Wirtshaus-Explorer: „Mezze“ am Weinmarkt in Nürnberg
Man muss es ganz klar so sagen: Wo Licht ist, ist auch Schatten. So zumindest möchte ich nach meinem zweiten Besuch den Eindruck zusammenfassen, der sich uns im „Mezze“ einprägte und unsere Erfahrungen vom ersten Mal bestätigt. Doch der Reihe nach:
In direkter Nachbarschaft zum berühmten „Essigbrätlein“ – und damit malerisch am Weinmarkt gelegen, befindet sich seit 2022 das Restaurant Mezze, das sich selbst als „Turkish Kitchen & Bar“ bezeichnet. Es ist modern eingerichtet und bietet dem Gast überraschend viele Sitzplätze im Erd- und Kellergeschoss.
Beim ersten Besuch waren wir zu viert, diese Woche zu dritt. Getreu dem Namen des Restaurants sind wir bei beiden Besuchen bei Tisch schnell übereingekommen, unsere Speisen als „shared table“ servieren zu lassen. Somit hat jeder am Tisch die Gelegenheit, viele Gerichte probieren zu können; diese Art des Essens ist nicht nur kulinarisch bereichernd, sondern auch sehr kommunikativ. „Der Fokus des Restaurants“ liege, so liest man auf der Webseite, „auf der türkischen Küche und deren raffinierten kleinen Köstlichkeiten“, es gibt „Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte oder Gemüse“.
Ich bestellte als Vorspeise Pulpo in Tomatensoße, „Domates Soslu Ahtapot“ zu 9 Euro. Die Portion war großzügig, die Soße überzeugte durch ihre Fruchtigkeit, doch der Tintenfisch, der mit scharf marinierten Zwiebeln serviert wurde, schmeckte unangenehm alt.
Zudem wurden mit Shrimps gefüllte Teigtaschen, Manti, die auf einem Joghurtbett gereicht wurden, bestellt – diese waren rundheraus hervorragend; weiterhin orderten wir „Saksuka Patlikan“, ein leider reichlich geschmacksarmes Gericht in einer wässrigen Soße, welches nicht zu überzeugen vermochte und aufgrund seiner dünnen Lake mit den Saksukas, die man andernorts angeboten bekommt, kaum vergleichbar ist. Dazu wurde heißes, weiches Fladenbrot gereicht, das wir dankbar annahmen, um die Soßen der Mezze zu tunken.
Zu den Hauptgerichten: Herausragend waren die „Yogurtlu Kasap Köfte“ (20,90 Euro), fein gewürzte und knusprige, saftige Hackfleischstücke nach Art einer kleinen Bulette mit frittierten Kartoffelspalten an Joghurt und fruchtig-milder Tomatensoße, garniert mit zwei Spitzpaprika. Eine schöne Portion, die wirklich gut geschmeckt hat. Ebenso überzeugen konnten „Karides Güvec“, dampfend heiß direkt aus dem Ofen servierte Garnelen in Knoblauchbutter. Irritierend, dass man zu diesem Gericht wirklich keinerlei Beilagen bekommt, weder Brot, Salat noch Reis – und man so um den Preis von 19,90 Euro, selbst bei kleinem Hunger, nicht satt werden kann. Fairerweise sei dazu gesagt, dass auf der Karte keine Beilage verzeichnet ist, aber einfach „nackte“ Garnelen – ohne alles – serviert zu bekommen, na ja…
Die dritte Hauptspeise steht als „Tavuclu Mutancana (Saray yemegi)“ auf der Karte, an den Tisch gebracht werden kleine, etwas gummiartige Hühnerwürfel an einer Soße aus Silberzwiebeln, Honig und getrockneten Früchten (Aprikosen, Feigen und Rosinen) mit Mandeln. Dazu gab es einen sehr feinen, raffiniert gewürzten Reis. Das Gericht wäre geschmacklich sehr interessant gewesen, wäre es nicht von den Hühnerbrocken durchzogen – der Reis allerdings konnte überzeugen. Wir haben mit großer Lust versucht, herauszuschmecken, wie er gewürzt sein könnte. Minze war deutlich erkennbar, Nelken, möglicherweise Kardamom und Zimt ebenfalls. Wir wissen es nicht sicher – schön, wenn so ein Gericht sein kleines Geheimnis behält.
Der Service ist flott, verbindlich und bemüht, an kleinen Details mangelt es. Sehr deutlich haben wir zu verstehen gegeben, dass wir uns alle Portionen teilen werden, die Vorspeisenteller und das Besteck wurden nach den Mezze dennoch nicht getauscht. Schön wäre auch gewesen, wenn die Hauptspeisenteller vorgewärmt gewesen wären, so waren die Gerichte zum Teil leider kalt. Solche vermeintlichen Kleinigkeiten verraten, dass der sonst nicht zu beanstandende Service dem Preisniveau des Restaurants nicht wirklich gerecht werden kann. Und weil ich gerade vom Preisniveau spreche:
Die (was positiv auffällt) wenigen Hauptgerichte auf der Karte bewegen sich in einem Preisrahmen von 16,90 Euro (vegetarisch) bis 25,90 Euro. Ein Bier, Efes, 0,33 Liter, kostet 4,50 Euro, 0,2 Liter Wein schlagen mit stattlichen 7,90 Euro zu Buche. Softdrinks gibt es nur als 0,2 Liter-Variante. Während die Hauptspeisen sich in einem normal-gehobenen Preisbereich bewegen, empfinde ich die Getränkepreise als unangenehm. Man möge allerdings nicht vergessen, dass die Portionsgrößen es aus meiner Sicht nötig machen, dass man mindestens eine Vorspeise wählt – die Mezze sind ja auch gastronomisches Programm und Konzept; das schlägt sich freilich auf der Rechnung nieder.
Das Fazit der fünf Personen, mit denen wir das Mezze besucht haben, fällt, wen wollte es wundern, ambivalent aus. Interessante Geschmäcker und ungewöhnliche Gewürzkombinationen in stilvollem Ambiente treffen auf alten Fisch und wenig appetitliches Huhn. Ein zurückhaltend-flotter Service trifft auf ungemütliche Hochstühle und das nervös flackernde LED-Licht im Keller. Man kann also schlecht sagen, man wolle dem Mezze keine Empfehlung aussprechen, reinen Gewissens weiterempfehlen möchte man das Restaurant, das die ein- oder andere angenehme wie unangenehme Überraschung für den Gast bereithält, aber auch nicht.
Wer einen Platz reservieren möchte und nicht gerne an den ungastlichen Hochstühlen Platz nimmt, sollte darauf bei der Reservierung explizit hinweisen. Im Keller gibt es auf der Stirnseite einige normal hohe Stühle und Bänke, an denen man gemütlich sitzen kann.
Gemessen an der Portionsgröße und leider auch teilweise an der Qualität der Speisen ist das Mezze kein ganz billiges Restaurant. Den Benchmark, den in Nürnberg andere türkische und arabische Restaurants gesetzt haben, vermag man im Mezze bedauerlicherweise nicht zu überspringen. Das Ambiente hingegen ist zeitlos modern und angenehm, der Service verbindlich und auch schnell und die ein- oder andere Speise sticht auch geschmacklich positiv aus dem Angebot heraus.
Mezze, Weinmarkt 5, 90402 Nürnberg, Telefon 89 21 40 01