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Kirchhof: Rundfunkgebür für jedermann – auch ohne Radio, Fernsehen und Internet

Die Rundfunkgebühren, aus denen sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert, sind rückläufig. Dafür sind mehrere Gründe denkbar. Viele Menschen, insbesondere junge Menschen, melden gar kein Rundfunkgerät an. Teils „illegal“, teils aber auch legal, weil sie weder Radio noch Fernsehen besitzen (ja, solche Leute gibt es, ich kenne ein paar, die weder ein Radio noch einen Fernseher haben und auch nur an der Uni ins Netz gehen). Und dann gibt es immer mehr Menschen, die keine Rundfunkgebühr bezahlen müssen, weil sie entweder Hartz IV bekommen oder nur über ein so geringes Einkommen verfügen, dass sie ebenfalls nicht gebührenpflichtig sind. Und dann gibt es noch jene, die zwar zahlen könnten und müssten, es aber nicht tun, weil sie das Angebot des ÖRR nicht nutzen oder es einfach viel zu schlecht finden. Und dann gibt es da noch den vielzitierten demografischen Wandel: Die Bevölkerung wird einfach weniger und damit fließt auch weniger Rundfunkgebühr – da nutzt kein Jammern, Zaudern und Zagen.

Nun könnten die Landesrundfunkanstalten gegensteuern, in dem sie weniger Geld verschwenden, sparsamer haushalten, Synergien besser nutzen usw. Davon ber ist nicht die Rede. Die Rede ist seit einiger Zeit, wie man dem Schwinden der Rundfunkgebühr begegnen kann. Und weil bislang kein tragfähiges Konzept auf dem Tisch lag, engagierte man nun Professor Kirchhof, um etwas zu unternehmen. Professor Kirchhof? Ja , genau! Der Kirchhof, der den Deutschen noch im Gedächtnis ist durch seine Schwachsinnsidee mit der „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“.

Was hat der Professor aus Heidelberg nun wieder ausgeheckt? Seit heute ann man es einsehen, auf carta.net, denen der Entwurf des Staatsvertrages zur Rundfunkfinanzierung zugespielt wurde. Ich habe da mal kurz drübergelesen und fasse zusammen:

In Zukunft

  • soll für jeden Hausalt eine Rundfunkgebührenpauschale erhoben werden, unabhängig davon, ob Radios, Fernseher oder „neuartige Rundfunkgeräte“ bereitgehalten werden oder nicht
  • laut carta.net soll dieser Pauschalbetrag eine Höhe von 18 Euro pro Monat haben
  • auch für Zweit-oder Ferienwohnungen soll die Pauschale zu entrichten sein
  • für „Betriebsstätten“ wird ebenfalls ein Pauschalbetrag erhoben, der je nach Beschaffenheit aber auf bis  zu einem Drittel des vollen Satzes reduziert sein kann
  • die Befreiungen werden beibehalten
  • die GEZ bleibt weiter mit dem Inkasso der Gebühr beauftragt
  • ist explizit geregelt, welche personenbezogenen Daten der GEZ mitgeteilt werden müsse

Das alles ist noch nicht Gesetz – wird der Staatsvertrag aber angenommen, dann gilt das.

Herr Kirchhof scheint mir eine Art neuzeitlicher Midas zu sein – alles was er anfasst, wird zu Scheiße.

Die Pauschalrundfunkgebühr ist extrem unfair. Jeder, der bis dato nur ein Radio hatte unddafür die „verringerte“ Rundfunkgebühr zahlen musste, wird nun komplett zur Kasse gebeten. Auch muss jede „Betriebstätte“ zahlen – auch dann, wenn gar kein Rundfunk empfangen wird. Es gibt so viele Verkaufsstellen, Lagerräume , Büros, Imbisswagen, Kioske, Bäckereien, Werkstätten… in denen kein Radio gehört und nicht fern gesehen wird – mir sind auch Produktionsstätten bekannt, wo das aufgrund von Lärm auch gar nicht funktioniert.

Die Besitzer von Lauben, Datschen und Wochenendhäuschen sind ebenso betroffen – wer dort nur ein Radio hat (und viele brauchen in der Datsche keinen Fernseher, haben vielleicht noch nicht einmal einen Stromanschluss dafür) muss trotzdem blechen.

Nicht zuletzt sind all jene die Gearschten, die bewusst auf die Teilnahme am Rundfunkempfang verzichten, die den ÖRR – aus welchen Gründen auch immer – boykottieren und ihm das Geld entsagen, dass er ihres Erachtens nicht verdient. Ein freies Land mit Zwangsgebühr für einen Rundfunk, den bei Weitem nicht jeder nutzt? Herr Kirchhoff, Sie haben schon wieder versagt – langsam wird es peinlich.

Kommentarspam in WordPress blocken mit WP Captcha-Free

Gestern hat sch in den Kommentaren eines Posts eine kleine Diskusion entwickelt, wie mit Kommentarspam hier auf dem Blog umgegangen werden kann.

Die Ausgangssituation ist recht fix beschrieben: Seit einigen Monaten habe ich mit Kommentarspam hier im Blog zu kämpfen – es handelt sich um Kommentare von einem VladislavXX oder VladimirXX (wobei XX für eine wohl fortlaufende Nummer steht). Diese „Kommentare“ sind zumeist in kyrillisch abgefasst. Außerdem kommen noch die Klassiker á la „Buy Levitra online“ oder „hoy to enlarge your penis“ dazu.

Das Problem ist bekannt: Bots, also Rechner, die das Versenden von Kommentarspam automatisiert durchführen, füllen die zum Kommentieren vorhandenen Felder automatisch mit ihrem Mist aus. Dagegen kann man etwas tun: Ein Plugin für eine Captcha-Abfrage installieren. Das hat den Vorteil, dass hier gegengecheckt wird, ob an der Tastatur ein Mensch sitzt oder ob ein Bot spammt. Der Bot kann, selbst wenn er eine recht gute OCR verwendet, die verfremdeten und in einer Grafik hinterlegten Texte nicht auflösen. Der Mist an der Sacheist nur, dass machein echter Benutzer auch so seine Probleme mit der Auflösung der Textgrafik hat. Ein solches Captcha ist zwar eine recht gute Möglichkeit, Spammer von den Kommentaren auszusperren, aber irgendwie freut man sich auch nicht, jeweils beim Kommentieren kryptische Grafiken dechiffrieren zu müssen.

Eine einfache (und bislang effektive) Alternative ist WP Captcha-Free. Das ist ein kleines Plugin, dass auf einem recht simplen Prinzip basiert. Das Plugin misst einfach die Zeit zwischen dem Aufruf eines Posts und dem Kommentieren. Ein Bot spammt in der Regel sofort los. Ein Mensch braucht mindestens die Zeit, sich auf der Seite zu orientieren, bevor er kommentiert. Diese wenigen Sekunden, ihre Zufälligkeit in der Länge, genügen, um einen Hash-Wert zu generieren, auf Grundlage dessen entschieden wird, ob nun der Bot oder ein Mensch kommentiert.

Der Vorteil für den Besucher des Blogs liegt auf der Hand: Die gewohnte Kommentarumgebung ist optisch identisch und es müssen keine Captcha-Rätsel geknackt werden.

Wie aber ist das Plugin zu installieren? Es ist simpel:

  1. Bei WordPress runterladen
  2. Entpacken
  3. den Ordner per FTP in das Verzeichnis /plugins der WP-Installation hochladen
  4. das Plugin im Adminmenü aktivieren

Es läuft stable und hilft – bis heute ist kein Spam aufgelaufen.

GEMA vs. YouTube

Youtube wird immer beschnittener: Nachdem schon Videos ohne Ton bei Youtube aufgetaucht sind und auch das Deutsche Rundfunkarchiv sich jetzt dafür einsetzt, dass Dokumentationen, die Material des Archivsverwenden, von der Videoplattform verschwinden, folgt nun die nächste Runde im Streit um urheberrechtsgeschützte Inhalte: Die GEMA hat, so berichtet Heise Online, die Lizenzverhandlungen mit Youtube für gescheitert erklärt. Der Meldung zufolge liegt aber die Löschung von Inhalten, deren Künstler und Komponisten die GEMA vertritt, gar nicht in deren Interesse. Das ist klar: Nur wenn viel Musik gehört oder im öffentlichen Raum gespielt wird, verdient die GEMA Geld. Ohne Hörer keine Kohle.

