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fefes Blog ist 20! Herzlichen Glückwunsch!

Bereits zum 10. Geburtstag habe ich Fefes Blog, dem wohl wichtigsten Watchblog der Republik, gratuliert, nun, zum 20. Geburtstag, darf an dieser Stelle freilich auch der Glückwunsch und meine tief empfundene Respektsbekundung (in aller Kürze) nicht fehlen.

Man muss, so habe ich weiland sinngemäß geschrieben, mit Fefe ja nicht übereinstimmen, aber das Lesen seines Blogs ist mehr als nur Teil der täglichen Informationsbeaufschlagung, es ist die fortwährende Übung in Medien- und Verstehenskompetenz und es ist, wie bereits ausgeführt, oft auch eine philosophische Fingerübung anhand tagespolitischer Ereignisse. Seine lakonisch bis zynischen Einwürfe widerspiegeln einen teils rustikalen, teils aber auch außergewöhnlich feinsinnigen Humor, der sich erst mit der Zeit der Lektüre entfaltet. Sein Blick auf unser vom Kapitalismus dominiertes Weltgeschehen ist nüchtern und ungeschminkt.

Nicht nur bei seinen Posts, sondern auch das seit zwanzig Jahren unveränderte Design betreffend, gelingt es von Leitner, sich auf das Nötige zu beschränken und einen heute quasi schon ungekannt erfrischenden Purismus zu pflegen. 2015 schrieb ich dazu: „fefes Blog ist hinsichtlich von Funktionalität und Design im Internet das, was Hirche oder Rams für Braun waren. Bei fefes Blog ruhen sich die Augen aus, nicht der Geist“; das hat freilich auch heute noch in selbem Maße Gültigkeit.

Interessanterweise sind die vielen lautstarken „Kritiker“ (diese Kritik war in den frühen und mittleren Zehnerjahren recht en vogue) des vermeintlichen „Fefismus“ heute alle stumm – vielleicht, weil kaum einer im Diskurs so lange durchhalten konnte, vielleicht aber auch, weil sie in einer stillen Stunde zur Kenntnis nehmen mussten, wie viele der von Leitnerschen Thesen schon heute Realität wurden und dass da am anderen Ende dieses Internets eben kein wirrer Verschwörungsmystiker sitzt, sondern ein Typ mit klarem Verstand, der unideologisch das präsentiert, was es zu präsentieren gilt.

Mancher von uns ist mit fefe erwachsen geworden, fefes Blog ist bis heute beileibe nicht der schlechteste Ort in diesem Internet. Dafür mein aufrichtiger Dank.

Möge fefe auch in den nächsten zwanzig Jahren (besser noch länger) Stachel in unserem Fleische sein.

Treffen der fränkischen Mastronauten und Blueskyer in Fürth im April 2025

Lange war das Treffen der (mittel-)fränkischen Mastronauten und Blueskyer „in größerem Rahmen“ angekündigt, jetzt haben wir einen Termin und eine neue Location!

Eingeladen sind ganz ausdrücklich alle Mastodon- und Bluesky-Nutzer in der Region (und natürlich auch alle, die sich mit den fränkischen Mastronauten und BlueSkyern verbunden fühlen).

Inzwischen haben wir durch unsere nuudel-Umfrage ein knappes, aber dennoch klares Termin-Statement:

Dienstag, 8. April 2025
18 Uhr
Gasthaus „Zum Tannenbaum“
Helmstraße 10, 90762 Fürth

Ursprünglich wollten wir uns ja im „Stadtwappen“ treffen, das an diesem Tag aber Ruhetag hat, daher weichen wir ins Nebenzimmer der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Gaststätte „Zum Tannenbaum“ aus. Das Gasthaus ist gut mit der U-Bahn (Fürth Rathaus) und den Buslinien erreichbar und bietet neben vegetarischen Gerichten auch eine vegane Alternative an.

Gaststätte "Zum Tannenbaum", Fürth

Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Fürth

Bitte verbreitet den Termin und die neue Location, gerne mit Hinweis auf diesen Post in Eurem Mastodon- und Bluesky-Netzwerk!

Spontane Zu- oder Absagen richtet Ihr zur besseren Planung bitte möglichst frühzeitig per Mastodon oder Bluesky an Karl oder mich oder hinterlasst auch gerne einen Kommentar unter diesem Post.

Wir freuen uns auf eine rege Beteiligung und dass wir uns alle am 8. April in Fürth wiedersehen!

Herzlichst,
Karl und Michi

Disclaimer: Die Teilnahme am Treffen ist grundsätzlich kostenlos, die entstehenden Spesen und Kosten im Gasthaus trägt jeder selbst. Ein reines Twitter-Treffen werden wir nicht mehr organisieren, schon allein deshalb, weil nach der Übernahme durch Musk und die Umbenennung in „X“ die meisten uns persönlich bekannten Nutzer die Plattform verlassen haben.

Wie aussagekräftig sind heute noch Google-Bewertungen?

Wer auf der Suche nach neuen Restaurants, Geschäften oder nach speziellen Dienstleistungen ist, hat in vergangenen Tagen gerne auf das Branchen-Telefonbuch oder Empfehlungen aus dem persönlichen Umfeld zurückgegriffen. Heute nutzt wohl die Mehrzahl der Menschen auch die Dienste von Google – und gerade bei Google Maps finden sich zu nahezu jedem niedergelassenen Geschäft entsprechende Bewertungen. Nur allzu gerne lassen wir uns von solchen durch die Nutzer generierten Bewertungen leiten – verfügt ein Unternehmen über viele gute Bewertungen, kann es so schlecht nicht sein, sind viele negative Bewertungen vorhanden, ist zumindest eine gewisse Vorsicht geboten – so möchte man meinen.

Doch es gibt inzwischen Anhaltspunkte, die am System der Google-Bewertungen sehr ernste Zweifel aufkommen lassen. Denn viele Unternehmer lassen heute fundierte negative Bewertungen nach einiger Zeit löschen – und der Bewerter ist kaum in der Lage, sich hiergegen adäquat zur Wehr zu setzen. Einige solcher Fälle möchte ich im Folgenden dokumentieren.

Die zentrale Frage lautet: Sind Google-Bewertungen für den Verbraucher überhaupt noch relevant, können sie den Nutzer noch bei der Entscheidungsfindung, welche Dienstleistungen sie wo einkaufen, welche Ärzte sie aufsuchen oder welche Restaurants sie besuchen, inzwischen noch unterstützen?

Eine Antwort darauf fällt schwer. Klar ist: Hat ein Unternehmen viele ausschließlich gute oder sehr gute Bewertungen, sollte man auf jeden Fall misstrauisch werden. Natürlich kann dieses Misstrauen auch die Falschen treffen, allerdings liegt bei Unternehmen, die nur gute oder sehr gute Bewertungen haben, der Verdacht nahe, dass diese dadurch zustande kamen, dass der Inhaber einer Unternehmung in das Bewertungssystem eingegriffen hat bzw. hat eingreifen lassen.

Geht das so einfach? Nun, ich habe es selbst erlebt. Ich bin nun kein großer Local Guide (mehr), habe noch etwa 130 Bewertungen bei 3.500 Punkten online und dennoch bin ich schon mehrmals Opfer von Zensurmaßnahmen, die durch Unternehmen oder Wirte angestoßen wurden, geworden.

