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Wirtshaus-Explorer: Der Schinkenwirt in Hiltmannsdorf

Ich bin froh, dass es keine allgemeingültige Definition von Gemütlichkeit im Kontext der Gastronomie gibt, denn dies würde mich , gäbe sie es, schwer in die Breduillie bringen, wenn ich über den Hiltmannsdorfer Schinkenwirt schreibe.

Es gibt sie immer noch, diese fränkischen Wirtshäuser auf dem Land, bei denen man meint, dass die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Hier kommt man an das große Wirtshaus, mitten im Dorf, das auch wirklich noch ein Haus ist, in dem auch die Wirtsleute wohnen. Die Fensterscheiben dieser Wirtshäuser sind gerne aus kleinen, gelb durchfärbten Scheiben mit Struktur im Glas, die an Butzenscheiben gemahnen, wenn man nur genug Phantasie aufwendet. Die Wirtshaustür ist aus Eiche – und sie ist schwer. Der Eingangsbereich ist gerne deckenhoch gefliest, vorwiegend in Ockertönen. Diese Fliesen findet man auch auf den Toiletten, ein wiederkehrendes Thema, gleichsam. Wie die Tür ist auch der Schanktisch und die Stühle in der Wirtsstube in Eiche, die Tischplatten sind Eichenfurnier oder noch klassischer: Resopal. An nicht selten in Eierschale getünchten Wänden hängen Bilder – Malereien oder Fotografien, die Bäume, Hirsche, ganze Landschaften – immer aus der Region – zeigen. Dazu gesellen sich immer wieder Schützenscheiben. Und über jedem Tisch hängt ein kupferner Lampenschirm. Der Gastraum verfügt neben den Stühlen über ein stilbildendes Must: Die im gesamten Raum umlaufende Sitzbank gehört unbedingt dazu.

Jetzt scheiden sich die Geister, ob man das gruselig oder gemütlich findet. Auf jeden Fall gehört so ein Wirtshaus in jedes Dorf und leider sterben diese Wirtshäuser immer öfter. Wenn man in so einem Wirtshaus sitzt, dann kann man schon mal gerne vergessen, dass man im Hier und Jetzt, im Jahre 2009 ist. Man könnte, wären die Preise auf der Karte nicht in Euro ausgewiesen, auch im Jahr 1978 oder 1985 sein – die Zeit scheint zu stehen.

Die Erfahrung lehrt allerdings: Gerade in diesem Ambiente, verbunden mit der Lage auf dem Land, kann man in solchen Wirtshäusern gut und günstig deftig essen. Und genau das ist beim Schinkenwirt in Hiltmannsdorf der Fall.

Gestern haben wir das wieder einmal getestet. Das Schweineschnitzel mit Kartoffelsalat mag hierbei nicht die Königsdisziplin sein – allerdings lässt sich hieran schon ablesen, welcher Standard in einem solchen Wirtshaus gefahren wird.

Das Schweineschnitzel muss zuerst dünn, groß und „saftig“ sein, die Panade sollte kross sein und sich leicht vom Schnitzel wellen. Selbstverständlich ist das Schnitzel in der Pfanne im Butterschmalz zu schwenken und herauszubacken, ein absolutes No Go sind Schnitzel aus der Fritteuse. Der Kartoffelsalat verlangt eine gute Würze und eine mittlere Konsistenz. Zu mehlig und trocken darf er nicht sein, schleimig geht gar nicht. Ein absolutes Must ist, dass er stets selbst gemacht und frisch zubereitet ist. Alles andere verbietet sich.

Dieses „Pflichtenheft“ erfüllt der Schinkenwirt ausnahmslos: Große, saftige Pfannenschnitzel mit herrlicher Panade, groß und duftend und ein hervorragender Kartoffelsalat liegen auf dem Teller. Es gibt am Schnitzel nichts, aber auch wirklich nichts auszusetzen. Die Getränke kommen frisch gezapft auf den Tisch (das sollte man an und für sich nicht eigens erwähnen müssen, aber heute bekommt man immer wieder ein Bier ohne Schaum oder ein Spezi ohne Kohlensäure gebracht – leider, nicht so in Hiltmannsdorf).

Einmal in der Woche gibt es selbstgemachte Blut- und Leberwürste, ab und an Schlachtschüssel. Mit einer Besonderheit , die viele unseres Alters gar nicht mehr kennen, kann der Schinkenwirt zudem aufwarten: Der Leberkäs, der aber nicht aus hochfeinem Brät gebacken wird, sondern eher wie ein Hackbraten daherkommt – eine Spezialität nach alter Väter Sitte. Zudem findet man auf der Karte das ganze fränkische Programm: Rinderbraten, Schweinebraten und gemischter Braten, Schäufele und in den „R-Monaten“ natürlich der Karpfen. Kloß mit Soß. Und deftige Brotzeit. Man wird nichts vermissen beim Schinkenwirt.

