Moderne „Klassiker“: Die Dali AXS 8000-Standlautsprecher
Die Zeit der Jahrtausendwende war aus Sicht des HiFi-Hobbyisten eine spannende: Zum einen war HiFi gerade im Niedergang begriffen, besonders große und aufwendige Stereoanlagen ließen sich nicht mehr so einfach verkaufen, denn HiFi als Hobby musste gerade mit dem aufkommenden Internet, den PCs und der sich dadurch ändernden Art und Weise, Musik zu hören, um die geneigte junge Kundschaft konkurrieren. Auf der anderen Seite waren viele Entwicklungen der 1980er und 1990er-Jahre nun im Mid-Price-Segment angekommen und man konnte qualitativ hochwertige und technisch ausgereifte Komponenten zu guten Preisen erstehen. Das gilt sowohl für Einzelbausteine als auch für Lautsprecher.
Unter den Lautsprecherherstellern gehört DALI zu den jüngeren: 1983 wurde die Firma in Dänemark gegründet, am Anfang konzentrierte man sich auf den skandinavischen Markt, dann griff der gute Ruf des Herstellers auch im Rest Europas Raum. Lange Jahre galt DALI unter HiFi-Freunden als Geheimtipp, der gute Lautsprecher für überschaubares Geld liefert. Heute sind die Dänen „Vollsortimenter“, die von der Einsteigerbox bis hin zu High-End-Standlautsprechern in Preisregionen um die 20k-Euro alles liefern.
Kurz nach der Jahrtausendwende gab es einen deutlichen Trend zu 5.1-Home-Cinema-Systemen. Jeder Lautsprecherhersteller von Rang und Namen hatte daher für eine tendenziell jüngere und nicht ganz so gut betuchte Zielgruppe der „Surround-Fans“ eine entsprechende Serie im Programm. Herausforderung war (und ist bis heute), ein Lautsprecherprogramm aufzulegen, das im 5.1-Aufbau noch bezahlbar ist und dennoch auch zum Musikhören noch gute Qualität liefert. DALI kam diesem Bedarf in den frühen 2000ern mit seiner AXS-Serie entgegen. Und so lieferten die Dänen in der Serie zwei Shelfboxen, kleinere Standlautsprecher und für die Front-Kanäle auch zwei echte Standboxen-Boliden. Besonders der Center-Lautsprecher der Serie hatte in Kreisen der Heimkino-Enthusiasten viele Freunde.
Die großen Standboxen hatten es mir Anfang 2003 recht angetan. Die Dinger sind – wohlgemerkt ohne entkoppelnde Füße – 1,15 Meter groß, wiegen gut und gerne zwanzig Kilo und haben zwei nach vorn wirkende Bassreflexöffnungen. Mit einer Impedanz von etwa 5 Ohm und einem Wirkungsgrad von 92 dB haben die mit doppeltem Bass-/Mitteltonchassis (Achtzöller, wohlgemerkt) ausgestatteten Boliden ein Zwei-Wege-Design. Obwohl die Boxen „Riesen“ sind (und man sich heute solche Klopper gemeinhin kaum mehr ins Musikzimmer stellt), eignen sie sich (sehr zu meiner eigenen Überraschung) selbst für Verstärker mit niedrigen Wattzahlen.
Und so sollten sich diese Lautsprecher als ideale Spielpartner für meine 15-Watt-Röhrenmonos erweisen. Daran hätte ich selbst nicht geglaubt, zumal der Hersteller seinerzeit eine Mindestverstärkerleistung von wenigstens 25 Watt kommuniziert hat. Gemeinhin sagt man ja, dass gerade in ihrer Leistung limitierte Röhrenverstärker und große Standboxen sich nicht optimal miteinander vertragen, bei den DALIs war das aber nie ein Problem. Und so überdauerten diese Lautsprecher bei mir (entgegen meiner eigentlichen Planung) tatsächlich mehr als zwanzig Jahre.
