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Treffen der fränkischen Mastronauten und Blueskyer in Fürth im April 2025

Lange war das Treffen der (mittel-)fränkischen Mastronauten und Blueskyer „in größerem Rahmen“ angekündigt, jetzt haben wir einen Termin und eine neue Location!

Eingeladen sind ganz ausdrücklich alle Mastodon- und Bluesky-Nutzer in der Region (und natürlich auch alle, die sich mit den fränkischen Mastronauten und BlueSkyern verbunden fühlen).

Inzwischen haben wir durch unsere nuudel-Umfrage ein knappes, aber dennoch klares Termin-Statement:

Dienstag, 8. April 2025
18 Uhr
Gasthaus „Zum Tannenbaum“
Helmstraße 10, 90762 Fürth

Ursprünglich wollten wir uns ja im „Stadtwappen“ treffen, das an diesem Tag aber Ruhetag hat, daher weichen wir ins Nebenzimmer der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Gaststätte „Zum Tannenbaum“ aus. Das Gasthaus ist gut mit der U-Bahn (Fürth Rathaus) und den Buslinien erreichbar und bietet neben vegetarischen Gerichten auch eine vegane Alternative an.

Gaststätte "Zum Tannenbaum", Fürth

Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Fürth

Bitte verbreitet den Termin und die neue Location, gerne mit Hinweis auf diesen Post in Eurem Mastodon- und Bluesky-Netzwerk!

Spontane Zu- oder Absagen richtet Ihr zur besseren Planung bitte möglichst frühzeitig per Mastodon oder Bluesky an Karl oder mich oder hinterlasst auch gerne einen Kommentar unter diesem Post.

Wir freuen uns auf eine rege Beteiligung und dass wir uns alle am 8. April in Fürth wiedersehen!

Herzlichst,
Karl und Michi

Disclaimer: Die Teilnahme am Treffen ist grundsätzlich kostenlos, die entstehenden Spesen und Kosten im Gasthaus trägt jeder selbst. Ein reines Twitter-Treffen werden wir nicht mehr organisieren, schon allein deshalb, weil nach der Übernahme durch Musk und die Umbenennung in „X“ die meisten uns persönlich bekannten Nutzer die Plattform verlassen haben.

Einladung zum Treffen der fränkischen Mastronauten und BlueSkyer

Schon einige Male trafen sich insbesondere mittelfränkische Mastodon-Nutzer in kleinem Kreis in der Fürther Gustavstraße ganz ungezwungen, um sich bei einem (oder mehreren) Seidla Bier, Schoppen Wein oder Spezi kennenzulernen, sich zu vernetzen und einfach ein wenig miteinander zu ratschen – wie man hierzulande so schön sagt.

Bei unserem letzten kleinen Treffen Anfang Januar, wir waren zu viert, beschlossen wir, das nach langer Zeit einmal wieder in einem etwas größeren Kreis anzubieten und damit auch ein wenig an die alten „Twanken“-Twitter-Treffen, von denen ich früher auch zwei organisierte, anzuknüpfen.

Eingeladen sind ganz ausdrücklich alle Mastodon- und Bluesky-Nutzer in der Region (und natürlich auch alle, die sich mit den fränkischen Mastronauten und BlueSkkyern verbunden fühlen). Ein reines Twitter-Treffen werden wir nicht mehr organisieren, schon allein deshalb, weil nach der Übernahme durch Musk und die Umbenennung in „X“ die meisten uns persönlich bekannten Nutzer die Plattform verlassen haben.

Update: Inzwischen hat sich als geeignetster Termin der Dienstag, 8. April 2025, 18 Uhr herauskristallisiert. Da an diesem Tag das „Stadtwappen“ geschlossen hat, weichen wir ins Nebenzimmer der Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Helmstraße 10, 90762 Fürth, in unmittelbarer Nähe aus. Das Gasthaus ist gut mit der U-Bahn (Fürth Rathaus) und den Buslinien erreichbar und bietet neben vegetarischen Gerichten auch eine vegane Alternative an. Mehr Info im entsprechenden Post.

Um allzu weitverzweigte Diskussionen zu vermeiden und die Terminfindung zu vereinfachen, verständigten Karl und ich uns darauf, Anfang April zwei Termine zur Auswahl zu stellen, die nicht in der Ferienzeit liegen und eine Gaststätte für das Treffen zu wählen, die nicht nur genügend Platz zur Verfügung hat, sondern auch sowohl mit der U-Bahn, als auch mit den Stadtbussen gut erreichbar sein sollte. Beginn ist um 18 Uhr, um auch Menschen mit Familie eine Teilnahme zu ermöglichen, wer zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen möchte, ist selbstverständlich ebenfalls herzlich willkommen.

Als Termine schlagen wir
Donnerstag, den 3. April 2025 ab 18 Uhr oder
Dienstag, den 8. April 2025 ab 18 Uhr
vor.

Über den Termin könnt ihr im Nuudel-Umfrage-Tool abstimmen – hier geht’s zur Umfrage.

Bitte abstimmen, damit wir entsprechend reservieren können. Für Anmerkungen gerne ein Reply an Karl oder mich, die Kommentare stehen aber auch offen.

