich ein Handy kauft, der wird damit nicht Radio hören wollen, sondern telefonieren. Dafür sind Handies nämlich gemacht. Und wer einen Computer kauft, will damit programmieren, schreiben, rechnen, bloggen …, dafür sind nämlich Computer gemacht. Wer Radio hören will, was wird der sich kaufen? Na? Richtig. Ein Radio. Denn Radios sind zum Radiohören gemacht.

Klar kann ich mit dem Handy und dem Computer Radio hören. Mit meinem Mikrowellenherd kann ich die Katze exekutieren. Mit meiner Badewanne kann ich Bier brauen. Und aus meinem Briefkasten kann ich ein nettes Vogelhäuschen zimmern. Das geht natürlich alles. Aber dafür sind Mikrowellenherd, Badewanne und Postkasten nicht gemacht. Liebe Ministerpräsidenten, habt Ihr die Logik begriffen?

Mir unterstellt niemand, dass ich privat Bier braue, weil ich eine Badewanne habe. Mir unterstellt niemand, dass ich der Katze ans Fell will und mir unterstellt auch niemand dem Erhalt heimischer Singvögel dienende Bastelarbeiten. Wieso unterstellt man mir aber jetzt, dass ich mit dem Computer Radio höre und wieso will man mir ab 2013 unterstellen, dass ich mit dem Computer fernsehe werde? Ich kapier das immer noch nicht…

Update: Hier erhebt ein Quasi-Befürworter einer „Mediennutzngspauschale“ seine Stimme – mit hinreichend guten Argumenten. Allein, mir fehlt der Glaube, dass dadurch etwas besser wird. Dann könnte man auch eine allumfassende Kultursteuer einführen (an der die ÖRR dann auch mitschnappen müsste)…

Urban Priols Tilt! – Der Jahresrückblick 2009

Wir gehen ja einmal im Monat ins Kabarett. Zumindest versuchen wir es – und für den Dezember stand Urban Priols „Tilt!- Der Jahresrückblick“, bekannt aus dem Dritten, auf dem Programm.

So zog es uns gestern in die Nürnberger Meistersingerhalle – wir wussten allerdings vorher nicht, dass der BR die Veranstaltung aufzeichnete.

Im Großen und Ganzen war es ein gelungener Abend. Priol war „körperlich“ in Höchstform, er spielte ganze drei Stunden (und da ist die Pause schon weggerechnet).

Foto: Wikipedia, Benutzer Plumpaquatsch, CC-BY-SA

Allerdings – und das war nicht nur mein Gefühl, hat es Herrn Priol dann doch etwas an Biss gefehlt. Er nahm sich viel Zeit (weit über zwei Stunden) um mit unserer alten Bundesregierung und unserer Kanzlerin, dem „Ostgsteck“ abzurechnen. Im Vergleich hierzu ging er aber mit der neuen – wesentlich schlimmeren – Bundesregierung geradezu freundlich um. Gut, Westerwelle bekam ein bisschen was ab, Pofalla sowieso (aber das ist ja schon ein running gag), mit Frau Köhler (Kristina) und unserem neuen Asialettenminister Rösler ging er, gemessen an seinen „alten Zeiten“ fast liebevoll um. Man fragt sich schon, ob er mit dem Alter braver wird oder der BR bzw. das ZDF hier ein bisschen mitschnacken, damit es bestimmten Personen nicht allzu sehr an den Kragen geht. Oder ist das allein meine Wahrnehmung, hat mich die Radikalität eines Pispers und Kling schon so versaut?

Und manches aus dem neuen Jahresrückblick war allen, die „Tilt!“ und Priols Programme generell in der letzten Zeit verfolgt haben, gar nicht neu. Musste er sich 2007 noch frühmorgens ein Bier aufmachen, um die Schreibe von Hugo Müller-Fock zu ertragen brauchte er 2009 schon einen Schnaps. Die im Bunker von jeder dem Geiste zuträglichen Frischluftzufuhr abgeschnittenen Denker unserer Gesetze und politischen Schlagworte sind auch kein neues Motiv und auch mit dem altbekannten Bahn-Bashing erzielte Priol schon früher Erfolge.

Nichts desto trotz – etliche Gags waren gut und saßen auch.

Was den Kabarettgenuss allerdings erheblich trübte, war die Aufzeichnung des Bayerischen Rundfunks – all überall Kameras und auch in den hinteren Reihen wurde das Publikum mit der sog. Steadycam immer wieder gefilmt. Und auch an Herrn Priol kamen die fußläufigen Kameraleute nah heran – was der Sicht nicht immer zuträglich war. Ich fühlte mich jedenfalls auf eine unangenehme Weise immer beobachtet – so ein unangenehmes Gefühl hatte ich bei einer Liveaufzeichnung aber noch nie.

