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Monatsrückblick Mai 2025

Der Rückblick auf den Monat Mai wird sich etwas geraffter präsentieren, als sonst  – und das hat ganz einfache Gründe: Wir waren drei wunderbare Wochen im Urlaub, in der vierten Woche gab es freilich dienstlich das ein- oder andere aufzuholen und so ist meine Zusammenfassung etwas knapper, etwas integrierter, vielleicht sogar etwas prosaischer, als sonst.

Habemus Merz, habemus diverse Minister und last but not least habemus papam. Zuerst, das sei mir als Protestant gestattet, zu unserem neuen Kanzler der Schande Friedrich Merz – der nämlich legte bei seiner Wahl einen derartigen Bauchplatscher hin, dass er sich von diesem Fehlstart, nämlich im ersten Wahlgang sang- und klanglos durchgefallen zu sein, nach allem Ermessen politisch nicht mehr erholen wird, nicht mehr erholen kann. Dieser in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartige Vorgang fand, das wird niemanden wundernehmen, internationale Beachtung. Es hätte eigentlich auch nur einen einzigen souveränen Ausweg aus dieser Situation gegeben – nämlich nicht mehr als Kanzler anzutreten. Eine derart souveräne Handlung hat man selbstredend von Merz weder erwarten können noch erwarten dürfen. Anderenorts habe ich mal gewitzelt, dass die Kanzlerschaft Merz besonders in der „Erhardstadt“ Fürth für große Freude sorgen dürfte, ist mit ihr doch der politisch gescheiterte Ludwig Erhard nicht mehr der schwächste Kanzler in der bundesrepublikanischen Geschichte. Für Deutschland selbst ist diese Bürde schwer, der de facto-Verlust des Bündnis- und Wertepartners Nordamerika, der Krieg in Europa, die fortdauernden Angriffe rechtskonservativer, evangelikaler, rechtsextremer Kräfte auf unsere freie und im besten Wortsinne liberale Lebensart hätten eines Staatsmanns mit Standing bedurft, bekommen haben wir Merz, einen schwachen Mann ohne auch nur die geringste Amtserfahrung, einen Mann, dessen gekünstelte Pseudo-Autorität landauf, landab zu irritieren vermag, die einen leider nur allzu häufig peinlich berührt und die schlicht heraus albern ist.

Merz stellte ein lupenreines Lobbyistenkabinett auf; es ist irgendwie schon schade, mitansehen zu müssen, wie sich die Demokratie hier ihrer Unterspülung durch Kapitalinteressen nicht mehr zu wehren imstande ist, aber auch das war absehbar. Dobrindt, Reiche,… das sind Figuren, denen die Ministerschuhe zu groß sind – so groß, dass man nicht erwarten kann, dass sie jemals in sie hineinwachsen. Bei Dobrindt wissen wir ja, dass er das Amt nicht sinnstiftend bekleiden kann. Der Peißenberger hat schon als Verkehrsminister aufs Kläglichste versagt, auch als Innenminister vertraue ich diesem Mann keinen Millimeter. Diese Personalie allerdings belegt nur allzu deutlich, dass der deutsche Konservativismus nicht nur, wie ich bereits mehrfach schrieb und sagte, in seiner schwersten intellektuellen Krise gefangen ist – wer Dobrindt als Innenminister aufstellen will oder muss, ist schlicht politisch handlungsunfähig – das wird, so bitter das ist, ein Festmahl für in ihrer Gänze rechtsextreme AfD. Wie wunderbar dieses Lobbyistenkabninett funktioniert, demonstrierte nicht nur Reiche mit ihren Gaskraftwerken, auch Linneman fiel mit seiner Aussage, Rentner arbeiteten zu wenig, instantly und nicht zum ersten Mal unangenehm auf. Wir werden mit Merz und seinem Kabinett noch viel Freude haben und dürfen uns auf allerhand gefasst machen.

