… und auch niemandem zuraten kann, Facebook zu verwenden?
Zur Zeit scheint eine Studi/Schüler/Dinges-VZ-Austrittswelle durchs Land zu schwappen. Die, die da den Portalen á la „VZ“, „Wer-kennt-wen“… den Rücken kehren, finden sich nicht selten in Facebook wieder (und sie haben scheinbar das hier nicht mitbekommen).
Meine Hauptkritk – ganz klar: der Datenschutz. Zudem ist Facebook irgendwie wie Windows – wer die „default“-Einstellungen beibehält, gar vom ach so bequemen Service des Abgleichs von Google-Konten, den Kontakten des IPhones, Pres oder auch Centros bishin zu Outlook Gebrauch macht, der hat ein Problem.
Doch der Reihe nach: Bereits 2009 änderte Facebook seine terms of service dahingehend, dass der Nutzer eine zeitlich unbefristete Nutzung seiner Daten gestattet, auch wenn er Facebook verlässt. Ein probates Mittel hiergegen könnte zwar sein, sich einfach mich inkorrekten Daten anzumelden – dies aber wird von Facebook untersagt. Besagte Klausel ist in meinen Augen einfach nur unverschämt – sie wurde dahingehend gelockert, dass nun der Nutzer seine Daten wieder „besitzen“ dürfe, was das konkret bedeutet, wird aber nicht erklärt * – und die gefühlte „Eintrittswelle“ kann ich besonders im Hinblick auf den Umstand, dass dies bereits seit über einem Jahr so praktiziert wird, nicht verstehen.
Weiterhin ist das „Freunde-finde-Feature“ aus dem Ruder gelaufen, denn mit dem Abgleich von Kontakten aus Googlemail, Iphone und Co. werden auch Daten von Menschen und die Verbindung zu ihnen auch dann gespeichert, wenn man selbst gar nicht Facebookmitglied ist. Ein Beispiel:
X, Y und Z (die Variablen stehen für drei konkrete Personen) sind meine Freunde. X synchronisiert die Kontakte seines iPhones (darin bin ich gespeichert) mit Facebook. Y hat mich als Kontakt in seinem Googlemail. und Z hat via Centro seine gesamten Palm-Desktop-Kontakte gegen Facebook gefahren. Ich selbst nin aber nicht bei Facebook angemeldet.
Facebook weiß nun nicht nur, dass ich existiere, Facebook weiß auch, dass ich mit X, Y und Z in Kontakt stehe. Und Facebook kann nun über gemeinsame Freunde von X, Y und Z mit hoher Trefferquote errechnen, wen ich kennen könnte. Einigen Leuten wurde per Mail nicht nur nahegelegt, sich bei Facebook anzumelden, sondern dies auch gleich noch mit erschreckend passgenauen „Freundes-Vorschlägen“ schmackhaft gemacht. Ein Skandal! Insbesondere deshalb, weil bekannt wurde, dass Facebook diese Daten munter weiterverhökert…
Im Laufe der Jahre ist Faceebook so an eine immense Datensammlung gekommen. Und so nimmt es nicht Wunder, dass das natürlich Begehrlichkeiten weckt:
Die zweite Runde der Anschubfinanzierung (12,7 Millionen US-Dollar) für Facebook kam von der Risikokapitalfirma Accel Partners, in deren Vorstand auch Gilman Louie sitzt, der zugleich CEO von In-Q-Tel ist. Diese Venture Capital Firma wurde 1999 von der CIA gegründet mit dem ausdrücklichen Geschäftszweck die CIA und die anderen US-Geheimdienste mit der neuesten Technologie zu versorgen. Da man zum Ansehen der Stellenangebote auf Facebook eingeloggt sein muss, ist davon auszugehen, dass die vom Nutzer eingestellten Daten vom amerikanischen Geheimdienst ausgewertet werden. Die Nutzungsbedingungen und Privacy Policy sind so formuliert, dass eine derartige Nutzung der Daten gestattet ist.