Ein kleines Beispiel: Vor einiger Zeit waren wir zu fünft „zu Gast“ in einem wohl als gutbürgerlich bezeichneten Steiner Restaurant, das ich hier nicht namentlich nennen möchte. Die Speisen und der Service waren deutlich unterdurchschnittlich, die Preise gehoben. Nach der äußerst mäßigen Erfahrung dort fühlte ich mich bemüßigt, das im Rahmen einer kurzen Rezension mitzuteilen.

Unser heutiger Besuch im {average Gasthaus} konnte uns nicht überzeugen – zuvorderst ist anzumerken, dass leider das Preis-Leistungsverhältnis überhaupt nicht stimmt. Das relativ biedere Gasthaus mit seinem doch leicht abgegriffenen Interieur vermag nicht das Gefühl von Gemütlichkeit zu verströmen, die Toiletten […] sind alt und lieblos, die frühen 80er Jahre lassen hier grüßen. Der Hausschoppen, ein relativ nichtssagender Franke ohne Ecken, Kanten und Geschmack, wird im verkratzten Römer serviert – das kann heute jede Dorfwirtschaft besser. Das Essen reicht man auf Porzellan im Stile der Serie „Salzburg“ und dieser Standard der späten 1970er, frühen 1980er Jahre wird konsequent beibehalten. Die Beilagensalate schwimmen welk und traurig in wässrigem Dressing. Zwei Schäufele kamen an den Tisch mit gummiartiger Kruste – aber staubtrockenem Fleisch, zwei verkochten Klößen und einer schleimig-sämigen Soße. Kein volles Fiasko, aber auch eben so niedriger Standard, dass es einfach nicht mehr in unsere Zeit passt. Dafür {hoher, wenig marktüblicher Betrag} Euro zu nehmen ist, gelinde gesagt, frech. Der Service war aufgesetzt freundlich und – obwohl wir zu Beginn die einzigen Gäste waren – etwas überfordert. Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Unser Abend im {average Gasthaus} war nun kein kompletter Reinfall – aber eine Zeitreise in die Durchschnittsgastronomiekultur der frühen 80er. […] Eher ein Restaurant für Gäste in höherem Alter mit niedrigen Ansprüchen, das ich bei allem Wohlwollen leider nicht weiterempfehlen kann. ★★

Die Auslassungen in eckigen Klammern mögen verhindern, dass die beschriebene Gastronomie allzu leicht wiedererkannt werden kann, das soll an dieser Stelle nämlich nicht das Thema sein.

Das Löschersuchen wurde vonseiten des „Bevollmächtigten“ wie folgt begründet (Auszug aus der Mail, die ich von Google erhielt und das an Google, nicht an mich als Rezensenten, gerichtet war):

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind Bevollmächtigter in dieser Angelegenheit.

Unser Mandant hat eine negative Bewertung erhalten, unser Mandant teilte uns mit, dass der Verfasser sowie der Inhalt der Bewertung unbekannt ist.

Wir sind zugelassener Rechtsdienstleister unter dem Aktenzeichen {average Aktenzeichen} beim Amtsgericht {average Nniedersächsische Stadt}.

 

Der Inhalt der Bewertung konnte keine Informationen auf die Echtheit des Bewerters geben. Es besteht auch kein anderweitiger Berührungspunkt, (Telefon, E-Mail, Anfrage, Angebot, Termin), durch den sich die Bewerter eine Meinung über das Unternehmen gebildet haben könnten. Somit können die Bewertungen nur unwahre Tatsachenbehauptungen darstellen.

 

Ebenso ist die Veröffentlichung unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie diffamierende Inhalte in Bewertungen, unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit, kein schützenswertes Gut (BVerfGE 54, 208 (219)).

Wir bitten Sie das Prüfverfahren einzuleiten.

 

Wir erteilen Ihnen hiermit eine Rüge, Sie haben daher eine Prüfungspflicht nach aktuellem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshof, siehe Az. VI ZR 1244/20, Urteil vom 09.08.2022.

Den Nachweis Ihrer Prüfungspflicht bitten wir zur Weiterleitung an unseren Auftraggeber uns zuzuleiten. Dazu wird unser Mandant ggf. dann Stellung nehmen.

Es war ein wenig Recherche, die es erforderte, um herauszufinden, wer denn der „Rechtsdienstleister“ ist, der meine Rezension löschen ließ. Es handelt sich hier mitnichten um einen Anwalt oder eine Kanzlei, sondern ein Inkassounternehmen, welches gleichzeitig auch Suchmaschinenoptimierung, Suchmaschinenwerbung, Vertriebsdienstleistungen, aber auch Löschungen von „rechtswidrigen Negativrezensionen im Internet“ anbietet. Wenn Honest Achmed Used Cars and Certificates wüsste, womit man hierzulande so alles Geld machen kann, würde er sein Business sicher um einige lukrative business cases erweitern ;).

Dass ich die Firma, die hier tätig wurde, überhaupt recherchieren konnte, liegt an einem kleinen Fehler, den Google machte: Erhält ein Rezensent per E-Mail einen Hinweis auf eine eingegangene takedown notice, so wurde bis vor kurzem der Text des Beschwerdeführers, um den Namen, Adresse und Kontaktdaten des Beschwerenden gekürzt, in Kopie in die Mail eingefügt.

Bei der oben zitierten Mail hat dieser Automatismus allerdings versagt, es wurde mir ein Aktenzeichen mitgeschickt, bei dem ich dann bei Gericht die Firmierung in Erfahrung bringen konnte. So habe ich gleich eine ladungsfähige Anschrift und den Vertretungsbevollmächtigten, den ich nun juristisch belangen lassen kann. Leider ist das die absolute Ausnahme, Google teilt den Rezensenten nämlich nicht mit, wer da zur Durchsetzung von wessen Interessen beauftragt wurde. Die oft dubiosen Firmen, die aus der Löschung von negativen Google-Bewertungen ein (sicher auch recht leicht nahezu vollständig automatisiertes) „Business“ entwickelt haben, bleiben so lange in der Grauzone verborgen, bis sich ein Rezensent, der Zensuropfer geworden ist, die Mühe macht und einen Anwalt auf die Sache ansetzt. Und das dürfte in Anbetracht des Aufwands und der Kosten wohl die absolute Ausnahme sein.

Ich möchte an dieser Stelle zum wichtigsten Punkt, der „Begründung“, der zufolge die Bewertung zu löschen sei: Hier wird mit der Aussage „Der Inhalt der Bewertung konnte keine Informationen auf die Echtheit des Bewerters geben. Es besteht auch kein anderweitiger Berührungspunkt, (Telefon, E-Mail, Anfrage, Angebot, Termin), durch den sich die Bewerter eine Meinung über das Unternehmen gebildet haben könnten“ schlicht unterstellt, ich wäre nie Gast in dieser Wirtschaft gewesen, obschon augenfällig das Gegenteil der Fall ist – meine sehr eindeutigen Beschreibungen der Örtlichkeiten, des Speisenangebots, des Service… legen nahe, dass ich vor Ort war und das schlechte Schäufele dieses Durchschnittsgasgenoms auch gegessen habe. Noch dreister ist allerdings der Schluss, der vom dubiosen Löschdienstleister gezogen wird: „Somit können die Bewertungen nur unwahre Tatsachenbehauptungen darstellen.“ Das ist – für jedermann offensichtlich – nichts anderes als eine Lüge.

