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PRISM.

Ihr wundert Euch über PRISM? Ich wundere mich nicht über die Existenz – dass das alles Drecksäue sind, ist eh klar – ich wundere mich nur über den Umfang, der einer Vorratsdatenspeicherung gleichkommt. Das ist das Ding. Aber der Reihe nach:

Die Ammis sind verwundbar – und zwar durch Whistleblower. Das gilt im Falle Manning und Collateral Murder genauso wie im Falle PRISM – mit dem Unterschied, dass hier der Whistleblower allem Anschein nach noch nicht gefunden ist. Und ich drücke die Daumen, dass er auch nicht gefunden wird (Hat sich gestern noch überholt. Via Fefe. Wat sonst).

Noch scheint mir nicht alles raus zu sein bezüglich PRISM; was wir bislang wissen, reicht aber schon. Seit 2007 – also noch unter der Regierung von Bush – wurde seitens des US-Geheimdienstes NSA ein fettes Abhörprogramm ausgerollt – mit Vollzugriff auf die Server aller großen Ammi-IT-Buden vom Schlage Google, facebook, Apple und Microsoft. Würden Ammis nur Ammis abhören, dann wäre das schade, bliebe aber erst mal ein Problem der Amerikaner. Hier ist es nun aber so, dass das Abhören weltweit stattfindet. Amerika hört die Welt ab – wie scheiße ist das denn? Es kommt aber noch schlimmer: Laut SPON sollte PRISM ja dazu da sein, Ausländer abzuhören, aber die Ammis in den Datenbergen lassen sich halt nicht so ohne Weiteres rausfiltern…

Der Hammer – oder? Während wir in Deutschland uns sehr darum bemühen, Vorratsdatenspeicherung zu verhindern, machen die Ammis das einfach so im Vorbeigehen. Und wenn eine europäische Behörde an Daten heran will, die gar nicht erhoben hätten werden dürfen, wer weiߟ, ob man dann nicht in den USA um eine kleine „Amtshilfe“ ersucht…

PRISM ist nicht weniger als ein handfester Skandal. Der Bürger hier wie dort kann sich freilich gegen den amerikanischen Staat nicht wirklich wehren (abgesehen davon, das man das Wählen solcher Parteien, die sich willfährig zum Büttel der Amerikaner machen) – aber PRISM kann auch nur funktionieren, weil es Unternehmen gibt, die (ob freiwillig oder nicht) dem Geheimdienst ihre Türen weit öffnen.

Richtig geil ist die erste Folie der TOP SECRET PRISM-Powerpoint-Präsentation, die man sich derzeit noch in der Wikipedia angucken kann. Da haben die einfachmal die wesentlichen Logos reinkopiert, und da sind sie alle versammelt: Google-Mail, facebook, hotmail, Yahoo, Google, Apple, Skype, paltalk, YouTube und AOL Mail. Aber da wird sicher noch mehr betroffen sein, das sind nur die Großen, die jeder kennt.

Niedlich auch, wie sich der Zuckerberg, der Page von Google und die Apple-Leute versuchen aus der Affäre zu ziehen. Nur leider wenig glaubwürdig. Die treffendste Analyse der Dementis findet sich hier meiner Meinung nach in der Wikipedia wiedergegeben:

Datenschützer bewerteten die verweigernde Natur der Stellungnahmen der genannten Unternehmen als mehr oder weniger intelligent vorgebrachte „verweigerbare Verweigerungen“ die einen NSA-Zugriff auf sämtliche Daten nicht ausschlössen. (Quelle)

Ich denke, dass es so läuft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese US-amerikanischen Unternehmen den Diensten Paroli bieten – und dann streitet man ein Mittun einfach ab, um ein PR-Desaster zu verhindern.

Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie wir damit umgehen könnten. Es wird schwer – das sehe ich jetzt schon. Es gibt aber ein paar Sachen, die man machen kann: Das Nutzen eine alternativen Suchmaschine, z.B. ixquick. Keyboardr ist schon ziemlich sehr cool, wie vertraulich dort mit den Daten umgegangen wird, weiß ich allerdings nicht. Auch sonst gibt es einige Google-Alternativen. Diese Links sind von 2010, einiges stimmt nun nicht mehr. Scroogle ist leider down – schade, denn Scroogle war auch sehr cool. Chrome wird immer erfolgreicher – auch wenn ich das nicht gutheißen kann. Hin und wieder anonym zu surfen kann auch sehr sinnvoll sein. Die Installation von Tor mag den ein- oder anderen vor Probleme stellen, das ganze geht aber auch instant: Der Privacy Dongle vom FoeBuD Digitale Courage e.V. muss nicht mal gekauft werden – einfach nen ollen USB-Stick nehmen und die aktuellste freie Software drauf. Als Browser empfehle ich nach wie vor Firefox, den ich seit glaube ich 2003 nutze und wirklich Pflicht ist das Plugin Ghostery. Und dann muss noch eines klar gesagt sein: Finger weg von Facebook! Mein Passwortmanagement mache ich nun seit ein paar Tagen mit einer Hardware-Software-Kombi, dem Chipdrive, dazu schreibe ich später mal ein paar Zeilen. Ich bin gerade selber erschrocken: Vieles davon habe ich 2010 geschrieben – und heute ist es notwendiger denn je, sich selbst zu schützen. Das das alles freilich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, sollte klar sein. Selbst wenn man sich an alle vorgenannten Maßnahmen penibel hält, so hinterlässt man doch eine Datenspur, die beim Zusammenfahren der Datenbanken ein recht präzises Bild des jeweiligen Nutzers zeigt. Trotzden: Machen wir es den Staaten und Unternehmen nicht zu leicht und tun wir, was wir tun können.

Am Rande: Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was da über PRISM rausgekommen ist – dann ist die Stasi dagegen ein Amateurverein gewesen. Armes Amerika.

6 Kommentare

  • Hans van Aken

    Das Internet degeneriert immer mehr zu einem Sumpf des Totalitarismus.
    Anbei ein schöner Artikel aus ghacks.net, der amerikanischen Website eines
    deutschen Bloggers, Martin Brinkmann aus Essen, mit dem Link auf ein
    neues Firefox-Addon:
    Firefox Add-on warns you if you visit Prism-linked company websites –
    http://www.ghacks.net/2013/06/15/firefox-add-on-warns-you-if-you-visit-prism-linked-company-websites/
    Als Suchmaschine nehme ich gerne DuckDuckGo, man sollte sich nicht von dem
    kindlich klingenden Namen abschrecken lassen, man kann vieles einstellen
    (https, Werbung abschalten uvm.) Martin hat auch darüber einige Artikel geschrieben (gHacks.net kann man sich per rss parat halten). DuckDuckGo
    ist die Default-Suchmaschine von Linux Mint, einem Ubuntu-Derivat. Für
    Firefox gibt es Addons, besser praktiziert man sie in das Suche-Feld.
    Google Chrome ist eine Spionage-Maschine erster Güte, sie setzt dutzende
    von Cookies, die auch bei Nichtnutzung im Hintergrund weiterspionieren,
    wenn man das nicht in der letzten Zeile der Einstellungen abschaltet (dann
    verschwindet das Chrome-Symbol im Systray). Man muß das aber alle Nase lang
    neu machen. Das gute WinPatrol erlaubt die Cookies aufzurufen und sie
    komplett zu löschen (muß auch ständig wiederholt werden). WinPatrol hat auch
    eine nachladbare deutsche Sprachversion, insgesamt eine sehr gute Software.
    Es gibt eine Gratis-Software Kill-ID für Chrome von Almisoft, mit der man täglich
    zusätzlich das Nach-Hause-Telefonieren von Google Chrome verhindern kann
    (vergleichbar mit XP-Antispy für Windows, das keineswegs nur unter XP
    funktioniert). Vorsicht: Almisoft versucht allerhand später kostenpflichtige
    Software zu promoten, einfach nicht anklicken oder ablehnen.
    Leider muß man Kill-ID für Chrome auch täglich neu aufrufen und aktivieren
    (man kann es an der Taskleiste anheften).
    Martin Brinkmann hat vor einiger Zeit in einem Artikel angedeutet, daß
    die Website zum Verkauf steht, wäre eigentlich schade.