Umso verwunderlicher ist der Schritt, den die GEMA nun geht: Nach dem sie die Verhandlungen abgebrochen hat, will sie nun eine Allianz aus acht europäischen und einer US-amerikanischen Verwertungsgesellschaft schmieden. Klar ist, dass dann der Druck auf Youtube steigen würde und man mit wesentlich stärkerer Rückendeckung um die Lizenzgebühren verhandeln könnte.

Dies würde aber nur dann etwas nutzen, wenn es der neuen Allianz der Verwertungsgesellschaften gelänge, ihre Inhalte tatsächlich komplett von Youtube löschen zu lassen. Das liegt aber nicht in ihrem Interesse. Denn auch bei der GEMA weiß man, dass es für den User ein Leichtes ist, Inhalte, die nur für ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region gesperrt sind, trotzdem anzusehen.

Ein Leichtes? Wer sich den Fuß der Youtube-Startseite mal genauer ansieht (hier ein Screenshot davon), der bemerkt, dass man dem Videoportal locker sagen kann „Ich sitze in Indien und spreche Deutsch“. Und schon sind die Videos frei zugänglich. Auf die Idee hat mich übrigens Michi vor einiger Zeit gebracht – ich selbst wäre gar nicht auf die Idee gekommen, die Youtube-Startseite zu lesen. Es mag einem so vorkommen, als ob Youtube alles dafür täte, dass möglichst viele User möglichst alle Videos sehen können. Klar, denn Sperrungen liegen auch nicht im Interesse von Youtube, schließlich verdient man Geld durch Werbung, die nur dann angezeigt wird, wenn man bei Youtube Videos guckt.

Irgendwie beißt sich die Katze in den Schwanz: Die GEMA kann an der Sperrung oder Löschung von Inhalten ihrer Künstler und Autoren kein Interesse haben, wird ihre Interessen über kurz oder lang nur dann befriedigend durchsetzen können, wenn sie zu ebendiesen Mitteln greift.

Gibt es eine Lösung? Ihr kennt meine Haltung – hier ist mal wieder der Moment gekommen, sich ernsthaft über die „Kulturflatrate“ zu unterhalten.

NRW-Wahl: Der Politikwechsel gelingt nur mit der Linken

Nach dem großen Freudentaumel am gestrigen Wahlabend in Nordrhein-Westfalen folgt nun das Zähneklappern. Die CDU ist „stärkste“ Partei – mit einem Vorsprung, der nur unter dem Mikroskop erkennbar ist (0,1 Prozent) und mit Stimmverlusten von über zehn Prozent. Die Westerwellen-Partei, die bei der Bundestagswahl einen seltsamen Höhenflug erlebte, ist wieder auf das Normalmaß zurückgestutzt worden, denn die Besserverdienenden wählen inzwischen Grün.

Hinzugewonnen hat die SPD mit ihrer etwas altbackenen Spitzenkandidatin Kraft zwar genau gar nichts, aber bei den Sozn feiert man, dass man nicht ins Bodenlose gestürzt ist – zu Recht. Doch, oh Schreck, oh Graus, einer fehlenden Stimme wegen will sich keine rot-grüne Regierungmehrheit einstellen.

Was ist nun in NRW möglich? Schwarz-Gelb zum Glück nicht. Schwarz grün geht auch nicht. Was bleibt?

Es bleibt zum einen die Möglichkeit, eine sog. „Große Koalition“ zu bilden – das hat dann mit Politikwechsel nichts mehr zu tun und ist, betrachtet man sowohl die Verluste bei der CDU sowie die der SPD die Koalition der Verlierer. Merkel will die Koalition der Verlierer – getrieben von der Angst, dass ihr in der Länderkamer die Felle davonschwimmen. Dass eine „Große Koalition“ keine Alternative sondern ein Schmarrn ist, wissen wir seit der Bundestagswahl 2005. Mit Politikwechsel, das muss der SPD klar sein, hat das nichts zu tun.

Und dann? Rot-Grün wäre mit der Linken möglich, entweder mit direkter Regierungsbeteiligung oder zumindest unter Tolerierung. Erst dann – und nur dann – könnte ein Politikwechsel eingeleitet werden. Doch hier stolpert die SPD mal wieder über ihre eigenen Füße, so wie sie es im Saarland, in Thüringen und einstmals in Hessen getan hat. Es wird immer deutlicher: Die SPD kann nicht mehr ohne die Linke.

Nur: Sozialdemokraten sind leider beratungsresistent. Und auch frei von Visionen. Sozialdemokraten geht es selten um Veränderung, wichtig ist ihnen eigentlich nur, an der Macht zu sein. Das wiederum eint sie mit den Grünen, die sich auch mit der CDU in die Kiste legen. Den Sozn undden Grünen geht es – das mussten wir seit 1998 erfahren – um nichts als Macht. Vernünftige Politik ist dabei selten herausgekommen. Deshalb ist besonders schön, dass die Linke gestern den Einzug in den Nordrhein-Westfälischen Landtag geschafft hat. Denn jetzt sind Schwarz, Rot und Grün gezwungen, die Hosen herunterzulassen. Sind sie feige, gibts die roße Koalition. Damit schaufelt sich die SPD aber ihr eigenes Grab – ist ihr der Absturz ins Bodenlose doch nur erspart worden, weil die Menschen zum einen Rüttgers und zum anderen die Schwarz-Gelb in Berlin leid sind.

Die Linke könnte das Korrektiv einer Rot-Grünen Koalition sein – wir wissen (auch wenn es viele nicht wahr habwen wollen), dass das bitter nötig ist.

Und dennoch: Wieder besseres Wissen werden nun die Weichen auf große Koalition – die Koalition der Verlierer – gestellt.

Das Leben ist (k)ein Wunschkonzert. Mit der Musik-Flatrate.

[Trigami-Review] Wie kommt man dieser Tage, da das Downloaden von Musik aus Quellen wie BitTorrent etc. verboten ist und man bei legalen Downloaddiensten entweder ein kleines Vermögen für Songs hinblättert oder aber die Nutzung der gekauften Musik dank digital rights management keinen Spaß macht, denn günstig zu legaler, DRM-freier Musik?

Man kann, das ist legal, die Musik aus dem Radio aufnehmen. Zu Kindertagen in den 80ern funktioniete das mit dem Radiocassettenrecorder und der Pausetaste desselben. Wir erinnern uns: Das Ergebnis war selten perfekt und die Prozedur war zeitaufwändig. Heute könnte man das mit einer entsprechenden Software und dem Internetradio bewerkstelligen, doch auch hier sind Nachteile zu erwarten, denn die Titel werden selten sauber getrennt und noch viel seltener sauber getagged. Manuelles Nachpflegen ist notwendig und das braucht gut und gerne genau so viel Zeit wie das Ding mit dem Radiorecorder und Bayern 3. Außerdem muss der Rechner Tag und Nacht laufen, um ein halbwegs ordentliches Ergebnis zu bekommen und man zeichnet zwangsläufig erstmal jeden Mist auf – die Festplatte ist fix voll, aber das, was an interessanter Musik hängenbleibt, rechtfertigt den zu betreibenden Aufwand kaum. Songs selber von Webradiostreams aufzuzeichnen ist – das weiß jeder, der es mal versucht hat – recht inconvenient.

