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Hintergrund: ARD-HDTV-Ruckler via Sat

Vor zwei Wochen hatte ich hier ja schon einmal das Problem mit den Rucklern insbesondere bei den neuen ARD-HDTV-Sendern über Satellit berichtet. Über die Hintergründe konnte zu dieser Zeit nur spekuliert werden, doch für mich hat sich nach einem Telefonat letzte Woche einiges an Klarheit ergeben.

Ich will meine „Quelle“ nicht verraten, kann aber soviel sagen: Ich hatte am Donnerstag ein interessantes Telefonat mit einem Entwickler eines kleinen und feinen deutschen Satreceiverherstellers. Ihn zu erreichen war nicht ganz einfach, denn gerade bei den kleinen Herstellern brennt wegen der Umstellung derzeit immer noch die Hütte und gerade ältere Menschen haben mit dem Einspielen von Softwarefixes so ihre Probleme. Hier muss dann mal eine kleine Firma mit Mann und Maus Support leisten – eine echte Herausforderung.

Im Zuge der Analogabschaltung über Satellit hat die ARD zum 2. Mai viele ihrer Programme, darunter auch etliche 3. Programme, auf HD umgestellt. Möglich wurde das, weil durch das abschalten der Analogübertragung entsprechend Bandbreite auf den Transpondern frei wurde. Nichts desto trotz: Viele HD-Sender (darunter auch z.B. die Regionalstudios des WDR) schlucken freilich viel Bandbreite und so liegt die Umsetzung meines Wissens in einem Kompromiss: Die immer mit fixer Datenrate übertragenen Sende wechselten zu einer Übertragung mit variabler Datenrate. Das ist zu DVB-S2 auch standardkonform – aber eben auch ungewöhnlich.

Nun werden in Satellitenreceivern unterschiedliche Chipsätze verwendet. Recht gebräuchlich sind die der Firma NEC und die der Firma ALi. Und gerade mit den ALis gibt es hin und wieder Probleme. Diese Chips gelten gemeinhin als billig und robust. Allerdings bedarf es bei einem guten Teil der Geräte eine Abstimmung der Software – genaueres wurde mir allerdings nicht mitgeteilt, die im Zusammenspiel bewirkt, dass sowohl HD-Sender mit fixer wie auch variabler Bitrate einwandfrei dargestellt werden können.

Die Problemlösung liegt einzig in einem Software-Update und damit tun sich selbst einen knappen Monat nach der Umstellung noch etliche Hersteller recht hart: Für einige Receiver gibt es noch gar keine Updates, für andere wiederum sind in kürzester Zeit mehrere Softwareversionen herausgekommen, weil man für ein anständiges Testing wohl keine Zeit hatte. Hin und wieder sind auch die Geräte wegen unzureichender Updates eingefroren und lassen sich nicht mehr softresetten. Wer es abwarten kann, der sollte noch ein wenig auf ein finales und problemlösendes Release warten.

Interessant sind auch die Wege, wie ein Software-Update vonstatten geht. Gängig ist, dass man sich online das Update besorgt und das via USB-Stick auf den Receiver einspielt. Hier muss die Formatierung des Sticks und gerne auch mal eine vorhandene Ordnerstruktur berücksichtigt werden. Das ist nicht jedermanns Sache. Weiterhin gibt es dann noch die OTA-Update-Lösung. OTA heißt nichts anderes als „over the air“ und  die Software wird in diesem Modus via Satellit übertragen. Das ist einfach und chic, wenn es denn funktioniert. Betrachtet man die Vielzahl der Receivermodelle, die jeweils einzelne Hersteller im Portfolio habewn, bekommt man eine Idee, woher das Problem rührt: Ein schmalbandiger Transponder kostet eine Jahresmiete von 60.000,- Euro, sinnvoll abbildbar ist darüber eine Update für etwa 8 Modelle, denn sonst wäre die Wartezeit auf ein Update nicht zumutbar. Und man kann OTA die Updates auch nicht beliebig rollieren, weil man ja nicht weiß, wann wer mit welchem Modell den Receiver einschaltet. Manche Modelle holen sich das Update silent beim Start, bei anderen muss das OTA-Update manuell angestoßen werden. Solche Probleme haben Besitzer von HBBTV-Receivern, die mit dem Internet verbunden sind, prinzipbedint nicht – aber auch hier gibt es längst nicht für alle Modelle ein passendes Update.

Die Devise lautet: Abwarten und SD gucken. Und wenn man feststellt, das dem Updates nach einer gewissen Zeit keine Revisionen mehr folgen, kann man das ja einspielen und dann sollte es gehen. Wer dann aber immer noch Probleme hat, möge auch mal seine HDMI-Einstellungen versuchen und je nach Gerät mal zwischen 780p und 1080i umschalten. Denn manche Fernseher haben mit der Interpolierung der Auflösung bei schnellen Bildwechseln auch ihre Probleme.

