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Der große Abriss?

Mit seinem Blogpost „Nürnberg und die Industriekultur“ vorgestern spricht mir Dirk Murschall zutiefst aus der Seele. Freilich hätte ich meine Gedanken zu seinem Post als Kommentar im immer empfehlenswerten Blog Sugar Ray Banister hinterlassen können – aber ich will das Thema hier aufgreifen – in der Hoffunung, dass es die Diskussion weiter beflügelt, wenn die auch blogübergreifend geführt wird.

Zuvorderst: Kritik an den Altstadtfreunden wird in unserer Stadt unverhältnismäßig stark geahndet. Als Wahlfranke bin ich immer wieder erstaunt, welche Lobby dieser Verein aufzubauen verstand und wie rigoros mit Kritik derer Aktionen über Gremien- und Parteigrenzen hinweg umgegangen wird. Das soll die Verdieste der Altstadtfreunde nicht schmälern, mir scheinen diese Verdienste aber in anderem Licht, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, was alles auf deren Betreiben verhindert wurde.

Die Altstadtfreunde kümmern sich z.B. herzallerliebst um den Wiederaufbau und den Erhalt des historischen Stadtkerns der Nürnberger Altstadt und verteidigen ihn auch vehement gegen Modernisierungen wie z.B. den Umbau des Augustinerhofs durch Helmut Jahn. (Quelle)

Es ist mir kein treffenderer und glanzvllerer Euphemismus zu dieser Causa bekannt, danke Herr Murschall!

Nun aber zum eigentlichen Gegenstand – unserem Umgang mit jüngerer Architektur in Broudwoschdd-City. Es sind nicht allein die Abbrüche zu beklagen, die bereits geschehen sind – es ist zu warnen und aus diesen Fehlern zu lernen! Ein Objekt kann immer dann erhalten werden, wenn die Erkenntnis, das erhalten werden kann und muss auf den Willen zum Erhalt und der kreativen Umwidmung um Willen einer Weiternutzung trifft. Auch in Nürnberg lassen sich Beispiele finden, darauf gehe ich später ein.

Manchmal klappt es prima, manchmal drängt sich die Idee zur Weiternutzung förmlich auf. Und manchmal muss man sie suchen (und zum Finden bedarf es einer gewissen Kreativität). Die Kreativität vermisse ich im Nürnberger Stadtbild aber schon lange. Den „südpunkt“ finde ich ähnlich langweilig wie den U-Bahnhof Friedrich-Ebert-Platz. Nochmehr aber fehlt die Kreativität bei der Umnutzung. Wo interessante Konzepte entstehen, fehlt die Risikobereitschaft. Welch interessante Konzepte hat es für das Volksbad gegeben und was ist davon geblieben? Freilich muss man manchmal einfach auch das Portemonnaie aufmachen – das Volksbad hat über Jahrzehnte entweder Geld erwirtschaftet oder die Stadtkasse indirekt entlastet, nun muss nach 100 Jahren mal wieder richtig Geld in die Hand genommen werden. Und – auch wenn ihr mich dafür haut – es ist mir lieber, wenn sie wieder Technoparties im Volksbad machen, als wenn es still vor sich hingammelt. Die Technoparties haben dem Volksbad nämlich weit weniger Schaden zufügen können als die abwartende Haltung der Stadtoberen.

Und nun komme ich zu allüblichen centerm censeo, das die geneigte Stammleserschaft hier bereits kennt: Unsere Kinder (und unsere Nachfahren generell) werden uns für unseren respektlosen Umgang gerade mit der Architektur des 20. Jahrhunderts einestages verfluchen.

Wir opfern zuerst unsere geschichtsträchtigen Industriebaute dem Zeitgeist, der fehlenden Kreativität und den vermeintlich leerem Stadsäckel (für eine automatisch betriebene U3 hats ja auch gereicht). Bauten, die erhalten werden, fallen nicht selten einer unsensiblen Sanierung anheim. Inzwischen sind nicht nur Industriedenkmäler in Gefahr – bei den Diskussionen um einen neuen Konzertsaal für Nürnberg mache ich mir auch ernsthaft über die Meistersingerhalle Sorgen. Ich bin überzeugt: Hätten wir den neuen Konzertsaal bereits, so wäre die Meistersingerhalle warscheinlich schon den weg alles irdischen gegangen.

Als erstes fallen freilich Industriebauten der Abrissbirne zum Opfer. Dann aber auch Bauten wie das Fürther Parkhotel. Auf der andere Seite der Stadtgrenze schreibt Bloggerkollege Ralph Stenzel sehr treffend: „Abriß verpflichtet – Vom Krieg verschont, vom Stadtrat nicht“ – ich bin zu jung und zu weit weg von Fürth aufgewachsen, um dieser traurigen Bilanz eigene Erinnerungen entgegensetzen zu können und dennoch formiert sich vor dem inneren Auge ein verschwommenes Bild, um wie viel schöner geade die Fürther Innenstadt heute aussehen hätte können.

Nach nicht einmal dreißig Jahren ist das Fürther City Center mausetot. Wer sich heute durch die Seiten des Fürth-Wiki klickt, erfährt nicht nur um den problematischen Start des Projekts sondern auch um den Niedergang industriekulturell wertvoller Bauten en groß. Ob eine Reaktivierung des Centers gelingt, ist nicht sicher. Interessant auch, dass der einzig Aufrechte, der sich seinerzeit gegen das City Center stellte, Kommunist war.

Ich bleibe in Fürth: Ein Beispiel, wie sich vermeintlich obsolete Bauten sinnvoll und wirtschaftlich nutzen lassen, gibt das Ottoschulhaus. Nach dem Umzug der Realschule wurde das Schulgebäude saniert und neben chicen wie teuren Eigentumswohnungen entstand hier das großzügig angelegte und sehr sehenswerte Stadtmuseum. Ein anderes gefällig? Das Berolzheimerianum. „Schon wieder Kultur, soviel Kultur haben wir nicht wie Raum“, mögen nun Kritiker sagen – aber Sanierung und Betrieb des Berolzheimerianums geschahen und geschehen privatwirtschaftlich.

Dem Niedergang der Industrie im Nürnberger Klingenhof trotzt die Nutzng der Gebäude. Im „Ofenwerk“ sind heute Handwerksbetriebe und Werkstätten untergebracht, in der „Resi“ ist zum einen die Großraumdisko Rockfabrik und das Seminarzentrum der GRUNDIG AKADEMIE untergekommen, die alte Fensterfabrik Schlee ist nun ein Motor-Museum.