Habemus Papam. Ich bin mit einer Bewertung der Personalie Robert Francis Prevost sehr zurückhaltend – weil mir dieser Mann vor seiner Papstwahl auch in der Berichterstattung noch nie begegnet oder anderweitig erinnerlich ist. Nun bin ich aber auch nicht katholisch. Nun, kurz nach der Bekanntgabe seiner Wahl haben gerade die US-amerikanischen Evangelikalen-Faschos zu schäumen begonnen, so schlecht kann der Mann also nicht sein. Alles andere wird sich weisen müssen, hinsichtlich des dringenden Reformbedarfs in der katholischen Kirche rechne ich ja nicht mit allzu großen positiven Überraschungen. Wir werden sehen.

Die AfD ist nun auch offiziell das, was wir eh schon wissen – gesichert rechtsextrem. Daran ändert auch die „Stillhaltezusage“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz nichts; Einstufung ist Einstufung und Wahrheit bleibt Wahrheit. Mit Rechtsextremisten hat man nichts zu tun, mit AfDlern hat man nichts zu tun – Anstand bleibt Anstand. Zwar versucht Dobrindt, das längst überfällige AfD-Verbotsverfahren bzw. dessen Prüfung zu verschleppen, die gesamtgesellschaftliche Debatte bekommt er freilich nicht gestoppt. Die Zeit ist reif für ein AfD-Verbot – reifer denn je.

  • Erinnert ihr euch noch an den Corona-Streek? Den Mann, der mit nahezu jeder seiner Aussagen und Prophezeiungen meilenweit daneben lag? Dem wollten die Konservativen ja irgendeinen Posten antragen, geblieben ist ein Pöstchen. Drogenbeauftragter. Ja mei, machste nix…
  • Schlagzeile: Bär lehnt „Gender-Zwang“ an Forschungseinrichtungen ab. Okay, den gibt es zwar gar nicht, aber was schert sich eine Bildungsministerin schon um die Wahrheit? Konserven doing Konserven-things.
  • Tesla liegt am Boden. Und mit was…?
  • Im Urlaub habe ich auf einem Parkplatz tatsächlich ein Auto des vietnamesischen Herstellers VinFast gesehen. Welche Rarität mir da begegnet ist, wurde mir erst später, nach dem Lesen dieser Meldung klar.
  • Büchsenbier hat allgemein keinen guten Ruf, die Bierdose ist ein Einwegteil, das eine kritische Ökobilanz hat – und sich dennoch wachsender Beliebtheit erfreut. Schon bedauerlich, dass wir bei simpelsten Dingen als Gesellschaft wieder so zurückfallen. In den 90er Jahren bin ich in einer Provinzstadt, Schwabach, zur Schule gegangen, da gab es eine stadtweite, sehr erfolgreiche Kampagne gegen Einwegbüchsen. Aus dem dortigen Jugendzentrum bin ich sogar mal rausgeflogen, weil ich mir gedankenlos eine Limobüchse vom benachbarten Lidl aufgerissen habe und das Limo nicht weggießen wollte. Das musste ich dann vor der Tür trinken, erst dann durfte ich wieder rein. Diese Lektion habe ich gelernt. Spätestens seit dem Niedergang der letzten Brauerei, der Leitner Bräu, im Städtchen, ist aber auch die Kampagne gegen das Büchsenbier verschwunden. Schade eigentlich.

Wirtshaus-Explorer: Platz ist in der kleinsten Hütte – L’Incanto della Pizza am Nordostbahnhof

An guter Gastronomie ist das Nordostbahnhofviertel (die Nürnberger nennen es wegen der vielen nach sächsischen Städten benannten Straßen rund um den Leipziger Platz auch das „Sachsenviertel“) nicht allzu reich, seit wenigen Monaten aber gibt es im Quartier in der Mommsenstraße ein richtiges Schmuckstück: die Pizzeria L’Incanto della Pizza. Wir haben das kleine Restaurant unlängst besucht und waren sehr angetan.

L'Incanto della Pizza, Nürnberg

„Platz ist“, so sagt ein altes Sprichwort, „in der kleinsten Hütte“, und wie wahr dieses Sprichwort ist, lässt sich im L’Incanto della Pizza erleben. Aus zwei kleinen Lädchen, einem Obst- und Gemüseladen und einer Lotto- und Tabaktraffik ist die Pizzeria entstanden – und die Wirte haben in Anbetracht der doch reichlich beengten Platzverhältnisse ein wirkliches Schmuckstück geschaffen. An nicht allzu großen und dennoch hinreichend geräumigen Tischen sitzt man im stilvoll-modernen Ambiente der Pizzeria und kann sich mit wirklich wundervoll lockeren und geschmackig belegten Pizzen, traditionellen Klassikern wie auch Gourmet-Pizzen verwöhnen lassen.