Aller Voraussicht nach buchen wir den Tisch in der Gaststätte „Zum Stadtwappen“, Bäumenstraße 4, 90762 Fürth. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zum Fürther Rathaus und ist mit zahlreichen Buslinien und der U-Bahn-Linie 1, Haltestelle „Rathaus“ zu erreichen.

Wir freuen uns auf eine rege Beteiligung und dass wir uns alle im April in Fürth wiedersehen!

Herzlichst,
Karl und Michi

Hot Take: Eine Forderung nach Alt-Texten und CWs in sozialen Netzwerken ist oft purer Ableismus

Hot Take: Wer von anderen Nutzern in sozialen Netzwerken permanent die Verwendung von Bildbeschreibungstexten (Alttexten), content warnings oder trigger warnings einfordert, verhält sich ableistisch.

Nun, Twitter ist ohnehin an die Nazis verloren, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber selbst im Fediverse, auf Mastodon und Bluesky, wo gewöhnlich ein respektvoller Umgang miteinander und eine vernünftige Diskussionskultur gepflegt werden, muss ich beobachten, dass Nutzer, die unter ihre Bilder keinen Bildbeschreibungstext (Alttext) setzen oder bei bestimmten Themen kein „content warning“-flag setzen, scharf angegangen, gerügt werden. Diese Beobachtung mache ich seit wenigstens zwei Jahren, leider täglich – und nun bin ich es leid.

Man möchte ja meinen, dass diese Hinweise wohlmeinend sind und sich die „Hinweisgeber“ um die Barrierefreiheit sorgen. Dass es aber Menschen gibt, die aufgrund einer Behinderung vielleicht gar nicht in der Lage sind, ein Bild zu „beschreiben“, das Gesehene in Worte zu überführen, einer Aussage oder Beobachtung eine „content warning“ voranzustellen, und diese Menschen dann mit der Forderung nach Alttexten oder CWs gesilenced werden, wird gerne vergessen.

Ich denke, dass es an dieser Stelle hilfreich sein kann, meinen „Hot Take“ ein wenig zu illustrieren. Man stelle sich beispielshalber einen Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung vor. Das Smartphone unterstützt ihn, ein Bild der Umgebung aufzunehmen und dann aus der Nähe mit der Möglichkeit der Vergrößerung Dinge auf dem Bild wahrzunehmen, die er ohne Hilfsmittel in der Ferne mit seinem Sehrest oder aufgrund einer Gesichtsfeldeinschränkung nicht sehen kann. Wenn er nun dieses Bild postet, verzichtet er vielleicht ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil die Bedienung der taktil nicht erfassbaren Bildschirmtastatur auf dem Smartphone-Touchscreen für ihn einen nicht im Verhältnis stehenden Aufwand bedeutet. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein Sehender eine Fotografie anders erschließt – mit einer „Draufsicht“, er sich allerdings dieselbe Fotografie über Details erschließen und über die Summe der gesehenen Details und seinem Weltwissen und Erfahrungsschatz (der von dem der Sehenden abweichen kann) das Gesamtbild extrapolieren muss. Vielleicht verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass ihm bei dieser Extrapolation Fehler unterlaufen, mögliche Fehler, die er in einem Bildbeschreibungstext nicht verfestigen möchte. Es gibt, das zeigt dieses Beispiel, gute Gründe, ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung zu verzichten, selbst dann, wenn man sie setzen könnte und selbst dann, wenn man zu einem Kreis von Menschen gehört, der selbst von einer Bildbeschreibung profitiert.

Ein anderes Beispiel: Ein Mensch mit einer möglicherweise über den Social Media-Kanal nicht als solche sofort erkennbaren, sogenannten geistigen Behinderung postet ein Bild. Er kann das Bild erkennen, alles darauf Abgebildete auch erfassen, er ist aber außerstande, das Gesehene zu verbalisieren. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar mit scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Ein drittes Beispiel: Ein Mensch hat eine Lese-Rechtschreibschwäche oder ist funktionaler Analphabet. Er postet ein Bild. Eine Bildbeschreibung zu erstellen, ist ihm ohne fremde Hilfe nicht möglich. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar in scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Diese drei (wohlgemerkt nicht konstruierten) Beispiele zeigen aber nicht nur, dass es vollkommen legitim ist, die Entscheidung zu treffen, keine Bildbeschreibungen zu verwenden – niemand ist anderen über seine Beweggründe dieser Entscheidung Rechenschaft schuldig. Hier direkt oder indirekt Rechenschaft einzufordern, ist ebenfalls ableistisch. Und als conclusio darf daher gelten: Ich kann nur und ausschließlich dann von meinem Gegenüber einen Alttext oder eine content warning einfordern, wenn ich mir absolut und zweifelsfrei sicher bin, dass mein Gegenüber ohne Hinderungsgrund diese Informationen nicht zur Verfügung stellt, weil er dazu nicht Willens ist. Und das kann man, wenn man die Menschen nicht persönlich gut kennt, kaum gewährleisten.