Ob in Nürnberg oder Fürth – wir betreiben Raubbau an unserer eigenen Geschichte. Und das ohne Not. Freilich ist der Erhalt des Quelle-Areals eine Herausforderung, aber der Erhalt von AEG war es auch (und er ist gelungen).
Es braucht nur mutige und weitsichtige Stadtväter.  Was wäre Fürth heute, wenn man auf Walter Riedel gehört hätte? Was wäre der Augustinerhof heute, wenn nicht die Kniedlasköpf vom Altstadtverein alles verhindert hätten? Es ist diese Mischung aus Angst vor neuem und Mutlosigkeit, Altes zu bewahren, es ist die Angst, mutig eigene Konzepte voranzutreiben und sich gegen den Zeitgeist zu stellen, Denkmalschutz aktiv voranzutreiben und auch mal einen Investoren wieder vor die Tür zu setzen. Es ist der vermeintliche Populismus, der uns dieser Tage soviel städtische Identität kostet.

PRISM und TOR, ein kleiner und wichtiger Nachtrag.

Bezüglich der PRISM-Sache habe ich seinerzeit ja auch zu TOR geraten. Dabei ist mir ein Aspekt völlig aus den Augen gekommen – hier treffend von @georgevhulme gefasst:

tor

„How many TOR nodes are .gov run nodes? You don´t think the NSA can read TOR traffic? Put down the comic books.“

Nun, der FoeBuD hat es weiland bei der Beschreibung des Privacy-Dongles, ein Projekt, um das ich dem Verein noch heute dankbar bin, sehr treffend formuliert:

Das Tor-Netzwerk setzt zwar Verschlüsselung ein, aber nicht zu dem Zweck, Ihre Kommunikation abhörsicher zu machen. Die Verschlüsselung besteht nur innerhalb des Tor-Netzwerks. Zwischen dem letzten Server im Tor-Netzwerk (dem „Tor-Ausgangs-Knoten“) und dem von Ihnen genutzten Web-Server sind die Daten so gut oder schlecht geschützt wie bei einer normalen Verbindung. Nur die Herkunft Ihrer Verbindung ist verschleiert (die Verbindung scheint vom Tor-Ausgangs-Knoten zu kommen), nicht die Inhalte.

Sie bleiben deshalb nur so lange anonym, bis Sie Ihren eigenen Namen irgendwo eingeben oder sich in ein Forum o.ä. einloggen. Damit Ihre Verbindung bis zum Web-Server abhörsicher wird, müssen Sie weiterhin „https“-Verschlüsselung nutzen.

Klar, oder? Einfach gesagt:

Verwechseln Sie also nicht Anonymität mit Vertraulichkeit. Stellen Sie sich vor, Sie würden sich mit einer Maske in einer Gesellschaft bewegen – wenn Sie Ihre Identität in einem Gespräch verraten, wird die Maske nutzlos. Auch möchten Sie trotz Maske nicht ohne weiteres Ihre persönlichen Geheimnisse mitteilen.

Es ist ganz logisch und wird so schnell vergessen.

Ich habe meinen Dongle auf die 3.5er Version geupdated – funktioniert einwandfrei. Ich bin auch echt überrascht, wie schnell und häufig Verbindungen und Länder wechseln. Nun – ob das reicht, weiß ich nicht, ich halte TOR aber auf jeden Fall für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

PRISM.

Ihr wundert Euch über PRISM? Ich wundere mich nicht über die Existenz – dass das alles Drecksäue sind, ist eh klar – ich wundere mich nur über den Umfang, der einer Vorratsdatenspeicherung gleichkommt. Das ist das Ding. Aber der Reihe nach:

Die Ammis sind verwundbar – und zwar durch Whistleblower. Das gilt im Falle Manning und Collateral Murder genauso wie im Falle PRISM – mit dem Unterschied, dass hier der Whistleblower allem Anschein nach noch nicht gefunden ist. Und ich drücke die Daumen, dass er auch nicht gefunden wird (Hat sich gestern noch überholt. Via Fefe. Wat sonst).

Noch scheint mir nicht alles raus zu sein bezüglich PRISM; was wir bislang wissen, reicht aber schon. Seit 2007 – also noch unter der Regierung von Bush – wurde seitens des US-Geheimdienstes NSA ein fettes Abhörprogramm ausgerollt – mit Vollzugriff auf die Server aller großen Ammi-IT-Buden vom Schlage Google, facebook, Apple und Microsoft. Würden Ammis nur Ammis abhören, dann wäre das schade, bliebe aber erst mal ein Problem der Amerikaner. Hier ist es nun aber so, dass das Abhören weltweit stattfindet. Amerika hört die Welt ab – wie scheiße ist das denn? Es kommt aber noch schlimmer: Laut SPON sollte PRISM ja dazu da sein, Ausländer abzuhören, aber die Ammis in den Datenbergen lassen sich halt nicht so ohne Weiteres rausfiltern…

Der Hammer – oder? Während wir in Deutschland uns sehr darum bemühen, Vorratsdatenspeicherung zu verhindern, machen die Ammis das einfach so im Vorbeigehen. Und wenn eine europäische Behörde an Daten heran will, die gar nicht erhoben hätten werden dürfen, wer weiߟ, ob man dann nicht in den USA um eine kleine „Amtshilfe“ ersucht…

PRISM ist nicht weniger als ein handfester Skandal. Der Bürger hier wie dort kann sich freilich gegen den amerikanischen Staat nicht wirklich wehren (abgesehen davon, das man das Wählen solcher Parteien, die sich willfährig zum Büttel der Amerikaner machen) – aber PRISM kann auch nur funktionieren, weil es Unternehmen gibt, die (ob freiwillig oder nicht) dem Geheimdienst ihre Türen weit öffnen.

Richtig geil ist die erste Folie der TOP SECRET PRISM-Powerpoint-Präsentation, die man sich derzeit noch in der Wikipedia angucken kann. Da haben die einfachmal die wesentlichen Logos reinkopiert, und da sind sie alle versammelt: Google-Mail, facebook, hotmail, Yahoo, Google, Apple, Skype, paltalk, YouTube und AOL Mail. Aber da wird sicher noch mehr betroffen sein, das sind nur die Großen, die jeder kennt.