L'Incanto della Pizza

Die Speisekarte ist klein, aber liebevoll zusammengestellt. Ein paar Biere, Hauswein, rot oder weiß (angenehm trocken, rund und schön süffig), einige Kaffeespezialitäten, aber fünf Pastavariationen und 23 verschiedene Pizzen sowie sieben Gourmetvariationen und eine kleine Nachspeisenauswahl, dazu noch Tagesgerichte, bietet das L’Incanto della Pizza.

L'Incanto della Pizza - Pizza Theo

Ich bestellte die Pizza „Theo“, die neben scharfer Salami auch die pikante kalabrische Nduja, eine scharfe Streichsalami enthielt. Sehr lecker und sicher auch in der Gegend einzigartig. Auch die Tonno e Cipolla und die Pizza Vier Jahreszeiten waren handwerklich wie geschmacklich ausgezeichnet. Der Duft der unmittelbar neben dem Gastraum aus dem Ofen geschobenen Pizzen vermag zu betören.

L'Incanto della Pizza

Den Abend beschlossen wir mit einem leckeren Tiramisu und einer Pizza „Nutella“ (mit wirklich reichlich Nutella bestrichenes warmes Pizzabrot und gehackten Haselnüssen), beides entsprach unseren Erwartungen.

L'Incanto della Pizza - Tiramisu

Der flotte Service bemüht sich, den Gästen die Wünsche von den Augen abzulesen und sorgt für gute Stimmung im kleinen Restaurant, das im Sommer auf dem Gehsteig auch einige Tische und Stühle bereithält. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, vor dem Besuch telefonisch zu reservieren. Hervorzuheben bleibt mir an dieser Stelle das sehr faire preisliche Niveau von Speisen und Getränken. Nudelgerichte kosten zwischen 9 und 11 Euro, Pizzen zwischen 7 und 13 Euro, die Gourmetpizzen liegen um die 14-15 Euro. Der Hausschoppen kommt auf sechs Euro, ein Seidla Bier (Pils oder Radler) kostet 4 Euro, der Cappuccino aus dem Siebträger 3,50 Euro.

Mein Fazit: In der Nachbarschaft eine Pizzeria wie das L’Incanto della Pizza zu haben, ist sicher großes Glück und das Restaurant macht das Viertel wieder ein Stück attraktiver. Das klare, einfache und stimmige Konzept, die tollen Pizzen und die fairen Preise sowie der flotte und nette Service runden den ersten, ausnahmslos guten Eindruck stimmig ab.

L’Incanto della Pizza, Mommsenstraße 65a, 90491 Nürnberg. Telefon: 48 09 11 30.

Der große Billigplattenspieler-Post

Vielen gelten sie als die Pest schlechthin, als technisch nicht nur auf das Nötigste reduzierte, sondern richtiggehend lumpige Plattenspielerlaufwerke – die generischen Kunststoffchassis („turntable mechanism“) aus China. Sie stehen nicht nur im Ruf, kurzlebig zu sein und schlecht zu klingen, ihnen wird auch nachgesagt, die auf ihnen wiedergegebenen Schallplatten zu schädigen oder gar zu zerstören.

Aufgrund ihres geringen Preises und der Tatsache, dass sie seit vierzig Jahren nahezu unverändert gebaut werden, dürften auf diesen Laufwerken basierende Plattenspieler millionenfach in Umlauf – und in täglicher Nutzung – sein. Grund genug, sich diesen Laufwerken näher zu widmen, sie sich genauer anzuschauen, die Qualität von Arm und System sowie Nadel zu bewerten und auch mit dem ein- oder anderen Vorurteil aufzuräumen (oder eben auch nicht).