Doch es gibt nichts, was sich nicht irgendwie outsourcen lässt. Das mit dem Internetradio-Aufzeichnen muss man nicht selbst tun (das ist auch nicht sinnvoll – für das Geld, dass so ein selbstgezimmerter Server in der eigenen Butze im Jahr Strom saugt, würden ein Haufen Limited-Edition-Alben rausspringen und wie gesagt, man saugt sich jeden Schrott auf die eigene Platte), das erledigt ein Dienst namens ZEEZEE für ein paar Euro im Monat. Wie aber funktioniert das? ZEEZEE ist erst mal nichts anderes als ein Onlineportal, dass eine recht komfortable Musiksuchfunktion bereit hält. Über diese Suchfunktion kann man recht praktisch eingrenzen was man will. Hinter jedem Song und Album, das gelistet ist, findet sich ein kleiner Aufnahmebutton. Wenn man den drückt, fliegt der entsprechende Song auf eine Art „Haben-will“-Liste. Und wenn er in einem der zahllosen Internetradiostreams, die ZEEZEE empfängt, läuft, fliegt der Song auf die eigene Platte. Auf die eigene Platte? Das ist nicht ganz richtig und nicht ganz falsch – wer sich bei ZEEZEE registriert, der bekommt beim Kooperationspartner SpaceCo in Waiblingen eine Art Mini-Webspace zur Verfügung gestellt. Und darauf werden dann die gewünschten Songs oder Alben aufgezeichnet. Als MP3 – mit einer minimalen Bitrate von 128k. Das Ergebnis ist also immer hörbar – aber nicht immer „audiophil“. Die meisten Songs kommen übrigens im 192k – das ist durchaus ok.

Die herutergeladenen Songs werden mit Interpret, Titel, Album und Tracknummer sauber getagged. Sobald die Songs da sind, lässt sich das auf der ZEEZEE-Webseite einsehen. Hier steht eine Rubrik „Meine Wunschliste“ mit den angeforderten und eine Rubrik „Meine Musik“ für die zum Download bereitgehaltenen Songs zur Verfügung. Alternativ bekommt man einmal am Tag einen Reminder per Mail.

Auf dem nebenstehenden Screenshot (ein Klick vergrößert das Bild) lässt sich die Qualität des Audiomaterials und des Taggings gut erkennen. So lassen sich die Dateien gut sortieren und archivieren.

Weniger komfortabel ist allerdings die Download-Funktion. Im besten Paket lassen sich auf der virtuellen Festplatte bis zu 250 Titel ablegen. Herunterladen all dieser Dateien „en bloc“ ist aber nicht möglich, es lassen sich nämlich jeweils nur zehn Musikstücke, gefasst in einer zip-Datei, herunterladen. Bei hundert Dateien müssen jeweils zehn „Zehnerblöcke“ manuell markiert und die zip-Files dann heruntergeladen werden. Praktischer wäre zweifelsohne, wenn man sich alles auf der virtuellen Festplatte per Klick ziehen könnte, denn man muss, des begrenzten Speichers wegen, schon darauf achten, dass nicht zu viele Songs darauf liegenbleiben. Wenn ich die Songs herunterlade, werde ich gefragt, ob die Songs gelöscht werden sollen, nachdem ich sie gezogen habe. Das ist eine gute Idee, funktioniert aber technisch nicht. Ein wertvolles Feature bietet der Downloadbereich: Man kann die Songs von der virtuellen Festplatte bereits über den Browser vorhöre, kann diese bei Nichtgefallen löschen und muss diese dann nicht mit herunterladen.

Wenn ich also die Lieder fertig zum Übertragen auf den mp3-Player haben möchte, muss ich sie markieren, herunterladen, vom virtuellen Speicher löschen und auf meinem Rechner entpacken. Das ginge einfacher, besser.

Kommen wir von der Technik zu Musik: Über die durchaus komfortable Suchfunktion, das habe ich ja schon angedeutet, lässt sich eine Menge finden. Die Reviews der vorgestellten Alben sind gut, zu vielen Interpreten finden sich interessante Hintergrundinformationen und vollständige Diskogrphien. Zu manchen Interpreten findet sich zwar kein Text aber ein Foto. Schnell hat man eine gute Auswahl an interessanten Songs und Alben zusammengeklickt – auch weil das System passende andere Interpreten und Bands vorschlägt. Ich habe mich ein bisschen auf der Seite umgesehen und schon hatte ich zweitausend Titel auf meiner Wunschliste.

Spannend ist nun: Was bekomme ich davon tatsächlich. Die Antwort ist einfach: Alles, was bei den Webradios gespielt wird, kann ich bekommen. Die entscheidende Frage lautet: Was spielen die Webradios? In der FAQ von ZEEZEE findet sich eine verblüffend ehrliche Antwort:

Je nachdem wie aktuell die von Ihnen gewünschten Songs sind, werden diese mehr oder weniger häufig im Radio gespielt.
Grundsätzlich sind wir bestrebt, die redaktionell aufbereiteten Musiklisten (Charts, Alben-Neuvorstellungen, Genres, Themen) zeitnah zu finden. Bei der Übernahme von Titeln aus der freien Suche, mit Informationen über mehrere Millionen Songs, können wir keine Garantie für die Erfüllung der Wünsche übernehmen, da hierbei häufig auch „Raritäten“ gefunden werden, die naturgemäß sehr selten, oder überhaupt nicht im Webradio gespielt werden.

Das bedeutet im Klartext: Wer gerne aktuelle Charts oder „das Beste der 70er, 80er, 90er und die Hits von heute“ hört, hat gute Chancen, bei ZEEZEE schnell an seine Musik zu kommen. Wer einen etwas exklusiveren Musikgeschmack hat, der wartet – und bekommt bei weitem nicht alle Wünsche erfüllt. 2000 Songs habe ich auf der Wunschliste – die ersten hundert waren in 15 Stunden da – ab diesem Zeitpunkt hieß es, sich in Geduld zu üben.

Gut, das mit den „Raritäten“ würde ich nicht so sehen – die Alben von Air haben sich huderttausendfach verkauft, Hank Mobley ist im Jazz eine feste Größe und auch die Hed Kandi-Compilations erfreuen sich rund um den Globus größter Beliebtheit. Hier mal einen Song zu erwischen – ich habe das getestet – ist reine Glückssache. Und hier sind wir beim eigentlichen Problem: Auch wenn es nicht viel ist, so zahlt man doch Geld für den Dienst. Und wenn ich Geld dafür bezahle, darf sowas eigentlich nicht vom Glück abhängen. Der Claim von ZEEZEE lautet immerhin  „Musik von A bis ZZ“.

Der Dienst hat noch einen schweren Fehler: Von zehn zufällig ausgewählten, mitgeschnittenen Songs wiesen vier (sic!) am Anfang jeweils eine bis sechs (!) Sekunden der letzten Takte eines anderen Lieds auf, waren also nicht sauber geschnitten. Schade. Denn händisch im Soundeditor will ich sie nicht nachschneiden und so unsauber aufgenommene Songs archiviere ich auch nicht. 40% Ausschuss also, die man gleich ins Delete-File ziehen kann. Mit diesem wirklich schweren Makel muss man bei ZEEZEE leben.

Die Usability des Portals ist ausgezeichnet, man kann sofort loslegen. Auswahlfenster und Menüs sind logisch strukturiert, alles funktioniert per Klick, die Seiten updaten sich selbst. Bei der Nutzung von ZEEZEE stehen keine Schwierigkeiten an – das Portal ist richtig gut gemacht.

ZEEZEE bietet dem User eine einface und transparente Tarifstruktur an. Im „EASY“-Tarif kann man den Dienst sechs Monate lang kostenlos testen und sich mit der Oberfläche vertraut machen. Hier kann man sich die Songs der ZEEZEE TOP 20-Charts herunterladen und bekommt einen virtuellen Speicher für 50 Songs. Im etwas besseren Tarif „EXPRESS“ reicht der Speichplatz für 250 Songs, genau wie in der „STAR“-Variante, in der es neben der uneingeschränkten Suche auch redaktionell aufbereitete Listen gibt, bei denen Songs gewählt werden können. „EXPRESS“ ist für 4,49 Euro im Monat zu bekommen, „STAR“ ab 6,99 Euro.

Fazit: ZEEZEE ist ein innovativer Dienst, der auf der cleveren Idee basiert, einen Recorder für Webradios möglichst hochintegriert zu automatisieren. Die Site ist übersichtlich und gepflegt, der Dienst kann plattformübergreifend genutzt werden. Tonqualität und Tagging der bereitgestellten Songs können überzeugen. ZEEZEE ist für Menschen mit exklusivem Musikgeschmack nicht geeignet. Der Dienst produziert etliche unsauber geschnittene Songs.

