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Eigentlich schade…

Eigentlich ist es schade, dass die GVU in der „Raublöschaffäre“ die Unterlassungserklärung von Mario Sixtus und Alexander Lehmann nicht unterschrieben hat.

Zur Vorgeschichte der Raublöschaffäre findet ihr hier mehr.

Warum das so gelaufen ist, ist schnell klar. Die GVU beschäftigt als Subunternehmer eine Münchner Firma namens „OpSec Security GmbH“ in Unterhaching. Deren Job scheint zu sein, Takedown Notices im Auftrag der GVU zu versenden.

Warum aber hat so ein Take Down (in diesem Falle bei Videohoster vimeo) bei den Herren Lehmann und Sixtus stattgefunden? Im Netz hält sich hartnäckig ein Gerücht*, das aber so plausibelscheint, dass ich es hier zusammengefasst wiedergeben möchte:

Filmportalseiten, die im Verdacht stehen, dass auf Ihnen urheberrechtsverletzendes Material eingebettet oder verlinkt sein können, würden demnach von nicht näherbenannten Subunternehmern der Contentmafia gescannt. Das Ergebnis dieser Scans werde dann mehr oder weniger präzise gegen Datenbanken der Contentmafia gefahren und und an die Hoster der entsprechenden ateien würden dann Takedown Notices gesendet.

Wer sich einmal Portale wie kino.to und ähnliche angesehen hat, der bekommt schon eine Idee davon, dass es sich hier um eine solche Materialfülle handelt, dass ein händisches Auswerten quasi unmöglich ist. Takedown Notics an solche Portale zu senden, ist weiterhin nicht sinnvoll, denn diese sitzen zumeist in Staaten, in denen eine contentmafiafreundliche Rechtsprechung entweder nicht vorhanden ist oder die Durchsetzung derselben nicht enforced wird. Und rechtlich kann man diesen Portalen auch nicht ans Fell, denn sie verlinken ja strenggenommen nur zu Inhalten die das Urheberrecht Dritter verletzen können – hosten bzw. verbreiten solche Dateien aber nicht.

Das Vorgehen der Wahl sei dann folgendes: Man scanne die Links vermeintlich zwielichtiger Portale und sende (nach Abgleich) dann die entsprechende TN an den Hoster, auf den der Link verweist.

So oder so ähnlich könnte es gelaufen sein. Und so ist auch vorstellbar, warum es gerade Herrn Lehmann und Herrn Sixtus erwischt hat – hier hat einfach ein Fan Links auf Portale gestellt. Der Subunternehmer scannt, schickt die TN und der Hoster killt das File.

Herr Lehmann und Herr Sixtus ließen also die GVU abmahnen. Die aber erklärte sich flugs für nicht zuständig. Die Abmahnung wurde nicht von der GVU sondern von der OpSec unterschrieben.

Da ist ein feiner Unterschied: Zwar wurde das Löschen im Namen der GVU – aber nicht von der GVU betrieben. Und so erklärt Mario Sixtus in seinem Blog treffend:

Sowohl die GVU, als auch OpSec behaupten steif und fest, dass letzteres Unternehmen in dieser Sache ohne direkten Auftrag des ersteren gehandelt hatte. Man kann nun natürlich mutmaßen, ob die GVU ihren Dienstleister hier als Sündenbock vorschickt. Das wäre von unserer Seite allerdings schwer zu beweisen. Ja, es schmeckt in der Tat ein wenig bitter, aber von einem weiteren gerichtlichen Vorgehen gegen die GVU werden wir wohl absehen, da wir schwerlich belegen können, dass die Aussagen von GVU und OpSec falsch sind. (Quelle)

Ein Punktsieg? Na, ich würde eher sagen ein gutes Unentschieden. Zuerst einmal muss ich festhalten, dass ich hocherfreut bin, dass sich überhaupt einmal jemand gegen die gewehrt hat. Das ist schon ganz prima und sicher eine richtige und angemessene Reaktion. Die GVL aber, die hinter dem ganzen Treiben steckt (warum hätte sie sonst OpSec beauftragen sollen), ist leider ungeschoren davongekommen.