Der nun folgende Post wird also ein long read, ein kleiner Wissensartikel zum Thema Billigplattenspieler. Ich habe den Eindruck, dass es den auch braucht, denn wer zu diesen Laufwerken nach konkreten Informationen sucht, findet erstaunlich viel Meinung und erschreckend wenig Wissen.

Zuerst einmal möchte ich zwei Bilder des „klassischen“ Laufwerks der China-Plastik-Plattenspieler präsentieren, damit man sehen kann, wovon überhaupt gesprochen wird:

China-Plastik-Plattenspieler, Laufwerk (cheap plastic turntable mechanism)

Optisch sind diese Laufwerke sehr einfach zu identifizieren: Zuerst fällt der Plattenteller aus Vollkunststoff ins Auge, weiterhin charakteristisch ist der Tonarm mit Kunststoff-Gegengewicht (das eigentlich keines ist) und das Headshell mit dem spitz nach vorn zulaufenden Dorn zum manuellen Auflegen der Nadel und das dünne Tonarmrohr aus Aluminium. Auch das System und der rot leuchtende Nadelträger sind charakteristisch.

China-Plastik-Plattenspieler, Laufwerk von unten (cheap plastic turntable mechanism, motor side)

Betrachtet man die Konstruktion des Chassis von unten, fällt zuerst einmal auf, dass das Laufwerk ganz klassisch an drei Punkten schwingend gefedert gelagert ist. Gut zu erkennen ist der einfache Motor mit seinen zwei Löchern im Boden, durch die zwei Geschwindigkeiten per Poti mit einem Schraubenzieher abgeglichen werden können. Auffällig ist zudem der Auto-Stop und Tonarmrückführungsmechanismus sowie die Transportsicherungsschraube rechts neben dem Tonarmlager.

Auf Grundlage dieses Mechanismus gibt es noch ein „verkleinertes“ Laufwerk, das eine ähnliche Konstruktion aufweist, aber einen deutlich kleineren Plattenteller und vor allem einen kürzeren Tonarm mit sich bringt. Solche Chassis werden gerne in kleinen Kompaktanlagen und den Kofferplattenspielern verbaut. Diese Komplettlaufwerke kosten, nimmt man sie in Tausenderstückzahlen ab, zwischen etwas weniger als 5 und 16 Dollar ohne Zollgebühren und Steuern.

Der Tech-Youtuber Kevin Tekel, besser bekannt als VWestlive, hat in einem sehr sehenswerten Video einmal die Entstehungsgeschichte dieser Billiglaufwerke nachgezeichnet. Die Laufwerke basieren auf einem Patent des US-amerikanischen Erfinders und Konstrukteurs James Dennis, erstmals gebaut wurde das auf minimale Produktionskosten optimierte Einfachlaufwerk in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre von der britischen BSR in Taiwan, die aber alsbald die Produktion von Plattenspielern einstellte (wohl um 1985). Produziert wurde aber bis in die frühen 1990er-Jahre weiter in Taiwan in derselben Fabrik, die nun wieder Capetronic hieß (die BSR kaufte 1981 den Hongkonger Hersteller Capetronic und gliederte ihn dann wieder aus). Dann verliert sich die Spur, es ist davon auszugehen, dass die identischen Laufwerke seit 1991/1992 in China hergestellt werden, ob mit einer offiziellen Lizenz oder als Clones, ist unbekannt – ich vermute letzteres.

Das keramische Tonabnehmersystem selbst kostet rund 1,70 $, die Ersatznadel wenige zehn Cent. Tekel identifiziert es als Clone des japanischen Systems Chuo-Denshi CZ-800, das heute als generisches Tonabnehmersystem mit der Nummer P-188 von mehreren Herstellern angeboten wird. Auf den ersten Blick als solches ist das P-188 durch den roten Nadeleinschub, den wohl schon jeder einmal gesehen hat, erkennbar. Wie es klingt, und ob es tatsächlich die böse Plattenfräse ist, als die es oft bezeichnet wird, dazu komme ich später noch.

