Hempels Buger in Gostenhof – nun, für Nürnberg reichts scheinbar.
Nürnberg ist meine Lieblingsstadt, ich wohne wirklich wahnsinnig gerne hier. Das ändert leider nix an der Tatsache, dass die Frankenmetropole nun nicht gerade zu den Trendsettern zählt (das ficht mich nicht an) und vieles aus Berlin, Köln oder Hamburg mit einem gewissen Delay „zu uns herüberschwappt“. Kurz: Nürnberg ist manchmal ein wenig provinziell und daher sind die Maßsstäbe mitunter auch nicht allzu hoch anzulegen – das gilt gleichermaßen für die hiesige Trendgastronomie. Ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an das Phänomen „Bubble Tea“ – als den Berlinern vor lauter Überdruss bereits die Tapioka-Perlen zu den Ohren herauswuchsen, eröffnete in Nürnberg die erste Bubble Tea-Bude.
Ein bisschen scheint es mir so mit dem derzeitigen Burger-Trend: Wie Pilze schießen die Burgerbuden aus dem Boden und alles, was vier Räder hat und noch mit Dieselkraft vor der Schrottpresse davonrollen kann, wird zum Foodtruck umgebaut. Das dieser Trend hier und da in puncto Geschmack, Service und Sauberkeit seinen Tribut fordert, ist immer mal wieder zu spüren. Und deutlich zu spüren bekamen wir es bei unseren gestrigen Besuch bei Hempels Buger in der Gostenhofer Hauptstraße.
Hempels, Hempels? – Das weckt die Assoziation zu dem alten Reinhard-Mey-Song, der mit den schönen Worten
Also hier sieht‘s ja aus, wie bei Hempels unterm Bett! (Quelle)
schließt. Und das nicht zufällig. Doch dazu später.
Ich wollte eigentlich nie zu Hempels, denn es ist für mich schlicht nicht einsichtig, warum man in einem Wirtshaus (Eigenbeschreibung laut Impressum der Webseite: Gasthaus) nicht bedient wird. Wenn ich darauf verzichten kann, bedient zu werden, dann gehe ich zu McDonalds, Burger King oder Starbucks oder anderen drittklassigen Abfütterstationen der konzernierten Systemgastronomie. Dort muss ich mein Essen und meine Getränke am Tresen bestellen, bezahlen und abholen. Das ist für mich der absolute Ausdruck der Geringschätzung des Gastes – und schlicht ein no go (ich berichtete darüber an anderer Stelle). Dumm nur, dass ich diesem meinem Prinzip, „Gastronomie“ mit sogenanntem „self service“ zu meiden, untreu geworden und doch zu Hempels gegangen bin. Dort wird man nicht bedient, sondern bei der Bestellung wird der Vorname des Gastes aufgenommen und dann ausgerufen – man veranstaltet hier ein ähnlich peinliches wie nervendes Kasperletheater wie bei Starbucks. Um die vor dem Laden sitzenden „Gäste“ zu erreichen, hat man eigens eine Art Lautsprecheranlage gebastelt – es ist schier unfassbar, was man sich als Gast heute alles bieten lassen muss!
Wir haben über Hempels nichts Gutes gehört – sehr wohl aber Gutes gelesen und so dachte ich: Gehen wir einmal hin, nicht das einem trotz der Serviceverweigerung etwas Leckeres entgeht – aber: Pfeifendeckel.
Das Hempels liegt in der Gostenhofer Hauptstraße, einem ehemaligen Glasscherbenviertel in Nürnberg – einem Gebiet, das zwar immer noch deutlich Entwicklungspotenzial hat, andererseits aber durch Gentrifizierung nicht mehr ganz so übel ist, wie noch von fünfzehn Jahren. Es passt mit seinem Konzept gut in die Gegend, nicht aber preislich.
Wir aßen einen Cheeseburger und einen Chili-Cheeseburger, dazu einmal normale Pommes und einmal Chili-Cheese-Fries, zum Trinken ein 0,3er Fritz-Limo und ein 0,3er Spezi „Mischmasch“ (wie halt überall dieses Fritzzeug ausgeschenkt wird, man sehnt sich ja schon bald nach der guten alten Coca Cola. Wer heute auf sich hält – sorry – braucht mit Fritz nicht mehr um die Ecke zu kommen). Die im Voraus am Tresen zu begleichende Rechnung betrug dafür happige 30,50 Euro (zwei mal Burger mit Pommes und Cola für über sechzig Mark, nur mal, um die Relation zu vergegenwärtigen). Gut, die Gentrifizierer haben Geld. Ich wäre irrerweise sogar bereit, dieses Geld auszugeben, wenn die Gegenleistung denn stimmen würde, aber allein angesichts der Hempelschen Weigerung, den Gast zu bedienen, erscheint mir dieser Betrag absurd hoch.
