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Renaissance im Low-Budget-Mittelformat

Wer mit Mittelformatkameras hochwertige, professionelle Fotografie assoziiert, der hat im Grunde Recht damit, manchmal aber auch nicht. Gestern bin ich über ein aktuelles Review der Stereokamera von Holga bei Gizmodo gestolpert und da dachte ich: Hoppla, da war doch was: HOLGA. In der Tat: Trotz Digitalkameraboom und Stille bei den Lomographischen Botschaften gibt es HOLGA noch.

Es muss Ende der 90er gewesen sein, Digitalfotografie war nicht besonders gut und nicht besonders billig, wir wollten Spaß und interessante Fotos und die Lomographgie war voll im Trend. Da kaufte ich mir eine Lomokamera vom Typ „Sampler“ und packte 4 mit 2 Sekunden Zeitversetzung geknipste Bilder auf ein Foto im Kleinbildformat. Diese „Sampler“-Kameras waren unglaublich hip und unglaublich billig (lass sie vierzig Mark gekostet haben) und irgendwann war der Effekt dann auch ausgekostet und das Ding wanderte in den Schrank und anlässlich eines Umzugs wohl auch irgendwann in den Müll. Aber witzig war es irgendwie schon.

Losgegangen ist der Trend, so meine ich mich zu erinnern, weil ein paar Österreicher irgendwo eine Russenkamera vom Typ Ломо (LOMO) in die Hand bekamen, die recht unscharfe Bilder mit hartem Kontrast und Farbverfälschungen lieferte. Und dann ging es los mit dem „Schießen aus der Hüfte“. Das ist aber mindestens zehn Jahre her.

Und heute? Ganz leise und von der Masse unbemerkt werkeln sie weiter, die Künstler, für die die technische Limitation einer einfachen Kamera gerade die Herausforderung darstellt. Und so gibt es auch die Firma Holga noch.

Holga 120 CFN, Quelle: Wikipedia, copyleft

An diese Dinger habe ich keine konkrete Erinnerung, ich hatte so was auch nicht, weil es mir immer zu umständlich erschien, mit dem Rollfilm zu hantieren (was im Vergleich zum Umgang mit der Kleinbild-Filmpatrone schon ein Gefummel ist) und weil die Kamera einen bescheidenen Ruf genoss.

Das mit dem Ruf ist auch nachzuvollziehen, denn damals wie heute ist das „Objektiv“ aus Plastik (sic!), vergütet ist da nix und auch der Body ist aus Kunststoff (aber nicht zwingend lichtdicht). Das ganze Gerät kam mir eher wie eine Kirmeskamera vor. Gute Schützen holten sich sowas als „Hauptpreis“ an der Schießbude.

Heute aber, das muss ich zugeben, interessiert mich die Kamera. Zu weit weg sind für mich die Zeiten, als man sich noch überraschen lassen musste, was die Fotos geworden sind. Zu lange her ist das kribbelnde Gefühl angenehmer Gespanntheit im Fotoladen, wenn man sich die ersten Abzüge holte. Das alles verspricht dieses unspektakuläre Stück schwarzen Kunststoffs zurückzubringen.

Witzig ist sie schon, diese Kamera: Inzwischen ist sie mit einen Blitz mit drehbarem Farbvorsatz in blau, gelb, rot und transparent ausgestattet. Und es gibt auch, das macht die Sache für alle ohne Farblabor interessant, die Möglichkeit, die Holga mittels zerschnittenem Spülschwamm (sic!) auf das Kleinbildformat „umzurüsten“. Aber: Dass das Ding mitunter nicht lichtdicht ist und dass man das gaffern muss, ist ein echtes Manko.

Ich bin mal gespannt, ob ich in der nächsten Zeit so ein Teil in die Hand bekomme. Dann werde ich berichten.

Holga stellt übrigens nicht nur Mittelformatkameras her sondern auch Kleinild-Lochkameras (nein, das ist nicht retro, das ist museal) und auch diese Ritsch-Ratsch-Dinger im Pocketformat der 70er. Sowas hatte ich, wenn ich mich nicht irre, von Agfa auch mal. Zwölf Euro Straßenpreis für eine Pocketcam – das ist mal ein Wort. Nur: Woher bekommt man so nen 110er oder 135er Film??

Irgendwie hat es mir die Low-Budged-Fotografie derzeit angetan. Nächste oder übernäxhste Woche krame ich mal meine Agfa-Digisnapcam heraus und schreibe was drüber (die ist auch sehr crappy). Das Wetter ist zum Fotografieren ja herrlich.

Ach ja, ganz vergessen: Straßenpreis für die HOLGA 120 CFN ist etwa 50 Euro, bei ebay wird sie immer wieder aus Hong Kong für unter 30 Euro inkl. Versand angeboten. Würde ich persönlich wegen drohender Nachverzollung aber nicht machen…