Über die N-ERGIE habe ich hier ja leider schon mehrfach berichten müssen, doch was sich diese Firma (vergesst bitte nicht: Der Mehrheitseigner an der N-ERGIE sind die Städtischen Werke Nürnberg, zu denen unter anderem auch die VAG und die wbg gehören) derzeit erlaubt, schlägt dem Fass den Boden aus – ja ich denke, es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn ich hier von einem ausgewachsenen Skandal spreche.
Zur Ausgangssituation muss ich ein paar Dinge vorausschicken: Unser Haushalt ist seit fünf Jahren Kunde der N-ERGIE (leider). Wir haben einen mittleren Energieverbrauch: Unser Zweipersonenhaushalt ist gute 100 Quadratmeter groß, im letzten Jahr haben wir knappe 4000 Kilowattstunden Strom verbraucht – nichts ungewöhnliches also. Auf Zuraten der N-ERGIE haben wir also das Tarifmodell „Strom SMART“ gewählt – ein Tarif, bei dem man derzeit bei einem Verbrauch von bis zu 6000kWh/Jahr einen Strombruttopreis von 20,04 Cent* pro Kilowattstunde bezahlt – ab 6000kWh/Jahr wird es ein bisschen billiger. Das geht an und für sich auch in Ordnung so.
Heute aber finde ich einen Brief im Kasten, Absender ist die N-ERGIE und sie macht mir ein Angebot:
Ihr Strompreis ändert sich – neuer Preis STROM SMART (alt) – Angebot verbesserter STROM SMART
Das ist in fettgedruckten Lettern zu lesen. Bin ich nun naiv, wenn ich dann ein besseres (das ist für mich dann synonym mit billigeres) Angebot erwarte? Scheinbar, denn für den Privatkunden verbesssert sich genau gar nichts.
Im Verlauf des Schreibens beweihräuchert sich die N-ERGIE erst einmal selbst – den Preis habe man zu Beginn des laufenden Jahres gesenkt (stimmt – ich habe das in den alten Korrespondenzen nachgesehen, der Strompreis wurde marginal gesenkt), man habe den Preis zudem stabil gehalten. Dann folgt ein Riemen über Steuern und das Erneuerbare-Energien-Gesetz – nichts von Interesse…
Und dann?
Dann muss ich da lesen:
Günstiger mit neuem Vertrag: STROM SMART am 1. Januar 2011
Ebenfalls zum 1. Januar haben wir das Produkt STROM SMART weiter verbessert: Sie können damit zukünftig mehr sparen, nämlich durchgehend 2 Cent pro Kilowattstunde gegenüber dem Grundversorgungstarif STROM STANDARD.
Das klingt richtig gut, ist aber in Wirklichkeit ziemlich scheiße: Ich habe mit meinen knappen 4000 Kilowattstunden Verbrauch pro Jahr ja nicht den Tarif STANDARD – da wäre ich ja doof. Ich habe den alten SMART. Der kostet bislang: 20,04 Cent pro kWh. Der neue Kilowattstundenpreis bei meiner Verbrauchsmenge beträgt nach dem neuen Tarif: 21,16 Cent. Das bedeutet: Im Tarif STROM SMART (neu) kostet mich die Kilowattstunde 1,12 Cent mehr – eine Preiserhöhung also. Was an diesem Tarif verbessert sein soll, ist mir unklar. Im Gegenteil: Ich fühle mich von der N-ERGIE verarscht!
Der „verbesserte“ Tarif bringt mir folgenden Vorteil: Bei einem Jahresverbrauch von 4000 kWh habe ich die Ehre, der N-ERGIE 44,80 Euro mehr überweisen zu dürfen. Herzlichen Dank für diesen unschätzbaren Vorteil, ihr Pisser.
Dazu muss noch eines gesagt werden: Der neue Grundpreis (ab 1. Januar 2011) beträgt (wieder bei 4000 kWh/Jahr) brutto 7,12 Euro, bislang beträgt der Grundpreis 6,55 Euro pro Monat. Dass ich über den Grundpreis nochmal 6,84 Euro pro Jahr mehr bezahlen muss, ist im obigen Mehrpreis noch gar nicht eingerechnet.
Insgesamt würde ich also 51,64 Euro pro Jahr mehr für die identische Leistung bzw. Strommenge beziehen. Weiter schreibt die N-ERGIE:
Wir bieten Ihnen den Wechsel zum verbesserten STROM SMART an, da sie damit auf jeden Fall gegenüber ihrem bisherigen STROM SMART sparen. Die neuen Verträge werden ausschließlich auf Grundlage des beiliegenden Vertragsformulars geschlossen.
Ich bin stinksauer. Liebe Leute von der N-ERGIE, es ist eine bodenlose Unverschämtheit, für wie blöd Ihr Eure Kunden haltet. Der Brief ist eine einzige Beleidigung an jeden halbwegs intelligenten Menschen!