Niedlich auch, wie sich der Zuckerberg, der Page von Google und die Apple-Leute versuchen aus der Affäre zu ziehen. Nur leider wenig glaubwürdig. Die treffendste Analyse der Dementis findet sich hier meiner Meinung nach in der Wikipedia wiedergegeben:

Datenschützer bewerteten die verweigernde Natur der Stellungnahmen der genannten Unternehmen als mehr oder weniger intelligent vorgebrachte „verweigerbare Verweigerungen“ die einen NSA-Zugriff auf sämtliche Daten nicht ausschlössen. (Quelle)

Ich denke, dass es so läuft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese US-amerikanischen Unternehmen den Diensten Paroli bieten – und dann streitet man ein Mittun einfach ab, um ein PR-Desaster zu verhindern.

Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie wir damit umgehen könnten. Es wird schwer – das sehe ich jetzt schon. Es gibt aber ein paar Sachen, die man machen kann: Das Nutzen eine alternativen Suchmaschine, z.B. ixquick. Keyboardr ist schon ziemlich sehr cool, wie vertraulich dort mit den Daten umgegangen wird, weiß ich allerdings nicht. Auch sonst gibt es einige Google-Alternativen. Diese Links sind von 2010, einiges stimmt nun nicht mehr. Scroogle ist leider down – schade, denn Scroogle war auch sehr cool. Chrome wird immer erfolgreicher – auch wenn ich das nicht gutheißen kann. Hin und wieder anonym zu surfen kann auch sehr sinnvoll sein. Die Installation von Tor mag den ein- oder anderen vor Probleme stellen, das ganze geht aber auch instant: Der Privacy Dongle vom FoeBuD Digitale Courage e.V. muss nicht mal gekauft werden – einfach nen ollen USB-Stick nehmen und die aktuellste freie Software drauf. Als Browser empfehle ich nach wie vor Firefox, den ich seit glaube ich 2003 nutze und wirklich Pflicht ist das Plugin Ghostery. Und dann muss noch eines klar gesagt sein: Finger weg von Facebook! Mein Passwortmanagement mache ich nun seit ein paar Tagen mit einer Hardware-Software-Kombi, dem Chipdrive, dazu schreibe ich später mal ein paar Zeilen. Ich bin gerade selber erschrocken: Vieles davon habe ich 2010 geschrieben – und heute ist es notwendiger denn je, sich selbst zu schützen. Das das alles freilich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, sollte klar sein. Selbst wenn man sich an alle vorgenannten Maßnahmen penibel hält, so hinterlässt man doch eine Datenspur, die beim Zusammenfahren der Datenbanken ein recht präzises Bild des jeweiligen Nutzers zeigt. Trotzden: Machen wir es den Staaten und Unternehmen nicht zu leicht und tun wir, was wir tun können.

Am Rande: Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was da über PRISM rausgekommen ist – dann ist die Stasi dagegen ein Amateurverein gewesen. Armes Amerika.

Warum ich Freund eines maschinenlesbaren Webs bin, was das mit Peer Steinbrück zu tun hat und wieso Maschinenlesbarkeit nicht mit dem Verlust der Daten-Souveränität gleichzusetzen ist.

Unser SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück macht auf Twitter folgendes: Das politische Geschehen wird auf einem Notizzettel kommentiert, eingescannt und das Foto via Twitter verlinkt bzw. veröffentlicht. Das hat erst mal seinen eigenen Charme – Handschrift im Web ist persönlich und sympathisch, Peer Steinbrück ist nicht mehr der Jüngste und ich bin mir sicher, dass es viele gibt, die es als Symbol der Aufrichtigkeit deuten, wenn hier der Nicht-Digital-Native über den analogen Umweg dennoch in der digitalen Welt ankommt. Das ist authentisch.

steinbrueck_notizzettel

Wirklich begeistert bin ich davon nun aber dennoch nicht. Das habe ich auf Twitter auch mitgeteilt und eine kleine Diskussion kam in Gang, die ich für wichtig genug erachte, sie an dieser Stelle in aller epischer Breite nochmal zu vertiefen. Twitter nutze ich gerne unterwegs und mein lustiger Handyprovider stellt mir nicht überall den Datendurchsatz zur Verfügung, der das Handling von Bilden zum Spaß werden lässt. Das ist aber nicht das eigentliche Problem . vielmehr empfinde ich in Bilddaten codierte Textinformation als unpraktisch. Suchmaschinen können diese Inhalte noch nicht sinnvoll indexieren, es ist schwierig(er), die Information weiterzureichen oder aus ihr zu zitieren und wenn sich niemand findet, der sie transkribiert, kann irgendwann auch passieren, dass sie verloren geht.

Ich kann mich an eine ähnliche Diskussion um die Jahrtausendwende erinnern. Damals stand erstmalig in der Fläche Browsertechnologie und hinreichend Bandbreite zur Verfügung, um auch in größerem Umfang mit Grafiken auf Websites umgehen zu können. Marketingleute haben das schnell für sich entdeckt – die „Kachel“ war geboren. Was man mit Text hätte ausdrücken können, wurde um Willen der optischen Gefälligkeit grafisch aufgearbeitet und diese Browserfenster füllenden Grafiken dann in gleichmäßige Kacheln zerschnitten, damit sich das stabiler übertragen ließ.

Zur damaligen Zeit wusste ich: Es gibt in Ort xy eine Autowerkstatt, einen Bäcker oder Friseur, die Information konnte ich mir aber trotzdem nicht ergoogeln, denn die war in einer Grafik versteckt. Und die Telefonnummer zum Nachfragen konnte ich auch nicht ergoogeln, die war in einer Grafik versteckt. Wenn ich wusste, das es die Firma gibt, den Namen aber nicht genau kannte und die URL nicht wusste – ich konnte die gewünschte Info nicht finden – sie war in einer Grafik versteckt.

Mein erstes „Smartphone“ war übrigens ein Ericsson R380s. Das hatte einen WAP-Browser, der quasi nicht grafikfähig war. Zum damaligen Zeitpunkt löhnte man auch für jede 10k – da war alles, was nicht Text war, schlicht nicht willkommen. In dieser Zeit wurden also erstmals die Forderungen nach einem maschinenlesbaren Netz laut. Nicht zuletzt war es Berners-Lee selbst, der das Problem erkannte und entsprechend thematisierte und einen Standard für ein semantic web zu formulieren versuchte.

