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Palm-Comeback?

Palm, der einstmals erfolgreiche Handheld-Hersteller gilt heute als Kult. Nicht unwesentlich dürfte dazu das legendäre PalmOS beigetragen haben – und der Umstand, dass die Firmenhistorie „vogelwild“ ist.

PalmOS konnte sich bis ins Jahr 2008 oder 2009 auf einigen Devices retten, galt aber zum damaligen Zeitpunkt schon als hoffnungslos veraltet. Zu spät setzte man bei Palm auf das System webOS, dass dann auf einer Handvoll Smartphones Anwendung fand. WebOS war für sich genommen ein gutes System, doch schon damals war der Markt fest unter iOS, Android und damals Symbian aufgeteilt – webOS blieb in der Nische – ohne wirkliche Chance.

Das in Schieflage geratene Unternehmen wurde von HP gekauft, viele Palm-Fans schöpften neue Hoffnung (auch ich) und HP brachte tatsächlich ein Tablet auf webOS-Basis heraus, ging mit seiner Neuakqiusition sonst aber recht stiefmütterlich um. Mit webOS und dem Markennamen Palm hat HP nichts mehr großartig angestellt und infolge dessen auch nichts gerissen und webOS still und heimlich an LG verkauft. Die hatten für webOS nicht nur eine Strategie sondern eine tatsächliche Verwendung: Es ist das Betriebssystem der aktuellen LG-Fernsehgeräte und auch eine Smartwatch mit webOS soll herauskommen.

Nun ist in Las Vegas mal wieder alljährliche CES – die für mich persönlich spannendste Nachricht war, dass der Markenname Palm nun ein Comback feiern soll: HP hat den Markennamen an ein chinesisches Unternehmen namens TCL verkauft. TCL ist hierzulande relativ unbekannt – aber ein riesiger Konzern mit 50k Mitarbeitern. Zum Markenportfolio von TCL gehört auch Alcatel Onetouch.

Der neue Firmensitz soll im Silicon Valley sein, man möchte die Community und die Palmfans mit Ihren Wünschen einbeziehen (wie auch immer das aussehen soll), ein Zurück zu webOS wird es aber nicht geben – schließlich wurde nur der Markenname verkauft.

TCL und damit Alcatel präsentieren sich derzeit ganz klar als von strengem Pragmatismus geleitete Innovatoren: Alcatel will noch im ersten Quartal eine echte runde Smartwatch mit Farbdisplay für unter 100,- Euro auf den europäischen Markt bringen, die – ausgestattet mit eigenem Betriebssystem – sowohl mit iOS als auch Android funktionieren soll. Das wäre ein gewaltiger Arschtritt gegen so ziemlich jede andere derzeit am Markt erhältliche Smartwatch, nicht nur preislich. Weiterhin angekündigt ist auch ein Telefon namens „Pixi 3“, das sowohl mit Windows Phone, Android wie auch Firefox OS laufen soll. Klar wird erst die Zukunft erweisen, was aus diesen Geräten wird – aber TCL/Alcatel Onetouch ist gerade auf dem Weg, die Branche von hinten aufzurollen.

Nun schalte ich mal in den Spekulations- und Wunschmodus: Was würde ich von einer neuen „Fa. Palm“ und deren Produkten erwarten? Zuerst einmal einen lückenlosen HotSync, mit dem ich meine seit der Jahrtausendwende unter PalmOS gepflegten Daten auf den neuen Palm-Devices weiterleben lassen kann (ich benutze die zum Teil fünfzehn Jahre alte Hardware nämlich noch immer – täglich). Ob das neue Palm ein eigenes neues Betriebssystem startet? Ich habe meine Zweifel. TCL/Alcatel könnte zwar eines ihrer proprietären Systeme auf den Tisch packen, das wäre aber kaum sinnvoll. Ein Konzept wie beim Pixi 3, das einen echten Multi-OS-Betrieb ermöglicht, wäre auch für die neue Firma Palm chic. Aber: Man will hier letztlich quelloffene Software sehen. Das würde gut passen. Mein Wunsch wäre weiterhin, dass sich TCL mal intensiv mit Access ins Benehmen setzt und Schnittstellen für PalmOS-Programme bereithält. Das wäre technisch gesehen sogar über die Access Linux Platform machbar (und aus meiner persönlichen Perspektive sehr wünschenswert).