Richtig geil wird es aber, wenn man für die Verwendung von KI-Diensten wie dem Alt-Bot kritisiert wird. Kurz erklärt: Der Alt-Bot sorgt über Googles KI-Dienst Gemini dafür, dass in Form einer Reply eine automatisch generierte Bildbeschreibung unter einen Post gesetzt wird, sofern der postende User das möchte. Das funktioniert in 90 Prozent der Fälle überraschend gut, in 10 Prozent der Fälle hat die KI mit der Interpretation schon noch Probleme. Diese KI-Bildbeschreibungen sind mitunter auch nicht ganz unproblematisch. Zuerst einmal ist eine Bildbeschreibung als Reply nicht optimal (aber besser als nichts!), zum anderen beschreibt die KI nicht nur, sondern interpretiert auch, beispielshalber, indem Bildstimmungen als „angenehm“, „warm“, „freundlich“, „nüchtern“, „kühl“… bezeichnet werden. Meine größte Schwierigkeit mit der KI liegt im Umstand, dass sie leider häufig gängige, erlernte Vorurteile repliziert. Dennoch: Wer heute Dienste wie den Alt-Bot zur automatischen Generierung von Bildbeschreibungen verwendet, wird, das darf und möchte ich annehmen, die Vorteile und Nachteile gegeneinander abgewogen haben. Nun aber einem Menschen mit Behinderung vorzuwerfen, wie es der Post im Screenshot zeigt, ein Hilfsmittel wie den Alt-Bot zu verwenden, ist unter den miesen Moves nochmal ein besonders mieser Move.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die allzu lauten „Mahner“ oft selbst nicht von einer Behinderung betroffen sind, dass ihre mitunter unangenehm persistenten „Mahnungen“ vielmehr Ausdruck ihrer Selbstgefälligkeit und damit auch Vehikel eines deplatzierten moralischen Überlegenheitsgefühls sind. Unter den Menschen mit Behinderung, mit denen ich regelmäßig im Kontakt bin (allein meine beruflichen Kontakte belaufen sich hier auf etwa 350 bis 400 Personen) erlebe ich mehrheitlich, dass man in diesen Fragen jedenfalls eine ganz andere, von Toleranz und Wohlgesonnenheit geprägte Tonlage pflegt und durch geduldiges Erklären versucht, die erkannten Barrieren zu benennen und ihre Dysfunktion begreifbar zu machen und nicht zuletzt auch Vorschläge zur Beseitigung der Barriere unterbreitet. Das gilt auch für ihre Angehörigen und Freunde. Freilich mag gelegentlich auch mal jemandem aufgrund der nicht selten durchgängigen Diskriminierungserfahrung der Geduldsfaden reißen, aber das ist die Ausnahme.

CWs, das ist unbestritten, können bedeutungsvoll und angebracht sein und das Filtern echter verstörender Inhalte für Zielgruppen, für die sie nicht geeignet sind, durchaus erleichtern. Wer aber bei quasi jedem alltäglichen Anlass eine content warning einfordert oder setzt, macht nicht nur für Menschen mit und ohne Behinderung die Timelines unlesbar, er macht aus den CWs ein verdammt stumpfes Schwert.
In dem von mir zu im Screenshot herangezogenen Beispiel habe ich mit dem Vermerk „Netzfund“ eine Karikatur gepostet, die in eindeutiger Weise dazu Stellung bezieht, dass Musk im Zuge der Trump-Inauguration 2025 öffentlich und nach meinem Verständnis auch eindeutig den Hitlergruß „entbot“. Ist ein CW für eine das tages- wie weltpolitische Geschehen karikierenden bildliche Darstellung nötig, sinnstiftend, angemessen?
Wer gerade abnehmen möchte und einfordert, dass vor jedem geposteten Schokoladentafel-Bild, vor jedem geposteten Bild eines schön angerichteten Tellers im Restaurant eine content warning zu setzen sei, der delegiert nicht nur sein individuelles Problem in die Community, sondern beraubt die CW ihres Sinns und Nutzens. Wer vor jedem Post, das sich mit Rassismus, Faschismus, Klassismus, mit Trump, mit Musk, mit Putin… auseinandersetzt, eine Rassismus-CW, Faschismus-CW, Klassismus-CW, Trump-CW, Musk-CW oder Putin-CW fordert, erschwert die notwendige Diskussion, erschwert den Austausch, erschwert, dass Betroffene ihre Betroffenheit – auch ungefiltert, auch unkategorisiert, auch ohne entsprechende Zuordnung – artikulieren können. Und in letzter Konsequenz silenced er dadurch marginalisierte Personengruppen. Im Übrigen gilt hier analog das zum Thema Alttext Gesagte: Wer CWs einfordert, fordert von seinem Gegenüber ein, immer in der Lage zu sein, seine Aussage oder den Inhalt seines Posts in eine – wohlgemerkt dem Gegenüber genehme, von jenem als sinnvoll erachtete – Verschlagwortung zusammenzufassen und ignoriert, dass es Menschen gibt, die das, z.B. aufgrund von geistiger oder psychischer Behinderung, einer grundsätzlich anderen Weltwahrnehmung oder aufgrund kultureller Unterschiedlichkeiten vielleicht gar nicht kann. Und das ist nichts anderes als nackter Ableismus.
Und wenn wir schon beim Thema Verschlagwortung sind: Es gibt aus unterschiedlichsten Gründen genug Menschen, die mit den Begriffen CW, TW, content warning, trigger warning… gar nichts anzufangen wissen. Wollte man dann etwa einem verstörenden Inhalt das Wort „Inhaltswarnung“ oder im Geiste Leichter Sprache „Inhalts-Warnung“ voranstellen, hätte ich wieder zwei neue Begriffe für die Filterliste. Irgendwann wird dieses Konstrukt nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für alle unbedienbar. Die CW-Thematik trägt ein aus meiner Sicht bislang ungelöstes Nomenklatur-Problem mit sich: Man müsste sich, damit es funktionieren kann, im Vorfeld und bei allgemeiner Akzeptanz darauf einigen, was verstörende Inhalte überhaupt sind und wie sie zu kennzeichnen sind. Nach meiner persönlichen Beobachtung tragen die selbstberufenen „CW-Anmahner“ weder zu dieser Diskussion, geschweige denn zur Lösung dieses Problems, etwas Sinnstiftendes bei.