Nutznießer dieses maschinenlesbaren Webs sind aber nicht nur Suchmaschinen, sondern all jene, die eine Information in irgendeiner Art transformiert brauchen um sie entweder erlangen oder verstehen zu können. Das kann die Notwendigkeit einer Übersetzung sein oder z.B. eine elektronische Braille-Zeile oder Sprachsynthese für einen sehbehinderten oder blinden Menschen.

An dieser Stelle muss ich nun in verschiedene Richtungen differenzieren:

  • ein maschinenlesbares Web bedeutet kein Grafikverbot – es fordert vielmehr dazu auf, die in der Grafik hinterlegte Information so gut wie möglich noch mal maschinenlesbar zu hinterlegen
  • Informationen so aufzubereiten, dass Suchmaschinen sie finden und sinnvoll verarbeiten können, ist per se auch erst mal nichts schlechtes. Klar – Google rapportiert der NSA alles, was mal irgendwo über deren Dienste gegangen ist (Stichwort: PRISM), aber das ist ein spezifisches Problem mit dem Quasi-Monopolisten und nicht mit Maschinenlesbarkeit
  • Ich kann meine Daten nicht schützen, in dem ich sie in irgendwelchen Dateien verstecke – dieses Obscurity-Ding hat noch nie hingehauen. Texte aus Bildern extrahieren kann jede lumpige OCR-Software, die man als Dreingabe bei Scannern findet. Handschriften verscannen konnte die Deutsche Bundespost in ihren großen Briefzentren bereits Mitte der 198oer Jahre. Das dürfte eine der leichtesten Fingerübungen großer Internetkonzerne und der Geheimdienste sein
  • Wir Städter haben zuhause armdicke DSL-Leitungen und 3G/4G-Flats auf dem Handy. Ok. Aber denkt wer an die Landbevölkrung, die sich zum Teil noch heute mit 56k durch die Gegend morst? Das wird, wenn die Drosselkom Ernst macht, auch die gut versorgten Städter treffen
  • Durch Formate kann ich nicht managen, wer auf Daten zugreifen darf und wer nicht – das dürfte klar geworden sein. Aber ich gehe noch einen Schritt weiter: Alle Daten, die eines solchen Zugriffsmanagements bedürfen,. haben im Prinzip im Netz nichts verloren. Klar ist das eine Frage, bei der ich die Vorteile gegen die Risiken des Vertraulichkeitsverlustes abwägen muss – aber prinzipiell gilt: Einen eingeschränkten Nutzerkreis kann ich nur offline haben und auch hier muss ich sicherstellen, dass diese Leute meine Daten nicht irgendwie doch (absichtlich oder versehentlich) irgendwo hochladen

Wo ist das Problem? Das semantische Web funktioniert erst dann, wenn sich hier wirkliche Standard etablieren, denn semantisches Web ist mehr, als Informationen aus Bildern als Text zu hinterlegen – hier geht es im Wesentlichen um einheitliche Beschreibung technischer Prozesse, Paraphrasierung, Operationalisierung und damit die Schaffung einer möglichst einfachen Verständigungsgrundlage im Umgang mit digitaler Information… Dieses Unterfangen wird aber durch den tendenziell anarchistischen Charakter des Webs konterkariert. Auch das ist erst einmal ok (man erinnere sich an den Bildschirmtext – da benötigte man zu Beginn sogar spezielle durch die Post zertifizierte Fernsehapparate, damit auch ja sichergestellt ist, dass jeder BTX-Nutzer in Deutschlands in exakt derselben Farbe dargestellt wird – das will man nicht!!). Die anarchistischen Grundtendenzen im Web haben viele Innovationen und Technologiesprünge mit sich gebracht (hätte man mit vor zehn Jahren erzählt, dass man über ein rottiges Kupferadernpaar mal eben 50MBits abbilden kann – ich hätte schallend gelacht!).

Mit dem Problem muss aber irgendwie umgegangen werden. Ich bin kein Verfechter von irgendwelchen Standards, aber es gibt erste Hinweise auf einen sinnvollen Umgang in diese Richtung. Einige der Berliner Radiomoderatoren und Podcaster lassen von Freiwilligen chronologisch ihre Sendungen mit Shownotes und darin eingebundenen URLs bereichern. So ist nicht nur ein schneller Überblick über den Inhalt gegeben sondern das Audio lässt sich auch sinnvoll mit dem Hypertext verbinden. Das ist insofern eine Leistung, da Audio ja eigentlich ein lineares Medium ist – beim genauen Hinschauen entdeckt man aber an der Bruchkante beider Medien von Komplexität und Linearität, dass hier die Shownotes eher als Behelf zu verstehen sind. Das tut aber auch nix – ein Behelf, der funktioniert, ist erst mal gut und wenn er sich durchsetzt, verliert er eben auch den Status des Provisoriums.

Jeder möge sich also Gedanken machen, wie er dazu beitragen kann, dass das Netz maschinenlesbarer wird. Das sog. Web 2.0 hat mit dem Tagging da schon eine erwähnenswerte Strategie. Mir hat sich damals noch nicht erschlossen, warum ich Tags benutzen soll, aber als ich die ersten Tags auf flickr gesehen habe, war sofort klar, welchen Nutzen tagging stiftet. Das ist alles nicht optimal und dennoch hilfreich.

Klar, die Nummer mit dem R380s ist nun zwölf Jahre her, die Welt hat sich gedreht. Wir haben höheren Datendurchsatz – und höheres Interesse von Wirtschaftsunternehmen und Staaten an unseren Daten. Beides lässt den Schluss zu, dass man ein maschinenlesbares Web technisch nicht benötigt und das man damit den Datenkraken in die Hände spielt. Ich hoffe, dass ich mit der vorangehenden Betrachtung diese Schluss als Fehlschluss entlarven konnte.

Zurück zu Steinbrück: Im engeren Sinne spielt seine Zettelscannerei keine Rolle. Er ist bekannt genug, dass sich Leute finden werden, die die kleinen Notizzettel abtippen oder zumindest zitieren. Und der Inhalt der Zettel ist nicht so bedeutend, dass ein echter Verlust entstünde, wenn er nicht jedem zugänglich wäre. Man kann gut ohne Steinbrücks öffentliche Notizzettel leben. Im weiteren Sinne leistet Steinbrück mit dieser Zettelscannerei den Offenbarungseid: Der Kanzlerkandidat der SPD hat die grundlegenden Prinzipien des Internets nicht verstanden. Oder aber für PR bereitwillig geopfert. Zu beidem beglückwünsche ich ihn. Nicht.