Das hat sich natürlich herumgesprochen, deshalb sollte man telefonisch vorreservieren. Und auch die Öffnungszeiten sind nicht durchgängig – derzeit hat das Lokal Mintag , Dienstag und Freitag Ruhetag. Ein Anruf bei den netten Wirtsleuten verschafft Klarheit.

Schinkenwirt, Alte Dorfstraße 11, 90556 Hiltmannsdorf. Telefon: 75 16 30. Eine Anfahrtsskizze und GPS-Koordinaten gibt es hier.

9 Kommentare

  • Markus

    Da war mein Opa immer 🙂

  • Thorsten

    Und ich war net dabei 😉

  • Nadine

    Ich kenn das Wirtshaus auch von Kindheit an. Wir haben im Nachbardorf gewohnt. Und ich bin mit meinem Papa oft hingeradelt. Zur Belohnung gabs dann ein Limo und ein Eis am Stiel….
    Heute fahr ich ab und an mit dem Auto hin und zur Belohnung gibts für mich dann ein lecker Pfannenschnitzel 😉

  • Viele Jahre geniessen wir schon das gute und deftige Essen vom Schinkenwirt. Schon bei Frieda gab es diese super Schnitzel. Gott sei dank haben Frieda´s Erben den Gedanken weiter geführt.
    Gerne essen wir in Hiltmannsdorf oder bestellen die guten Schnitzel für Zuhause. Kann das Lokal nur empfehlen.

  • Wichtig! Nur Montag und Dienstag Ruhetag – Freitag kann man das gute Essen geniessen!!!!!

  • Nadine

    Heute nach langer Zeit wieder mal dort gewesen. Schnitzel lecker und üppig wie immer!
    Das Lokal war komplett voll. Vorher reservieren ist wirklich von Vorteil. Wir haben uns dann aber zu netten Leuten mit an den Tisch setzen können – ja auf dem Land ist die Geselligkeit eben noch besser als bei uns in der Stadt 😉

  • Herbst Robert

    Werte Gaststättenkritiker und Gäste der Wirtschaft Schinkenwirt!
    Die großen Schnitzel in allen Ehren aber was die Betreiber in ihren Kartoffelsalat mixen ist gelinde gesagt eine FRECHHEIT! Irgendein Billigsuppenbrühwürfelsud mit extrem vielen undefinierbaren Nebengeräuschen. Ich hab mich danach auf der Toilette einer starken Verschleimung entledigt. Es war ein Erlebnis wie früher im Mc.Donald! Billigste Zugaben zu einer perfekten Kartoffelqualität vermiesen mir jedesmal einen positiven Gesamteindruck. Zudem findet man keinerlei Angaben über Glutamate Säuren etc. wie es seit Mitte Januar gesetzlich vorgeschrieben ist! Da ich kein Denunziant bin und den jungen Leuten eine Chance gebe hoffe ich inständig auf Besserung! Ich glaube jedoch, dass die meisten der Gäste nicht wissen was gut ist! Jeder kann einen Kartoffelsalat genau so wie einen grünen Salat mit Dosenfutter oder ungesunden Dressing vergewaltigen. Eigentlich schade, dass man da immer noch Gastronomen findet, die kein Verständnis dafür entwickeln!
    Urteil: Schnitzel gut Salat merkwürdig Grüner Beilagensalat typisch mit Dosenfutter und Billigwürze verfeinert! Alles in Allem durchschnittler Landfraß für Dickleiber die füllige Portionen lieben
    In diesem SINNE HERBST IST MEIN NAME

  • admin

    Hallo Robert,

    ich weiß nicht, ob die Wirtsleute, mit denen ich weder verwandt noch verschwägert bin, hier mitlesen. Ich denke, dass es auch wichtig ist, dass Du Deine Kritik ihnen gegenüber äußerst, denn sonst ist es quasi dem Zufall überlassen, ob sie mitbekommen, was Dich gestört hat.
    Der Bericht ist von 2009, seither hat sich mit Sicherheit das ein- oder andere geändert… Wir waren letzten Sommer nochmal dort, das Wirtshaus ist inzwischen „zeitgeistig“ umgebaut und präsentiert sich moderner, was ich schade finde, mir hat der fränklische Wirtshausstil besser gefallen. An besagtem Sonntag im Sommer war es gesteckt voll. Das Schnitzel habe ich als ok in Erinnerung.

  • Herb aus Nämberch

    Hallo Robert, ich kann „8 admin“ nur zustimmen. Einrichtung und Ambiete haben sich seit 2009 verändert. Was den Salat betrifft wäre es sinnvoll wenn du die Wirtsleute direkt darauf ansprichst um ihnen die Chance zu geben etwas zu verändern. Die Schnitzel sind die letzten Jahre unverändert lecker und auch die anderen Gerichte ob Braten, Sülze, Schlachtplatte und Brotzeitplatten schmecken ausgezeichnet. Also gib dir einen Ruck fahr nochmal hin die Wirtleute haben ein offenes Ohr für Sachliche kritik..

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