Wohl die meisten gelöschten Bewertungen dürften rechtlich gesehen absolut zulässig sein, in aller Regel sind die Bewertungen vom Recht auf freie Meinungsäußerung vollständig gedeckt. Also bedient man sich des „Kniffs“, einfach zu unterstellen, der Rezensent wäre nie Kunde des bewerteten Unternehmens gewesen – das ist mir in der Recherche zu diesem Post mittlerweile regelmäßig untergekommen. Gerne wird dann wie folgt argumentiert (alle Zitate sind den removal notices von Google entnommen):

Vorweg möchten wir darauf hinweisen, dass berechtigte Kritik ausdrücklich erwünscht und zur Verbesserung der eigenen Leistung genutzt wird.

 

Bei der vorliegenden Bewertung ist für das bewertete Unternehmen jedoch nicht nachvollziehbar, inwiefern ein nötiger Anknüpfungspunkt vorliegt.

 

Daher bitten wir um Einleitung des Prüfverfahrens.

Dieses Prüfverfahren soll dazu dienen, gefälschte Bewertungen zu verhindern, damit sichergestellt ist, dass nur solche Personen bewerten, die auch tatsächlich über eigene Erfahrungen verfügen.

Vorliegend kann das bewertete Unternehmen leider nicht rekonstruieren, inwiefern ein Kontakt vorgelegen hat.

Das ist freilich sehr perfide. Denn, anstatt dass das Unternehmen nachweist, dass man nicht Kunde dort gewesen sein kann, wird die Beweislast zuungunsten des Bewerters umgekehrt und man selbst soll einen Nachweis darüber erbringen, dass ein Kundenverhältnis bestand. Google schreibt hierzu:

Sofern der Beschwerdeführer behauptet, Sie seien nie Kunde, Patient etc. gewesen bzw. ihm nicht bekannt, möchten wir Sie bitten, uns Ihren richtigen Namen mitzuteilen und uns ggf. Nachweise für die tatsächlichen Hintergründe Ihres Erfahrungsberichts zu übermitteln, soweit solche vorliegen (vgl. BGH, Urt. 01.03.2016, VI ZR 34/15).

 

[…]

Wir bitten Sie daher freundlich, die Angaben Ihrer Erfahrungsberichts sowie die Hintergründe wie insbesondere den Zeitraum, in dem Sie die beschriebenen Erfahrungen gemacht haben, möglichst konkret darzulegen. Bitte gehen Sie dabei auch explizit auf die einzelnen Punkte des Beschwerdeführers ein und schicken Sie uns Nachweise. Dies können je nach Leistung z.B. Rechnungen, Lieferscheine, Terminkarten, Eintragungen auf Bonuskarten, Rezepte oder ähnliche Nachweise sein. Es steht Ihnen dabei frei, bestimmte Informationen zu schwärzen, bevor Sie uns diese Dokumente senden. Die zur Verfügung gestellten Informationen werden wir dann gegebenenfalls an den Beschwerdeführer übermitteln, damit dieser dazu Stellung nehmen kann.

Das mag aus Sicht Googles recht und billig sein, kein Rezensent wird sich aber gegenüber Google oder dem Unternehmen, das die Zensur anstoßen ließ, so umfänglich selbst bloßstellen und entsprechende, teils hochsensible Daten, herausgeben, nur um sich gegen eine ungerechtfertigte Rezensionsentfernung zur Wehr zu setzen.

Praktisch gesprochen bedeutet das, dass man gezwungen wird, sich seiner informationellen Freiheitsrechte quasi selbst zu berauben, anderenfalls hat man niederschwellig keine Möglichkeit, gegen die Zensur der eigenen Bewertung in Form von, wie es Google als „Konsequenz“ betitelt, einer „Zugangsbeschränkung“ vorzugehen. Das ist nämlich der nächste feine juristische Kniff, den Google anwendet: Der Inhalt wird ja nicht gelöscht – gegen so eine Löschung könnte man rechtlich relativ einfach vorgehen, der Inhalt wird ja nur nicht mehr angezeigt, das nennt sich dann „Zugriffsbeschränkung“. Das Resultat ist für die Nutzer, für die Community, dasselbe – juristisch macht es einen Unterschied, der ein Vorgehen gegen diese zumeist automatisiert getroffenen „Entscheidungen“ deutlich verkompliziert.

Interessanterweise glaubt man bei Google der Argumentation, der Rezensent wäre nie Kunde des Unternehmens gewesen, selbst dann, wenn sehr aussagekräftige Fotos, die darstellen, dass man vor Ort war, Teil der Rezension sind.

Verkompliziert wird die Sache noch durch einen weiteren Umstand: Inzwischen erhalten Rezensenten nur noch äußerst selten eine um die Kontaktdaten der Beschwerdeführer gekürzte Abschrift der takedown notice. Man ist dazu übergegangen, lapidar die Kategorie der Beschwerde mitzuteilen.

Weitere gerne ins Feld geführte Gründe für das Löschen oder „Unsichtbarmachen“ einer Rezension durch Google ist die Behauptung, der Beitrag erfülle den Tatbestand der „Diffamierung“ oder „Verleumdung“.

Ein weiteres Beispiel: Ein guter Freund bewertete die Filiale eines Nürnberger Burgerrestaurants im Osten der Stadt, gab der Gastronomie sogar zweimal eine Chance und berichtete in seiner Google-Bewertung ehrlich und transparent darüber. Er bewertete übrigens unter seinem Klarnamen.

Edit 01.06.23: Zweite Chance: wir holten zwei Bacon Burger mittags. Es war nix los, nur 4 Gäste auf zwei Tische verteilt. Die Burger waren schnell fertig. Und dann die nächste Entäuschung: lieblos belegt, der Bacon war total labbrig, das Patty schmecke nach nix, nur die Soße hatte einen Geschmack. Ich hab den Verdacht, dass die Pattys irgendwelche Fertigteile waren. Geht mal in die anderen guten Burgerläden, da könnt ihr schmecken wie gute Pattys sein können. Und der Burger kostete 11€. Das war’s mit {average Burgerrestaurant}, nie wieder geh ich dahin. Sehr schade.

Die Freude war groß! Eine Filiale des {average Burgerrestaurant} kommt in den Nürnberger Osten. Wenn man hier arbeitet freut man sich über jede kulinarische Ergänzung. Heute war der Tag des erstens Besuchs, wir bestellten zwei Chicken Mango Sandwiches und Curry Fries. Und leider war die Enttäuschung groß. Die Sandwiches waren wirklich fad zubereitet. Das Sandwich wurde gefühlt dreimal mit grünen Salat umwickelt, der Toast [nicht] richtig getoastet. Die Belegung an sich ließ sehr zu wünschen übrig und der Geschmack war auch nicht gut, und das für 10.50€. Da Coca Cola war aber super. Einen Versuch gibt es noch mit einem Burger. Ich hoffe, der wird besser. ★★

Diese Bewertung wurde nach Beschwerde wegen „Diffamierung“ „bei Google Local Reviews für Nutzer weltweit“ zugriffsbeschränkt. Der Witz: Das deutsche Strafrecht kennt keinen Tatbestand der Diffamierung. Der einer Diffamierung wohl am ehesten nahekommende Tatbestand wäre die „üble Nachrede“, damit üble Nachrede überhaupt als Delikt infrage zu ziehen ist, muss die Tatsachenbehauptung nachweislich falsch und zudem geeignet sein, den Betroffenen oder sein Unternehmen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Lesen wir die obige Bewertung noch einmal durch, so ist auch Nichtjuristen sofort plausibel, dass keine der genannten Verdachtsmomente begründet sind.

