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Fritz, Su Holder und Kristina Schröder

Einstmals tönte aus den Sendestudios des Rundfunk Berlin-Brandenburg (ehem. ORB) ein Jugendradio namens Fritz, das man unbescholten als den Innovationsmotor des deutschen Tonrundfunks bezeichnen durfte. Fritz war weit vorne mit dabei, wenn es um das Ausprobieren im Radio ging, wenn neue Sendungen, Formate kreiert wurden. Der Fritz-Hörer hatte oft den Eindruck, dass hier eine Insel der Glückseligen existierte, ein Sender, in dem viel Experimentelles zum Erfolg wurde. Fritz stand für eine ganz eigene Hörqualität: Man bemühte sich um Musik fernab des von Media Control gepushten Normgedudels und man schaffte etwas bislang Einzigartiges: Ein Jugendradio mit verhältnismäßig hohem Wortanteil, das nicht nervte.

Wäre es mir möglich, ein Destillat des Erfolgsrezepts des Senders Fritz zu generieren, wäre ich zweifelsohne stinkreich. Inzwischen aber braucht sich niemand mehr die Mühe machen – Fritz ist auf dem absteigenden Ast, auch wenn Leute wie beispielsweise ein Holger Klein noch wacker dagegen ankämpfen ansenden.

Vorgestern ging bei besagtem Sender Fritz ein Kommentar der Journalistin Su Holder über den Äther: Sie befasst sich mit einem Thema, das ähnlich spannend wäre, wie der sprichwörtliche Reissack im Reich der Mitte – das Kohl-Groupie Christina Köhler Schröder ist schwanger – wenn sie sich nicht, dummdreist wie immer, dazu verstiegen hätte, auch in dieser Situation albernen Dünnsinn abzusondern:

„Wir werden dann vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland, bei denen beide beruflich sehr gefordert sind“, sagte sie dem Blatt. „Aber wir sind zuversichtlich, dass wir das auch mit Unterstützung unserer Familien hinbekommen“. (Quelle: RP)

Dem geneigten Leser dieser Zeilen ist natürlich aufgefallen, dass das hochgradiger Stumpfsinn ist, die Schröders verdienen ausgezeichnet und können als Mitglieder der „politischen Elite“ mit quasi allen Arten der Unterstützung rechnen und sich wohl jeder denkbaren Ressource bedienen. Das neide ich ihnen nicht und wünsche ihnen darüber hinaus, dass das Kind gesund zur Welt kommt und sie als Eltern glücklich sein mögen.

Aber dass dieses Paar „vor den gleichen Herausforderungen steh[t] wie viele andere Paare in Deutschland“ ist schlicht und ergreifend gelogen.

Auf nichts anderes – und hier sind wir wieder bei Fritz – wies Frau Holder hin. Sie tat dies mit einem Kommentar, der sowohl gesendet wurde als auch als „Manuskript“ auf der Fritz-Seite zu finden war. War? Ja, war, den heute ist das Manuskript weg (gut wenigstens, dass sich einmal gesendete Radiowellen nicht mehr zurückholen lassen).

An dieser Stelle ist es Zeit, darauf aufmerksam zu machen, dass Text und Ton zwar nicht mehr bei Fritz, dafür aber beim Kraftfuttermischwerk zu finden sind. Wer den Kommentar bislang nicht gehört oder gelesen hat, der verlasse diese Seite jetzt bitte, folge dem Link und kommen nach der Lektüre wieder zurück. Bis gleich.

Der Kommentar ist nicht der ganz große Wurf, das ist keine Frage. Ich habe besseres gehört und gelesen. Aber der Kommentar geht für mich schon in Ordnung, weist er doch klar und unmissverständlich darauf hin, aus welchem Holz unsere Bundesfamilienministerin geschnitzt ist (aus ziemlich morschem Holz nämlich). Was uns Köhler Schröder da wieder einmal zumutet ist nicht allein Jammern auf hohem Niveau sondern auch eine Verarsche der Bürger und nicht zuletzt – und am Schlimmsten – ein Hohn gegenüber allen jungen Eltern, die für das Auskommen ihrer Familie arbeiten müssen. Und gerade diese jungen Eltern haben unter der sog. „Familienpolitik“ Köhlers Schröders zu leiden. Darauf weist Frau Holder hin – nicht besonders höflich – aber das muss nicht nur nicht sein (sondern wäre auch unangemessen).

Ich halte Frau Holder zu Gute, dass sie in wenigen Zeilen den Hörern in einer gut verständlichen Sprache klar macht, dass das Kohl-Groupie Schröder sich einmal wieder aufs Peinlichste anzubiedern sucht. Auch die nicht ganz frommen Wünsche, die Frau Holder der Köhler am Ende des Kommentars mitgibt, gehen im Kontext des minderbegabten Geschwafels der Familienministerin in Ordnung. Man muss diese Frau nicht lieben und es spricht auch nichts dagegen, das zu sagen.

