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Sollte ein Computer für Hartz IV-Empfänger zur Grundausstattung gehören?

Einer der Aufreger dieser Woche: Das Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen entschied, dass bei der Wohnungserstausstattung Hartz IV-Empfängern ausdrücklich kein Computer zusteht. Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn bei der Klage vor dem Gericht ging es erst einmal um die Gewährung von Prozesskostenhilfe, der eigentliche Gegenstand wird erst noch verhandelt. Aber allein das Signal, dass das Landessozialgericht da setzte, ist verheerend.

Es gibt eigentlich nur ein Argument, bei der Erstausstattung einer Wohnung einen Computer zu verweigern: So ein Gerät kostet Geld. Weiterhin aber würde es nur Vorteile bringen, Hartz IV-Empfänger mit einem Rechner und Internetzugang auszustatten. Und zwar am besten jeden. Warum?

Ein Rechner nebst Internetanbindung und Drucker ermöglicht Hartz IV-Empfängern eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wie es mittlerweile für viele Menschen blich ist. Allein daher darf ihnen der Zugang zu diesem Kommunikationsmittel nicht verweigert werden. Es kann nicht angehen, dass die Politik einerseits über den „digital gap“ schwadroniert und andererseits deutsche Gerichte diesen zementieren. Hartz IV-Empfänger sind außerdem in der Regel gehalten, sich regelmäßig zu bewerben. Dazu braucht es aber einer zumindest halbwegs zeitgemäßen Ausstattung – die zuhause, regelmäßig und mit geringen Kosten betrieben werden kann. Eine Bewerbung fasse ich nicht mal so einfach im Internetcafé ab. Und auf den ollen Mühlen der Arbeitsagentur, die sowieso nur das agentureigene Jobangebot auf den Schirm bringen, schon gleich zweimal nicht. Der Hilfeempfänger muss in die Lage versetzt werden, sich im Netz aus unterschiedlichen Quellen Jobangebote ansehen zu können, Er muss weiterhin in die Lage versetzt werden, diese auch zu beobachten und gegebenenfalls schnell reagieren zu können. Auch muss es ihm ermöglicht werden, sich online zu bewerben, denn das ist immer öfter gefragt. Hierzu benötigt er natürlich auch eine EMailadresse.

Ich sehe es ebenso als notwendig an, dass der Hilfeempfänger sich mit dem Computer auseinandersetzt und sein Anwenderwissen auf einem aktuellen Stand hält, denn gute (und aktuelle) EDV-Kenntnisse sind in immer mehr Jobs eine wichtige Qualifikation. Dieses Wissen zu vertiefen gelingt aber kaum im Internetcafé an fremdem Gerät mit teilweise unsinnigen Limitationen.

Auch ermöglicht der eigene Computer, dass sich Hartz IV-Empfänger besser organisieren und in Selbsthilfeforen austauschen können. Womöglich haben Politiker und Richter genau hiervor Angst, nichts desto trotz ist dies eine Notwendigkeit und kann die Betroffenen in die Lage versetzen, besser mit iherer Armut umzugehen und sich mündig auch gegen ARGEN oder Unternehmen aus der Privatwirtschaft, die aus ihrer Situation Kapital zu schlagen suchen, zu emanzipieren.

Ein Computer nebst Internetanbindung muss also Bestandteil einer Wohnungserstausstattung sein. Heute genügt es nicht mehr, sich mittwochs und samstags eine Tageszeitung zu kaufen und nach passenden Stellenanzeigen zu durchforsten. Auch auf den Webseiten der Arbeitsageturen finden sich längst nicht alle Stellenangebote – Online-Jobbörsen finden sich bei den Städteportalen, in Recruiternetzwerke, auf Xing, bei den Kammern… Der Besucheines Internetcafés erzeugt Kosten, mitunter in einer Höhe, die sich die Betroffenen nicht leisten können.

Auch ist der Datenschutz in Internetcafés nicht immer gewährleistet. Dies darf auch Hartz IV-Empfängern nicht zugemutet werden.