Kirchhof: Rundfunkgebür für jedermann – auch ohne Radio, Fernsehen und Internet

Die Rundfunkgebühren, aus denen sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert, sind rückläufig. Dafür sind mehrere Gründe denkbar. Viele Menschen, insbesondere junge Menschen, melden gar kein Rundfunkgerät an. Teils „illegal“, teils aber auch legal, weil sie weder Radio noch Fernsehen besitzen (ja, solche Leute gibt es, ich kenne ein paar, die weder ein Radio noch einen Fernseher haben und auch nur an der Uni ins Netz gehen). Und dann gibt es immer mehr Menschen, die keine Rundfunkgebühr bezahlen müssen, weil sie entweder Hartz IV bekommen oder nur über ein so geringes Einkommen verfügen, dass sie ebenfalls nicht gebührenpflichtig sind. Und dann gibt es noch jene, die zwar zahlen könnten und müssten, es aber nicht tun, weil sie das Angebot des ÖRR nicht nutzen oder es einfach viel zu schlecht finden. Und dann gibt es da noch den vielzitierten demografischen Wandel: Die Bevölkerung wird einfach weniger und damit fließt auch weniger Rundfunkgebühr – da nutzt kein Jammern, Zaudern und Zagen.

Nun könnten die Landesrundfunkanstalten gegensteuern, in dem sie weniger Geld verschwenden, sparsamer haushalten, Synergien besser nutzen usw. Davon ber ist nicht die Rede. Die Rede ist seit einiger Zeit, wie man dem Schwinden der Rundfunkgebühr begegnen kann. Und weil bislang kein tragfähiges Konzept auf dem Tisch lag, engagierte man nun Professor Kirchhof, um etwas zu unternehmen. Professor Kirchhof? Ja , genau! Der Kirchhof, der den Deutschen noch im Gedächtnis ist durch seine Schwachsinnsidee mit der „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“.

Was hat der Professor aus Heidelberg nun wieder ausgeheckt? Seit heute ann man es einsehen, auf carta.net, denen der Entwurf des Staatsvertrages zur Rundfunkfinanzierung zugespielt wurde. Ich habe da mal kurz drübergelesen und fasse zusammen:

In Zukunft

  • soll für jeden Hausalt eine Rundfunkgebührenpauschale erhoben werden, unabhängig davon, ob Radios, Fernseher oder „neuartige Rundfunkgeräte“ bereitgehalten werden oder nicht
  • laut carta.net soll dieser Pauschalbetrag eine Höhe von 18 Euro pro Monat haben
  • auch für Zweit-oder Ferienwohnungen soll die Pauschale zu entrichten sein
  • für „Betriebsstätten“ wird ebenfalls ein Pauschalbetrag erhoben, der je nach Beschaffenheit aber auf bis  zu einem Drittel des vollen Satzes reduziert sein kann
  • die Befreiungen werden beibehalten
  • die GEZ bleibt weiter mit dem Inkasso der Gebühr beauftragt
  • ist explizit geregelt, welche personenbezogenen Daten der GEZ mitgeteilt werden müsse

Das alles ist noch nicht Gesetz – wird der Staatsvertrag aber angenommen, dann gilt das.

Herr Kirchhof scheint mir eine Art neuzeitlicher Midas zu sein – alles was er anfasst, wird zu Scheiße.

Die Pauschalrundfunkgebühr ist extrem unfair. Jeder, der bis dato nur ein Radio hatte unddafür die „verringerte“ Rundfunkgebühr zahlen musste, wird nun komplett zur Kasse gebeten. Auch muss jede „Betriebstätte“ zahlen – auch dann, wenn gar kein Rundfunk empfangen wird. Es gibt so viele Verkaufsstellen, Lagerräume , Büros, Imbisswagen, Kioske, Bäckereien, Werkstätten… in denen kein Radio gehört und nicht fern gesehen wird – mir sind auch Produktionsstätten bekannt, wo das aufgrund von Lärm auch gar nicht funktioniert.

Die Besitzer von Lauben, Datschen und Wochenendhäuschen sind ebenso betroffen – wer dort nur ein Radio hat (und viele brauchen in der Datsche keinen Fernseher, haben vielleicht noch nicht einmal einen Stromanschluss dafür) muss trotzdem blechen.

Nicht zuletzt sind all jene die Gearschten, die bewusst auf die Teilnahme am Rundfunkempfang verzichten, die den ÖRR – aus welchen Gründen auch immer – boykottieren und ihm das Geld entsagen, dass er ihres Erachtens nicht verdient. Ein freies Land mit Zwangsgebühr für einen Rundfunk, den bei Weitem nicht jeder nutzt? Herr Kirchhoff, Sie haben schon wieder versagt – langsam wird es peinlich.