Chronik des Scheiterns: Die faherlose, vollautomatische U-Bahn (U3) in Nürnberg
Über die vollautomatische und fahrerlose U-Bahn U3, von den Marketingleuten der Verkehrsaktiengesellschaft Nürnberg auch als „RUBIN“ bezeichnet (nur: Außer den Marketingfuzzies der VAG nennt die so niemand) habe ich schon einiges geschrieben. Es gab auch viel zu schreiben, denn diese U-Bahn, so hat man das Gefühl, steht mehr, als sie fährt.
Am heutigen Montag waren die technischen Probleme der automatischen U-Bahnzüge allerdings so massiv, dass das massive Versagen der Technik und im Besonderen der VAG nicht mehr zu verbergen war. Ich gehe aber noch weiter und sage: Da diese U-Bahn so unglaublich viele Fehler aufweist und man nicht mehr davon sprechen kann, dass sie funktioniert, behaupte ich: Die vollautomatische, fahrerlose U-Bahn Nürnbergs der VAG, genannt „RUBIN“, ist gescheitert.
Und leider bekleckern sich in dieser Angelegenheit auch die Nürnberger Nachrichten bei der Berichterstattung nicht mit Ruhm. Der Artikel „Zwei U-Bahnlinien verspäten sich – zur Sicherheit„, heute auf den Webseiten der NN um 15.30 Uhr veröffentlicht, stimmt leider mit keiner Silbe, denn die technischen Probleme waren um 15.33 Uhr noch längst nicht behoben – sie begannen zu diesem Zeitpunkt erst.
Um etwa 16 Uhr, bis weit nach 18 Uhr ging auf den Linien U2 und U3 nichts mehr. Laut Lautsprecherdurchsage auf den Bahnhöfen sollte das Problem der U-Bahn „schnellstmöglich“ behoben werden – doch leider haben es die VAGler nicht geschafft, ihre Bahn fit zu machen. Für drei U-Bahnstationen brauchte die U2 auf der Strecke von Herrnhürtte bis zum Rennweg 30 Minuten (sic!) – und retoure brauchte der Zug ebenfalls 25 Minuten. Es funktionierte nichts mehr, die VAG erachtete es, trotz des über Stunden fortdauernden Problems, auch nicht für nötig, behelfsweise Busse einzusetzen. Und das mitten im Berufsverkehr.
Dieses Bild kann leider nicht angemessen illustrieren, wie überfüllt die Waggons waren – es passte aber wirklich nicht ein einziger Fahrgast mehr in den Waggon. Diese Situation war heute in der Nürnberger U-Bahn ein gewohntes Bild.
Von Station zu Station machten die U-Bahnen auf der Linie U2 und U3 jeweils zehn bis fünfundzwanzig Minuten Pause. Wer auf die VAG verzichtete, und selbst weite Strecken zu Fuß ging, war schneller unterwegs.
Ein bedauerlicher Einzelfall? Nein, leider nicht, denn es vergehen kaum Tage, an denen die automatische U-Bahn nicht versagt.
Diese Zustände sind nicht mehr hinnehmbar – ein Scheitern des Projekts RUBIN kann nun von niemandem mehr geleugnet werden. Das wirklich Schlimme an der Sache ist, dass für das gescheiterte Projekt von der VAG mit tatkräftiger Unterstützung der Stadt Nürnberg über 610 Millionen Euro (sic!) vernichtet wurden und die Nürnberger nun für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte auf einer technisch unausgereiften, unzuverlässigen U-Bahn sitzenbleiben („sitzenbleiben“ im besten Wortsinne, denn „fahren“ darf man den Zustand in der U3 nicht nennen, will man nicht mit Recht der Lüge bezichtigt werden). Es ist nicht nur ein Skandal, es ist eine Schande!
Nicht vergessen werden darf, dass an der Misere auch die Firmen Siemens und Hirschmann Automation Mitschuld tragen.
Selbst in der Wikipedia, in der eher gelöscht wird, als nur einen Hauch von Zweifel an der Neutralität der Artikel aufkeimen zu lassen, wird über die U3 berichtet:
Seit 20. Oktober 2009 wurden Werktags in der Schwachverkehrszeit (ab 21 Uhr) und an Sonntagen ganztags die dann auf der U3 nicht benötigten Fahrzeuge als Kurzzüge außerhalb des regulären Fahrplans auf der U2 und U21 eingesetzt. Dies geschah im Vorgriff und als Test für das nach dem 2. Januar 2010 vorgesehene Betriebsprogramm, bei dem auf den beiden automatischen Linien überwiegend mit Kurzzügen, bei einem Minimaltakt von 100 Sekunden auf der gemeinsamen Stammstrecke, gefahren werden sollte. Nachdem es während des Testbetriebs im Dezember 2009 mehrmals zu Störungen im Betriebsablauf gekommen war, wurde vorerst vom geplanten 100-Sekunden-Takt abgesehen. Am 2. Januar 2010 erfolgte schließlich die vollständige Umstellung der U2/U21 auf automatischen Fahrbetrieb und die Umsetzung des neuen Betriebskonzepts, bei dem auf der U3 ganztägig und auf der U2/U21 in der Schwachverkehrszeit Kurzzüge eingesetzt werden.