Dass überhaupt das Fernsehen da war, hat mich gewundert, ist die Meistersingerhalle bekanntermaßen nicht die hübscheste Kulisse – und auch sonst bin ich „Tilt!“ ja aus Priols Aschaffenburger Hofgartentheater gewöhnt.

Wer an Priols Jahresrückblick Spaß hat (und gestern nicht dabei sein konnte) der kann sich die Fernsehaufzeichnung diese Woche im Bayerischen Rundfunk, drittes Fernsehprogramm ansehen:

Donnerstag, 10. Dezember ab 21.45 Uhr (Teil 1) und

Freitag, 11. Dezember a 22.45 Uhr (Teil 2).

Hier ist der Link zur Sendung.

Eigentlich ein guter Grund, aus der Kirche auszutreten…?

Die Existenz Rummelsbergs ist an und für sich der beste Grund, aus der Kirche auszutreten. Ich tue es, das sei vorab gesagt, natürlich nicht, denn die evangelische Kirche hat – Gott sei Dank! – etliches mehr zu bieten, als Rummelsberg. Aber wenn jemand „wegen Rummelsberg“ aus der Kirche austräte, so könnte ich diesen nur beglückwünschen – als Mensch mit Herz und Verstand.

Es gibt, das muss gesagt sein, noch einen Menschen mit Herz und Verstand – und Mut: Der Journalist Michael Kasperowitsch, der in den Nürnberger Nachrichten nicht nur widerkehrend über die Situation sozial Benachteiligter schreibt (und ihnen, so mutmaße ich, unter Umständen mehr hilft, als so mancher Rummelsberger Bruder). Es ist insbesondere Kasperowitschs Verdienst, dass die Öffentlichkeit über die Rummelsberger Machenschaften in Kenntnis gesetzt wird (und als Folge hiervon Überlegungen immer lauter werden, den Rummelsbergen im Speziellen oder der Diakonie an sich nichts mehr zu spenden – was ich, ginge das Geld an Rummelsberg, für eine exzellente Idee halte).

Was ist passiert?

Wer die regionalem aber auch überregionale Presse der letzten Monate (es geht ja schon fast ein Jahr durch die Medien) verfolgt hat, der weiß, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Rummelsberger Anstalten und Rektor der Brüderschaft, Karl-Heinz Bierlein, Diakonenschüler über Jahre systematisch körperlich misshandelt hat. Er wurde auch wegen gefährlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt – geschadet scheint es dem einstmals vielgelobten „Top-Manager“ und Pfarrer indes nicht zu haben, ist er inzwischen doch wieder Vorstandsvorsitzender, diesmal der Johannes-Seniorendienste in Bonn.

Nun macht der nächste Skandal aus Rummelsberg die Runde: Mitglieder der Leitungsebene haben – wie christlich und getreu dem Bibelwort „Wer hat, dem wird gegeben“ – erheblich in die eigene Tasche gewirtschaftet. Selbst das evangelische Sonntagsblatt Bayern kommt nicht umhin, festzustellen, dass Bierlein sich zwei Jahre, bevor er gehen musste, sich ein Beraterhonorar in Höhe von 2000 Euro monatlich zu seinem Gehalt genehmigen ließ. Diesen Beratervertrag hat ein weiterer braver Christ, ein Gefolgsmann Bierleins, Christian Tölken, mitunterschrieben.

Wen will es wundern, dass gerade dieser Christan Tölken, als er im Jahr 2006 das System Rummelsberg verließ, sich für kirchliche Verhältnisse wahrhaft fürstlich abfinden lässt. 450.00 Euro (sic!) schob sich der Kirchenman in die Tasche.

Das alles ist keine lässliche Sünde mehr, besonders, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich die Rummelsberger Führungsspitze die Taschen zum Bersten vollstopfte, während quasi zeitgleich die Rummelsberger die Zeitarbeitsfirma PAKT gründeten, die, wen wundert es, auf Ihrer Webseite wenig transparent, nicht mit ihrer Zugehörigkeit zu Rummelsberg kokettiert.

Oder etwas plastischer: Während sich die Oberen fürstlich bedienten, wurden die Arbeitnehmer via Zeitarbeitsfirma „flexibel“ gehalten.

Nun, das Image der Rummelsberger ist in der nächsten Zeit im Arsch. Und mit was? Mit Recht! Da kann der Konzern machen, was er will. Auf der eigenen Webseite wird kräftig nachtarockt. Es ist eine peinliche Vorstellung.