Nachdem also bestellt, bezahlt und abgeholt wurde, stehen zwei hoch aufgetürmte Burger vor uns. Die Buns sind, wie auf dem Bild zu erkennen, schon reichlich angekokelt, sonst aber sehr ordentlich. Auch das Fleisch, sparsame 190g, wäre im Prinzip ordentlich, ist allerdings deutlich zu dunkel gegrillt – mit einer brandigen Geschmacksnote – und damit leider nicht nur geschmacklich daneben sondern auch zu trocken. Die restlichen Zutaten waren durchwachsen: Der Bacon auf dem Chili-Cheeseburger war recht knusprig und eiskalt. Der Raclette-Käse ist würzig, was für seine Qualität spricht, geschmacklich mit dem normalen Hamburger aber leider überhaupt nicht harmoniert. Der Käse liegt ebenfalls als eiskalte Scheibe auf dem Burger, ist nicht mal einen Hauch angeschmolzen. Der Salat scheint frisch zu sein, die Soße war nullachtfuffzehn, wie der ganze Burger eben auch.
Bei Hempels hat man das Burgerkonzept im Prinzip richtig gedacht: Keine Industrie-Buns, Bio-Fleisch und frische Zutaten. Gedacht alleine nutzt aber nix: Was man bekommt, ist lieblos und handwerklich absolut unambitioniert. Gut, das ist hier keine Sterneküche, sondern eine Burgerbude. Aber das, was da auf den nackten Blechtabletts liegt (auf sowas wurde in den 80ern in Omas Kaffeestüberl das Kännchen nebst Tasse und Kondensmich-Plastikportionsdöschen serviert), rechtfertigt halt den aufgerufenen Preis nicht annähernd. Die Pommes liegen in einer Einwegpappe auf dem Blechtablett, sind billiges TK-Zeug und leider ebenfalls absolut langweilig. Sie unterstreichen die Beliebigkeit der Speisen aufs Eindrücklichste. Gibt es gar nichts Gutes? Nun, die Chili-Cheese-Fries (die Pommes wieder TK, was sonst) waren mit einem wirklich schmackhaften Chili con Carne bedeckt (aber der Käse war halt nur in homöopathischen Dosen vorhanden).
Man konnte das alles essen, die Portionen waren angemessen groß, es sind halt Burger unterhalb des Durchschnitts zu gesalzenen Preisen. Wegen des Essens braucht man nicht zu Hempels Buger gehen, diese Qualität bekommt man überall, Service ist nicht vorhanden. Ganz im Gegenteil: Wenn man gegessen hat, ist man gehalten, das Geschirr in eine Luke in Nähe der Küche zurückzustellen. Wie die anderen Herden-Hipster taten wir dies auch brav (vielleicht sind die Tische deshalb so schmutzig, weil keiner beim Abräumen mal mit einem Lappen drüber geht?). Wie aber steht es ums Ambiente des Ladens?
Ich verweise auf den eingangs erwähnten Reinhard Mey-Song. Das ganze Wirtshaus versucht, irgendwie alternativ und stylish zu sein, das ist in meinen Augen allerdings gründlich in die Hose gegangen. Wir saßen an stümperhaft zusammengeschreinerten Tischen und Bänken, die trotz massenhaft Zeitung und Bierfilzen unter den Füßen dauernd wackelten. An den anderen Tischen standen alte Klappstühle. Das Ambiente ist nicht vintage oder stylish sondern gemahnt eher an einen Haufen Sperrmüll. Da will gar nicht ins Gewicht fallen, dass die Fenster vor Dreck starren, die Tische nicht abgewischt wurden und klebten, wie Affe und dass ich erst vier Gabeln aus dem Besteckköcher an der Theke in die Hand nehmen musste, bis ich eine akzeptabel saubere in die Hand bekam. Das sind keine Details – das geht alles mal gar nicht und legt bestens Zeugnis über die Lieblosigkeit (oder ist es Faulheit? Oder Schlendrian? Ich weiß es nicht) in diesem Burgerladen ab. Aufs Klo bin ich dann gar nicht erst gegangen.
Ich kann mich manchmal nicht des Eindrucks erwehren, dass man die Hipster und Gentrifizierer nach Belieben verarschen kann. Je abgefuckter ein Laden ist und je mieser der Service, desto größer der Hype. Bei Hempels ist eine gute Idee rekonstruierbar, die Umsetzung ist – nun, sagen wir mal: fragwürdig. In Nürnberg gereicht das zum „Style“. Selbst die Kollegen von Nürnberg und so, die über die hiesige Burgergastronomie immer außergewöhnlich wohlwollend berichten, kommen um den Hinweis „Aktuelles Feedback, dass die Qualität der Burger stark schwankt haben wir an Michael weiter gegeben“ nicht umhin. Ein netter Euphemismus.