So fragt ComPad beispielsweise via twitter:

wie sieht das eigentlich aus, wenn bei einer Aktion ‚im Namen der GVU‚ die GVU unzuständig sein will? Das stinkt doch.

Auch die Kommentare bei Mario Sixtus legen Zeugnis ab vom tiefen Misstrauen der Netzgemeinde gegen die GVU. So ist dort zu lesen: „Finde es persönlich nur sehr schade, dass die GVU da ungeschoren rauskommt. Die hätten es am ehesten verdient….“. Dem kann ich mich nur anschließen. Und weiter liest man: „Klarer Fall von Bauernopfer sozusagen 😉 Nur schade, dass sich die Beweisführung (gegen die GVU als Auftraggeberin) in diesem Fall so schwierig gestaltet, bzw. unmöglich ist, wenn dem so sein sollte.“.

Freilich liegt der Verdacht nahe, dass OpSec ein Bauernopfer ist – nur es ist wohl nicht beweibsar (es sei denn, ein unzufriedener OpSec/GVU-Mitarbeiter leakt ein paar Dokumente, dass wäre witzig, aber leider wohl nicht realistisch). Und so scheint das Ding hiermit zu enden. Schade eigentlich…

Was bleibt? Nach menschlichem Ermessen dürfte der Imageschaden für die GVU erheblich sein. Wer bei twitter nach GVU sucht, findet mittlerweile zu Tausenden negative tweets. Die Sache macht auch in nahezu allen relevaten A-Blogs die Runde. Golem, Heise und viele andere berichteten.

Wäre die GVU ein Unternehmen, das Endkunden etwas verkaufen würde, so müste man aller Erfahrung nach einen mindestens zweistelligen Millionenbetrag budgetieren, um diesen Imageschaden auch nur annähernd zu kitten.

Was bleibt zu sagen? Ob Raubkopierer Verbrecher sind, wage ich zu bezweifeln. Meiner Meinung nach sind aber Raublöscher aus ethischen Gründen zu verachten. Zutiefst.

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* das „halb“ bestätigt wurde – durch die Pressemitteilung der GVU selbst. Hier weitere Infos.

GVU ahndet Urheberrechtsverstöße ohne ein Urheberrecht zu haben

Die Angst der Contentmafia vor Creative Communs muss je wirklich frei flottierend sein und diese Leute so blockieren, dass bei ihnen weder Denken noch überlegtes Handeln funktioniert.

Lattenkracher des Tages: Die GVU lässt auf dem Videoportal vimeo Inhalte entfernen, ohne dass sie irgend eine Erlaubnis dazu hat oder die Urheber davon gewust hätten.

Aber von vorne: Wer oder was ist die GVU, die „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V.“?

Die Wikipedia weiß Antwort:

Durch eine starke Lobbyarbeit wird maßgeblich Einfluss auf die Gesetzgebung im Bereich des Urheberrechts genommen, da die GVU über einen umfangreichen Pool an Informationen verfügt, auf welche Arten und Erscheinungsformen von Urheberrechtsverletzungen sich die Gesetzgebung einstellen muss. Vor allem Peer-to-Peer-Systeme, sowie neuerdings auch verstärkt Filehoster-Systeme, werden ständig in die Überprüfungen einbezogen. Andererseits ermittelt die GVU mit konspirativen Methoden den Betrieb von Servern im Internet, über die illegal Kopien von Filmen und Musikstücken erstellt und in der Folge durch „öffentliches Zugänglichmachen“ verbreitet werden. Infolge dieser Ermittlungen können über die festgestellten IP-Adressen die Nutzer durch die Strafverfolgungsbehörenden ermittelt werden.

Die GVU unterscheidet sich von anderen in diesem Bereich tätigen Firmen dadurch, dass keine Abmahnungen an Endbenutzer von Filesharing Netzwerken verschickt werden.Stattdessen werden die ermittelten IP-Adressen im Rahmen eines Strafverfahrens an die Staatsanwaltschaften und die weiteren Ermittlungsbehörden (Kriminalpolizei) weitergeleitet. Im folgenden Prozess schließlich stellt die GVU Sachverständige, welche auf Seiten der Staatsanwaltschaft Einschätzungen zum Tatbestand abgeben. Dies geschieht durch das Entsenden von Mitarbeitern, da ein gleichzeitiges Auftreten als Kläger und Gutachter nicht vertretbar wäre.