Die Boxen der ASX-Serie wurden dann Mitte der 2000er fast schon verramscht, heute entwickeln sich gerade die kleinen 5000er-Standlautsprecher und die großen, voluminösen 8000er zum gesuchten Geheimtipp – und das nicht ohne Grund: Die Treiber sind super stabil und büßen bis heute, einen anständigen Umgang vorausgesetzt, nichts an Klang ein. Warum aber gerade jetzt, gute zwanzig Jahre, nachdem die Boxen hergestellt wurden? Heute hat jeder Hersteller, der auf sich hält, eine „Retro-Box“ im Portfolio, die sich allesamt durch einen klassischen Aufbau und groß dimensionierte Gehäuse auszeichnen. Es gilt: „Back to the roots“ – und die AXS-Lautsprecher passen mit ihrer im besten Wortsinne alle Konventionen erfüllenden Ausführung perfekt zu diesem (aus meiner Sicht sehr begrüßenswerten) Trend.
In den frühen 2000ern habe ich die AXS-Serie als „unterschätzten Underdog mit Gewinner-Qualitäten“ wahrgenommen (und daher auch gekauft) – ich will kurz mal ausführen, wie ich zu dieser Einschätzung kam: Die große 8000er-Box war als Frontlautsprecher für ein Surroundsystem schlicht zu klobig. Ihre einwandfreie Basswiedergabe war im Heimkinosetting auch gar nicht wirklich gefragt, schließlich galt in jenen Tagen der separate Subwoofer als Maß aller Dinge. Dann war sie weiland viel zu niedrig bepreist, das Paar kam auf keine 1000,- Euro Straßenpreis. Damit fehlte es dem Topmodell der AXS-Serie schlicht an dem durch ein Preisschild untermauerten Prestige. Und obschon die Verarbeitung gut bis sehr gut und die technische Umsetzung beachtenswert gut ist (und diese Lautsprecher zudem noch in Dänemark hergestellt wurden, heute werden die günstigeren Lautsprecherserien DALIs in Ningbo, Zejiang, China, produziert), musste selbst damals der günstige Preis irgendwoherkommen – beim Finish wurde gespart: Kunststofffurnier und einfach bespannte Kunststoffblenden, die Chassis sind simpel aufgesetzt und mit vier Schrauben befestigt und auch die aus Kunststoff gefertigten Bassreflexrohre sind einfach auf die Frontplatte gesteckt. Das ist zweckmäßig, das funktioniert, macht aber optisch wenig her. Und dann muss auch erwähnt sein, dass beim Gehäuse „nur“ Pressspan zum Einsatz kam. Der hat bekanntlich nicht die schlechtesten akustischen Eigenschaften und ist in dieser Ausführung angenehm schwer und dicht – doch gegenwärtig verlangt jeder nach MDF.
Heute sind die Standlautsprecher immer noch ein Geheimtipp (und werden, das überrascht mich wirklich, als „Klassiker“ gehandelt). Und obendrein nur noch schwer zu beschaffen. Ein Geheimtipp deswegen, weil erstens, wie zuvor erwähnt, klassische Boxenbaukonzepte wieder en vogue sind; man besinnt sich auf deren Qualitäten. Zweitens, weil ein Zwei-Wege-Design heute eine ähnliche Renaissance feiert wie drittens der Röhrenverstärker, der bekanntermaßen auf einen hohen Wirkungsgrad angewiesen ist. Und schön langsam werden auch die 4 Ohm, die man in den 90ern quasi abschaffte (ohne jede Not, wenn ihr mich fragt), wieder etwas gängiger. Schwer zu beschaffen? Ja, gebraucht findet man sie nicht mehr so einfach. Viele dürften ob des günstigen Preises später in Jugendzimmern gelandet und als Partyboxen „zerschossen“ worden sein, das durchaus empfindliche Kunststofffurnier hat wohl bei jedem Exemplar etwas gelitten und auch der Bespannstoff der Blenden ist eher empfindlicher Natur – und so darf davon ausgegangen werden, dass etliche technisch völlig funktionstüchtige Exemplare aufgrund kleiner optischer Fehler einfach weggeworfen wurden.