Und nun ist der Text weg von fritz.de. Warum? Der Programmchef von Fritz, Stefan Warbeck, liefert eine peinliche Erklärung:

Erstens erweckt der Artikel aus unserer Sicht mit der Formulierung „Offener Brief“ sehr stark den Eindruck, als handele es sich hier um die Meinung der Redaktion.

Herr Warbeck, das ist doch bitte nicht Ihr Ernst? Ich bin gleich beleidigt! Halten Sie ihre geschätze Hörerschaft für so medieninkompetent, dass sie nicht in der Lage ist, zu erkennen, dass es sich um einen Kommentar, einen namentlich gekennzeichneten Meinungsbeitrag eines einzelnen Journalisten handelt? Bitte, wenn sie uns Hörer wirklich für so doof halten, dann sperren Sie Fritz doch einfach zu und übernehmen auf den so frei werdenden Frequenzen das Programm von Energy, Antenne Bayern oder RTL Radio. Btw.: Der Beitrag war in Ton und Text deutlich namentlich gekennzeichnet, also bitte keine Ausflüchte. Und: Wer ist eigentlich dieser ominöse „Wir“, der da beim Satzfetzen „aus unserer Sicht“ durchschimmert? Ich bitte um ein wenig mehr Präzision. Und dann ist Ihnen da noch dieser Satz aus der Feder geronnen, Herr Warbeck:

Dieser Kommentar verletzt, so sehen wir es, an einigen Stellen eindeutig die Persönlichkeitsrechte von Frau Schröder.

Ich muss zugeben, dass meine Einführung ins Medien/Presserecht gut und gerne zehn Jahre her sein mag. Ich habe mich über die Zeit auch nicht immer up to date gehalten, ich bin nämlich kein Journalist sondern nur ein lumpiger Blogger, aber ich kann beim Kommentar von Frau Holder beim besten Willen – auch dann nicht, wenn ich mich in die Rolle eines beliebigen stockkonservativen Rundfunkratsarschloches hineinversetze (was mir zugegebenermaßen sehr schwer fällt) – keine Verletzung irgendwelcher Persönlichkeitsrechte feststellen. Eine „eindeutige“ Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist schon mal genau gar nicht feststellbar. Das oben zitierte Argument ist nicht nur tönern sondern auch unbewiesen.

Herr Warbeck, jetzt mal ernsthaft: Eine richtige und nachvollziehbare Erklärung, warum der Kommentar von der Seite genommen wurde (ich versteige mich hier gar nicht, von Zensur zu sprechen, denn, Herr Warbeck – ob sie wollen oder nicht – der Kommentar kann von Ihnen nicht zensiert werden – der ist im Netz und beibt auch dort) liefern sie nicht. Erst etwas von der Seite nehmen und dann noch eine plausible Antwort schuldig bleiben, warum das so gemacht wurde, ist wahrlich ein beschissener Stil.

Nicht ganz zu Unrecht kommentiert der User ben gunn auf der Fritzseite:

traurig, dass die vierte gewalt in vorauseilendem gehorsam sich selbst beschneidet…

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich bin der Meinung, dass man diesen Kommentar locker hätte mittragen hätte können, wenn man gewollt hätte. So aber bleibt ein Gschmäckle, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier jemand Angst vor der eigenen Courage der Courage seiner Mitarbeiter bekam.

Was bedeutet das für Fritz? In jedem Fall verlieren Hörer das Vertrauen darauf, dass das Programm unbeschnitten ist, man querdenken nicht nur toleriert sondern auch wünscht und Missstände klar und deutlich, in jugendgerechter Sprache benennt. Ich bin, Herr Warbeck, erschüttert über Ihre Mutlosigkeit Feigheit, damit tun sie Fritz keinen Gefallen. Ich war schon angenervt, als ihnen nichts besseres einfiel, als den Blue Moon auf zwei Stunden herunterzukürzen, das habe ich Ihnen und Frau Reim seinerzeit auch geschrieben (geantwortet haben Sie nicht, wunderte mich auch nicht wirklich). Das könnte man noch verschmerzen, das Ding, das sie heute abgeliefert haben, verschmerze ich nicht so leicht. Und, wenn man die Reaktionen in anderen Blogs, auf twitter, auf der Fritzseite ansieht, bin ich damit nicht allein.

So schließt sich auch der Kreis zur Innovation: Neue Ideen und Formate können erst dann zünden, wenn Redakteure und Moderatoren die Sicherheit haben, auch mal nonkonformistisch agieren zu dürfen, sich querzustellen, mal auszuteilen. Wenn das nicht gegeben ist, dann ist die Authentizität im Einer und damit die Innovation im Arsch. Ich möchte nich in der Haut der Redakteure und Journalisten bei Fritz stecken, die werden sich jetzt zwei, drei, vier Mal überlegen, was sie sagen oder schreiben und alles tun, nicht der Fritzschen Selbstzensur (oops! Da war es, das böse Wort! Verdammt!) anheimzufallen. Gut gemacht, Herr Warbeck. Ist es nicht an der Zeit, mal darüber nachzudenken, den Sessel für Mutigere freizumachen?