Ganz klar ist es wesentlich einfacher und erfolgversprechender, unliebsame Google-Bewertungen löschen zu lassen, als positive Bewertungen einzukaufen (letzteres ist nicht nur ein Verstoß gegen die Richtlinien Googles, auch die Gefahr, eine Abmahnung zu erhalten, ist nicht gering). Wer den Versuch unternimmt, Google-Bewertungen löschen zu lassen, trägt, wie wir später noch sehen werden, kaum ein Risiko. Das „Schlimmste“, was ihm passieren kann, ist, dass die negative Bewertung einfach stehen bleibt, oder man, wenn man ungeschickt vorgeht, beim Versuch des Entfernenlassens etwas Geld verliert.

Zusätzlich perfide: Google teilt nicht mit, welche Anbieter, „Rechtsdienstleister“, Anwälte oder Kanzleien hier in wessen Auftrag tätig sind oder wie ihre Bevollmächtigung nachzuweisen ist. So ist es den in ihren Rechten verletzten Rezensenten noch nicht einmal möglich, Informationen darüber zu erhalten, zu veröffentlichen oder zu sammeln, wer die beteiligten Akteure sind und ob sie überhaupt berechtigt sind, Bewertungen löschen zu lassen.

Wer bei Google einfach „negative google bewertungen löschen lassen“ sucht, erhält zahllose bezahlte Werbeanzeigen und weitere Angebote von Firmen und Kanzleien, die teils zum Pauschalpreis, der nur um Erfolgsfall fällig wird, Google-Bewertungen löschen lassen.

Die Preise sind, wie sich allein anhand des Screenshots leicht ablesen lässt, gering. Mancher Anbieter wirbt mit einer über 90-prozentigen Erfolgsquote.

Dieses Vorgehen ist aus Verbrauchersicht ein Fiasko. Hier werden nicht nur wertvolle Beiträge aus der Community unter teils fadenscheinigen Begründungen wegzensiert und die freie Meinungsäußerung der Beitragenden beschnitten, auch der Wettbewerb wird von unlauteren Gewerbetreibenden verzerrt. Wer sich nicht entsprechende Hilfe sucht, um Bewertungskosmetik zu betreiben, ist der Dumme. Wer manipulierend in das Bewertungswesen eingreift, erschleicht sich nicht nur das Vertrauen argloser Kunden, sondern verbessert auch sein Ranking und seine Umsätze. Google schützt seine Rezensenten und ihre wichtigen Beiträge nur wenig. Es ist für mich nicht erkennbar, dass Google solche Angriffe auf das eigene Bewertungssystem adäquat abwehrt. Ich werfe Google weiterhin fehlende Transparenz vor – gegen alle ausnahmslos unzutreffenden Anwürfe habe ich bei Google Einspruch erhoben, in keinem einzigen Fall wurde ihnen stattgegeben, ob die Einsprüche überhaupt sinnstiftend behandelt und warum sie abgeschmettert wurden, habe ich nie erfahren.

Hier offenbart sich im kleinen, im Detail, freilich auch das Grundproblem der Ideologie des sogenannten „freien Marktes“ (den es, wie jeder weiß nicht gibt, den es nie gegeben hat) – denn auf ihm besteht ja nicht der, der die besten Produkte anbietet, sondern der, der finanzstark und skrupellos in die Absatzpolitik eingreift. Den Schaden tragen die Verbraucher, die Arbeitnehmer, die Gesellschaft – alles wie immer.

Es wäre höchst Zeit, solchen „Unternehmern“ ein für alle Mal das Handwerk zu legen und drakonische Strafen gegen sie, aber auch die handlangenden Kanzleien und Agenturen zu verhängen. Ihnen allein die Schuld an der Misere aufzubürden, wäre aber zu kurz gegriffen. Dass ganz offensichtlich auch missbräuchlich schlechte Bewertungen ohne größeren erwartbaren Widerstand gelöscht werden, ist grundsätzlich auch nur durch ein Versagen des Gesetzgebers und der Gerichte ermöglicht.

Nun bleibt freilich nur noch, die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Welche Aussagekraft haben heute noch Google-Bewertungen? Hier muss sich freilich jeder diese Frage selbst beantworten. Ich persönlich halte nach den geschilderten Fakten die Aussagekraft von Google-Bewertungen mittlerweile für relativ gering. Jeder Gewerbetreibende kann nach meinem Dafürhalten, ohne mit größerem Widerstand rechnen zu müssen, mit geringen Kosten und mit nur ein wenig Know-how Bewertungskosmetik betreiben und missliebige Kommentare löschen lassen. Da ich als Nutzer nicht wissen kann, ob Bewertungsprofile (wie oben beschrieben) manipuliert wurden oder nicht. Einfach auf die Aussagekraft der Bewertungen zu vertrauen, wäre reichlich naiv. Dazu kann ich persönlich niemandem raten.
Noch vor einigen Jahren war das besser, da trat das Problem mit entfernten Bewertungen noch nicht in der heutigen Häufung auf. Wieder einmal haben es „Geschäftsleute“ geschafft, sich der durch Schwarmintelligenz getragenen, öffentlich transparent gemachten Kundenmeinung zu entziehen.

Einladung zum Treffen der fränkischen Mastronauten und BlueSkyer

Schon einige Male trafen sich insbesondere mittelfränkische Mastodon-Nutzer in kleinem Kreis in der Fürther Gustavstraße ganz ungezwungen, um sich bei einem (oder mehreren) Seidla Bier, Schoppen Wein oder Spezi kennenzulernen, sich zu vernetzen und einfach ein wenig miteinander zu ratschen – wie man hierzulande so schön sagt.

Bei unserem letzten kleinen Treffen Anfang Januar, wir waren zu viert, beschlossen wir, das nach langer Zeit einmal wieder in einem etwas größeren Kreis anzubieten und damit auch ein wenig an die alten „Twanken“-Twitter-Treffen, von denen ich früher auch zwei organisierte, anzuknüpfen.

Eingeladen sind ganz ausdrücklich alle Mastodon- und Bluesky-Nutzer in der Region (und natürlich auch alle, die sich mit den fränkischen Mastronauten und BlueSkkyern verbunden fühlen). Ein reines Twitter-Treffen werden wir nicht mehr organisieren, schon allein deshalb, weil nach der Übernahme durch Musk und die Umbenennung in „X“ die meisten uns persönlich bekannten Nutzer die Plattform verlassen haben.

Update: Inzwischen hat sich als geeignetster Termin der Dienstag, 8. April 2025, 18 Uhr herauskristallisiert. Da an diesem Tag das „Stadtwappen“ geschlossen hat, weichen wir ins Nebenzimmer der Gaststätte „Zum Tannenbaum“, Helmstraße 10, 90762 Fürth, in unmittelbarer Nähe aus. Das Gasthaus ist gut mit der U-Bahn (Fürth Rathaus) und den Buslinien erreichbar und bietet neben vegetarischen Gerichten auch eine vegane Alternative an. Mehr Info im entsprechenden Post.

Um allzu weitverzweigte Diskussionen zu vermeiden und die Terminfindung zu vereinfachen, verständigten Karl und ich uns darauf, Anfang April zwei Termine zur Auswahl zu stellen, die nicht in der Ferienzeit liegen und eine Gaststätte für das Treffen zu wählen, die nicht nur genügend Platz zur Verfügung hat, sondern auch sowohl mit der U-Bahn, als auch mit den Stadtbussen gut erreichbar sein sollte. Beginn ist um 18 Uhr, um auch Menschen mit Familie eine Teilnahme zu ermöglichen, wer zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen möchte, ist selbstverständlich ebenfalls herzlich willkommen.