Im August 2006 kritisierte das Landgericht Kiel diese „Privatisierung des Ermittlungsverfahrens“ und sah in der Weitergabe von Beweismaterial an die nicht neutrale GVU einen Verstoß gegen die Strafprozessordnung.

Vertreten werden gemäß der Selbstdarstellung der GVU die „Film- und Unterhaltungssoftware-Wirtschaft“.

Das das Image solcher Vereine nicht besonders gut ist, liegt auf der Hand.

Und die jetzigen Aktionen der GVU sind auch nicht dazu geeignet, dieses Image zu verbessern: Die GVU hat auf dem Videoportal vimeo Werke der Serie „Elektrischer Reporter“ von Mario Sixtus und das Animationsvideo „Du bist Terrorist“ sperren lassen.

Gut, so möchte man meinen, das Sperren von Videos ist ja deren Auftrag, deren engeres Geschäftsanliegen. Aber in diesem Fall ist das nicht so, denn weder wussten die Urheber von der Sperrung noch erteilten Sie der GVU einen wie auch immer gearteten Auftrag. Und da die Werke beide unter einer Creative Commons-Lizenz verteilt werden, ist das Vorgehen der GVU natürlich illegal.

Wie kommt die GVU dazu, den Kurzfilm „Du bist Terrorist“ und vier Episoden des „Elektrischen Reporters“ sperren zu lassen? Ich kann es mir nicht erklären. Ich finde auch kein tertium comparationis zu kommerziellen Filmen, das die GVU hättwe vermuten lassen können, dass es sich um das Urheberreicht eines ihrer „Auftraggeber“ handelt. Das scheint übrigens nicht nur mir so zu gehen. Heute Vormittag schwappen im Stundenmittel sechzig entrüstete Meldungen allein über Twitter.

Die GVU hat sich selbst in einen PR-Super-GAU manövriert. Und noch mehr: Die GVU macht sich, schenkt man dem Blog Internet Law Glauben, damit selbst strafbar, weil sie durch die Aktion die Urheberrechte von Mario Sixtus und Alexander Lehmann verletzt.

Ich bin sehr gespannt, welche dümmliche Ausrede sich die PR-Abteilung der GVU für Ihre Zensurversuche einfallen lässt…

Bereits 2006 hat sich die GVL wegen einer Lizenzänderung zu Ungunsten nichtkommerzieller Webradio-Anbieter unbeliebt gemacht. Über die GEZ brauche ich nichts zu sagen, deren Beliebtheit in der Bevölkerung kann selbst vom Fußpilz nicht unterboten werden. Spätestens seit der Youtube-Musikviedo-Löschaktion mag man die GEMA nicht mehr. Spätestens seit heute ist die GVU endgültig unten durch. Wann tritt eigentlich die GÜFA ins Fettnäpfchen und wird intermedial ausgeweidet?

Update: Johnny Haeusler hat bei der GVU angerufen und zeigt Verständnis. Nix für ungut, aber mir fehlt da jedes Verständnis. Wenn die keinen klaren Auftrag von den Urhebern der Videos haben, diese sperren zu lassen, sollen sie ihre Griffel davon lassen. „Sorry, Irrtum“ ist eine auf eine Frechheit folgende Frechheit.

Update: Hihi. Es würde mich ja freuen, wenn Udo Vetter den Laden abmahnt!

(via twitter)

Update: Unterlassungserklärung gegen GVU – Geil!! Lest dazu das Post von Herrn Sixtus! – Bester Kommentag hierzu: „Lustige Drehung der Kanonen“.

Update: Die Pressemitteilung der GVU ist bei netzpolitik zu lesen. Jetzt würde ich erst recht draufschlagen!

Update: Man muss sich mal vor Augen halten, dass Johnny Haeusler vor Urzeiten mal das Chaosradio moderiert hat. Daher verstehe ich den Spreeblick-Schmusekurs dieser Tage nicht ganz. Beim Schockwellenreiter findet man passende Worte: „Der Spreeblick, die »Hör Zu« der Blogosphäre“.

Update: Die GVU ist abgemahnt. Feine Sache das.