Und nun haben wir den Salat. Es funktioniert nämlich nicht. Die automatische U-Bahn kann nicht umkehren und wenn irgendwo auf der Strecke eine Störung auftritt, denn stehen in der Kettenreaktion auf einmal an alle n U-Bahnhöfen alle Bahnen. Das passierte mit den von Fahrern gesteuerten Zügen nicht annähernd so häufig, denn erstens ist die Technik dieser vom Menschen gesteuerten Bahnen ausgereift und zweitens fehlt der Fahrer. Der kann, sodenn er einen Defekt bemerkt, über Lautsprecher die Fahrgäste auffordern, auszusteigen und oft gelingt es den Fahrern auch, defekte Züge als „Werkstattzüge“ über Haupt-undNebengleise zu Schleifen oder ins Depot zu fahren. Bei von Fahrern gelenkten U-Bahnen ist es in der Mehrzahl der Fälle so, dass der defekte Zug ausfällt. Einer von vielen. Bei der automatischen U-Bahn steht der ganze Betrieb. Über Stunden. Auf ganzen Linien, In vielen Stadtteilen. Das ist scheiße.
Und denen, die die U3 mit den Argumenten der Automatisierungsverfechter verteidigt haben, sei gesagt: Die U3 steht so oft, so viele Streiks können selbst mehrere Gewerkschaften nicht anzetteln. Die U3 steht so oft, so viele Fahrer können gar nicht krank werden. Für das Geld hätte man Generationen von Fahrern ein echt anständiges Gehalt und die halbe Rente noch dazu bezahlen können.
Die U3 ist kaputt – und wir Nürnberger müssen damit leben. „Herzlichen Dank!“ allen, die das verkackt haben.
Update: Während die NN heute jounalistisch im Kontext der massiven Störungen mit der automatisierten U-Bahn leider versagten, hat die Nürnberger Zeitung einen Artikel online, der das Außmaß der Störungen vernünftig beschreibt.
War ja mit dabei und auch betroffen. Vor Weihnachten war morgens eine ähnliche Aktion. Leider häufen sich die Ausfälle so sehr, das man kaum noch eine normale Fahrt erleben kann. Der größte Blödsinn sind die Kurzzüge zum Feierabendverkehr. Wir steckten heute in so einen. Wäre es ein langer Zug gewesen, hätten wenigstens fast alle wartenden Fahrgäste einsteigen können (und im Zug 30min für drei Stationen dicht an dicht stehen können). Kein Wunder das der ein oder andere überlegt aufs Auto umzusteigen. So kommt man wenigstens schnell voran und pünktlich auf Arbeit. Eigentlich ein Argument für den ÖPNV. Hier zeigt sich mal wieder das Nürnberg ein Dorf mit 500.000 Einwohner ist und die Entscheidern in unseren städtischen Konzernen die größten Pfeifen sind. Keiner von denen fährt U-Bahn, sondern den dicken Audi oder BMW.
der Einsatz von Kurzzügen verbunden mit einer kürzeren Taktung find ich klasse – zu Nebenzeiten und am Wochenende!!! einfach klasse – man muss auch am Sonntag nicht länger als 5 Minuten auf den neuen Zug warten und voll ist der zu diesen Zeiten auch nicht!
ABER im Berufsverkehr geht das eben nicht! Da braucht es normale, lange Züge!
Ich bin froh, dass ich nicht ausnahmslos auf den ÖPNV angewiesen bin, sondern es mir von Zeit zu Zeit und in letzter Zeit vermehrt auch gerne an den Wochenenden, aussuchen kann ob ich ihn benutze!
ach wie freue ich mich schon auf das heutige Feierabendchaos
Ich laufe heute heim (gut, dass das nicht so weit ist!).
Haha. Dazu müsste ja auch erst eine (fahrerlose) U4 gebaut werden! Die würde dann nur zwischen dem Klingenhof und einer weiteren Station (unserer Haustüre) hin und her pendeln.
Aber bitte mit Kurzzügen – den hier wirds nie überfüllte Stoßzeit geben!
Gut das ich heute mit dem Auto fahre 😉