  • Hans van Aken

    Anbei noch eine schöne Liste von Alternativen zu proprietärer Software:
    Opt out of PRISM, the NSA’s global data surveillance program – PRISM Break
    http://prism-break.org/
    Gefunden bei FSF
    Free Software Foundation statement on PRISM revelations — Free Software Foundation — working together for free software
    https://www.fsf.org/news/free-software-foundation-statement-on-prism-revelations
    Collection:PRISM – Free Software Directory
    http://directory.fsf.org/wiki/Collection:PRISM

  • admin

    Hans, danke für Deine wie immer sehr fundierten Hinweise.

    Dazu auch nich eine Kleinigkeit, die ich heute auf ZEIT online gefunden habe: „Mein digitaler Schutzschild“ – http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-01/serie-mein-digitaler-schutzschild-einleitung

    Viele Grüße,

    Michi

  • Hans van Aken

    Schön, der Artikel aus Zeit online, man ist ja schon froh, wenn diese Themen
    den Weg in die „normalen“ Medien finden.
    Anbei noch ein Link auf einen Artikel in Heise Open Source:
    http://www.heise.de/open/artikel/Die-Woche-Mit-Open-Source-unter-dem-Radar-1888256.html
    Mittlerweile gibt es ja bei Heise eine ganze Sammlung zum Thema:
    http://www.heise.de/thema/PRISM ,kann man zum Weiterlesen als rss
    einrichten.
    Auch interessant:
    http://www.computerbetrug.de/2013/06/snowden-und-die-totale-uberwachung-das-sagen-die-deutschen-medien-7722
    Ich denke, der amerikanische Präsident wird wohl am unglücklichsten sein über
    das, was ihm seine Geheimdienste da eingebrockt haben und wie man da
    ohne Gesichtsverlust wieder herauskommt, vor allem, wie man Vertrauen
    in die Demokratie zurückgewinnen kann. Aber das Kind ist erst einmal in den
    Brunnen gefallen. Man sieht: es ist nicht immer vernünftig alles zu tun,
    nur weil man es KANN. Wer kontrolliert den Kontrolleur?
    Es ist einfach eine riesige Anmaßung, die ganze Welt auszuspionieren ohne
    jegliche Verdachtsmomente, ohne richterliche Anordung, Menschen zu ängstigen
    und ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung zu berauben, indem man
    ihnen die Schere im Kopf einpflanzt. Und alles im Namen von Freedom &
    Democracy. Traurig.

  • Hans van Aken

    Auf dem Wege durch meine rss-feeds kam mir noch der law blog unter:
    law blog» Archiv » Links 864
    https://www.lawblog.de/index.php/archives/2013/06/27/links-864/
    Der erste Link „Der Moment der Bürger“ weist auf einen Artikel aus der „Zeit“,
    einfach großartig, spricht mir aus der Seele. Aber auch die anderen Links sind
    sehr interessant.
    Daß man dem Thema PRISM offenbar auch humorvoll-satirische Seiten
    abgewinnen kann zeigt der Blog von Prof. Thomas Hoeren (Münster):
    http://blog.beck.de/2013/06/14/prism-macht-sorgen-erste-reaktionen-deutscher-jurastudenten
    Der Mann ist einfach gut und kann sich sowas erlauben. Chapeau!

  • Hans van Aken

    Anbei ein Brief von Edward Snowden aus dem Guardian via „Der Freitag“,
    der Online-Zeitschrift von Jakob Augstein:
    Asylsuche ǀ Mut und Dankbarkeit — der Freitag
    http://www.freitag.de/autoren/the-guardian/mut-und-dankbarkeit

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