Vor- und Nachteile im Überblick:

Pro

  • externer Webradiorecorder – eine clevere Idee
  • gute redaktionell aufgearbeitete Inhalte
  • einfache und intuitive Bedienung
  • kein DRM, die Songs dürfen behalten werden
  • Nutzung legal
  • gute Tonqualität und gutes Tagging der Songs
  • günstige und transparente Tarife

Contra:

  • Audiotracks oft nicht richtig geschnitten, hohe Makulaturquote
  • unkomfortabler Download
  • man bekommt nicht zwingend, was man sich wüncht – ungeeignet für Leute mit Musigeschmack abseits der Charts

Sirius Inkasso und die Generali Versicherungen

Es ist Donnerstag, der 29. April. Ich gehe morgens ins Büro und fahre meinen Rechner hoch. Schon bald, nachdem der Spam weggeklickt ist, entdecke ich eine Mail von einem Stammleser dieses Blogs, nennen wir ihn Thomas Müller. Thomas bittet mich um Hilfe. Er hat einen Brief von der Firma Sirius Inkasso GmbH zu Düsseldorf erhalten und weiß nicht so recht, was er damit anfangen soll.

Ich greife zum Telefonhörer. Thomas erklärt mir, was vorgefallen ist. Thomas ist 34, er kommt ursprünglich aus dem oberfränkischen Bamberg. Dort steht sein Elternhaus. Seit dem Jahr 2000 wohnt Thomas in Nürnberg. Dort versah er seinen Zivildienst und dann ist er in Nürnberg geblieben – der Liebe wegen und auch wegen dem Job im Innendienst, den er gleich nach dem „Zivi“ in der Frankenmetropole bekam. Thomas kaufte damals gebraucht ein Auto, es war zwar nur ein alter Audi 80 – aber es fuhr. Er zog in seine erste eigene Wohnung. Ein guter Start in ein Leben abseits des Elternhauses. Was will da schon passieren.

Thomas brauchte eine KFZ-Versicherung und wollte auch eine „Haftpflicht“. Er ging einfach zum nächsten Büro der Volksfürsoge und unterschrieb ein paar Papiere. Die Haftpflichtversicherung hatte er nun in der Tasche und der alte Audi war auch versichert. „Von der Volksfürsorge“, so sagt Thomas, „dachte ich immer, dass die zu den Gewerkschaften gehören. Da fühlte ich mich gut aufgehoben“. Dass die Volksfürsorge bereits ab 1988 zur Aachener und Münchener gehörte, war Thomas nicht bewusst. Das soll aber auch keine Rolle spielen.

Thomas bekommt am 20. April 2010 Post von der Sirius Inkasso GmbH – doch so ganz stimmt das nicht. Denn der Brief erreicht Thomas nicht in seiner Wohnung in Nürnberg sondern liegt im Briefkasten seiner Mutter in seinem Bamberger Elternhaus. Die sieht das Schreiben, erkennt, dass es wichtig sein könnte und schickt den Brief noch am gleichen Tag nach Nürnberg.

Und nun liegt er, gescannt, in meinem Mailpostfach. Thomas erzählt mir am Telefon, dass er sich gar nicht vorstellen kann, woher denn diese Forderung kommt, zwar hatte er eine Versicherungen bei der Volksfürsorge, aber die ist seit Jahren gekündigt.

ein Klick auf das Bild vergrößert es

Das Schreiben kommt mir suspekt vor: Zwar wird genannt, dass es sich um eine Forderung der Generali Versicherung handelt und dass es sich wohl um einen Vollstreckungsbescheid eines Amtsgerichtes handeln soll, welches Amtsgericht das sei, worum es genau geht oder unter welchem Aktenzeichen ein Gericht besagten Bescheid führt, legt das Scheiben aber nicht dar.

Ich greife wieder zum Telefonhörer und wähle die Nummer der Pressestelle der Generali Holding in Köln. Ein sehr netter Herr, dessen Namen ich hier nicht nenne, weil er, so wurde mir inzwischen telefonisch bestätigt, nicht mehr in Diensten des Hauses Generali steht, bittet mich, Ihm den Fall noch einmal kurz per Mail darzulegen. Fix hat er ein Mail von mir, in dem ich ihn wiederum dringlich bitte, zur Klärung beizutragen. Ich will wissen, woher die Forderungen der Sirius Inkasso, die diese ja im Namen der Generali geltend macht, eigentlich stammen.

Ich halte lose den Kontakt zur Pressestelle der Generali und erfahre, dass meine Anfrage inzwischen von der Leiterin Externe Kommunikation, Frau Haake weiterbearbeitet wird. Am Montag, den 3. Mai, nach einigen Telefonaten ruft mich Frau Haake auf dem Handy zurück. Sie sagt mir, dass sie den Kontakt zu ihren Kollegen nach München hergestellt habe und das man ihr dort mitgeteilt hätte, dass die Generali nicht feststellen könne, dass Thomas Müller Außenstände bei der Versicherung habe. Ich freue mich für ihn, werde aber auch stutzig. Wenn die Generali kein Geld von Thomas bekommt, wie kommt dann die Sirius Inkasso dazu, Geld von ihm eintreiben zu wollen? Die Aussage von Frau Haake und der Brief der Sirius Inkasso GmbH wollen nicht so recht zusammenpassen.

Thomas war in der Zeit nicht untätig. Er rief sofort nach Erhalt des Briefes der Sirius bei der Generali in München an und klapperte Hotline um Hotline ab. Bei der Volksfürsorge fragte er nach, ebenso bei seinem aktuellen Versicherer, der Aachen Münchener, die auch zum Generali-Konzern gehört. Am Telefon sagte man ihm immer das gleiche: Offene Forderungen könne man nicht feststellen.

Dieses Ergebnis diskutiere ich mit der engagierten Pressesprecherin und schnell kommen wir zu dem Schluss, dass etwas nicht stimmen kann. Irgendwo her muss Sirius ja zumindest Thomas Daten haben und irgendwo her müssen die ja auch wissen, dass Thomas bei einer Tochter der Generali versichert war. Frau Haake verspricht, am Ball zu bleiben und weiter nachzuforschen.

Ein Tag vergeht – inzwischen ist Dienstag. Ich setze mich an den Rechner und recherchiere zur Sirius Inkasso GmbH. Neben der Webpräsenz des Unternehmens fördert die Recherche aber nur wenig Rühmliches zu Tage: Seitenweise Forenartikel sind zu lesen, in denen User sich über die Sirius Inkasso GmbH beschweren und diskutieren, was zu tun sei*.

Es ist Mittwoch, der 5. Mai 2010. Meine Anfrage an die Pressestelle der Generali in Köln liegt inzwischen auf dem Schreibtisch von Herrn Dr. Segal in München. Er ist Pressesprecher der dort niedergelassenen Generali Versicherungen (nicht zu verwechseln mit der Holding). Auf Nachfrage bei der Versicherung selbst ist zwar nichts erhellendes herausgekommen, aber Herr Dr. Segal hat Kontakt zur Sirius Inkasso aufgenommen und die übersendet ihm einen Scan.

Den bekomme ich aber noch nicht. Zu diesem Zeitpunkt wissen weder Thomas noch ich, dass es ein derartiges Dokument überhaupt gibt. „Um Ihre Fragen zu  Herrn M. zu beantworten, brauchen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen die ausdrückliche Zustimmung von Herrn M.“ schreibt er mir per Mail.

Mittwoch mittags rufe ich Thomas an. Der fasst ein Schreiben ab, in dem er die Generali Versicherung und all ihre Tochterunternehmen bevollmächtigt, mir Auskunft zu erteilen. Dieses Schreiben legt er aufs Fax und schickt es auf die Reise nach München.

Um 17.34 Uhr erreicht mich die Mail von Herrn Dr. Segal. Dort ist zu lesen:

Inzwischen haben wir von Herrn M. die Vollmacht erhalten, Ihnen uneingeschränkt Auskunft zu seinem Versicherungsverhältnis zu geben:

Zu zwei Verträgen von Herrn M. bei der Generali Versicherung (ehemals Volksfürsorge Sach) gibt es Außenstände. Hierbei handelt es sich um einen Kfz-Vertrag und einen Privathaftpflichtvertrag. Zu beiden Verträgen liegt ein Vollstreckungsbescheid vor, der nach 30 Jahren verjährt. Herr M. hatte auch Kontakt zur Firma Sirius, denn er hat am 8.12.2004 ein Ratenzahlungsangebot der Firma Sirius unterschrieben, das er jedoch nicht eingehalten hat (Dokument anbei).