Wer heute solche Boxen findet und zudem den Platz und den Raum hat, sie aufzustellen, wird durch einen reichen, vollen und geerdeten Klang belohnt. Müßig zu sagen, dass Lautsprecher dieser Bauart keine analytischen Monitore sind. Aber sie sind angenehm musikalisch, zaubern für ihren Preis eine beeindruckende Bühne und warten mit einem gefangennehmenden Bass auf. Freilich, wenn man Boxen über zwei Jahrzehnte regelmäßig gehört hat, muss man seine eigene Wahrnehmung schon hinterfragen. Zwei Stimmen zu diesen Boxen sind mir aber im Hinterkopf geblieben: Ein befreundeter Musiker hat auf diesen Boxen öfter seine Aufnahmen und Abmischungen abgehört und attestierte den Lautsprechern eine gute und nahe am Original befindliche Abbildung. Ein anderer Freund, dessen Hörgewohnheiten eher „vintage gear“-geprägt sind, fand die Abstimmung zu tiefenbetont und insgesamt zu dunkel. Wo auch immer man hier seine Präferenz setzt, Lautsprecher mit einer so guten, wie natürlichen und dennoch fulminanten Basswiedergabe sind heute um Größenordnungen teurer. Als „Youngtimer“ (nein, als „Klassiker“ sehe ich die zwanzig Jahre alten Boxen bei allem Wohlwollen nun doch nicht) muss man sich mit mancher „Oldtimer-Macke“, so zum Beispiel bröselnden Sicken, defekten Weichen oder verharzten Hochtönern, nicht herumärgern.
Noch etwas zum Thema Raum: Das Matching von Boxen und Endstufe anhand technischer Parameter ist wichtig, essenziell ist aber, dass ein Lautsprecher gut mit dem Raum harmoniert, in dem er betrieben wird. Insbesondere hinsichtlich der Raumgröße sind die 8000er durchaus anspruchsvoll, denn sie wollen schon ihre 18, besser 20 m² oder mehr bespielen, gut und gerne dreißig Zentimeter von der Wand entfernt stehen und auch einige Meter zum Sweet Spot Entfernung haben, sonst wirkt der Klang gedrungen und irgendwie undifferenziert. Letztlich war der Grund, warum ich die Boxen weiterverkauft habe, dass sie in meinem leider mittlerweile relativ kleinen Hörraum ihr Potenzial nie wirklich ausspielen konnten. Wenn die Aufstellung passt, belohnt die Box den Hörer mit einem schön straffen Bassfundament und sehr ausgeglichenen Mitten nebst seidener, nicht überpräsenter Höhen. Der Sound ist fast schon ein wenig schmeichlerisch. Allerdings muss auch klar sein, dass die Lautsprecher nicht überragend nüchtern sind. Holzbläser und Stimmen kommen angenehm natürlich, scharfe Blechbläser hingegen klingen etwas zu gemütlich. Gut für Rock, Blues und Jazz, schön bei Orchesteraufnahmen, dankbare Spielpartner auch bei geringen Pegeln. Dort, wo aber eine präzise Abbildung gefragt ist, bei klassischen Solisten, Kammermusik und Ähnlichem, verzeichnet der Lautsprecher aber zu stark bzw. es fehlt einfach das letzte Quäntchen Transparenz. Es sind einfach „Schönklinger“, mit allen Vor- und Nachteilen. Die Fähigkeit, bei guten Aufstellbedingungen eine „Bühre“ zu zaubern, bei der sich der Klang quasi vollständig vom Lautsprecher löst, ist für ein Boxenpaar dieser Preisklasse mehr als erstaunlich. Viele sieben, acht, zehnmal teurere Standlautsprecher in akustisch optimierten Hörräumen konnten die AXS 8000 hinsichtlich Transparenz, Auflösung… in die Tasche stecken, sie waren aber nach meinem Dafürhalten mehrheitlich außerstande, eine so beeindruckende Bühnenabbildung zu schaffen.
Fazit: Gut zwanzig Jahre nach Erscheinen ist Dalis AXS 8000 immer noch eine interessante Box. Die solide Weiche und die wertigen Treiber sind selten Quell technischer Probleme. Und daher sollte man sich diese Boxen, wenn man sie einmal angeboten bekommt, durchaus anhören. Heute bekommt man für das Geld, das einstmals für diese Lautsprecher aufgerufen wurde, kaum mehr etwas Vergleichbares, was auch erklären mag, dass sich die Gebrauchtpreise Jahr um Jahr an den Neupreis annähern.
Anmerkung: Dieser Artikel stammt ursprünglich vom 20. Dezember 2023, wird aber heute, nur in kleinen Details angepasst, an dieser Stelle erstveröffentlicht.