Wenn die Politik ein ernsthaftes Interesse daran hat, dass Betroffene wieder in Lohn und Brot kommen und sich weiterbilden, so muss sie ihnen auch eine entsprechende Infrastruktur – aus praktischen Gründen im Privathaushalt – zur Verfügung stellen.

Wie aber soll das funktionieren?

Es muss zuerst einmal per Gesetz (geeignetenfalls per Verordnung) der Anspruch auf einen Computer pro Bedarfsgemeinschaft festgeschrieben werden. Ich selbst bin überzeugt, dass sich die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sich ein Gerät teilen können.

Weiterhin sollen den Hilfebedürftigen Angebote unterbreitet werden, die geeignet sind, sie in die Lage zu versetzen, souverän mit dem Computer, seiner Peripherie und dem Netz umzugehen.

Der Regelsatz muss um einen Betrag aufgestockt werden, der dem Hilfeempfänger einen angemessen Zugang zum Internet und anderen allgemeinüblichen Datendiensten ermöglicht. Dies ist nötig, da lebenspraktische Erfahrungen im Jahr 2010 abbilden, dass ein Computer heute mehr ein Kommunikationsinstrument, weniger eine „bessere elektronische Schreibmaschine“ darstellt. Diese Funktionalität ist sicherzustellen.

Zum Computer selbst ist eine für o.g. Zwecke dienliche Peripherie zu stellen. Auf der Seite der Eingabegeräte ist insbesondere eine Tastatur und Maus zu nennen, zu den Ausgabegeräten soll ein Bildschirm in ausreichender Größe und ein Lautsprecher (zur Wiedergabe von Systemtönen, Videoton…) sowie ein im Unterhalt kostengünstiger Drucker gehören. Um die Kommunikation sicherzustellen, hat das Gerät selbst über übliche Schnittstellen in ausreichendem Umfang zur Verfügung zu stellen (Ethernet-Anschluss, USB).

Es muss sich bei einem solchen Gerät natürlich nicht um einen High-End Gamer-PC handeln, aber der Rechner sollte immerhin performant genug sein, dass ein Betreiben vom Internetprogrammen und einem Office-Paket möglich ist. Heute sind solche Rechner übrigensnicht mehr teuer. Der Preisverfall gerade in diesen Geräteklassen ist enorm und daher ist eine entsprechende Ausstattung auch leistbar und den ARGEN zuzumuten.

Ein Wort zur Software: FreieSoftware ist heute in der Lage, oben genannte Bedarfe nicht nur zu decke n, sie ist von der Usability her auch so aufgebaut, dass der Hilfeempfänger mit ihr auch ähnliche Strukturen zu beherrschen erlernt, diesich in kommerziellen Produkten wiederfinden. Ein Rechner, der mit Linux, Open Office und Mozilla konfiguriert ist, erfüllt seine Zwecke. Ein günstiges „Netbook“ halte ich nur für bedingt geeignet, da hier zum einen der Bildschirm für ein dauerhaftes Arbeiten zu klein ist und sich solche Systeme kaum aufrüsten oder reparieren lassen.

Für das Jahr 2010 schlage ich daher folgende Mindestkonfiguration vor: Tower- oder Desktop-Gehäuse mit mindestens 2 GHz Taktgeschwindigkeit, 1 GB Arbeitsspeicher und 160 GB Festplattenkapazität CD/DVD-Brenner, 19/100 Mbps-Ethernetport, mindestens drei USB-Anschlüsse, ein 17Zoll-Flachbildschirm, kabelgebundene Tastatur und kabelgebundene optische Maus, einfache Aktivlautsprecher, 4 GB USB-Stick einfacher Tintenstrahldrucker.

Der Regelsatz ist um mindestens 25 Euro aufzustocken, damit der Hilfeempfänger mindestens einen entbündelten DSL-Anschluss bestellen kann, in Gebieten, in denen DSL nicht verfügbar ist, muss ein Zusatzbetrag gezahlt werden, um einen Zugang zum Internet via Moden herstellen zu können.