Diese von Herrn M. angenommene Erklärung ging, wie das von Ihnen zitierte und offensichtlich bei Herrn M. angekommene Schreiben an die Bamberger Adresse.

Ich wundere mich. Ich rufe Thomas an. Er ist erschrocken – denn er kann sich nicht erinnern, jemals mit Sirius in Kontakt gestanden zu haben. „Das damals habe ich doch mit der Volksfürsorge ausgemacht“ sagt er. Und ist sich dabei nicht mehr ganz sicher.

Rückblende – 2004: Thomas steht mit beiden Beinen im Leben. Eines Tages aber entdeckt er einen kleinen festen Knoten unter der Haut. Er ist beunruhigt und geht zum Arzt. Die Diagnose steht schnell fest: Krebs. Thomas kommt schnell ins Krankenhaus, wird operiert. Danach beginnt die Chemotherapie, die ihn, wie er sagt, sehr mitnimmt, körperlich und seelisch. Thomas ist nicht arbeitsfähig, die starken Medikamente beeinträchtigen ihn sehr. Er kann drei Monate nicht zur Arbeit kommen, verliert seinen Job. Er ist auch nicht in der Lage, Arbeitslosengeld zu beantragen. Thomas lebt von seinem wenigen Ersparten, ist froh, die Medikamente zahlen zu können. Irgendwann erhält er ein Schreiben – er unterzeichnet und überweist einen geringen Betrag. Danach hört er nie wieder etwas von Sirius oder der Volksfürsorge, die seinen Versicherungsvertrag gekündigt hat.

Thomas beginnt sich im Jahr 2005 wieder zu erholen. Heute hat er den Krebs besiegt – aber zur jährlichen Kontrolluntersuchung geht er immer noch mit weichen Knien. Er hat eine neue Arbeitsstelle gefunden – er ist wieder im Innendienst angekommen. Drei Vertriebler hat Thomas heute unter sich, er ist Ausbilder geworden und entlässt heuer den ersten jungen Menschen in die Berufswelt. „Eigentlich“, so sagt Thomas, „ist das aus der dunklen Zeit so gut wie vergessen. Einiges habe ich sicher verdrängt und manches ist auch gar nicht so an mich herangekommen. Ich war damals ganz schön beinander während der Chemo“.

Thomas will an diese schwere Zeit nicht mehr erinnert werden. Am Donnerstag, den 6. Mai geht er zur Bank und überweist 262 Euro an die Sirius Inkasso GmbH.

Ist damit alles erledigt? An und für sich ist damit alles erledigt. Aber Fragen bleiben dennoch offen.

Ich treffe mich noch einmal mit Thomas. Wir ratschen ein wenig. Ich bitte ihn, noch einmal mit seiner Mutter in Bamberg zu telefonieren. Die sagt, dass nie Schreiben von einem Gericht gekommen seien, das wüsste sie, das hätte sie gesehen. Frau Müller ist eine liebenswerte, zuverlässige ältere Dame. Ich selbst glaube ihr. Damen wie Frau Müller wären zutiefst erschrocken, wenn plötzlich Gerichtspost im Briefkasten läge.

Zurück bleibt ein komisches Gefühl. Wie hoch die Forderung an Thomas war, nachdem er einige Raten zahlte, warum sich niemand bei ihm meldete, als er die Raten nicht mehr zahlte, warum er keine Post vom Amtsgericht erhielt, wie der Differenzbetrag von knappen hundert Euro von der ursprünglichen Forderung zum jetzigen „reduzierten“ Betrag, den die Sirius Inkasso GmbH einforderte überhaupt zustande kam, keiner kann das heute mehr sauber nachvollziehen oder richtig erklären.

Niemand weiß, warum die Sirius GmbH in ihrem Schreiben kein Aktenzeichen angegeben hat. Alles ist intransparent. Thomas hat es aufgegeben und gezahlt. Wahrscheinlich hätte er in einem Rechtsstreit oder Vergleichden den Betrag deutlich reduzieren können. Aber das will Thomas nicht. Es gibt wichtigeres im Leben als ein paar hundert Euro.

Niemand weiß, warum die Sirius Inkasso die Forderung von Ende Dezember 2004 bis Ende April 2010 (sic!) hat liegenlassen. Das sind über fünf Jahre! Niemand weiß aber auch, ob das Verhalten des Geschäftspartners der Generali Versicherung dazu geeignet ist, der Reputation ebendieses Hauses dienlich zu sein.

Das interessante Moment an dieser Sache ist, dass Thomas bei den ersten Telefonaten mit dem Hause Generali nichts in Erfahrung bringen konnte, was ihn hätte handeln lassen. Erst durch die Mail von Herrn Dr. Segal und nach telefonischer Rücksprache mit einem Fachteam der Volksfürsorge in Hamburg erfuhr er, dass zwar eine Vollstreckung vorgelegen haben muss, diese aber nie an ihn ergangen ist, weil die Post das Schreiben nicht zustellen konnte (sic!). Was wäre passiert, wenn ich nicht bei den Pressestellen täglich (außer Dienstag – sic!) nachgefasst hätte? Thomas war am Telefon äußerst hartnäckig. Und dennoch ist es ihm nicht gelungen, herauszufinden, was wirklich vorliegt.

Frau Haake und Herrn Dr. Segal habe ich per Mail gefragt, ob denn die Generali eine Geschäftsbeziehung mit der Sirius Inkasso unterhielten, ob es denn in ihrem Interesse sei, dass deren Schreiben so intransparent sind, ob sich noch niemand beklagt hätte?

Herr Dr. Segal antwortet:

Wie bereits mitgeteilt, stehen wir in Geschäftskontakt mit der Firma Sirius und haben ihr im Falle von Herrn M. wie üblich einen Vollstreckungsbescheid und die dazu notwendigen Daten zukommen lassen. Auch wenn unsere Geschäftsbeziehung zu Sirius bisher keinen Anlass zur Klage gab, danken wir Ihnen für Ihre Hinweise, die wir selbstverständlich prüfen und dann ggf. auch reagieren.

Ich bin auch bei einer Tochter der Generali versichert, habe bei der Aachen Münchener eine Haftpflichtversicherung und auch eine Advocard. Nun weiß ich, was passiert, wenn mir das Schicksal einmal übel mitspielt und ich die Versicherung nicht mehr zahlen kann. Mir ist richtig schlecht.

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* Link, Link, Link, Link

In memoriam Hannsheinz Porst

Vergangenen Samstag starb im mittelfränkischen Artelshofen, einem Ortsteil der Gemeinde Vorra einer der wohl umstrittensten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands, Hannsheinz Porst. Zu großer Bekanntheit gelangte Post nicht nur durch sein gleichnamiges Unternehmen der Fotowirtschaft sondern auch durch seine marxistrische Unternehmensführung, seine Kontakte zur SED und dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR und seine FDP-Mitgliedschaft. Darüber hinaus gründete Porst aber auch andere, noch heute sehr erfolgreiche Unternehmern wir den Deutschen Supplementverlag sowie die Druckerei Maul& Co. die heute als mbs zur Arvato-Gruppe gehört. Porst wurde 87 Jahre alt.

Gut kann ich mich an die teils kleinen, teil recht sortimentsreichen Fotoläden der Firma Post erinnern. In jeder Stadt, auch in den Kleinstädten gab es einen „Photo Porst“ und wenn man schnell mal Batterien oder Filme braucht, bei Porst bekam man sie. Photo Porst war bei uns jugendlichen Fotofans hochgeschätzt, weil dort immer etwas brauchbares im unteren Preissegment zu haben war. Und weil der Weg zum nächsten Porst kurz war. Gut kann ich mich auch an den großen Porst-Store in Schwabach erinnern, hier gab es nicht nur Fotoapparate und Zubehör sondern eigentlich alles aus dem Bereich Unterhaltungselektronik. Jahrelang begleitete mich ein „Intersound“-Walkman durch die Jugend und der kleine tragbare Fernseher in der Küche meines Elternhauses war seinerzeit von „Intervision“.