Als Termine schlagen wir
Donnerstag, den 3. April 2025 ab 18 Uhr oder
Dienstag, den 8. April 2025 ab 18 Uhr
vor.

Über den Termin könnt ihr im Nuudel-Umfrage-Tool abstimmen – hier geht’s zur Umfrage.

Bitte abstimmen, damit wir entsprechend reservieren können. Für Anmerkungen gerne ein Reply an Karl oder mich, die Kommentare stehen aber auch offen.

Aller Voraussicht nach buchen wir den Tisch in der Gaststätte „Zum Stadtwappen“, Bäumenstraße 4, 90762 Fürth. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zum Fürther Rathaus und ist mit zahlreichen Buslinien und der U-Bahn-Linie 1, Haltestelle „Rathaus“ zu erreichen.

Wir freuen uns auf eine rege Beteiligung und dass wir uns alle im April in Fürth wiedersehen!

Herzlichst,
Karl und Michi

Hot Take: Eine Forderung nach Alt-Texten und CWs in sozialen Netzwerken ist oft purer Ableismus

Hot Take: Wer von anderen Nutzern in sozialen Netzwerken permanent die Verwendung von Bildbeschreibungstexten (Alttexten), content warnings oder trigger warnings einfordert, verhält sich ableistisch.

Nun, Twitter ist ohnehin an die Nazis verloren, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber selbst im Fediverse, auf Mastodon und Bluesky, wo gewöhnlich ein respektvoller Umgang miteinander und eine vernünftige Diskussionskultur gepflegt werden, muss ich beobachten, dass Nutzer, die unter ihre Bilder keinen Bildbeschreibungstext (Alttext) setzen oder bei bestimmten Themen kein „content warning“-flag setzen, scharf angegangen, gerügt werden. Diese Beobachtung mache ich seit wenigstens zwei Jahren, leider täglich – und nun bin ich es leid.

Man möchte ja meinen, dass diese Hinweise wohlmeinend sind und sich die „Hinweisgeber“ um die Barrierefreiheit sorgen. Dass es aber Menschen gibt, die aufgrund einer Behinderung vielleicht gar nicht in der Lage sind, ein Bild zu „beschreiben“, das Gesehene in Worte zu überführen, einer Aussage oder Beobachtung eine „content warning“ voranzustellen, und diese Menschen dann mit der Forderung nach Alttexten oder CWs gesilenced werden, wird gerne vergessen.

Ich denke, dass es an dieser Stelle hilfreich sein kann, meinen „Hot Take“ ein wenig zu illustrieren. Man stelle sich beispielshalber einen Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung vor. Das Smartphone unterstützt ihn, ein Bild der Umgebung aufzunehmen und dann aus der Nähe mit der Möglichkeit der Vergrößerung Dinge auf dem Bild wahrzunehmen, die er ohne Hilfsmittel in der Ferne mit seinem Sehrest oder aufgrund einer Gesichtsfeldeinschränkung nicht sehen kann. Wenn er nun dieses Bild postet, verzichtet er vielleicht ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil die Bedienung der taktil nicht erfassbaren Bildschirmtastatur auf dem Smartphone-Touchscreen für ihn einen nicht im Verhältnis stehenden Aufwand bedeutet. Möglicherweise verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein Sehender eine Fotografie anders erschließt – mit einer „Draufsicht“, er sich allerdings dieselbe Fotografie über Details erschließen und über die Summe der gesehenen Details und seinem Weltwissen und Erfahrungsschatz (der von dem der Sehenden abweichen kann) das Gesamtbild extrapolieren muss. Vielleicht verzichtet er darauf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass ihm bei dieser Extrapolation Fehler unterlaufen, mögliche Fehler, die er in einem Bildbeschreibungstext nicht verfestigen möchte. Es gibt, das zeigt dieses Beispiel, gute Gründe, ganz bewusst auf eine Bildbeschreibung zu verzichten, selbst dann, wenn man sie setzen könnte und selbst dann, wenn man zu einem Kreis von Menschen gehört, der selbst von einer Bildbeschreibung profitiert.

Ein anderes Beispiel: Ein Mensch mit einer möglicherweise über den Social Media-Kanal nicht als solche sofort erkennbaren, sogenannten geistigen Behinderung postet ein Bild. Er kann das Bild erkennen, alles darauf Abgebildete auch erfassen, er ist aber außerstande, das Gesehene zu verbalisieren. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar mit scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Ein drittes Beispiel: Ein Mensch hat eine Lese-Rechtschreibschwäche oder ist funktionaler Analphabet. Er postet ein Bild. Eine Bildbeschreibung zu erstellen, ist ihm ohne fremde Hilfe nicht möglich. Sollte er gezwungen werden, sein Bild mit einer Bildbeschreibung zu versehen? Ist es nicht diskriminierend, ihn, oft leider sogar in scharfem Ton, auf sein „Versäumnis“ hinzuweisen?

Diese drei (wohlgemerkt nicht konstruierten) Beispiele zeigen aber nicht nur, dass es vollkommen legitim ist, die Entscheidung zu treffen, keine Bildbeschreibungen zu verwenden – niemand ist anderen über seine Beweggründe dieser Entscheidung Rechenschaft schuldig. Hier direkt oder indirekt Rechenschaft einzufordern, ist ebenfalls ableistisch. Und als conclusio darf daher gelten: Ich kann nur und ausschließlich dann von meinem Gegenüber einen Alttext oder eine content warning einfordern, wenn ich mir absolut und zweifelsfrei sicher bin, dass mein Gegenüber ohne Hinderungsgrund diese Informationen nicht zur Verfügung stellt, weil er dazu nicht Willens ist. Und das kann man, wenn man die Menschen nicht persönlich gut kennt, kaum gewährleisten.

Richtig geil wird es aber, wenn man für die Verwendung von KI-Diensten wie dem Alt-Bot kritisiert wird. Kurz erklärt: Der Alt-Bot sorgt über Googles KI-Dienst Gemini dafür, dass in Form einer Reply eine automatisch generierte Bildbeschreibung unter einen Post gesetzt wird, sofern der postende User das möchte. Das funktioniert in 90 Prozent der Fälle überraschend gut, in 10 Prozent der Fälle hat die KI mit der Interpretation schon noch Probleme. Diese KI-Bildbeschreibungen sind mitunter auch nicht ganz unproblematisch. Zuerst einmal ist eine Bildbeschreibung als Reply nicht optimal (aber besser als nichts!), zum anderen beschreibt die KI nicht nur, sondern interpretiert auch, beispielshalber, indem Bildstimmungen als „angenehm“, „warm“, „freundlich“, „nüchtern“, „kühl“… bezeichnet werden. Meine größte Schwierigkeit mit der KI liegt im Umstand, dass sie leider häufig gängige, erlernte Vorurteile repliziert. Dennoch: Wer heute Dienste wie den Alt-Bot zur automatischen Generierung von Bildbeschreibungen verwendet, wird, das darf und möchte ich annehmen, die Vorteile und Nachteile gegeneinander abgewogen haben. Nun aber einem Menschen mit Behinderung vorzuwerfen, wie es der Post im Screenshot zeigt, ein Hilfsmittel wie den Alt-Bot zu verwenden, ist unter den miesen Moves nochmal ein besonders mieser Move.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die allzu lauten „Mahner“ oft selbst nicht von einer Behinderung betroffen sind, dass ihre mitunter unangenehm persistenten „Mahnungen“ vielmehr Ausdruck ihrer Selbstgefälligkeit und damit auch Vehikel eines deplatzierten moralischen Überlegenheitsgefühls sind. Unter den Menschen mit Behinderung, mit denen ich regelmäßig im Kontakt bin (allein meine beruflichen Kontakte belaufen sich hier auf etwa 350 bis 400 Personen) erlebe ich mehrheitlich, dass man in diesen Fragen jedenfalls eine ganz andere, von Toleranz und Wohlgesonnenheit geprägte Tonlage pflegt und durch geduldiges Erklären versucht, die erkannten Barrieren zu benennen und ihre Dysfunktion begreifbar zu machen und nicht zuletzt auch Vorschläge zur Beseitigung der Barriere unterbreitet. Das gilt auch für ihre Angehörigen und Freunde. Freilich mag gelegentlich auch mal jemandem aufgrund der nicht selten durchgängigen Diskriminierungserfahrung der Geduldsfaden reißen, aber das ist die Ausnahme.