Mein Monatsrant Mai 2013

Mir bleibt ja dieser Tage nicht viel, als zu ranten. Weil jeder der betrachteten Themen aber kein eigenes Post trägt, fasse ich einige Vorfälle der vergangenen Wochen mal schön zusammen:

Zuerst einmal wäre da die Telekom, die ihr DSL nun bei Neuverträgen nach einem Verbrauch von 75GB/Monat auf irgendwas um die 300 kbps drosseln will. Der Kanon der Proteste war weitreichend, vom „Funktional kaputt“-Song mit dem bekannten Pritlove-Sample über den Drosselkomm-Twitteraccount gab es viel, nun hat auch die entsprechende Petition zur Stunde 72.444 Mitzeichner. Das ist mehr als ordentlich. Nun zum Rant: Man drosselt gleich auf etwa 300k, nicht mal ein Mbit? Das ist schon heftig. Damit ist man weit unter der Geschwindigkeit zur Einführung von DSL, das ist besseres ISDN. Wenn ich Telekom-Kunde wäre, meine Kündigung wäre spätestens jetzt draußen. Wenn diese teltarif-Meldung stimmt, bahnt sich aber gerade ein Treppenwitz an: Der zum T-Konzern gehörende Dienst „videoload“ könnte ebenfalls von der Drosselung betroffen sein (vulgo: Die Telekom drosselt sich selber). BWAHAHAHAHA!! Nun, ihr „Entertain-Fernsehen“ will die Telekom nicht drosseln, denn das sei kein IP sondern ein „managed service“. Klingt für mich wie „ein bisschen schwanger“, aber was solls – der Neusprech für die Drossel lautet ja auch „Bandbreitenmanagement“.

Gut, bei dieser ganzen T-Sache darf freilich auch mein ceterum censeo nicht fehlen: Das Internet war nicht als TV-Übertragungsmedium intentioniert und ist deshalb dafür auch nicht wirklich geeignet – genauso wenig wie das Breitbandkabel technisch für Rückkanäle gedacht war und deswegen prinzipbedingt nur einen mäßig guten IP-Kanal abgibt. Hey – IP über Kupfer und Glas, TV über Terrestrik, Sat oder Koax – was ist denn da so schwer zu kapieren?

Nun komme ich fast zwangsläufig von einem ehemaligen Staatskonzern zum anderen (ehemaligen?) Staatskonzern – der Bahn. Häschen in der Grube will nun Drohnen gegen Sprayer einsetzen – laut SZ sollen diese Dinger in 150 Meter Höhe fliegen (da wird man einen vermummten Graffiti-Sprayer ganz sich auf dem Video wiedererkennen) über ein Strecke von 40 Kilometer. Ihr seid genau so baff wie ich? Wo stehen denn in eine 40-km-Reihe Waggons herum, die von Sprayern angegriffen werden können? Herr de Maizière hat mit den Drohnen schon tief ins Klo gegriffen, da darf der Schienenhase nicht fehlen. Weil man sich aber ghanz offensichtlich auch bei der Bahn gewahr ist, dass das Ding mit den Drohnen nichts bringen wird (was hält die Bahn von einer vernünftigen Sicherung ihrer Betriebshöfe), will man gleich noch 40 Millionen Euro für Videoüberwachung investieren. Schön, dass die Tickets demnächst billiger werden.

Aber weder die Telekom noch die Bahn fallen ins Gewicht, wenn man sich ansieht, wie in Krisenzeiten Bürgerrechte mit Füßen getreten werden. Aktuelles Beispiel:  Die Blockupy-Proteste in Frankfurt. Ich empfehle die Lektüre des entsprechenden Blogeintrags von MdB Niema Movassat. Spannend auch die Einlassungen der taz, denen zufolge man davon ausgehen muss, dass der unverhältnismä0ßige Polizeieinsatz keine spontane Fehlreaktion war sondern von langer Hand geplant war. Hier bleibt nichts mehr zu ranten – ich bin einfach sprachlos.

So, nochmal zu Herrn de Maizière. Über 600 Millionen verbraten? Und bei dem Preis noch nicht mal in der Lage sein, das kaputte Teil innerhalb der Garantiezeit zu reklamieren? Also, zuerst einmal musste ich ja lachen: Drohne im Eimer, Kassenzettel verbummelt, Garantie abgelaufen. Hey, das ist eine Tötungsmaschine und kein verdammter Handmixer. Garantiezeit?! Was man mit en 600 Millionen für die kaputte Tötungsmaschine alles hätte anstellen können – Lehrer einstellen, Kitas bauen, Museen unterstützen, Sozialarbeit ausweiten… De Maizière, zurückteten. Und nimm die Kanzlerin gleich mit.

Informatik an Schulen? Zu meiner Zeit nannte sich das „ITG“, was soviel wie Informationstechnische Grundausbildung heißen sollte. Das war Mitte der 90er freiwillig und im Grunde gar nicht so schlecht. Damals wurde einem Grundwissen beigebracht und wir durften in BASIC und Pascal programmieren. In Basic war ich ganz fit, in Pascal ein Versager. Der Fehler: Mitte der 90er arbeiteten wir an 8088er-Geräten von ATARI.  Sinnvoll wäre Win 95 und DFÜ gewesen. Der zweite Fehler: Ich war freiwillig dort. Ich musste mich in meiner Schulzeit mit recht bedeutungslosem Scheiß auseinandersetzen, den ITG-Unterricht genoss ich aus Neugier. Im Kern sind diese beiden Fehler heute noch nicht behoben – wir sind gerade dabei, den Informatikunterricht auch in Zukunft zu vergeigen. Schuld daran ist nicht nur die Bildungspolitik sondern auch unsere verschissene Kleinstaaterei der Föderalismus.

Und zu guter Letzt: Nach der Schließung von movie2k dauerte es keine 48 Stunden, da war movie4k online. Man fängt langsam an, die lächerlichen Umstände unseres „Urheberrechts“ politisch zu diskutieren.

Rösler und die NPD.

Hallo Fipsi Rösler,

freilich kann man Dummheit nicht verbieten, aber man kann verbieten, dass sich diese Dummheit in Parteien wie der NPD organisiert, revisionistische und revanchistische Scheiße verbreitet, dass Typen wie Apfel, Pastörs, Schwerdt, Pühse oder hier Ollert mindestens teilweise mit Steuergeldern gebuttert sind. Mann kann verbieten, dass diese Landplage Bürger, die nicht in ihr „Schema“ passen, gewalttätig angreift.