Und es vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht Zeuge der Forderung nach einer „Gschmarri“-Triggerwarnung werden muss. Dein Haustier ist gerade verstorben? Fordere doch eine TW für niedliche Katzenbilder. Leute posten bei jeder Gelegenheit Bilder ihres Dopes und mokieren sich dann, wenn bei einem Essensbild aus dem Wirtshaus im Hintergrund unscharf ein Seidel Bier zu sehen ist – „Eine Alkohol-CW kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein!“. Jemand isst Fleisch? Jemand trinkt Milch? Geht eigentlich gar nicht, aber wenn man das unbedingt posten muss, dann nur mit „TW Tierleiche“ und „TW Eutersekret“.

Mir ist klar, dass das gerade Gesagte viele Leute verärgern mag. Manche sind im besten Willen vielleicht überzeugt, sie würden gerade aus dem Fediverse einen inklusiveren Ort machen, wenn sie nur möglichst viele Nutzer mit ihrem Unterlassen von CWs oder Alttexten konfrontieren. Dass das so unmöglich klappen kann, erklärt sich aber allein schon mit dem sozialpsychologischen Konzept der Reaktanz: Selbst wenn der Nutzer die Sinnhaftigkeit von CWs oder Alttexten prinzipiell versteht und mit der Aussage, sie seien sinnvolle und barrierenmindernde Maßnahmen, wird er sie dann aus einer Abwehrhaltung heraus nicht setzen, wenn er allein bei anderen Usern nur sieht, wie sie permanent und ubiquitär – und leider oft in unangemessenem Ton – dazu aufgefordert werden. Man verdirbt es sich so recht schnell (und ohne Not) mit den wohlwollendsten Zeitgenossen (und erweist der guten Sache einen Bärendienst).

Fazit: Wenn Du also User permanent für ihre fehlenden Alttexte, content oder „trigger“ warnings oder (wegen der für Screenreader mitunter schwierigen Ausspielbarkeit) der Verwendung von Emojis kritisierst, dann bist Du eben kein Mensch, der sich für Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt, dann schaffst Du eben kein Verständnis für Menschen mit Behinderung, schaffst keine Räume für Inklusion, nein, Du bist ableistisch. Stell das ab.

Mit dem Alt Bot mehr Inklusion bei Mastodon

Erst gestern berichtete ich über ein wertvolles Tool im Fediverse, die Fedikarte, heute widme ich mich erneut diesem dezentralen sozialen Netzwerk und beleuchte ein Tool, das ich fast noch wertvoller finde – den Alt Bot, den ich über Karlimann kennengelernt habe.

Ihr wisst, dass ich AI generell recht kritisch sehe – gerade, weil die Large Language Models mittlerweile zwar sehr süffige und kompakte, gut lesbare Inhalte liefern, es damit aber immer schwieriger wird, Fehlschlüsse und Falschinformationen zu erkennen. Solche Falschinformationen tradieren sich dann weiter, gerade wenn die Ergebnisse der AIs unkritisch in Webseiten übernommen werden.

Gleichwohl liefert die künstliche Intelligenz auch richtig coole Use Cases ab. Der Alt Bot analysiert Fotos, die Nutzer auf Mastodon posten, mithilfe von Googles AI Gemini und erstellt auf Grundlage dieser Ergebnisse Bildbeschreibungen als Reply auf den ursprünglichen Bilder-Post mit dem Ziel, die Bildinhalte für blinde oder sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen.

Screenshot https://fuzzies.wtf/@altbot

Den Alt Bot benutze ich seit nunmehr drei Wochen und ich bin positiv überrascht und gleichzeitig auch ein wenig beunruhigt ob der Treffsicherheit, Präzision und Fokussierung aufs Wesentliche bei den durch Gemini generierten Bildbeschreibungen. Ich habe kaum Anlass zur Kritik, im Gegenteil: Der Bot arbeitet aus den Fotos wissenswerte Details heraus, die ich so schlicht übersehen hätte. Mitunter gibt die AI auch eine Kontextualisierung oder vorsichtige Szenenbewertung ab, das eine halte ich für sehr gelungen, das andere betrachte ich freilich, ihr kennt meine Haltung dazu, nicht unkritisch.