CWs, das ist unbestritten, können bedeutungsvoll und angebracht sein und das Filtern echter verstörender Inhalte für Zielgruppen, für die sie nicht geeignet sind, durchaus erleichtern. Wer aber bei quasi jedem alltäglichen Anlass eine content warning einfordert oder setzt, macht nicht nur für Menschen mit und ohne Behinderung die Timelines unlesbar, er macht aus den CWs ein verdammt stumpfes Schwert.
In dem von mir zu im Screenshot herangezogenen Beispiel habe ich mit dem Vermerk „Netzfund“ eine Karikatur gepostet, die in eindeutiger Weise dazu Stellung bezieht, dass Musk im Zuge der Trump-Inauguration 2025 öffentlich und nach meinem Verständnis auch eindeutig den Hitlergruß „entbot“. Ist ein CW für eine das tages- wie weltpolitische Geschehen karikierenden bildliche Darstellung nötig, sinnstiftend, angemessen?
Wer gerade abnehmen möchte und einfordert, dass vor jedem geposteten Schokoladentafel-Bild, vor jedem geposteten Bild eines schön angerichteten Tellers im Restaurant eine content warning zu setzen sei, der delegiert nicht nur sein individuelles Problem in die Community, sondern beraubt die CW ihres Sinns und Nutzens. Wer vor jedem Post, das sich mit Rassismus, Faschismus, Klassismus, mit Trump, mit Musk, mit Putin… auseinandersetzt, eine Rassismus-CW, Faschismus-CW, Klassismus-CW, Trump-CW, Musk-CW oder Putin-CW fordert, erschwert die notwendige Diskussion, erschwert den Austausch, erschwert, dass Betroffene ihre Betroffenheit – auch ungefiltert, auch unkategorisiert, auch ohne entsprechende Zuordnung – artikulieren können. Und in letzter Konsequenz silenced er dadurch marginalisierte Personengruppen. Im Übrigen gilt hier analog das zum Thema Alttext Gesagte: Wer CWs einfordert, fordert von seinem Gegenüber ein, immer in der Lage zu sein, seine Aussage oder den Inhalt seines Posts in eine – wohlgemerkt dem Gegenüber genehme, von jenem als sinnvoll erachtete – Verschlagwortung zusammenzufassen und ignoriert, dass es Menschen gibt, die das, z.B. aufgrund von geistiger oder psychischer Behinderung, einer grundsätzlich anderen Weltwahrnehmung oder aufgrund kultureller Unterschiedlichkeiten vielleicht gar nicht kann. Und das ist nichts anderes als nackter Ableismus.
Und wenn wir schon beim Thema Verschlagwortung sind: Es gibt aus unterschiedlichsten Gründen genug Menschen, die mit den Begriffen CW, TW, content warning, trigger warning… gar nichts anzufangen wissen. Wollte man dann etwa einem verstörenden Inhalt das Wort „Inhaltswarnung“ oder im Geiste Leichter Sprache „Inhalts-Warnung“ voranstellen, hätte ich wieder zwei neue Begriffe für die Filterliste. Irgendwann wird dieses Konstrukt nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für alle unbedienbar. Die CW-Thematik trägt ein aus meiner Sicht bislang ungelöstes Nomenklatur-Problem mit sich: Man müsste sich, damit es funktionieren kann, im Vorfeld und bei allgemeiner Akzeptanz darauf einigen, was verstörende Inhalte überhaupt sind und wie sie zu kennzeichnen sind. Nach meiner persönlichen Beobachtung tragen die selbstberufenen „CW-Anmahner“ weder zu dieser Diskussion, geschweige denn zur Lösung dieses Problems, etwas Sinnstiftendes bei.

Und es vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht Zeuge der Forderung nach einer „Gschmarri“-Triggerwarnung werden muss. Dein Haustier ist gerade verstorben? Fordere doch eine TW für niedliche Katzenbilder. Leute posten bei jeder Gelegenheit Bilder ihres Dopes und mokieren sich dann, wenn bei einem Essensbild aus dem Wirtshaus im Hintergrund unscharf ein Seidel Bier zu sehen ist – „Eine Alkohol-CW kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein!“. Jemand isst Fleisch? Jemand trinkt Milch? Geht eigentlich gar nicht, aber wenn man das unbedingt posten muss, dann nur mit „TW Tierleiche“ und „TW Eutersekret“.

Mir ist klar, dass das gerade Gesagte viele Leute verärgern mag. Manche sind im besten Willen vielleicht überzeugt, sie würden gerade aus dem Fediverse einen inklusiveren Ort machen, wenn sie nur möglichst viele Nutzer mit ihrem Unterlassen von CWs oder Alttexten konfrontieren. Dass das so unmöglich klappen kann, erklärt sich aber allein schon mit dem sozialpsychologischen Konzept der Reaktanz: Selbst wenn der Nutzer die Sinnhaftigkeit von CWs oder Alttexten prinzipiell versteht und mit der Aussage, sie seien sinnvolle und barrierenmindernde Maßnahmen, wird er sie dann aus einer Abwehrhaltung heraus nicht setzen, wenn er allein bei anderen Usern nur sieht, wie sie permanent und ubiquitär – und leider oft in unangemessenem Ton – dazu aufgefordert werden. Man verdirbt es sich so recht schnell (und ohne Not) mit den wohlwollendsten Zeitgenossen (und erweist der guten Sache einen Bärendienst).

Fazit: Wenn Du also User permanent für ihre fehlenden Alttexte, content oder „trigger“ warnings oder (wegen der für Screenreader mitunter schwierigen Ausspielbarkeit) der Verwendung von Emojis kritisierst, dann bist Du eben kein Mensch, der sich für Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt, dann schaffst Du eben kein Verständnis für Menschen mit Behinderung, schaffst keine Räume für Inklusion, nein, Du bist ableistisch. Stell das ab.

Mit dem Alt Bot mehr Inklusion bei Mastodon

Erst gestern berichtete ich über ein wertvolles Tool im Fediverse, die Fedikarte, heute widme ich mich erneut diesem dezentralen sozialen Netzwerk und beleuchte ein Tool, das ich fast noch wertvoller finde – den Alt Bot, den ich über Karlimann kennengelernt habe.