Der US-Geheimdienst CIA nutzt – als „National Clandestine Service“ – eine Facebook-Gruppe, um Personal anzuwerben.
Mitte 2009 wurde bekannt, dass die iranische Polizei Facebook-Profile benutzt, um bei Verhören den Freundeskreis von Regimegegnern und Demonstranten auszumachen und namentlich zu identifizieren. (Quelle)
Das sind ja aschgraue Aussichten.
In der deutschsprachigen Wikipedia wird weiterhin kritisiert, was ich zu Beginn dieses Posts schon angedeutet habe: Die „default“-Einstellungen von Facebook sind nicht geeignet, dem User möglichst viel Privatsphäre zuzubilligen. Immer wieder ist mir aufgefallen, dass ich beim googeln verschiedenster Personen unter den Top-5-Treffern deren Facebook-Profil fand. Ob ihnen das überhaupt klar ist? Ob sie das wollen? Die Wiki fasst das Problem etwas globaler in wenige, wahre Sätze:
Im November 2009 veränderte Facebook die Standardeinstellungen zur Privatsphäre. Die Voreinstellungen sind nun so, dass möglichst viele Informationen öffentlich sichtbar sind. Darüber hinaus sind bestimmte Informationen, darunter Name, Profilfoto, Freunde und Gruppenzugehörigkeiten seitdem immer öffentlich sichtbar, auch wenn Nutzer zuvor andere Einstellungen vorgenommen hatten – die früheren Schutzmöglichkeiten sind bei diesen Punkten entfallen. (Quelle)
Der Hintergrund ist ganz klar: Viel Privatsphäre macht ein Angebot natürlich uninteressant. Wenn ich beim Googeln nach Bekannten häufig über Facebookprofile stolpere, werde ich mir überlegen, ob ich mich dort anmelde. Mit dieser „Masche“ hat Facebook – eigenen Angaben nach – 400 Millionen (sic!) aktive Nutzer. Als „weltweites Einwohnermeldeamt“ kritisiert die CSU-Verbraucherschutzministerin Aigner imfolgedessen Facebook. Der zu Golem verlinkte Artikel ist auch lesenswert, weil hier aufgegriffen wird, wie ein Psychotherapeut (sic!) sein iPhone mit Facebook gesynct hat (bad idea!) und sich nun mit seinen Patienten wunderte, warum diese von anderen Patienten Freundschaftsvorschläge bekamen (sic!!). Man fasst es nicht!
Die Liste der Verfehlungen von Facebook könnte fortgesetzt werden (seht Euch mal deren Kapitalgeber an, deren Datenhandling mit Kooperationspartnern im Kontext mit dem Ding personalisierter Werbung…). Das brauche ich an dieser Stelle aber nicht – ich denke es ist klar geworden worum es geht.
Conclusio: Facebook is evil. Wer überlegt, dort beizutreten, dem sei geraten, es besser zu lassen. Wer dort bereits Mitglied ist, der melde sich an besten sofort und ohne Ankündigung oder Verweise zu anderen social networks ab. Noch kann man seine Daten schützen (das geht nicht durch Inaktivität sondern wirklich nur durch Abmeldung) und nur so kann man der Gefahr begegnen, andere – wenn auch unbeabsichtigt – in den Facebook-Sumpf zu ziehen. Erst wenn Geschäftsmodelle wie das von Facebook zusammenbrechen, können wir Staaten und Unternehmen gegenüber einen besseren Datenschutz erreichen.
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*) Ich kann Daten nicht besitzen wie ein Haus, ein Auto oder eine Banane. Werden die Daten kopiert, besitze ich sie ja immer noch – nur eben nicht exklusiv. Im Prinzip ist das simpel und jeder, der schon einmal eine Mail geschickt hat, die – ungleich dem physikalischen Brief – nach dem Versenden auf dem eigenen Rechner und dem Rechner des Empfängers liegt, weiß das. Nur muss dieses Wissen auch mit facebook assoziiert werden.