Wie kam es dazu? Fotoapparate waren in den frühen Wirtschaftswunderjahren ein begehrter Konsumartikel, ein „must have“. Später war der Fotoapparat in vielen Haushalten zu finden. Natürlich war also ein Markt für billige Fotoapparate da. Post aber schaffte mit seinen Läden, die später zu Franchisebetrieben wurden, einen Spagat: Er deckte mit seinen Eigenmarken den Bedarf der Einsteiger und der ambitionierten Amateure ab, hielt aber auch immer Hochwertiges vor. Und bei Post war der Service ok und die Beratung gut.

Noch in den 70er Jahren etablierte sich im „low budget“-Bereich eine Faustregel – ob sie wirklich so stimmt, kann ich nicht sagen: „Die Kameras von Post sind aus der DDR, die Kameras von Foto-Quelle sind aus der Sowejetunion“. Da war natürlich klar, dass man eine Porst-Kamera wollte, denn deren Spiegelreflexbodies wurden nicht selten beim VEB Pentacon Dresden hergestellt, dessen Produkte einen guten Ruf genossen. Und die Zeiss-Optik aus Jena genoss eine international hervorragende Reputation. Bei den Russenknipsen wusste man nie so recht, was man bekam – manche waren hervorragend und manche einfach nur Mist.

Quelle: Alf Sigaro/Flickr CC-BY-SA

Was mich als Jugendlicher nicht so sehr interessierte, was ich aber höchst spannend finde, ist, wie ambivalent Hannsheinz Post mit Politik, Ideologie und auch mit dem eigenen Unternehmen umging: Er trat 1955 in die FDP ein, war aber auch gleichzeitig (und wohl heimlich) Mitglied der SED. Porst soll als IM Fotograf FDP-Interna an die Stasi verraten haben. Und Post bezeichnete sich spätestens seit den 1970er Jahren als Marxist.

Für die IM-Tätigkeit wurde er 1969 zu einer über zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Als er aus der JVA Landsberg/Lech kam, verschenkte er sein Unternehmen – einen florierenden Konzern – an seine Mitarbeiter, mit der Zielsetzung der „totalen Mitbestimmung“. Obwohl Post nie etwas gegen Gewerkschaften hatte, auch nicht im eigenen Betrieb, und er ordentliche Löhne zahlte, war gerade der DGB einer der heftigsten Kritiker des Modells Post. Dieses Modell, anfangs funktionierte es noch sehr gut, entwickelte sich mehr und mehr zum Debakel. Kurze zehn Jahre hielt es – 1982 stieg Porst wieder in das Unternehmen ein, weil es abgewirtschaftet war. Da er aber fremdes Kapital benötigte, um Photo Porst zu retten, verkaufte er einen bedeutenden Teil der Firma an eine schweizer Holding.

Noch zwanzig Jahre „überlebte“ Photo Porst das Experiment und den Wandel auf dem Fotomarkt. 2002 kam mit der Insolvenz dann das endgültige Aus. Das hatte aber nicht Hannsheinz Porst zu verantworten – etliche Eigentümerwechsel – zwischenzeitlich war Porst eine AG geworden – und massives Missmanagement führten direkt in die Pleite. Die bittere „Pointe“ an dieser Sache ist, dass das „Modell Porst“ dem Unternehmen nicht annähernd so geschadet hat, wie das Missmanagement der späten 1990er und frühen 2000er Jahre.

Auch wenn Post mit manchen seiner Ideen gescheitert sein mag, sein Lebenswerk wirkt nach: Zuerst einmal ist ihm gelungen, die semiprofessionelle Fotografie in der damaligen Bundesrepublik zu demokratisieren, weil er mit dem Import guter und günstiger Pentacon/Practica-Spiegelreflexkameras auch einem weniger zahlungskräftigen Publikum einen soliden Einstieg in die Fotografie ermöglichte. Porsts „Königsbilder“ waren günstige und hochwertige Abzüge.

Als Unternehmerpersönlichkeit erkannte Porst sehr früh, was den eigentlichen Wert seiner Firma ausmachte: Die Kunden und Mitarbeiter. Letztere motivierte er durch großzügige Sozialleistungen zu Bestleistungen. Als einer der ersten Unternehmer in der Bundesrepublik setze Porst auf systematische Weiterbildung und konsequente Personalentwicklung, lange bevor sich HR-Departements und Bildungsreferenten in den Unternehmen etablierten. Es folgten großzügige Urlaubsregelungen und der Bau attraktiver Werkswohnungen. Und auch in der Politik verstand Post zu wirken. Zu Zeiten, zu denen noch nicht von Entspannungspolitik die Rede war, vermittelte Porst zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. In erster Linie auf wirtschaftspolitischer Ebene, das ist klar. Aber er war auch ein Wandler zwischen den Systemen und vollzog einen Drahtseilakt zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Und, so wird gesagt, getreu diesem Mindset agierte er mit seinen Zulieferern aus dem Osten auf Augenhöhe. Porst hat viel getan – für Fotografen,für seine Mitarbeiter und für Deutschland.

BR, brr, brrrr.

Quo vadis, ÖRR? Gestern Abend höre ich schnell noch „Das war der Tag“ auf D-Radio und dann war das auch der Tag: Verkündet wurde, dass einer von Merkels Schoßhunden, der CSU-Politiker und derzeitige Regierungssprecher Ulrich Wilhelm Intendant des Bayerischen Rundfunks wird.

Wilhelm, Sohn des langjährigen Landtagsabgeordneten Paul Wilhelm (CSU) weist die typische Karriere eines CSU-Journalisten auf: Begonnen hat er, wer erräts? Beim Bayerischen Fernsehen. Als Chefredakteur (Gut, vorher war er ein „Freier“ – aber das soll mal nicht stören). Dann kam er mit Stoiber in die Bayerische Staatskanzlei, hernach wurde er Pressesprecher des Ministerpräsidenten und der Bayerischen Staatsregierung und dann, 2004 wurde er Ministerialdirektor bei Goppel. Der Sprung nach Berlin gelang, weil Merkel ihn ein Jahr später holte, als Regierungssprecher und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Und gestern? Gestern wurde er vom Rundfunkrat zum neuen Intendanten gewählt.

Staatsferne? Dass ich nicht lache. Wer sich den gestrigen Artikel der taz durchliest, der sieht, aus welchem Holz der Herr Wilhelm geschnitzt ist. Beim Absägen Bredners hatte er die Finger im Spiel. Kurz von der Wahl in Sachsen wollte er Merkel klammheimlich und leise zum Exklusivinterview ins MDR-Fernsehen lancieren (was ihm zum Glück nicht gelungen ist). Nach der gescheiterten Mission habe er wohl auch heftig nachgetreten.

Da kann – schon vor der Wahl – auch der sonst eher nachdenklich gestimmte und stilsichere Bredner nicht mehr an sich halten:

Kurz vor der Wahl, wird die Kritik an der Kandidatur Wilhelms nun auch schärfer. Vor dem Bremer Presse-Club äußerte sich nun auch der geschasste ZDF-Chefredakteur Brender. Er finde es verwunderlich, dass sich die Empörung bislang „nur so gezügelt“ zeige. Er finde es hoch erstaunlich, dass Wilhelm „ohne Zwischending vom Regierungssessel auf den Intendantensessel wechseln“ könne, sagte Brender laut Radio Bremen. Durch diesen Fall bekämen erneut die Kritiker recht, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Staatsnähe attestierten. (Quelle: DWDL.de)

Und auch bei den Piraten sieht man die Wahl Wilhelms kritisch:

Damit erweitert sich erneut die Einflussnahme der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im letzten Jahr hatte bereits die hessische CDU die Absetzung des ihr nicht genehmen ZDF-Chefredakteurs Brender durchgesetzt und dadurch für Irritationen gesorgt.

Im Blog Web-Quantensprung bringt man es unter der Überschrift „Merkelgate: Die Alte macht den Berlusconi“ auf den Punkt:

Damit ist eine weitere Medienstation eindeutig in den Händen der CDU. Das ist Merkelgate, mich packt die Wut.