Jeder Hilfeempfänger soll an einem Computerkurs teilnehmen können. Das soll ihm helfe n, mit dem Gerät besser umzugehen zu lernen, Bewerbungen professionell abzufassen und die Kommunikationsmöglichkeiten im Internet kennen zu lernen. Gerade älteren Hilfeempfängern sind solche Kurse nahezulegen.

Solche Ansätze sollten von der Politik ernsthaft diskutiert werden. In den 1970er Jahren war der Fernseher vielleicht noch nicht Standard, aber in der Mehrheit der Haushalte war er vorhanden. Heute ist ein Fernseher Standard. Auch der Computer ist inzwischen Standard. Dem muss Rechnung getragen werden.

11 Kommentare

  • Thorsten

    Warum nicht. Für Afrika wollten sie doch auch mal Desktop-PCs herstellen. Es reichen einfache Rechner.
    Aber wieviel davon dann bei Ebay zu finden sind oder für Alk oder Ziggis eingetauscht werden darf hinterfragt werden.
    😉

  • admin

    Thorsten!! Du argumentierst ja, wie der Mißfelder!
    Aber klar, wenn der Computer verscherbelt ist, gibt es keinen neuen – fertig.
    Das ändert aber nichts daran, dass es nötig ist.

  • Markus

    Ipads für alle

  • Thorsten

    Es gibt aber einen Unterschied zwischen Tatsache und Theorie.
    Erhöhe Hartz 4 und der Konsum von Alk und Ziggis steigt.

    Wenn, dann sollte schon die bevorzugt werden, die davon einen Nutzen haben (z.B. für die Jobsuche).
    Eher nicht für die, die in der dritten Generation Sozialfälle sind und keinerlei Anstrengungen zeigen. Nach dem Motto: Mein Vater war schon Arbeitsloser, da dachte ich mir, machste das auch.
    Und somit ist es zum scheitern verurteilt!

    Aber vielleicht besser doch nicht. Sonst würden ja die ganzen gemütlichen und netten Internetcafes aus unserem Stadtbild verschwinden. 😉

  • Markus

    woher sollen die Resourcen kommen und wer soll das bezahlen?

    Warum soll der der arbeit immer bestraft werden?

    Es sollte echt zwischen arbeitswillig und unwillg auch mal gedacht werden?

    Arbeitsloser zu Hause Ziggis, Alk und Internetspiele for free 😉

    Zocken bis die Stütze kommt … und McDonalshomlieferservies Hartz4menü.

  • Markus

    Wir bekommen in Meckpom keinen einzigen Auszubildenden!!!!

    Weil es attraktiver ist… nach der Schule direkt eine Hartz4karriere zu beginnen.

    Als zu arbeiten.

    Der der arbeitet und unverschuldet arbeitslos wird… steht auf gleicher Stufe … mit einem der nie arbeiten wollte und will.

  • Thorsten

    Der Staat hat schon viel zu hohe Ausgaben für die Transferzahlungen.
    Bevor man dafür teures Geld ausgibt sollte man lieber die z.B. Altersarmut usw. bekämpfen. Wie viel Prozent der Kinder in D bekommen aufgrund von Armut kein vernünftiges Essen???
    Lieber stellt man der Hartzern PCs und Internetzugänge in Stadtteilcafes o.Ä. zur Verfügung. Hier können sie unter prof. Anleitung surfen und z.B. ihre Bewerbung schreiben. Vorteil ist, dass hierfür Sozpäds eingestellt werden können und auch die Administration der Rechner evtl. Arbeitsplätze schafft.

  • admin

    ??? Habt ihr gesoffen??

    http://www.sozialleistungen.info/news/08.02.2010-studie-arbeitsmoral-der-alg-ii-bezieher-ist-hoch/

    Wen die Mehrheit der Hartz IV – Empfänger arbeiten will, warum dann nicht alles tun, dass es auch so kommt? Auf die zehn Prozent „Unwilliger“ ist geschissen. Wenn die oben vorgeschlagene Maßnahme nur ein Drittel der Hilfeempfänger temporär in Arbeit brächte, dann ist alles doppelt und dreifach finanziert.