Wehrhafte Demokratie? Ich wünschte es. Hält man sich allerdings vor Augen, wo die ganze V-Leute – unter anderem auch in der NSU-Sache – rekrutiert wurden, kann einem der Glaube an die vielzitierte wehrhafte Demokratie schon abhanden gehen.

Man könnte die Demokratie nun mit einem Antrag auf ein NPD-Verbot schon zu stärken versuchen. Dass die Länder das bereits taten ist kein Grund, als Bundesregierung auf dieses wichtige Zeichen zu verzichten. Aber halt: Wenn ich mir die derzeitige FDP-Politik so ansehe, habe ich auch manchen Zweifel, dass der FDP auch nur irgendetwas an unseer Demokratie liegt.

Fipsi Rösler mit deinen FDP-Mannen – ihr seid schon echt elende Würstel. Das mit der FDP kein Staat zu machen ist, war eh klar. Aber dass ihr so engstirnige Kleingeister seid, hätte ich echt nicht gedacht.

Herzlichst, Michi.

K-Frage.

Liebe alte Tante SPD,

nun willst Du also schon im Dezember die K-Frage beantworten? Ok. Wen hast Du denn als Kanzlerkandidaten in der engeren Wahl? Frank-Walter Gabrielbrück?

Vergiss es. Dass die Alternative Hannelore Kraft oder Angela Merkel heißt, weißt Du, oder?

Herzlichst,

Michi.

Leistungsschutzrecht, II (leider).

Es ist einen guten Monat her, dass ich über das LSR gerantet habe. Aus lauter Doofheit Gier haben die Verleger das jetzt zumindest in die Lesung bekommen, ganz durch ist es nicht, aber es fehlt nicht mehr viel.

Ich habe mich wirklich darüber gewundert. Jetzt mal ohne Witz: Die Verleger schneiden sich ins eigene Fleisch. Suchmaschinen und Newsaggregatoren verlieren interessante Inhalte oder gar die Existenzgrundlage. Für Blogs und andere (Meinungs)Seiten wird ohne jede Not ein rechtlicher Graubereich aufgerissen. Bei schlampiger Formulierung könnte sogar das Zitierrecht tangiert sein. Und das alles ohne Gewinn für irgend jemand. Ohne Not gemeinsam in den Abgrund – total bescheuert.

Unter diesen Umständen wäre an dieser Stelle eine tiefergreifende Betrachtung indiziert. Kann ich mir aber sparen, das hat Mike Buchner schon gemacht und seine Betrachtungen seien Euch, liebe Leser, recht herzlich anempfohlen.

Ich stimme Mike zu – mit folgender Ausnahme: Dieses „Ein Groschen für einen Artikel“-Ding halte ich für kontraproduktiv, denn dann wird jeder Schreiber versuchen, sein Preview so zu gestalten, dass möglichst viele Groschen zusammenkommen. Das tut der Sache generell nicht gut. Und alle Effekte von Hypertext, Web 2.0… mache ich zunichte, wen ich jeden Content hinter eine Paywall packe. Die NN machen das in meinen Augen ganz gut: Was ich heute in der Zeitung lese, habe ich heute entweder gekürzt im Netz oder aber vollständig in drei Tagen. Wer vollständige und schnelle Infos braucht, abonniert die Zeitung, wer einen Informationskern teilen will, kann das weiterhin tun. Aber ich hör schon auf – die künftigen Geschäftsmodelle sollen sich die Verleger ruhig selber ausdenken, wenn sie wieder klar in der Birne sind.

Mein Abschied von der Glühbirne.

Es ist ein Massenprodukt, ein billiges und unspektakuläres, das mich heute dazu bewegt, innezuhalten und seltsamerweise ist mir dieses Massenprodukt, das darüber hinaus auch noch ein Verschleißteil ist, sogar emotional nah: Es geht um die Glühbirne. Glühbirnen sind der Inbegriff von low tech, sie sind mit technischen Nachteilen behaftet und passen scheinbar nicht in unsere Zeit. Diese Glühbirnen begleiteten nicht nur uns sondern auch unsere Eltern durchs Leben, Unsere Großeltern nutzen sie und selbst die Urgroßeltern haben sie mit Sicherheit kennengelernt. In einer Industrienation wie Deutschland sind sie Standard. Wohlstand und Freiheit basieren ebenso auf dem von Glühlampen gespendeten Licht wie Einschränkungen. Wir können alle kaum ermessen, welche Bedeutung elektrisches Glühlampenlicht für uns hat und was wir ihm verdanken.

(Bildnachweis: David Coetzee, CC0)

Als bewiesen darf gelten, dass Edison nicht der Erfinder der Glühbirne war, sein Verdienst ist aber, ihr technisches Prinzip so adaptieren, dass sie sich industriell wirtschaftlich produzieren ließ. Als erster Erfinder einer wirklich funktionierenden Glühlampe ist wohl der Schotte James Bowman Lindsay zu nennen, bei allen anderen Erfindungen wurde lediglich mit dem Material des Glühfadens experimentiert. Edison gelang die Herstellung von Kohlefäden aus Pflanzenfasern, was nicht nur billig war sondern hinreichend gut funktionierte. Carl Auer von Welsbach, der spätere Gründer der OSRAM, brachte zum ersten Mal fertig, einen Glühfaden aus Wolfram herzustellen. Das Verfahren funktionierte etwa seit der Jahrhundertwende und seither hat sich technisch bei den Glühbirnen nichts wesentliches geändert. In diese Kerbe hauen die Kritiker der Glühbirne, mich fasziniert dieser Umstand ungemein.

Ich habe mir erzählen lassen, dass es in Nürnberg bis in die 1960er Jahre hinein Straßenbeleuchtung und auch in manchen Privathausahalten eine Gasbeleuchtung gab. Um die 40.000 Gaslaternen sollen noch heute allabentlich Berliner Straßen erhellen. Auch in Düsseldorf, Frankfurt/Main und Dresden gibt es noch eine nennenswerte Anzahl an Gaslaternen. So altbacken ist unsere Glühlampe also gar nicht.