Eine Aussprache über den Bericht von Michael Kasperowitsch, der an diesem Tag in den Nürnberger Nachrichten zu lesen war, bildete den ersten thematischen Schwerpunkt an diesem Tag.

Solche Sätze, so harmlos sie klingen mögen, sind kennzeichnend für das System Rummelsberg. Dass hier nicht die zahllosen Verfehlungen der Rummelsberger genannt werden, aber der Name Kasperowitschs, ist eine Stillosigkeit, deren man in der Rummelsberger Kommunikation mehrere findet. Doch das Problem ist nicht dieser der Wahrheit verpflichtete Journalist der NN – das Problem ist Rummelsberg.

„Der Artikel hat wehgetan“, bekannte Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Bub. Er hätte lieber eine Überschrift gelesen, „In Rummelsberg wird erfolgreich an der Zukunft gearbeitet.“

Man möchte kotzen, aber es bleiben einem vor Schreck die Brocken im Hals stecken. Statt sich – auch in der Öffentlichkeit – reflektierend mit den eigenen, massiven Problemen auseinanderzusetzen, möchte man der Presse nun vorschreiben, was sie zu schreiben habe. Wie gesagt: Man möchte kotzen! Analog zu dieser Denke offenbaren auch Sätze wie

In der Versammlung wurde immer wieder auch von Männern und Frauen aus dem Plenum dafür plädiert, den Blick nicht nur in den Rückspiegel zu werfen, sondern auch nach vorne zu sehen.

das Rummelsberger Mindset. Denen ist nicht mehr zu helfen. Nur bleibt zu fragen, wie jemand, dem nicht mehr zu helfen ist, denn anderen Hilfe angedeihen lassen will (oder welche Qualität diese Hilfe hat).

Nun ziehen erste Kirchengemeinden Konsequenzen: Der Kirchenvorstand der mittelfränkischen Gemeinde Thann hat beschlossen, erst mal nicht mehr für die Diakonie und damit auch Rummelsberg zu sammeln. Ich ziehe meinen Hut vor diesen Aufrechten! Zwar argumentiert nun die Diakonie, dass nur ein kleiner Teil der eingeworbenen Spenden an die Rummelsberger geht und der Spendenboykott damit auch „unschuldige“ diakonische Einrichtungen in Bayern träfe – aber diese Argumentation scheint vor dem Hintergrund, dass sich jeder Spender den Empfänger selbst wählen kann – auch einzelne Institutionen und Organisationen, etwas hölzern. Hier mag sich vielleicht auch die Angst vor sinkenden Spenden verbergen. Zu danken hätte es die Diakonie wem? Den Rummelsbergern!

Ich gebe zu: Die Überschrift dieses Posts ist sehr provokativ. Mir fiele es im Traum nicht ein, aus der Kirche auszutreten, nur weil in Rummelsberg nichts mehr richtig zu funktionieren scheint. Rummelsberg ist weder groß genug noch bedeutend genug, dass sich deren (allerdings massives und gehäuftes) Fehlverhalten einen Kirchenaustritt rechtfertigen würde. Es gibt zudem in der Landeskirche gute Leute und Institutionen, die es rechtfertigen, in der Kirche aktiv zu bleiben. Ich kann aber jenen verstehen, der diesen Schritt geht, weil er nicht bereit ist, das System Rummelsberg mit seiner Kirchensteuer mitzufinanzieren.

Der Spendenboykott indes scheint mir eine gute Sache zu sein. Die Diakonie wird erst begreifen, dass es sinnvoll ist, sich von Rummelsberg zu trennen, wenn es weh tut. Zudem: In Rummelsberg hat man schon wieder ein dickes Minus eingefahren (und das nicht erst seit gestern und seit diesem Jahr). Wenn ein Minus vor der Bilanz steht und sich einzelne Vorstände dicke Prämien ausbezahlen, dann ahnt man schon, dass hier höchste Gefahr ist, dass die Spendengelder versickern.

Update: Und – Rette sich, wer kann! – schwups, schon ist auch der Bub weg. Bwahahahaha!!

In einer persönlichen Erklärung begründete Bub dies damit, dass „gerade in den letzten Wochen einiges geschehen ist, was für mich jenseits der Grenze des Zumutbaren lag. Das betrifft unter anderem manches, was in der Presse zu lesen war, manche Äußerungen von einzelnen Brüdern und ein unterschiedliches Verständnis von Leitung zwischen Teilen der Brüderschaft und mir.

Ach, nee. Bedaure. Da sagt/schreibt jemand was, was nicht passt – und zack und wech? Na ja, Rummelsberg eben. Bwahahahaha!!

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