Dennoch ist der Bot ein Tool, welches Mastodon zu einem wesentlich zugänglicheren Ort für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung macht.

Die Nutzung ist übrigens sehr einfach – übersetzt heißt es in der Anleitung für den Bot:

So benutzt du den Alt Bot:

  • Erwähne mich: Erwähne einfach @altbot in einer Antwort auf einen Beitrag, der ein Bild enthält, und ich werde eine Alt-Text-Beschreibung dafür generieren.
  • Folge mir: Folge @altbot, und ich folge dir zurück, um auf deine Beiträge zu achten. Wenn du ein Bild ohne Alt-Text postest, werde ich automatisch einen generieren, um das Fediverse zugänglich zu halten!

Wegen der Funktionsweise der Mastodon-API kann Alt Bot dir NICHT automatisch entfolgen, wenn du deine Meinung änderst. Bitte führe das Entfolgen manuell durch.

Hinweis zum Datenschutz: Der Inhalt deiner Beiträge wird nicht ausgewertet. Nur Bilder ohne bestehenden Alt-Text werden verarbeitet.

Der Alt Bot ist unter @altbot@fuzzies.wtf zu finden.

Goodbye Twitter, hello Mastodon?

Nachdem der Kurznachrichtendienst Twitter nach langem Hin- und Her durch den US-amerikanischen Multimilliardär Elon Musk übernommen wurde, führte dies recht unmittelbar unter der Nutzerschaft zu erheblicher Unruhe. Etliche Nutzer des Dienstes artikulierten relativ offen ihr Unbehagen über diese Entwicklung, fiel der Unternehmer Musk in der Vergangenheit nicht gerade durch diplomatisches Auftreten auf. Außerdem wird ihm eine deutliche Nähe zur amerikanischen Rechten nachgesagt, was in letzter Konsequenz zu Problemen mit Hetze und Fake News auf dem Portal führen kann. In den letzten fünf Jahren entwickelte sich Twitter zu einem Dienst, der nur funktionieren kann, wenn er moderiert und Hass, Hetze, Verschwörungsideologien und Rechtsradikalismus Einhalt geboten wird. Die Nutzer Twitters vertrauen Musk nicht, diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, ganz im Gegenteil: Man befürchtet (und erste Indizien deuten darauf hin, dass diese Befürchtungen zu Recht bestehen), dass die reichlich eigene Interpretation der „free speech“ Musks aus Twitter einen Tummelplatz von Trumpisten, Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern sowie Fake News macht. Twitter steht bereits heute politisch gelenkten Botnetzen und international vernetzten Rechtsextremisten relativ schutzlos gegenüber. Nur eine aktive Userbasis, die Verstöße gegen die Regeln des Kurznachrichtendienstes meldet, konnte bisher verhindern, dass der Dienst unbenutzbar wurde. „Kritikerinnen und Kritiker befürchten“, so heißt es bei der Zeit, „dass Musks unternehmerischer Ansatz Hassrede und Hetze auf Twitter fördern könnten. Für Kritik sorgte zudem Musks Ankündigung, verifizierte Accounts künftig kostenpflichtig zu gestalten. „Es liegt nahe, dass Musk aus genau jenem Grunde Twitter kaufte. Der US-amerikanischen Rechten, unter die sich Musk zweifelsfrei zählen lassen muss, liegt der lebenslange Twitterbann ihrer Galionsfigur Donald Trump noch heute schwer im Magen. Anders ist kaum zu erklären, dass Musk Twitter kaufte, denn mit Twitter wird aller Voraussicht nach auch zukünftig nicht das große Geld zu verdienen sein.

Twitter hat seit jeher ein großes Problem: Weder dem Dienst selber noch seinen Nutzern ist es je gelungen, ausreichend Geld zu verdienen. Natürlich werden über Twitter Werbeanzeigen geschaltet und man kann mittlerweile versuchen, seine Tweets zu monetarisieren. Doch das sind recht randständige Phänomene. Im Gegensatz zum Quasi-Monopolisten Google mit seinem mobilen Betriebssystem Android, der omnipräsenten Suche, seinen vielen kollaborativen Tools und nicht zuletzt dem Videodienst YouTube, die alle konsequent auf die Distribution möglichst zielgruppenspezifischer Werbung ausgerichtet sind, konnte Twitter hier weder den Werbetreibenden noch den „Content Creators“ ein adäquates Angebot unterbreiten. So gut Twitter designed ist, so beliebt der Dienst auch sein mag und so einfach er zu bedienen ist, Twitters „Geburtsfehler“ war und ist bis heute, dass der schieren Notwendigkeit, auf der Plattform Erlöse zu erzielen, kaum nachzukommen ist. Insofern verwundert die enorme Summe von 44 Milliarden US-Dollar, die Musk für Twitter ausgegeben hat. Rein wirtschaftlich betrachtet kann das keine sinnstiftende Akquisition gewesen sein.