In der Wiki lässt sich nachlesen, dass Ende der 1920er Jahre erst die Hälfte Berlins elektrifiziert war, ganz Deutschland hatte erst in den 1940er Jahren Strom. Insofern ist es kein Wunder, dass noch in den 1960er Jahren Gaslicht anzutreffen war. Die Vorteile des elektrischen Lichts entwickelten sich zudem erst mit der Zeit, als Glühbirnen und Strom billiger wurden. Dann aber überstrahlten sie quasi jede andere Lichtquelle: Überall verfügbar bei geringer Brandgefahr machten Sie Wohnung, Straße und Fabrik nachts nutzbar.

Anfangs war die Glühbirne noch ein Luxus- und Prestigeobjekt, nicht lange dauerte es und sie spendete überall ihr warmes Licht. Interessanterweise wurde sie über die vielen Jahreihrer Vormachtstellung durch nichts abgelöst: Die Neonlampen, die spätestens Mitte der 1950er Jahre als ausgereift betrachtet werden durften, verdrängten sie ebensowenig wie die in den 80ern aufkommenden Halogenlampen und auch die seit den 90ern geläufigen Energiesparlampen konnten der Glühbirne nichts  anhaben. Dafür mag zum einen sprechen, dass die Glühlampe irgendwann konkurrenzlos billig wurde – aber auch, dass keine Quelle im Privathaushalt besseres Licht erzeugt, als die Glühbirne.

Glühbirnen per se zeichnen sich aufgrund ihres einfachen technischen Prinzips aus: Ob Gleichspannung oder Wechselspannung an der Birne anliegt, spielt keine Rolle, auf einige Volt mehr oder weniger kommt es ebensowenig an wie auf eine bestimmte Netzfrequenz. Eine so fehlertolerante Technik ist in unserer Zeit wirklich selten – und unbedingt erhaltenswert. Auch wenn der Glühbirne der Vorwurf gemacht wird, unter Gesichtspunkten der Energieeffizienz ungünstig zu sein – sie ist ohne Zweifel ein umweltfreundliches Leuchtmittel: Kein Kuststoff wird verwendet und es entsteht auch kein Elektroschrott. Wer bei den Energiesparlampen auf die Idee gekommen ist, ein Einweg-Vorschaltgerät zu entwickeln, der gehört doch gewatscht!! Und in der Glühbirne finden sich weder Blei noch seltene Erden an – für die Umwelt ist die alte Glühbirne im Gegensatz zur Energiesparlampe Gold.

Verschwörungstheoretiker sprechen davon, dass das Phoebus-Kartell nie aufhörte, zu existieren. Diese doch recht exotische Ansicht möchte ich mir ausdrücklich nicht zu Eigen machen, ich bin aber gerne bereit zu glauben, dass das Glühlampenverbot den Lobbyisten der Elektroindustrie geschuldet ist. Die Margen für Glühbirnen müssen niedrig sein. Ich kann ich gut erinnern: Zum Einzug in meine Studentenwohnung 2003 habe ich mir einen Zehnerpack klarer 60W-No-Name-Birnen gekauft, im Baumarkt zu etwa drei Euro. Als ich 2010 auszog, hatte ich immer noch ein paar Glühbirnen davon übrig. Klar verbraucht man in einer Einraumwohnung nicht viele Birnen, aber das lässt sich auf einen Vierpersonenhaushalt ebenso umrechnen und dann wird schnell deutlich: Mit der klassischen Glühbirne ist nicht viel verdient. Perfide: Nachdem es den Marketingabteilungen der Leuchtmittelhersteller nicht gelungen ist, uns den Öko-Schwindel schmackhaft zu machen, haben sich diese einfach das passende Gesetz erlassen lassen. Dieser Unsinn ist eigentlich unfassbar!

Neben den rationalen Gründen, die für die Glühbirne sprechen sind es für mich auch ästhetische und kulturelle Gründe, die mich an dieser Technik festhalten lassen: Wer das Licht der Glühbirne gesehen hat, mag es in seiner Tönung und Weichheit. Das schleierige, kalte Licht der Energiesparlampen ist in der Bahnhofswartehalle akzeptabel, wer aber wolltesich sein Heim damit verschandeln? Welche Inspiration die Glühbirne für Künstler und Intellektuelle war, wird durch nur wenige Beispiele in der Wikipedia angedeutet. Die der Birne eigene Schönheit lässt sich durch das simple Nachempfinden der Form bei einer Energiesparlampe nicht übertragen. Bei der Glühbirne wird die Zusammengehörigkeit von Licht und Wärme – entsprechend dem Urempfinden beim Anzünden eines Feuers – nicht aufgebrochen. Nimmt man dem Licht die Wärme, so abstrahiert man Feuer zur emotionalen Nichterfassbarkeit und tilgt  auch ein omnipräsentes Symbol der Menschwerdung. Das dreht das Rad der Zeit nicht zurück, macht den Empfindenden aber ärmer.

Die Glühbirne ist schön, empfindlich, hell und warm. Sie ist faszinierend einfach. Ihr kommt eine wichtige Bedeutung bei der Gestaltung der Arbeitswelt und dem Privatleben zu – sie half bei der Erringung und Sicherung von Wohlstand und beim wissenschaftlichen Fortkommen, sie sorgte für Sicherheit. Sie hat uns begleitet. Ich bin überzeugt, dass es falsch ist, dass wir Sie  schlechteren Alternativen opfern.

Piraten = FDP.

Ich bin stinksauer. Diese Piratenpartei ist doch genau die gleiche rechtslibertäre Scheiße wie die FDP. Mit einem Unterschied: Während sich in der FDP die wirklichen Besserverdiener versammeln, hocken bei den Piraten diese ganzen selbstständigen „Entrepreneur des Jahres 2011 Kleinkuhkackersdorf“-Sprallos; Leute also, die die Stirn haben, mit ihrer Ein-Mann-SEO-Marketingbutze einen auf Unternehmen zu machen und sich auf ihre Visitenkarten dann „Geschäftsführer“ drucken zu lassen. Und was machen diese low performer? Anstatt gewahr zu werden, dass sie die Verlierer dieses Systems sind und es ihnen unter dem Strich noch viel dreckiger geht als dem durchschnittlichen Angestellten, denken die, sie wären die Elite Deutschlands und klagen in  NRW mal gegen den Zukauf der Schweizer Steuer-CDs. Oder richtig: Sie zeigen den NRW-Finanzminister Walter-Borjans an.

Damit entblöden sich die Piraten, sich mit der Partei der besserverdienenden Steuerhinterzieher, der FDP, auf eine Stufe (die unterste Stufe der Kellertreppe, wohlgemerkt) zu stellen.