    Und selbst wenn dem nicht so wäre, gehört I-Net einfach mal zur gesellschaftlichen Teilhabe. Wieso jemanden davon ausschließen??

  • Markus

    Computer in Stadtteiläden oder Bibliotheken zur echten Nutzung ja.

    Mit Betreuung und Hilfe bei Fragen.(Bewerbungen, Kurse, Fragen, Tipps und Tricks)

    Keine staatlich finanziertes zu Hause surfen und zocken.

    Es ist wichtig Zugang zu ermöglichen, aber nicht für zu Hause.

    Keine World of Warcraft oder Poker zocken ….

    Kenne viele die arbeiten und keinen Computer haben oder ein Auto.

    Die können es sich nicht leisten. Sollen die dann keinen Computer kostenlos bekommen, weil sie arbeiten? Problem langsam in unserem Staat ist.

    Entweder hast du viel und kannst die alles leisten, oder hast gar nix und bekommst es nachgeschmissen.

    Die arbeitende Mittelschicht ist der Depp vom Dienst.

    Okay, dann eben wer arbeitet bekommt 100 ,-€ im Monat weniger um das zu finanzieren.

    Aber natürlich nur die Kleinverdiener, so daß die sich erst recht keinen Computer mehr leisten können.

    😉

    Es ist ein schöner Traum , wenn alle was bekommen würden.

  • Marcus

    tw. stehen die Argumente ja schon drin, trotzdem nochmal von mir kurz zusammengefasst, aber vorweg meine Meinung dazu. Ein klares NÖ- kein Hartz IV gesponserte Rechner für die Zuhausehocker.

    1.) Auf´m Amt, in Stadtteilcafes und weiteren städtischen/kirchlichen Einrichtungen etc. kommst kostenlos und so lange du willst/kannst/brauchst in´s Internet

    2.) adäquate Unterstützung bei der Einführung in Suchmechanismen (zur Jobsuche nicht für den F*** am Abend) erhält man dort ebenfalls.

    3.) Hilfe beim Bewerbungenschreiben gibt es sehr viele kostenlose und teils gute Angebote

    4.) Jeder kennt jemanden der einen PC mit Internetanschluss hat.

    5.) befinden sich in Hartz IV-Wohnung sehr häufig Game-Konsolen der neuesten Art und ein Flachbild-TV (hm….mir reicht meine alte Röhre für´s TV-klotzen völlig aus und ´ne Spielkonsole braucht es auch nicht für viele 100 Euronen)

    6.) längst nicht alle ALG-Empfänger sind gleich Alkies oder rauchen, aber der Großteil wird schon für das eine oder andere (oder beides) VIEL Geld ausgeben. Ergo – was kosten denn ein PC, inkl. I-Net, pro Monat? Garantiert nicht so viel, wie Alk und/oder Ziggis.

    7.) Es gibt ältere PC-Modelle, bspw. rundumdurchgecheckt, mit 1-Jahres-Garantie, vom Sozialkaufhaus oder spez. IT-Läden (in welchen sich auch Geringverdiener, den einen oder anderen Euro dazuverdienen, tw. sogar dort eine Ausbildung zum PC-Schrauber oder Verkäufer machen können), für ganz wenig Kohle. Man kann problemlos mit einem P2-Prozessor-Rechner, mit ner Minifestplatte, On-Board-Grafik und Soundkarte und ´nem alten 15″-Monitor ins Internet, oder Bewerbungen schreiben – und ja – dafür reichen auch Freewareprogramme. (Auch mir hat das viele Jahre gereicht und ich war damit noch als Angestellter und sogar als Selbstständiger recht zufrieden).

    8.) Wer sollte diese Sponsoring bezahlen? Die freie Wirtschaft?- Darf ich lachen?! Der Steuerzahler? – was´n noch alles?!

    9.) Endlich mal eine gerichtliche Entscheidung, welche ich zu 100 % unterstütze!

  • Anonym

    Wo bleibt der Status des Bürgers. Der verschwindet immer mehr. Die Frage die Übrig bleibt. Wir warten auf die Anarchie. Merkt man an dieser Diskusion,es hebt sich einer hervor!

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