Ob ich mir denn dann wieder ein „neues“ Palm-Gerät kaufe? Das weiß ich nicht, das hängt sehr von der Hardware, noch mehr aber von der Software ab: Wer heute noch mit PalmOS hantiert, der tut das nicht nur wegen der bis heute ungeschlagenen Usability und dem letztlich unübertroffenen personal information manager mit seinen erstklassigen Businessfunktionen, sondern auch, weil man hier die volle Souveränität über seine Daten behält – in Zeiten der ubiquitären NSA-Bespitzelung kein ganz schwaches Argument. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was TCL daraus macht!

HP kauft Palm

Als großer Fan von Palm-Produkten habe ich mich ja bereits mehrfach geoutet. Und als heute Morgen zu quasi nachtschlafender Zeit via B5 die Meldung an mein Ohr drang, dass Palm nun von HP gekauft wird, war mein Tag so gut wie gerettet.

Nachdem mich heute schon zwei Leute gefragt haben, ob ich das gut finde, will ich Euch meine Meinung auch hier nicht vorenthalten: Ja. Ich finde es gut. Ob HP wirklich was daraus macht kann ich gerade nicht sagen, weil meine Glaskugel beim Fernsehklempner ist. Aber erst mal: Gut.

Warum? Zuerst mal erinnern wir uns an die 1990er-Jahre: Da war der Platzhirsch auf dem Markt für PDAs palm. Aber auch HP wollte ein Stück vom Kuchen abhaben. An den Jornada habe ich noch deutliche Erinnerungen (aber wollen habe ich nie einen, denn das mobile Windows war nicht nie mein Ding und wird es auch nicht mehr). HP kaufte irgendwann uch Compac, die mit ihren IPacs ach leidlich erfolgreich waren. Und so wächst schließlich zusammen, was sich irgendwann mal angenähert hat (am Rande: Die Jornadas fand ich damals hardwaremäßig sogar recht chic, wenn das doofe Windows nicht gewesen wäre…).

Weiterhin geisterte immer wieder ein Gerücht durchs Netz, dass ich zwar nicht bestätigen kann, aber hochgradig plausibel finde: Hätte Google oder htc Palm gekauft, so wäre zu befürchten gewesen, dass es mit webOS, einem der besseren Mobilsysteme nicht weitergegangen wäre und sich diese Firmen nur die Patente einverleibt hätten, Bei HP, die auch im Mobiltelefonmarkt mitschnappen wollen, besteht aber die Hoffnung, dass es mit webOS weitergeht. I do hope so, too.

Bei neunetz stellt man eine entscheidende Frage: Ist am Markt neben Android und dem mobilen OS X von Apple noch Platz für ein drittes System?Die Antwort muss salomonisch ausfallen: Klar, Platz ist locker. Nokia verkauft weiter Symbian-Telefone, S60 3rd Edition ist besser alssein Ruf. Un die Blackberrys haben im Businesskontext auch ihre Lücke gefunden (ich habe mir einen BB mal sehr ernsthaft überlegt). Und webOS ist im Bereich Multitasking das Beste, was man derzeit für Geld kaufen kann. Zudem ist das pre stylisher als das iPhone und es bringt eine Tastatur mit. Die könnte größer sein und ein besseres mechanisches Feedback bieten – aber diese kleine Tastatur ist um Welten angenehmer als das, was sich beim iPhone „Tastatur“ schimpft. Wer so denkt, findet im pre und mit webOS eine echte Alternative. Der salomonische Teil an der Sache ist: Keiner weiß, ob sich das für HP in der Zukunft rechnet.

Rein aus dem Bauch heraus: Palm und HP passen zusammen. Und wenn HP Ernst macht und die Marke palm und webOS erhält, könnte sich die Plattform stabilisieren und dann kommt vielleicht was Gutes dabei raus – vielleicht auch mit einer etwas solideren Hardware. Ich jedenfallsdrücke die Daumen.