Unser Fazit: Gewollt ist nicht zwingend gekonnt. Allzu beliebig das Essen, der Service in jedem McDonalds-Restaurant ist besser (hier werden wenigstens die Tabletts abgeräumt und die Tische regelmäßig abgewischt), über die Sauberkeit bei Hempels möchte ich gar nicht nachdenken. Angesichts der Lobeshymnen, die man zuweilen liest, eine herbe Enttäuschung. Der Preis ist aus meiner Sicht durch nichts zu rechtfertigen.
Gasthaus Hempels, Gostenhofer Hauptsraße 58, Nürnberg. Telefon: 015779577402, Reservierungen werden laut Webseite telefonisch nicht entgegengenommen (WTF?!)
Ich war ausgerechnet gestern auch da, also am 10.05.2015, und war mal wieder ziemlich zufrieden. Ich war vielleicht fünf bis zehn mal dort und fand die Burger immer lecker. (Der Salat ist mir ein wenig zu herb, aber man kann sich ja einfach weniger Salat drauf bauen lassen.) Insgesamt kommt nichts an die Superbude ran, aber das Hempels ist schon in Ordnung. Der Chillycheese war mir zu heftig 🙂 Also mein Fazit ist komplett das Gegenteil von deinem, aber so ist das halt. Unterschiedliche Geschmäcker, unterschiedliche Erwartungen und unterschiedliche Tagesform beim Restaurant 😀
(Ich hab das auch bei Yelp so geschrieben http://www.yelp.de/biz/hempels-n%C3%BCrnberg?hrid=2pZfH5aAAU8dNzh8f2fBKA )
Hallo Markus, gerade gesehen:
Wir waren schon am Freitag drinnen, ich hatte das Ding nur in meinem Entwurfordner und heute erst rausgeblasen – sollte eigentlich schon am Samstag erscheinen.
Tagesform? Beim Burger vielleicht. Darüber könnte man diskutieren. Aber TK-Pommes haben nichts mit Tagesform zu tun. Und pappige Tische und schmutziges Besteck auch nicht. Und der Laden ist keine „Volxküche“ der organisierten Autonomie, wo man solche Zustände noch erwarten würde sondern die nehmen für Burger, Pommes und Getränk x 2 eben 30 Euro. Für 30 Euro pappe ich nicht mit dem Ärmel an der Tischplatte fest.
Superbude und Boogies sind unübertroffen. Beiden ist gemeinsam, dass sie mit dem Fleisch umgehen können. Beiden ist gemeinsam, dass es nicht nur gewolfte Patties zur Auswahl gibt, sondern auch pulled pork oder aus dem Smoker. Beide haben richtige Soßen, beide haben abgeschmeckte, kreative Burger.
Das Ambiente: Beim Boogies ist das typisch Ami-Imbiss. Das isrt jetzt zwar nicht mein persönliches Ding, aber es ist ordentlich. Bei der Superbude ist es freilich ein bisschen shabby und ein bisschen alterbativ und ein bisschen arg vintage – aber schön ausgesucht und mit Geschmack arrangiert. Bei Hempels hockst Du innen auf zusammengestümperten „Schreinerarbeiten“ oder Sperrmüll und außen auf Limokisten.
Der Chili-Cheese ist heftig, ein Haufen Zeug – aber ich fand ihn langweilig! Nun, de gustibus…
Superbude, Du hast so recht. Da war ich schon länger nicht mehr. 90419 und Kuhmune stehe auch noch auf unserer To-Do bzw. To-Eat-Liste.
Hallo Michael,
danke für die klaren Worte. Mein Besuch bei Hempels wurde schon etliche Male aus diversen Gründen verschoben. Nach Deinem Bericht werde ich ihn wohl endgültig in den Wind schreiben. Denn dieser kommt mir sehr realistisch vor – selbst wenn man die von Markus angemahnte Tagesform bei den Burgern gelten lassen würde.
Die besten Burger gibts halt doch aus dem heimischen Grill.
Mit leckerem Gruß, Peter
Hallo Michael, „außergewöhnlich wohlwollend berichten“ hat mich ja schon etwas stutzig gemacht und selbst wenn ich mir die Tests bei uns in ihrer Gänze wiederholt ansehe, kann ich da die versteckte Kritik deinerseits nicht finden. Ich empfehle dir mal einen Blick ans Ende der Liste „Die besten Burger der Region“ zu werfen. Dort schildern wir nichts wohlwollend, sondern stellen klar heraus, warum wir bestimmte Läden eben noch nicht als top einstufen und das es Läden gibt, die die Frechheit besitzen trotz TK-Müll ihre Burger als „best in town“ zu bezeichnen.
VG
Daniel