Die Frage, die sich hier nun stellt, liegt auf der Hand: Kann ein Plattenspielerlaufwerk, das komplett mit Tonarm, Abnehmer, Nadel, vollständig verkabelt und mit einem Anschlussterminal nebst Motorsteuerung versehen ist und durchschnittlich OEM fünf (klein) bzw. zehn (groß) Dollar kostet, etwas taugen? Oder sollte man tunlichst davon Abstand nehmen, einem solchen Chassis auch nur eine einzige Schallplatte zum Abspielen zu überantworten?

Ja, die Dinger sind nicht der Hit. Wobei ich dem geschätzten Kollegen zumindest ein wenig widersprechen muss: Es gibt von diesen China-Laufwerken mindestens zwei Typen, das größere, das ihr oben im Bild seht und das kleinere, das wir im Video von Techmoan sehen können. Mit beiden Laufwerken habe ich Erfahrungen gemacht – und die sind nicht zwingend identisch. Um es vorwegzunehmen: Ich halte das Große für deutlich besser als das Kleine, das Kleine ist, um ehrlich zu sein, relativ unterirdisch. Die großen Laufwerke waren bis vor wenigen Jahren recht verbreitet, inzwischen sind sie schon fast eine Rarität und durch die kleine, deutlich billigere Variante verdrängt worden. Wer beispielshalber bei Amazon nach diesen Billigplattenspielern sucht, findet unter den ersten hundert Treffern nur noch ein einziges Gerät mit großem Laufwerk, ein Kombigerät von Universum mit zusätzlichem DAB-Radio. Der Rest sind die kleinen Laufwerke (oder höherwertige Chassis, die sollen hier aber nicht Betrachtungsgegenstand sein).

Ein oft gehörter Kritikpunkt an diesen BilliglaufwAltervativangebot)erken kann zutreffen, muss aber nicht: Per se wird dem Laufwerk angekreidet, dass man weder die Auflagekraft noch das Antiskating einstellen kann. Das muss man aber gar nicht, denn dieses Laufwerk wird mit seinem nicht gegen einen anderen austauschbaren Arm, einem einzigen Systemtyp und einem einzigen Nadeleinschub geliefert. Ein Beispiel: In den 80ern wurden etliche Technics-Plattenspieler ohne diese Einstellmöglichkeiten geliefert, unter anderem der Technics SL-BD22D oder der SL-BD3. Diese Plattenspieler waren werksseitig mit einem definierten Arm und einem definierten System konfektioniert – und perfekt ab Werk auf diese Komponenten abgeglichen. Und auch heute, mehr als 35 Jahre später, sind diese Einstellungen noch perfekt – denn sie sind nicht verstellbar. Eine Zeit lang bekam man diese Typen sehr sehr günstig gebraucht, ich habe mehrere instand gesetzt (Hauptproblem dieser Geräte sind Schmutz und Rauchgilb die Patina der Jahre und Kontaktfehler, technisch also nichts Großes, so eine Instandsetzung beläuft sich zumeist auf das Beseitigen der Kontaktprobleme, den Tausch von Nadel und Riemen, die Reinigung, evtl. Nachlöten kalter Lötstellen, die sieht man bei den Japanern und Taiwanern jedoch äußerst selten) und weitergegeben, sie laufen noch heute top! Ein Abgleich von Antiskating und besonders Auflagekraft ist dann vonnöten, wenn man das Tonabnehmersystem wechselt – bei unserem „chinesischen Freund“ ist das weder vorgesehen noch möglich. Sollte das Antiskating grob falsch eingestellt sein, hört man das in aller Regel – und zwar dadurch, dass ein Kanal deutlich lauter spielt, als der andere. Dieses Phänomen ist mir bei den China-Plastikchassis so aber bisher nicht begegnet.

Wenn wir von den Plastiklaufwerken mit dem typischen roten Nadeleinschub sprechen, in HiFi-Kreisen wird der gerne als „rote Pest aus China“ bezeichnet, dann haben wir es mit mehreren generischen Modellen zu tun, von denen ich grundsätzlich zwei grobe Typen unterscheiden möchte: Ein größeres Chassis mit einem Plattentellerdurchmesser von 28 cm und ein kleineres, das vorzugsweise in kleinen Kompaktanlagen und diesen gerade nahezu omnipräsenten Retro-Kofferplattenspielern verbaut ist, der Plattenteller ist ein wenig größer als eine 7″-Singleschallplatte (19,5 cm Durchmesser, um genau zu sein).