Warum aber beunruhigt der Besitzerwechsel bei Twitter so viele Nutzer? Um es vorsichtig zu formulieren: Elon Musk hat im Internet nur wenige Freunde. Der gegenwärtig reichste Mann der Welt wirkt nicht nur hölzern und unsympathisch, sein öffentliches Auftreten ähnelt frappierend dem einer anderen Person, die unter auch nur halbwegs gebildeten Zeitgenossen in aller Regel nur eine Reaktion hervorzurufen vermag: Ablehnung und Verachtung. Gemeint ist Donald Trump. Musk und Trump ist gemein, dass sie weder besonders höflich, verständig oder vernünftig sind. Sie kokettieren vielmehr mit einer infantilen Arroganz. Dadurch geben sie sich den Nimbus des Unberechenbaren. Musk geriert sich, das ist sein Glück, doch deutlich weniger idiotisch als Trump, dennoch: Unter normal denkenden Menschen genießt die moralisch sehr zweifelhafte Figur Musk kein Vertrauen. Auch, dass Musk Twitter nun faktisch im Alleingang führt, beunruhigt viele Nutzer.

Die Sache mit dem blauen Haken

Musk ist erst wenige Tage der „Chief Twit“, da begeht er (neben anderen eher zweifelhaften Entscheidungen) schon den ersten Kardinalfehler: Der berühmte „blaue Haken“, die Verifizierung, die wie eine begehrte Auszeichnung eines Twitterers wirkt, weil sie eben nicht käuflich (und obendrein selten) ist – quasi der Ritterschlag des Kurznachrichtendienstes für einen wichtigen Nutzer, der indirekt weit mehr ausdrückt, als dass sich der Nutzer dem Kurznachrichtendienst gegenüber authentifizieren musste und nach dessen Regel eine Art Person des öffentlichen Interesses ist, soll zukünftig nicht mehr nach einem strengen Regelwerk und entsprechend aufwendiger Prüfung harter Kriterien vergeben werden, sondern für eine Handvoll Dollars an Krethi und Plethi verkauft werden. Damit hat Musk im Handstreich die wertvollste Auszeichnung, den begehrtesten Status im Netzwerk, zu einem beliebigen Feature unter vielen, das sich jedermann, der eine Kreditkarte besitzt, im Abo klicken kann, entwertet. Selbst wenn er damit einen mutmaßlich mittelgroßen Geldbetrag akquirieren kann: Der Zauber der Verifizierung und ein zentrales Instrument zur Qualitätssicherung, mehr noch: Ein elementares Vertrauenselement des Dienstes ist damit unwiederbringlich zerstört. Ich bin überzeugt, dass diese Maßnahme Twitter nachhaltig schwächt und der Plattform nicht zum Vorteil gereicht. Und auch wenn die Causa „blauer Haken“ nur ein kleiner Mosaikstein des Bildes ist, das Musk mit seiner Übernahme von Twitter nun zeichnet – so scheint mir die Sache für Typen wie Musk quasi symptomatisch: Musk als schon fast prototypischer Repräsentant einer wenig rücksichtsvollen, dafür aber in vielerlei Hinsicht reichlich neurotischen – um nicht zu sagen: pathologischen – Geldelite kann nicht einsehen, dass Ansehen, Reputation, Authentizität, Geschmack, gesellschaftliche, kulturelle, künstlerische, intellektuelle Bedeutung, Größe, nur in den seltensten Fällen käuflich ist. Und er begeht den Fehler, den viele Menschen seines Schlages begingen, begehen und zwangsläufig in Zukunft begehen werden: Ihren eigenen Interessen zuwiderhandelnd, versuchen sie, Instrumentarien zu etablieren, die sichern sollen, dass Geldbesitz und Macht gleichbedeutend mit Ansehen und Achtung sind. Es ist ihre Bürde, dass sie nicht erkennen können, dass diese „Instrumente“ sich als denkbar ungeeignet erweisen, der eigenen Bedeutungslosigkeit, der eigenen Endlichkeit etwas Substanzielles entgegenzusetzen.

Zurück zu Twitter: Der blaue Haken hat seinen Nimbus verloren. War er noch bis vor wenigen Tagen der Garant für die Authentizität und Ausweis der Bedeutung eines Accounts, ist er heute bereits ein Symbol alberner Blasiertheit – und das, obwohl ihn gegenwärtig ja noch niemand kaufen kann.

Twitter in der Vertrauenskrise?

Das könnte man durchaus so sagen. Selbst gemäßigte Konservative fühlen sich mit dem Twitter-Musk-Deal nicht besonders wohl – und artikulieren dieses Unwohlsein auch deutlich. Gerade durch die eingangs erwähnten Botnetze kam dem Kurznachrichtendienst in der Vergangenheit schon mehrfach eine unrühmliche Rolle zu.

Die gerade in Nordamerika verbreitete und von Musk indirekt propagierte (Miss-)Interpretation, dass (eben nicht) Meinungsfreiheit, „free speech“ eben einfach das Recht sei, ungeachtet des Inhaltes ausnahmslos alles sagen zu dürfen, macht die Sache reichlich schwierig. Jeder weiß, dass so eine Interpretation der Meinungsfreiheit eine Plattform binnen kürzester Zeit zur Echokammer rechtsnationaler bis offen rechtsradikaler Meinungen verkommen lässt. Von diesen Interessengruppen ist dieser Effekt natürlich ausdrücklich intendiert – und man unterstellt Musk, dass der Erwerb der Mehrheitsverhältnisse bei Twitter genau auf diese Strategie einzahlt.