Ich will nicht vergessen: Ich bin immer noch auf der Suche nach meinem Vorteil. Und den kann die N-ERGIE auch benennnen:
Wir schenken allen STROM SMART Kunden, die uns ihren neuen Vertrag bis zum 15. Dezember 2010 schicken, ein hochwertiges Energiesparlamen-Set.
Auf einem Beiblatt erfahre ich dann, dass das „Set“ aus zwei Philips-Energiesparlampen á 16 Watt Leistung „in Glühbirnenform“ besteht. Ich rechne mal kurz gegen: 51,64 Euro geteilt durch 2 Energiesparlampen = 25,82 Euro pro Leuchtmittel.
Vorteil? Ich habe noch nie in meinem Leben eine popelige Glühbirne Energiesparlampe für 25 Euro gekauft! Ich müsste ja komplett bescheuert sein!!!
Mein erster Impuls war: Ich werfe diesen Brief genau dorthin, wohin er gehört – in den Müll. Das ist aber eine schlechte Idee. Denn es steht noch was in dem Brief:
Sollten wir nichts von Ihnen hören, rechnen wir Ihren Verbrauch nach den in der unten stehenden Tabelle genannten Preisen ab.
Welche Preise? Zwar bleibt der Grundpreis bei 6,55 Euro – aber die Kilowattstunde soll dann 21,80 Cent kosten (wieder ein Jahresverbrauch von 4000 kWh/Jahr angenommen) – also: Wenn ich den Brief wegschmeiße und mich nicht mit der N-ERGIE in Verbindng setze, dann kostet mich die kWh 1,76 Cent mehr – das macht im Jahr ganze 70,40 Euro!
Oder anders ausgedrückt: Wenn ich den neuen Vertrag unterschreibe, werde ich bestraft, ich muss über 50 Euro mehr zahlen. Wenn ich einfach gar nichts tue, dann werde ich doppelt bestraft – dann zahle ich über 70 Euro mehr. Für NICHTS!!
Ich werde also von der N-ERGIE für meine „langjährige Treue“ (so steht es im Brief) bestraft, einfach oder doppelt, das kann ich mir raussuchen. Double-Fuck! Immerhin.
Gut, das habe ich heute gelernt: Wer bei diesem Energievesorger Kunde ist, der gehört bestraft. Ich sehe meinen Fehler ja ein und gelobe Besserung: Ich werde der N-ERGIE endgültig den Rücken kehren und den Stromanbieter wechseln. Der Lohn für die Einsicht folgt auf dem Fuße: Ich bekomme meinen Strom billiger und entgehe damit der Strafe, die ich eigentlich verdient hätte.
Kann ich so einfach den Energieversorger wechseln? Im Brief der N-ERGIE steht davon kein Wort, klar, die wollen, dass ich saftig bleche. In den alten Unterlagen zum Tarif STROM SMART findet sich aber (seeeeehr klein gedruckt) ein entsprechender Hinweis:
Dem Auftrageber steht im Fall der Preisänderung das Recht zu, den Stromlieferungsvertrag gemäß § 20 Abs. 1 StromGVV mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung außerordentlich zu kündigen.
Gut, dann wird das so gemacht. Ihr habt es nicht anders gewollt, liebe N-ERGIE.
Ach, bevor ich es vergesse: Liebe Mitarbeiter der N-ERGIE, ich darf Sie darauf hinweisen, dass diesem Blog ein einzigartiges Feature zu Eigen ist (das Feature ist ähnlich „einzigartig“ wie Ihr Angebot „vorteihaft“, you know?): Mit der Kommentarfunktion können Sie zu Ihren „Vorteilen“ Stellung nehmen. Ich bin ja mal gespannt. Der Verbraucherzentrale lege ich Fall und Vorgang in den nächsten Tagen übrigens zur Prüfung vor. Denn wenn mir jemand schreibt, dass etwas „vorteilhaft“ sei oder man mir Glauben machen will, ich würde „damit (…) auf jeden Fall sparen“, dann fühle ich mich nämlich auf jeden Fall verarscht und betrogen. Dies nur zu Ihrer Kenntnis.
————————
*) Bruttopreis. Ich rechne hier der Einfachkeit haber nur mit Bruttopreisen und das ist in meinen Augen auch dadurch gerechtfertigt, weil es sich um ein Angebot für Privatkunden handelt. Hier ist der Bruttopreis zu zahlen, daher nehme ich ihn hier auch grundsätzlich an.
Update: Achtung! Die Sonderkündigungsfrist endet am 30.11.2010! Das bedeutet, dass bis zu diesem Tag Eure Kündigung bei der N-ERGIE eingegangen sein muss!