Ich bin mal gespannt, wie er sich machen wird. Etliche sagen ja, dass es schlimmer als beim Gruber nicht werden kann. Wenn man sich aber mal ansieht, wie sich das „lächelnde Fallbeil“ (taz) in der Vergangenheit so gerierte, wäre ich mir da nicht mehr so sicher.

Cola-Test: Vita Cola

Wenn man die Geburtsstunde der Vita Cola betrachtet, finden sich quasi alle Klischees erfüllt, dass der Wessi vom Ossi allgemein und von „Ostprodukten“ im Speziellen hat: Vita Cola wurde entwickelt, weil die DDR-Regierung im Zuge des zweiten Fünfjahrplans forderte, die Versorgung der Bevölkerung mit alkoholfreien Getränken zu verbessern und man sich in den Kopf gesetzt hat, eine Cola nach Vorbild der Getränke, die im nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet so getrunken werden, zu erschaffen. 1958 konnte der Plan erfüllt werden, denn in diesem Jahr war Dr. Hans Zinn, Chemiker und Vater der Vita Cola mit der Rezeptur fertig und schon konnte es losgehen mit der Produktion der Vita Cola.

Wie bei jeder Cola auch ist das Rezept der Vita Cola ein wohlgehütetes Geheimnis, aber manche Ingredienzien des Originalrezepts werden unter anderem in der Wikipedia genannt (und man staunt, was für hochwertige Zutaten Verwendung finden): So ist in Vita Cola beispielsweise Zitrusöl und Vanille enthalten.

In der DDR war die Vita Cola ein Verkaufsschlager und sie muss so gut gelaufen sein, dass, so erzählte mir ein Kollege, diese nicht immer erhältlich war. Der gelernte Ossi, auch das wurde mir erzählt, nannte schwer verfügbare Dinge „Bückware“. Undtrotz des Umstandes, dass bis zu 200 Betriebe in der DDR die Cola abfüllten, muss sie immer wieder knapp gewesen sein.

1990 – wen nimmt es Wunder – war neben vielem Anderen aus dem Osten auch mit der Vita Cola Schluss – aber nur kurz, denn bereits 1994 ist sie wieder da, die Vita Cola – hergestellt nach der Originalrezeptur und abgefüllt im thüringischen Schmalkalden. Und der Witz an er Sache ist der ungebrochene Erfolg der Cola im Osten. In Thüringen ist sie die unangefochtene Nummer eins – mit einem Marktanteil von knappen 40 Prozent hat sie selbst die Konzerncolas Coke und Pepsi auf die Plätze verwiesen. Und in den Neuen Bundesländern ist sie . immerhin – die zweitmeißtgetrunkene Cola.

Grund genug, das Erfolgsgetränk einmal zu kosten. Zwei Dinge muss ich aber vorab erwähnen. Zum Einen verfüge ich über keine „Osterfahrung“, mit Vita Cola bin ich zum ersten Mal 2003 in Berührung gekommen, das war in Jena-Paradies anlässlich einer kleinen Trommelbassfeier (und da habe ich leider nicht mehr so die konkrete Erinnerung dran ;-)). Und zum Anderen: Das „Probierpaket“ wurde mir von Frau Weissbach von der Unternehmens-PR von Vita Cola zugesendet, denn in Franken ist sie nur schwer erhältlich. Die Sorten „schwarz“ und die Limonade habe ich in unseren Supermarktregalen noch nie (!) gesehen.

Die Vita Cola „original“ ist zuerst einmal eins: Eine Cola, die nicht zu süß ist und recht ausgewogen komponiert ist. Sie schmeckt richtig „rund“ – mit einem kleinen Unterschied zur Konkurrenz: Die Cola schmeckt deutlich nach Zitrone. Wer jetzt beim Lesen die Mundwinkel zusammenzieht, weil er sich an Cola Light plus Zitrone erinnert fühlt, der irrt. Damit lässt sichdie Vita Cola nicht vergleichen, denn zum einen handelt es sich nicht um ein künstlich schmeckendes Lightprodukt und zum anderen scheint die Zitrone echt zu sein – zumindest schmeckt die Cola so. Das ist etwas ganz Eigenes, man kann den Spritzer Zitrone in der Vita Cola schon beim Aufschrauben der Flasche riechen und beim ersten Schluck bemerkt man die dominante Note der Zitrone sofort. Diese ist deutlich und fügt sich dennoch gut in den Geschmack der Cola ein – sie ist eben mehr, als nur Cola mit einem Schuss Zitrone. Das Konzept der echten Erfrischung get auf – ich denke, weil die Cola nicht zu süß und dann noch fruchtig frisch konnotiert ist. Und das ist, so denke ich, das Alleinstellungsmerkmal, diese Frische bringt auch die von mir sehr geschätzte Schorschi oder Club Mate Cola nicht her.

Die zweite Vita Cola „schwarz“ ist der Hammer. Sie ist eine Cola, ohne den „Citrus-Kick“, aber was für eine. In Bayern (und auch in Franken) gibt es hierfür eigentlich nur ein Wort: Süffig. Sie zeichnet sich durch vollen und runden Geschmack, eine leicht vanillige Note und milde, unaufdringliche Süße aus. Viele Colas, die sich vom „Geschmacksmuster“ der Konzernbrausen abheben wollen, erreichen dies besonders durch einen deutlich zu verzeichnenden Zimtgeschmack – etwas, was ich persönlich nicht mag und etwas, was man bei der Vita Cola „schwarz“ nicht vorfindet. Die Vita Cola „schwarz“ ist sehr rund und schmeckt weich. Mir ist bewusst, dass das keine besonders gut treffende Beschreibung von Geschmack ist, aber es trifft meine Empfindung. Hier scheint man lange und intensiv am Geschmack gefeilt zu haben. Die schwarze Variante der Vita Cola ist sehr fein und dennoch vollmundig. Die „schwarze“ ist mein absoluter Favorit. Auch wenn es weh tut, muss gesagt sein: Schorschi und Jolt können nicht an sie heranreichen, denn Jolt ist rasser und Schorschi schafft die Integration dereinzelnen unterschiedlichen Geschmackskomponenten nicht annähernd so harmonisch. Leider ist die schwarze Vita nicht in Franken erhältlich – wirklich schade, denn jetzt bin ich angefixt.

Die Vita Limo Orange ist fruchtig. Sie ist deutlich süß, nicht aber so süß, dass sie zu schwer wird. Eine nette Limonade, die recht jung im Handel ist (in den Neuen Bundesländern) und die das Portfolio der Marke „Vita“ abrundet. Sie ist durchaus zu empfehlen.

Die Vita Cola hat das Zeug zum Trendgetränk. Das meine ich aber nicht ostalgisch. In der besseren Gastronomie, in der der Massengeschmack zunehmend verbannt und nach hochwertigen Alternativen gesucht wird, könnte die Vita Cola ihren Platz finden. Das gilt besonders für die schwarze Variante, die für meine „westdeutsch“ sozialisierte Zunge noch gefälliger schmeckt. Leider hat sich das noch nicht wirklich nach Franken herumgesprochen.

So wundert mich auch etwas, dass sich der Erfolg der Vita Cola so deutlich im Osten manifestiert – sie schmeckt auch dem Wessi.

Offener Brief an das Deutsche Rundfunkarchiv

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Stülb,

mit Entsetzen und Bestürzung musste ich heute feststellen, dass, so lässt sich der Auskunft des zum Google-Konzern gehörenden Videoportals YouTube entnehmen, das Deutsche Rundfunkarchiv Dokumentationen von o.g. Portal aufgrund von Urheberrechtsverstößen entfernen ließ. Dies dokumentiert unter anderem dieser Screenshot, aufgezeichnet am 1. Mai diesen Jahres:

Um es vorweg klarzustellen: Beim User „WasDamalsWar“ handelt es sich nicht um meine Person. Und dennoch bin ich verärgert, denn gerne hätte ich die Dokumentation „Damals in der DDR“ gesehen – auch auf Youtube. Das ist leider nicht mehr möglich, denn wenn Google hier die Wahrheit schreibt, wurde das Video auf Ihre Initiative entfernt.

Ich frage mich: Warum? Und ich frage mich: Warum gerade das DRA?