Liebe Piraten – ihr seid so hummeldumm! Einige Eurer Mitglieder haben ein Business auf dem Niveau einer Schülerfirma aufgezogen. Ist ok für mich, wenn das die Leasingrate für den 1er BMW abwirft, macht nur weiter so. Sich dann aber wie Herr Krupp persönlich zu fühlen und gegen den Ankauf der Steuer-CDs zu Felde zu ziehen, das ist schändlich! Ihr merkt das aber noch nicht einmal. Warum? Weil ihr prekären Kleinunternehmer einfach libertäre Deppen seid, denen nicht mehr zu helfen ist.

Ich versuche Euch trotzdem mal zu erklären, was da läuft, vielleiht hat der Ein- oder Andere gerade einen lichten Moment und versteht den ein- oder anderen Brocken: Das Geschäftsmodell der Schweiz ist in Gefahr. Früher konnte man dort seine Kohle, die man nicht versteuern wollte – im Zweifelsfall teilanonym – parken. Auch wenn es diese klassischen Nummernkonten so nicht mehr gibt – das Geschäftsmodell funktioniert immer noch – es basiert auf strikter Diskretion. Die wird aber dadurch unterlaufen, dass einige Schweizer Datensätze von deutschen Steuerhinterziehern auf eine CD packen und sie unseren Behörden verkaufen. Das sorgt für Unbill bei schweizer Politikern – insbesondere bei den konservativen – denn die sehen gerade ihr Geschäftsmodell einbrechen. Wenn Geschäftsmodelle der Contentmafia einbrechen, dann haben die Piraten damit kein Leiden, wenn Geschäftsmodelle schweizerischer Großbanken leicht gelupft werden, pissen sich Piraten als Gralshüter auf. Merkt ihr was?

Wenn solche Steuer-CDs von deutschen Behörden gekauft werden, passiert folgendes: Den Steuerhinterziehern geht die Düse, denn keiner weiß, ob seine Daten auf der CD sind oder nicht. Manche haben auf eine dauerhafte Hypertonie keinen Bock und zeigen sich selbst an. Ok. Andere meinen, weiterzocken zu müssen.Das geht schon, nur sie könnten wegen Steuerhinterziehung irgendwann geschnappt werden. Ihnen geht also weiterhin die Düse. Ein Reicher, der seinen Reichtum nicht genießen kann – selbstverschuldet, weil er das Gemeinwesen, dass seinen Reichtum erst ermöglicht hat, um seinen existenzbegründenden Anteil betrügt und bestiehlt – muss in ständiger, latenter Angst leben. Das ist richtig so und gerecht. Das muss gefördert werden. Was aber machen die Piraten? Sie machen sich zum Büttel einer reichen Betrügerbande, die unser Gemeinwesen schädigt, wo es nur geht. Merkt ihr was??

Merkel und die echte FDP wollen mit der Schweiz so eine Art „Schonsteuer“ vereinbaren, der reiche Verbrecher müsste also eine Kleingkeit zahlen. Das kann natürlich nicht ohne Gegenleistung bleiben und der Verbrecher erhält einen Persilschein, weil er ja „Steuern“ bezahlt hat – auf Vermögen, die illegalerweise am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft wurden. Diese Verbrecher nennt man gegenwärtig euphemistisch „Steuersünder“. „Sünder“, das ist so ein Wort, mit dem man lässliche Sünden assoziiert – einen Puffbesuch zum Beispiel. Steuerhinterziehung ist aber keine Sündem, ondern ein Verbrechen. Aber erklärt das mal Unionsleuten, FDPlern und neuerdings auch Piraten, Leuten also, deren einziger Lebenszweck es zu sein scheint, unser Gemeinwesen zu ihren Gunsten zu zerstören – Dieben also. Merkt ihr was???

Ist so eine eidgenössische Steuer-CD wirklich Hehlerware? Nun, im Grunde verhält es sich hier ja wie bei Musik-CDs. Hier werden keine Tobleroneriegel geklaut und auch keine Ovomaltine sondern Daten kopiert. Hier handelt es sich nach der den Piraten mindestens zu unterstellenden Lesart also um eine Kopie und – wenn man so möchte – um einen Leak. Wobei, so genau stimmt das mit dem Leak dann auch wieder nicht, denn ein Whistleblower lässt sich in der Regel für das Blasen nicht bezahlen. Die Anschaffung dieser Steuer-CDs darf als, wenn man es wohlwollend betrachtet, als Ermittlungsgeschehen mit Anschubfinanzierung und großzügiger Aufwandsentschädigung betrachtet werden. Man muss aber auch sagen, dass diejenigen, die die CDs anbieten, einiges riskieren. Set 2008 hat sich im Wesentlichen am Dilemma der Bewertung dieser Aktion nichts geändert. Vor über zwei Jahren habe ich es mal versucht.

Warum gerade Udo Vetter mit von der Partie ist, habe ich nicht verstanden, warum er aber (und dann noch so spät) Mitglied der Piratenpartei geworden ist, auch nicht. Ich habe auch gerade nochmal sein law blog durchgesehen und muss feststellen, dass er zumindest bis jetzt (18. August 2012, 13:30 Uhr) nichts dazu schreibt, was ich schade finde, denn mich hätte das wirklich interessiert.

Zusammengefasst: Diese Piratenpartei ist keinen Schuss Pulver wert. Niemand braucht die FDP und eine zweite FDP brauchen wir auch nicht. Orange lackierte Rechtslibertäre – was soll das? Fefe hat mit einem trefflichen „WTF?“ schon festgestellt, aus welchem Holz diese Piraten wirklich sind. Das mit der Steuer-CD ist, gemessen an dem Mist, den die Piraten bereits in der Vergangenheit verzapft haben, nur konsistent. Bei SPON tut man nun zwar so,. als ob das Vorgehen in der Partei für ordentlich Wirbel gesorgt hätte, aber so richtig Substanz ist an der Meldung nicht, es wird ja lediglich darauf verwiesen, dass die NRW-Parteivize (Landesverband) mit der Aktion nicht einverstanden ist. Hier von „Furore“ zu sprechen, ist ein typischer Spon.

Im Frühling habe ich den Piraten noch indirekt zum Vorwurf gemacht, sich zwischen links und rechts nicht so recht entscheiden zu wollen und einen Kurs der Beliebigkeit zu fahren, inzwischen driftet man deutlich steuerbord. Traurig.

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