Dabei darf man die Wirkmächtigkeit Twitters (besonders) in Deutschland nicht über-, aber auch nicht unterschätzen. In absoluten Zahlen ist Twitter ein eher randständiges Phänomen. „Laut ARD-ZDF-Onlinestudie nutzten 10 % der Deutschen im Jahr 2020 Twitter mindestens selten, 5 % mindestens einmal pro Woche und 2 % täglich. Dabei entfiel der höchste in Nutzeranteil jeweils auf die Altersgruppe 14 bis 29“ (Quelle) Aber unter den aktiven Nutzern außerhalb dieser Altersgruppe gibt es viele Journalisten, Politiker, Forschende sowie führende Köpfe der ITK-Branche. Somit ist Twitter in absoluten Zahlen mitnichten ein meinungsprägendes Massenmedium, über Bande werden dort allerdings überdurchschnittlich viele opinion leader erreicht.

Und so stellt sich vielen Nutzer mehr oder weniger automatisch die Frage, ob die vielen Vorteile und Netzwerke Twitters im Falle einer Vergiftung des Diskurses auf Twitter nicht auf ein anderes, frei und unabhängiges Medium „herübergerettet“ werden kann. Hier kommt die Alternative Mastodon ins Spiel.

Wie kam ich überhaupt zu Mastodon?

Meinen Mastodon-Account klickte ich mir im August 2018, kurz nachdem im Umfeld des Chaos Computer Clubs der chaos.social-Server für die „Chaos Community“ geschaffen wurde. Ich wollte mir das neue, dezentrale Netz einfach mal ansehen – die ersten Tage waren auch sehr spannend, doch mit der Zeit kam man sich mitunter vor, wie ein einsamer Rufer in der Wüste. Und so ruhte nicht nur mein Account, bis die Schreckensmeldung, Musk habe nun doch Twitter gekauft, die Runde machte. Das war nicht mein erster Berührpunkt mit dezentralen Microblogging-Alternativen. Schon zu Beginn der 10er-Jahre habe ich mir Diaspora angesehen, wich jedoch vor dem Aufwand, einen eigenen Diaspora-Server aufzusetzen und zu unterhalten, zurück. Das wäre in diesem frühen Stadium aber nötig gewesen. Nichtsdestotrotz blieb die Idee, dass es aus vielerlei Gründen wünschenswert wäre, ein (lets call it) soziales Netzwerk zu haben, dass sich zwar zentral vernetzt bedienen lässt, Daten und Content aber dezentral hält. Persönliche Gründe für so ein Modell: Ich kann mir einen Server wählen, dem ich vertraue oder, sollte ich dieses Vertrauen nicht vorschießen können oder wollen, auch selbst einen Server aufsetzen. Ich habe und behalte also durchaus die Kontrolle über meine Daten – und damit auch die Sicherheit, meine Daten jederzeit löschen zu können, wenn ich das möchte. Die dezentrale Datenhaltung verhindert auch, dass in großem Stil Metadaten erhoben, ausgewertet, aggregiert, verkauft… werden. Gerade Facebook bzw. Meta sind in dieser Hinsicht in der Vergangenheit unzählige Male äußerst unangenehm aufgefallen (und darin ist auch der Grund zu suchen, warum ich bis heute weder Facebook noch WhatsApp nutze). Mit dem Fediverse und hier speziell mit Mastodon findet man diese Ansprüche umgesetzt und das hinreichend gut.

Ist Mastodon eine echte Twitter-Alternative?

Mastodon (Screenshot)

Irgendwie fühlt sich Mastodon so ein wenig an wie Twitter vor zehn, zwölf Jahren. Besonders etwas nerdigere Zeitgenossen, viele mit technischem Hintergrund, nutzen das Fediverse, das führt zu einem mehrheitlich entspannten und zugewandten Umgangston und einer hohen Dichte interessanter, relevanter Inhalte. Weiterhin sehr angenehm: Die vielen russischen Bots, die schon lange vor dem Ukraine-Krieg ein echtes Problem darstellten, sind (noch) nicht auf Mastodon, gleiches gilt für die ganzen Rechtsradikalen, AfD-Spinner, Covidioten, Klimawandelleugner, Altrights, Neocons, rechtslibertären Idioten und so manche Landplage mehr. Natürlich wird es nicht lange dauern, bis auch solche Zeitgenossen einrücken – aber zumindest jetzt genieße ich deren Absenz in vollen Zügen.

Mastodon ähnelt Twitter in wesentlichen Punkten deutlich. Auch hier kann man interessanten Nutzern folgen, auch hier werden „Tröts“ in einer revers-chronologischen Zeitleiste angezeigt, es gibt die Möglichkeit, zu „retröten“ und Beiträge zu favorisieren, auch Direktnachrichten können zwischen Nutzern ausgetauscht werden und es gibt wie gewohnt Hashtags und auch Trends. Wer mit dem Umgang bei Twitter vertraut ist, wird sich in Mastodon schnell und umfänglich zurechtfinden.