In der Selbstdarstellung auf der Webseite Ihres Hauses ist klar und unmissverständlich zu lesen:

Aufgabe und Zweck der Stiftung ist die Erfassung von Ton- und Bildträgern aller Art, deren geschichtlicher, künstlerischer oder wissenschaftlicher Wert ihre Aufbewahrung und Nutzbarmachung für Zwecke der Kunst, Wissenschaft, Forschung, Erziehung oder des Unterrichts rechtfertigt. Aufgabe der Stiftung ist ferner, die rundfunkgeschichtlich bedeutsamen Tatsachen und Dokumente auszuwählen und zu erfassen.

Wenn ich das also richtig verstehe, dann enthält die Dokumentation „Damals in der DDR“ Materialien von Ton- und Bildträgern, deren Nutzbarmachung für Zwecke der Kunst, Wissenschaft, Forschung Erziehung oder Unterricht Ihrem Stiftungsziel entspricht (anderenfalls wären diese Dokumente durch das DRA wohl nicht archiviert worden). Wer, so frage ich mich nun, sagt denn, das der Upload der vorgenannten Dokumentation nicht ebendiesen Zwecken dient? Ich bin mir sogar sicher, dass genau das der Fall ist:Zuerst einmal muss man sich vor Augen halten, dass es bei Youtube derzeit mindestens 14 Milliarden Videos (sic!) gibt. Im Jahr 2006 wurden etwa 65.000 Videos täglich hochgeladen und heute geht man davon aus, dass täglich eine MilliardeVideos auf Youtube angesehen werden. Aus diesen Zahlen lassen sich mehrere Schlüsse ziehen:

  • rein zahlemäßig sind die Bestände des DRA gegenüber derer von Youtube vernachlässigbar
  • es wird Ihnen angesichts von 14 Milliarden Videos nie gelingen, Urheberrechtsverstöße gegen das DRA angemessen zu ahnden. Lassen Sie sich die Zahl von 14 Milliarden Videos mal auf der Zunge zergehen – und geben Sie auf.
  • Wer aus einer Fülle von 14 Milliarden Videos die Dokumentation „Damals in der DDR“ herauspickt, der wird nicht zufällig darauf stoßen sondern ganz gezielt danach suchen. All diesen ist also ein Interesse am Film oder an der Materie zu unterstellen. Wie wollen Sie denn ausschließen, dass die Motivation der User, die Dokumentation anzuwählen nicht der Bildung, Forschung dem Unterricht oder der Erziehung – also Ihren ureigensten Stiftungszielen entspricht?
  • Wenn aber angenommen werden darf, dass sich das Interesse der Nutzer, die diese oder änliche Dokumentationen ansehen wollen, mit Ihren Stiftungszielen deckt, dann ist es doch widersinnig, Ihnen genau das zu verwehren.

Lassen Sie mich weiterhin eine in meinen Augen wesentliche Anmerkung machen: Das Deutsche Rundfunkarchiv selbst und die Archivalien des öffentlich-rechtlichen Tonrundfunks und Fernsehen der Bundesrepublik Deutschlands sowie die Archivalien aus Tonrundfunk und Fernsehen der DDR existieren nur, weil meine Großeltern, Eltern und ich selbst Rundfunkgebührenzahler waren oder sind. Die Mehrheit der Deutschen, die in der Lage sind, Radio zu hören und fernzusehen sind Rundfunkgebührenzahler. Ohne sie wäre das DRA schlicht nicht existent. Warum wollen Sie die von den Bundesbürgern bezahlten Inhalte Ihrer Archivalien ihren Finanziers vorenthalten? Und mit welchem Recht?

Was ich außerdem nicht verstehe: Ist das Deutsche Rundfunkarchiv überhaupt legitimiert, Urheberrechtsverstöße zu ahnden? Ich gebe Ihnen ein einfaches Beispiel: Wenn eine deutsche Universitätsbibliothek wissenschaftliche Werke – oder solche, die mutmaßlich dazu geeignet sind, der Wissenschaft dienlich zu sein – sammelt, und irgend jemand verletzt das Urheberrecht einzelner Autoren, zitiert nicht richtig, plagiiert oder veröffentlicht ein solches Werk oder Teile daraus auf einer Webseite, dann werden die Bibliothekare nicht dagegen vorgehen. Das Urheberrecht liegt ja nicht bei der Bibliothek sondern bei den Autoren (oder es wird von den Verlagen der Autoren geltend gemacht). Das gilt auchdann, wenn der Autor auf Materialien eines anderen Autors zurückgegriffen hat.Die Universitätsbibliothek wird nichts unternehmen – sie darf es gar nicht, denn sie hält keine Urheberrechte.

Wen der MDR oder der WDR Urheberrechte an besagtem Youtube-Video geltend gemacht hätte, könnte ich es nachvollziehen. Das das Deutsche Rundfunkarchiv dies tut, kann ich nicht nachvollziehen. Oder ist es gar so, dass das Urheberrecht an den Archivalien beim DRA liegt? Was ist denn dann mit dem Urheberrecht der Autoren, Kameraleute, Regisseure oder Cutter, die diese Sendungen hergestellt haben? Wurde das DRA von diesen jeweils explizit ermächtigt, in Ihrem Namen Urheberrechte durchzuseten? Und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage geschieht das?

Einige weitere Anmerkungen: Selbst wenn das DRA rechtlich befugt ist, Urheberrechte geltend zu machen, ist es in meinen Augen mindestens töricht, davon in dieser Art und Weise Gebrauch zu machen. Es gibt nicht „den einen Weg“, Menschen Geschichte zu vermitteln. Wie Menschen mit Geschichte in Kontakt kommen und wie sie Quellen auswählen und an diese herankommen, bleibt ihnen selbst überlassen. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene ist das Internet das wichtigste und wesentlichste Medium, u zu recherchieren. Und im Jahr 2010 ist das Internet multimedial. Wer Quellen sucht, der fragt Google , die Wikipedia und schaut bei Youtube nach Filmen.

Bei der Wikipedia kann das Deutsche Rundfunkarchiv übrigens lernen, wie man mit seinen Archivalien in diesen Zeiten sinnvoll und konstruktiv umgeht: Das Deutsche Bundesarchiv hat seine Schubladen geöffnet und zahllose Fotografien der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Frei, unentgeltich und ohne Urheberrechtsgedönz. So berichtet die Stuttgarter Zeitung am 4. Dezember 2008, dass das Bundesarchiv der Wikipedia rund 100.000 Bilder gemeinfrei zur Verfügung stellt. Eine feine Sache, oder?

Genau so etwas erwarte ich eigentlich von Deutschen Rundfunkarchiv im Jahr 2010. Das Interesse der Bürger, sich unkompliziert und niederschwellig anhand von Originalquellen über geschichtliche Ereignisseinformieren zu können wiegt meiner Meinung nach wesentlich schwerer als irgend ein Urheberrecht und die daraus resultierende, mitunter kleinkarierte, Durchsetzung desselben.

Hier hat das DRA aber noch großen Nachholbedarf. Die Webseite entspricht dem technischen Standard von etwa 2005. Einen Youtube-Channel des DRA sucht man vergebens. Twitter? Fehlanzeige. Ein Blog? Nö. Man muss sich das vor Augen halten: Das sitzt das DRA auf tausenden Zeitdokumenten unseres Landes. Und was macht das DRA im Internet? Es hat eine leidlich altmodische Webpräsenz. Es gibt ein bisschen Video und ein klein wenig Ton. Und sonst? Nichts.

Gut, wenn das DRA ein solch zeitgemäßes Vorgehen nicht als seinen Auftrag versteht (der zweifelsohne mit dem Stiftungszweck korrespondieren würde), dann mag das so sein. Ich werde daran nichts ändern können – auch wenn es schade ist. Dass es dann aber die Internetnutzer dadurch gängelt, Videos von Youtube entfernen zu lassen, die Archivalien des DRA verwenden, hat schon eine andere Qualität.

Einige Zweifel an der sinnvollen Verwendung einer Rundfunkgebühren, man möge mit verzeihen, kommen angesichts dieses Vorgehens aber schon auf.

Über ein Feedback aus Ihrem Hause würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen aus Nürnberg,

Ihr

Michi.

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