Ihr wisst, dass ich AI generell recht kritisch sehe – gerade, weil die Large Language Models mittlerweile zwar sehr süffige und kompakte, gut lesbare Inhalte liefern, es damit aber immer schwieriger wird, Fehlschlüsse und Falschinformationen zu erkennen. Solche Falschinformationen tradieren sich dann weiter, gerade wenn die Ergebnisse der AIs unkritisch in Webseiten übernommen werden.

Gleichwohl liefert die künstliche Intelligenz auch richtig coole Use Cases ab. Der Alt Bot analysiert Fotos, die Nutzer auf Mastodon posten, mithilfe von Googles AI Gemini und erstellt auf Grundlage dieser Ergebnisse Bildbeschreibungen als Reply auf den ursprünglichen Bilder-Post mit dem Ziel, die Bildinhalte für blinde oder sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen.

Screenshot https://fuzzies.wtf/@altbot

Den Alt Bot benutze ich seit nunmehr drei Wochen und ich bin positiv überrascht und gleichzeitig auch ein wenig beunruhigt ob der Treffsicherheit, Präzision und Fokussierung aufs Wesentliche bei den durch Gemini generierten Bildbeschreibungen. Ich habe kaum Anlass zur Kritik, im Gegenteil: Der Bot arbeitet aus den Fotos wissenswerte Details heraus, die ich so schlicht übersehen hätte. Mitunter gibt die AI auch eine Kontextualisierung oder vorsichtige Szenenbewertung ab, das eine halte ich für sehr gelungen, das andere betrachte ich freilich, ihr kennt meine Haltung dazu, nicht unkritisch.

Dennoch ist der Bot ein Tool, welches Mastodon zu einem wesentlich zugänglicheren Ort für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung macht.

Die Nutzung ist übrigens sehr einfach – übersetzt heißt es in der Anleitung für den Bot:

So benutzt du den Alt Bot:

  • Erwähne mich: Erwähne einfach @altbot in einer Antwort auf einen Beitrag, der ein Bild enthält, und ich werde eine Alt-Text-Beschreibung dafür generieren.
  • Folge mir: Folge @altbot, und ich folge dir zurück, um auf deine Beiträge zu achten. Wenn du ein Bild ohne Alt-Text postest, werde ich automatisch einen generieren, um das Fediverse zugänglich zu halten!

Wegen der Funktionsweise der Mastodon-API kann Alt Bot dir NICHT automatisch entfolgen, wenn du deine Meinung änderst. Bitte führe das Entfolgen manuell durch.

Hinweis zum Datenschutz: Der Inhalt deiner Beiträge wird nicht ausgewertet. Nur Bilder ohne bestehenden Alt-Text werden verarbeitet.

Der Alt Bot ist unter @altbot@fuzzies.wtf zu finden.

Die Fedikarte – ein großartiges Tool zur lokalen Vernetzung

Gerade habe ich von einer neuen Initiative des Nutzers @wolfmond@troet.cafe erfahren, die unter @fedikarte@troet.cafe bei Mastodon und im Web unter fedikarte.de zu finden ist.

Mit diesem Tool kann man auf Basis der Open Street Map Fediverse-Nutzer – im besonderen Mastodon-User – in seiner Nähe identifizieren und sich lokal vernetzen. Eine örtliche Suche gibt es bei Mastodon ja nicht, hier schließt die Fedikarte eine große Lücke.

fedikarte.de - Screenshot

Ich für meinen Teil bin begeistert und kann nur darum werben, dass sich jeder Nutzer in die Karte einträgt, damit unser Netzwerk noch größer wird. Vielen Dank den Machern!

Lesetipp (kurz & knackig): Jürgen „tante“ Geuter zum Thema KI

Bei turi2 findet ihr gegenwärtig ein Augen öffnendes Interview mit dem Technikphilosophen Jürgen Geuter: „KI ist keine magische Box, die alle Probleme löst“.
Sehr lesenswert, nicht nur für KI-Fanbois.

Mein persönlicher Pulitzer in diesem höchst lesenswerten Interview:

Die Qualität von Sprachmodellen wird sich doch aber weiter verbessern und sich damit immer mehr lohnen – oder sehen Sie das nicht kommen?
Unterschiedliche Studien zeigen, dass sich die Qualität der Texte von ChatGPT verändert – aber nicht unbedingt verbessert. Und das hat einen ganz trivialen Grund, den man in der Mathematik “Model Collapse” nennt. In ChatGPT steckt bereits das gesamte Internet – ein zweites Internet haben wir nicht. Ein großer Teil der Inhalte, die jetzt und in Zukunft im Internet dazukommen, werden bereits durch KI erzeugt. Es wurden jetzt schon durch Künstliche Intelligenz mehr Bilder erzeugt, als jemals Fotos von Kameras geschossen wurden. Wenn ich aber nun ein KI-System mit KI-generiertem Zeug füttere, dann wird es schlechter. Die Informationsdichte in dem Ding sinkt. Es wird dümmer. Ein Bekannter von mir nennt es immer “Habsburg-KI”. (Quelle)

Wer Zeit und Muße hat, findet in der Rubrik „Themenwoche: KI in der Kommunikation“ weitere lesenswerte Interviews.

Paywalls schaden der Demokratie

Ich muss hier einen Debattenbeitrag verlinken, mit dem ich in manchen Punkten vielleicht nicht exakt übereinstimme, den ich aber dennoch für sehr wertvoll und damit für lesenswert halte: Thomas Knüwer stellt fest, „Warum Journalist*innen sich mit Händen und Füßen gegen Paid Content wehren müssen“ und trifft mit seiner Analyse mehrere wunde Punkte.

Es gibt praktisch kein Medium außerhalb des öffentlich-rechtlichen Spektrums mehr, bei dem Instrumente des Boulevardjournalismus nicht Alltag wären.

WORD! Das ist eigentlich bekannt – aber so prägnant formuliert, verleiht diese Feststellung der Analyse die nötige Schärfe. Nun könnte man meinen, dass der einfache Ausweg aus der Misere einfach im Mehr-Konsum öffentlich-rechtlicher Angebote läge, in Zeiten, in denen der ÖRR allerdings von Rechten und Rechtsextremen – leider nur allzu oft von Konservativen flankiert –  diskreditiert wird, wird dieser Ausweg gesamtgesellschaftlich nicht den gewünschten Effekt bringen.

Knüwer führt aus, dass insbesondere (zum Zwecke der Klickgenerierung geschaffene, marktschreierische) emotionalisierende Überschriften, die im Zweifel nur wenig mit den Artikeln zu tun haben und oft gar nicht von den für den Artikel verantwortlichen Journalisten stammen, zur Polarisierung und damit letztlich zur gesellschaftlichen Spaltung beitragen. Denn die hier klärend wirkenden  der Überschrift folgenden Artikel bleiben der Mehrheit der Leser, die über kein Abo des jeweiligen Mediums verfügen, aufgrund der Paywall verborgen (das funktioniert im Kern aber nur dann, wenn, ich sage es jetzt mal etwas holzschnittartig, die Überschrift emotionalisierender Schrott ist und es im Artikel dann seriös, klärend quasi, weitergeht – und das wird bedauerlicherweise auch immer seltener).

Möchte man dieser Spaltung entgegentreten, so Knüwer, müssen die Inhalte frei und zugänglich bleiben.

Denn Schwurblermedien, von Putin bezahlte Text- und Videoknechte, Fake News und rechtsradikale Medienangebote – die gibt es umsonst. Jeder Text, jedes Video und neuerdings jeder Podcast, vor dem eine Paywall steht, hilft Faschisten und Antidemokraten, weshalb die Behauptung „Journalismuss MUSS Geld kosten“ ein Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft darstellt.