Technisch ist Mastodon (in seiner Einfachheit) sehr gefällig: Ein nüchternes, zurückgenommenes Web-Layout, eine zweckmäßige App und auch eine durchweg angenehme Reaktionszeit machen die Nutzererfahrung angenehm. Ferner hat Mastodon in den letzten Tagen durch seine technische Performance beeindruckt: Neue Nutzer, aufgeschreckt durch den Umstand, dass Musk Twitter kaufte, strömten zuhauf auf die Server. Die hakelten und husteten hie und da – hielten dem Ansturm aber stand.

Mastodon und Twitter parallel nutzen – das geht

Angenehm ist auch, dass es inzwischen einige Crossposting-Dienste gibt, die es erlauben, parallel auf Mastodon und Twitter zu posten. Und ja, es gibt Zeitgenossen, denen das nicht recht gefallen mag, besonders, wenn eine Vielzahl von Retweets in Mastodon „hineingeschwemmt“ werden (und das ist auch verständlich, schließlich kann man in Mastodon nicht mit dem Nutzer, dessen Tweet retweeted wurde, interagieren). Nichtsdestotrotz macht gerade die Möglichkeit des Crosspostens die Sache interessant für mich, denn – das gebe ich unumwunden zu – ich plane derzeit noch nicht, mich von Twitter zu verabschieden.

Denn auch bei mir hat Twitter etwas geschafft, was gemeinhin gerne als lock in bezeichnet wird: In zwölf Jahren meiner Präsenz dort bildete sich mit der Zeit ein wertvolles Netzwerk, aus etlichen Kontakten wurden gute Bekanntschaften und persönliche Freundschaften. Den bequemen Kontakt zu diesen Menschen aufzugeben, fällt selbst dann schwer, wenn sich der Kontakt selbst ohne Twitter problemlos aufrechterhalten ließe. Twitter ist aber noch mehr: Für mich wurde der Kurznachrichtendienst mit den Jahren zum zentralen Newsaggregator. Ja, ich lese zwei Tages- und eine Wochenzeitung. Ja, ich höre viel Radio und sehe gelegentlich auch fern. Aber die Schnelligkeit, mit der man sich einerseits allgemein, andererseits zu speziellen Themen informieren kann, ist bei Twitter unerreicht. Und dann erlebe ich dort, dass ersteres mit letzterem auf angenehme und sinnstiftende Weise verknüpft ist.

All dies ließe sich freilich auch über Mastodon erreichen, möglicherweise sogar wesentlich besser, weil es hier keine störende Priorisierung bestimmter Inhalte über einen intransparenten Algorithmus gibt. Außerdem sind die Serverbetreiber nicht unbedingt gezwungen, mit ihrer Dienstleistung Geld zu verdienen und können gegebenenfalls ihre Auslagen durch Kleinspenden der Nutzer refinanzieren – somit ist auch das Interesse an einer Priorisierung bestimmter Inhalte durch Algorithmen gering – und Mastodon werbefrei, was das Nutzererlebnis zusätzlich verbessert.

Und da liegt nun also der Hase im Pfeffer: Der Erfolg oder Misserfolg Mastodons hängt davon ab, ob die relevanten Nutzerinnen und Nutzer Twitters ihre Inhalte auch oder sogar exklusiv in Mastodon teilen. Der Crossposter, ein Skript, das Tweets auch in Mastodon und Tröts auch in Twitter publiziert, erleichtert dies ungemein, entbindet den User aber nicht, sich auf der jeweiligen Plattform auch um sein Netzwerk zu kümmern und in Dialog zu bleiben. Und das sieht mittlerweile relativ gut aus: Viele aktive Twitterer sind bereits bei Mastodon präsent und teilen ihre Inhalte – darunter auch User mit hohem Bekanntheitsgrad, guter Reputation und hoher Reichweite. Das reicht sogar schon so weit, dass „alteingesessene“, aber wenig „wechselwillige“ Twitter-Nutzer ihre Sorge äußerten, nun bald auf Twitter alleine zu sein. Ganz ehrlich: Ich gehe nicht von einem Massenexodus bei Twitter aus, zumindest nicht in der nächsten Zeit. Das könnte sich ändern, wenn entweder der Umgangston kippen sollte oder der Dienst nur mit kostenpflichtigen Abonnements sinnvoll nutzbar bleibt. Dann stünde in der Tat zu erwarten, dass sich eine größere Nutzerzahl umorientiert und Alternativen prüft. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob sich Mastodon über eine etwas diffuse, mit der Nerdkultur verbundene technikaffine Community hinaus bei den Menschen behaupten können wird. Gelingt dies in wesentlichen Grundzügen, könnte Mastodon tatsächlich als kleine, feine Twitteralternative wachsen. Gelingt dies in der Breite nicht, werden hier dennoch datenschutzsensible, für digitale Bürgerrechte eintretende, technik- und netzaffine Menschen, Nerds und Kulturschaffende ein interessantes Universum haben – und das ist ja auch nicht verkehrt.