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In memoriam Hannsheinz Porst

Vergangenen Samstag starb im mittelfränkischen Artelshofen, einem Ortsteil der Gemeinde Vorra einer der wohl umstrittensten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands, Hannsheinz Porst. Zu großer Bekanntheit gelangte Post nicht nur durch sein gleichnamiges Unternehmen der Fotowirtschaft sondern auch durch seine marxistrische Unternehmensführung, seine Kontakte zur SED und dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR und seine FDP-Mitgliedschaft. Darüber hinaus gründete Porst aber auch andere, noch heute sehr erfolgreiche Unternehmern wir den Deutschen Supplementverlag sowie die Druckerei Maul& Co. die heute als mbs zur Arvato-Gruppe gehört. Porst wurde 87 Jahre alt.

Gut kann ich mich an die teils kleinen, teil recht sortimentsreichen Fotoläden der Firma Post erinnern. In jeder Stadt, auch in den Kleinstädten gab es einen „Photo Porst“ und wenn man schnell mal Batterien oder Filme braucht, bei Porst bekam man sie. Photo Porst war bei uns jugendlichen Fotofans hochgeschätzt, weil dort immer etwas brauchbares im unteren Preissegment zu haben war. Und weil der Weg zum nächsten Porst kurz war. Gut kann ich mich auch an den großen Porst-Store in Schwabach erinnern, hier gab es nicht nur Fotoapparate und Zubehör sondern eigentlich alles aus dem Bereich Unterhaltungselektronik. Jahrelang begleitete mich ein „Intersound“-Walkman durch die Jugend und der kleine tragbare Fernseher in der Küche meines Elternhauses war seinerzeit von „Intervision“.

Wie kam es dazu? Fotoapparate waren in den frühen Wirtschaftswunderjahren ein begehrter Konsumartikel, ein „must have“. Später war der Fotoapparat in vielen Haushalten zu finden. Natürlich war also ein Markt für billige Fotoapparate da. Post aber schaffte mit seinen Läden, die später zu Franchisebetrieben wurden, einen Spagat: Er deckte mit seinen Eigenmarken den Bedarf der Einsteiger und der ambitionierten Amateure ab, hielt aber auch immer Hochwertiges vor. Und bei Post war der Service ok und die Beratung gut.

Noch in den 70er Jahren etablierte sich im „low budget“-Bereich eine Faustregel – ob sie wirklich so stimmt, kann ich nicht sagen: „Die Kameras von Post sind aus der DDR, die Kameras von Foto-Quelle sind aus der Sowejetunion“. Da war natürlich klar, dass man eine Porst-Kamera wollte, denn deren Spiegelreflexbodies wurden nicht selten beim VEB Pentacon Dresden hergestellt, dessen Produkte einen guten Ruf genossen. Und die Zeiss-Optik aus Jena genoss eine international hervorragende Reputation. Bei den Russenknipsen wusste man nie so recht, was man bekam – manche waren hervorragend und manche einfach nur Mist.

Quelle: Alf Sigaro/Flickr CC-BY-SA

Was mich als Jugendlicher nicht so sehr interessierte, was ich aber höchst spannend finde, ist, wie ambivalent Hannsheinz Post mit Politik, Ideologie und auch mit dem eigenen Unternehmen umging: Er trat 1955 in die FDP ein, war aber auch gleichzeitig (und wohl heimlich) Mitglied der SED. Porst soll als IM Fotograf FDP-Interna an die Stasi verraten haben. Und Post bezeichnete sich spätestens seit den 1970er Jahren als Marxist.

Für die IM-Tätigkeit wurde er 1969 zu einer über zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Als er aus der JVA Landsberg/Lech kam, verschenkte er sein Unternehmen – einen florierenden Konzern – an seine Mitarbeiter, mit der Zielsetzung der „totalen Mitbestimmung“. Obwohl Post nie etwas gegen Gewerkschaften hatte, auch nicht im eigenen Betrieb, und er ordentliche Löhne zahlte, war gerade der DGB einer der heftigsten Kritiker des Modells Post. Dieses Modell, anfangs funktionierte es noch sehr gut, entwickelte sich mehr und mehr zum Debakel. Kurze zehn Jahre hielt es – 1982 stieg Porst wieder in das Unternehmen ein, weil es abgewirtschaftet war. Da er aber fremdes Kapital benötigte, um Photo Porst zu retten, verkaufte er einen bedeutenden Teil der Firma an eine schweizer Holding.

Noch zwanzig Jahre „überlebte“ Photo Porst das Experiment und den Wandel auf dem Fotomarkt. 2002 kam mit der Insolvenz dann das endgültige Aus. Das hatte aber nicht Hannsheinz Porst zu verantworten – etliche Eigentümerwechsel – zwischenzeitlich war Porst eine AG geworden – und massives Missmanagement führten direkt in die Pleite. Die bittere „Pointe“ an dieser Sache ist, dass das „Modell Porst“ dem Unternehmen nicht annähernd so geschadet hat, wie das Missmanagement der späten 1990er und frühen 2000er Jahre.

Auch wenn Post mit manchen seiner Ideen gescheitert sein mag, sein Lebenswerk wirkt nach: Zuerst einmal ist ihm gelungen, die semiprofessionelle Fotografie in der damaligen Bundesrepublik zu demokratisieren, weil er mit dem Import guter und günstiger Pentacon/Practica-Spiegelreflexkameras auch einem weniger zahlungskräftigen Publikum einen soliden Einstieg in die Fotografie ermöglichte. Porsts „Königsbilder“ waren günstige und hochwertige Abzüge.

Als Unternehmerpersönlichkeit erkannte Porst sehr früh, was den eigentlichen Wert seiner Firma ausmachte: Die Kunden und Mitarbeiter. Letztere motivierte er durch großzügige Sozialleistungen zu Bestleistungen. Als einer der ersten Unternehmer in der Bundesrepublik setze Porst auf systematische Weiterbildung und konsequente Personalentwicklung, lange bevor sich HR-Departements und Bildungsreferenten in den Unternehmen etablierten. Es folgten großzügige Urlaubsregelungen und der Bau attraktiver Werkswohnungen. Und auch in der Politik verstand Post zu wirken. Zu Zeiten, zu denen noch nicht von Entspannungspolitik die Rede war, vermittelte Porst zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. In erster Linie auf wirtschaftspolitischer Ebene, das ist klar. Aber er war auch ein Wandler zwischen den Systemen und vollzog einen Drahtseilakt zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Und, so wird gesagt, getreu diesem Mindset agierte er mit seinen Zulieferern aus dem Osten auf Augenhöhe. Porst hat viel getan – für Fotografen,für seine Mitarbeiter und für Deutschland.

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