Insofern ist die sehr süffige Conclusio

„Journalismus DARF kein Geld kosten – aber wir müssen alles tun, um ihn zu finanzieren.“

schon zutreffend.

Jetzt muss natürlich zwangsläufig die Frage aufpoppen, wie denn bitte dann Geld verdient der Journalismus finanziert werden kann. Interessanterweise hat Herr Knüwer dazu vor bereits knapp fünf Jahren einen mehr als interessanten und erstaunlich hellsichtigen Longread, ein kleines Meisterstück, abgefasst.

Was ich allerdings zur Überschrift dieses Posts dennoch fallen lassen muss: Freilich müssten sich gerade Journalisten gegen ein Bezahlmodell zur Wehr setzen, das in letzter Konsequenz ihre eigenen Arbeitsmöglichkeiten substanziell bedroht, allerdings können wir ihnen diese Verantwortung nicht allein aufbürden. Eine staatliche Regulierung der „vierten Gewalt“ ist für mich persönlich auch nicht denkbar – im Gegenteil, sie könnte, ginge sie insbesondere von rechten Regierungen aus (was, gegenwärtig gesprochen, für die Zukunft ja fast zu befürchten steht), schnell zu einem Angriffsinstrument auf die Pressefreiheit missbraucht werden. Wir Leserinnen und Leser müssen uns disziplinieren, den Klick-Affen keinen Zucker zu geben und Seiten, die sich der Paywall-Wegelagerei verschrieben haben, konsequent blockieren.

Test: Das PRITOM P7+ 7-Zoll-Tablet und Andriod One

Auf Anraten eines Freundes und aus purer Neugier habe ich mir vor einem knappen dreiviertel Jahr ein „Zweit-Tablet“ zugelegt. Zugegeben: Im Kern war dieser Invest etwas unnütz, aber der Wunsch nach einem kleinen und leichten Zweitgerät war einfach groß, und so kam mit das 7-Zoll-Tablet des mir nicht näher bekannten Herstellers PRITOM gerade recht. Da besagter Freund das auch als „TronPad“ bezeichnete Tablet bereits sein Eigen nannte, wusste ich bereits grob, worauf ich mich einlassen werde. Das Gerät, das man heute für unter 65,- Euro inkl. Versand noch in einigen Stores bekommt, kostete damals etwas über 80,- Euro.

Kurz zu den Specs: In der niedrigen Preiskategorie kann man entweder ein absolutes Einsteigergerät oder aber subventionierte Hardware (so z.B. ein kindle-Fire-Gerät) bekommen. Und so lesen sich dann auch die technischen Daten: Ein nicht näher bezeichneter Quad-Core-Prozessor von Allwinner mit „bis zu“ 1,5 GHz, 32 GB Speicher, 2 GB RAM und das Ganze läuft unter Android 11 – in der abgespeckten „Go“-Edition. Dazu eine reichlich dürftige Frontkamera und eine mäßige Hauptkamera (5 MP) sowie ein Mono-Lautsprecher – so weit, so konventionell. Interessant an diesem Gerät ist das 1920 * 1200 FHD-Display und der Formfaktor – das Tablet ist klein und angenehm leicht.  Bei diesen Specs sind natürlich gleich einige Limitationen ersichtlich, zudem verfügt das Tablet weder über 5 GHz-WiFi noch über einen SIM-Kartenslot. Aber dennoch habe ich das Teil einfach mal geklickt…

Bleiben wir zuerst einmal bei den Limitationen, damit man in etwa weiß, worauf man sich einlässt: Die „Go“-Variante von Android ist eine spezielle Version für schmalbrüstige Hardware. Auch wenn Android 11 heut nach einem hinreichend aktuellem Release klingt (und vor einem Jahr durchaus noch up to date war), lassen sich bei weitem nicht alle Apps laden. So ist es mir beispielshalber nicht gelungen, Spotify auf dem Tablet zum Laufen zu bekommen, auch der VLC-Player funktioniert leider nur mit größten Problemen. Andere Apps wie YouTube oder die ARD-Mediathek laufen hingegen einwandfrei und sogar hinreichend flüssig. Trotzdem ist dadurch das „TronPad“ als Media-Maschine nur eingeschränkt nutzbar. Bei PRITOM weiß man wohl um dieses Defizit und liefert das Gerät daher mit einem proprietären Mediaplayer aus, der im Wesentlichen auch funktioniert, für das Indexieren der Medien aber unangenehm lange braucht, längst nicht mit jeder Film-Tonspur klarkommt und auch bei diversen HD-Inhalten in Dateicontainern die Grätsche macht. Mail (in diesem Fall mit K9), Twitter, auch der Chrome- und Firefox-Browser machen erst mal eine ganz gute Figur.  Damit ist das Tablet für den Alltagsgebrauch schon okay, wenn auch nicht optimal. Es kommt sehr darauf an, welche Ansprüche man an so ein Gerät hat. Dass die Gesamtperformance nicht mehr so recht zeitgemäß ist, merkt man leider auch bei den Brot- und Butterfunktionen: Das Einblenden der Bildschirmtastatur oder das Drehen des Bildschirms funktioniert jeweils mit einer unangenehm bemerkbaren Verzögerung.

Auf der Haben-Seite steht das helle, gestochen scharfe Full-HD-Display. Das ist in dieser Preisklasse wirklich bemerkenswert. Auch der Formfaktor ist sehr angenehm: Das 7-Zoll-Gerät ist äußerst leicht und kompakt. Das mitgelieferte Cover, das fest mit dem Gerät zu verkleben ist, trägt kaum auf und ist für sich genommen zwar einfach, aber funktional. Klar, das Tablet wurde auf Vollkunststoff gefertigt und tagt damit kaum als Handschmeichler, dennoch passt die Haptik und man nimmt das Gerät gerne in die Hand. Letztlich überzeugte mich die Form und ließ mich das „TronPad“ behalten (und bis heute benutzen), denn es ist mittlerweile gar nicht so einfach, überhaupt ein 7-Zoll-Tablet zu bekommen.

Würde ich das Tablet heute wieder kaufen? Wahrscheinlich nicht. Das liegt daran, dass mittlerweile unter den Siebenzöllern das Lenovo M7 mit seiner MediaTek MT8166 – 2GHz-Quadcore-CPU für unter 90 Euro „verramscht“ wird. Mit seiner Metallrückseite ist das ein insgesamt doch deutlich wertigeres Gerät und daher auch meine Alternativempfehlung.

Und auch wenn mein Fazit ambivalent ausfallen muss: Für gute 60,- Euro ist das „TronPad“ erst mal kein ganz schlechtes Gerät. Wenn es nicht erforderlich ist, dass jede Anwendung perfekt flüssig läuft, wer gerne öffentlich-rechtliche Mediatheken oder YouTube-Videos sieht, ein bisschen browsen will und seine E-Mails checken möchte, kann mit dem kleinen Siebenzöller prinzipiell schon etwas anfangen. Das Display kann, betrachtet man das Preis-Leistungs-Verhältnis, in jeder Disziplin überzeugen, das Tablet ist klein und leicht. Im Lieferumfang enthalten ist eine Displayschutzfolie, das einfache Cover, ein Micro-USB-Kabel, das Netzteil und eine englische Anleitung. Auch so gesehen ein ordentlicher Deal.

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