Um es einmal vorsichtig auszudrücken: Das größere Laufwerk gibt es auch ohne Geschwindigkeitsumschalter am Chassis, die sind beileibe nicht perfekt, aber immer noch von grundsätzlich annehmbarer Qualität. Das voreingestellte Antiskating und die Auflagekraft (etwas mehr als 5,5 Gramm) liegen im Bereich des Tolerablen, das Laufwerk verfügt über eine Endabschaltung und führt den Tonarm nach Ablauf der Platte zurück, den größten Nachteil sehe ich im Mitresonieren des Kunststofftellers und dem bei leisen Passagen leider deutlich hörbaren Rumpeln. Der Plattendorn ist fest, der Teller nicht besonders wertig gelagert und das ganze Laufwerk ist nahezu komplett aus recht dünnem Hartkunststoff gefertigt – und das hat freilich klangliche Konsequenzen. Ein wenig Abhilfe schafft hier eine Bedämpfung mit einer Plattentellermatte aus Gummi (Achtung, der Spieler kann zu langsam laufen, wenn sie zu schwer ist) oder drei aufzuklebenden Gummipunkten, die die Platte etwas vom Teller entkoppeln (sie müssen recht flach sein, damit die Höhe des Abtastsystems noch halbwegs stimmt, Mittel der Wahl und bei neueren Chassis sogar ab und an ab Werk vorhanden). Selbst wenn man das Chassis mit eingebautem Geschwindigkeitsumschalter vorfindet, ist das immer noch die bessere Wahl, als das „kleine“ Laufwerk. Verbaut wird dieser Chassistyp übrigens seit wenigstens Mitte der 1980er-Jahre, er dürfte in extrem hohen Stückzahlen auch in Markengeräten in den Haushalten vorhanden sein (ich habe so ein Chassis mal als Teil einer Siemens-Kompaktanlage – z.B. RS 150, RS 268 – gesehen!). Selbst TEAC hat es bei seinen Einstigergeräten zwei Jahrzehnte lang verbaut. Das große Laufwerk findet man selbst bei größeren Plattenspielern immer seltener – es ist einfach spürbar teurer, als die abgespeckte kleine Version, auf die ich gleich zu sprechen komme.

Bei den kleinen Laufwerken findet man diese drei Gummiklebepunkte schon vor, dieses Laufwerk (das en masse z.B. in diesen Retro-Kofferplattenspielern verbaut wird) ist aber doch etwas primitiver als sein großer Bruder. Und mit dieser noch primitiveren Konstruktion geht leider auch ein recht eingeschränkter, nasaler und nur wenig schmeichelnder Klang einher. Die kleinen Laufwerke sind sehr hart gefedert, sodass von einer sinnstiftenden Entkopplung des Chassis vom Gehäuse nicht mehr die Rede sein kann. Einige Hersteller behelfen sich hier mit einer zusätzlichen Entkopplung des Chassis mithilfe von Schaumstoffstreifen – mit leider sehr übersichtlichem klanglichem Nutzen. Dennoch sind auch diese Plattenspieler recht unempfindlich gegen Schwingen und Springen, weil einfach eine vergleichsweise hohe Auflagekraft gefahren wird. Nachteile des kleineren Laufwerks sind die fehlende Tonarmrückführung, die (in der Regel allerdings abschaltbare) unsaubere Endabschaltung des Motors und der gekürzte Tonarm, bei dem es daher zu winkelbedingten Abtastfehlern kommt, unweigerlich ein Konstruktionsmangel. Auch die Lagerung des Tellers ist noch bescheidener, als beim großen Chassis, mein erstes Exemplar hatte auch hörbare Gleichlaufprobleme. In Summe beeinträchtigen diese konstruktiven Merkmale und die hohe qualitative Streuung dieser Laufwerke den Klang merklich.

Kleiner Kofferplattenspieler "Voksun", schlechnte Klangqualität.

Nach meinem jetzigen Kenntnisstand würde ich daher Folgendes sagen: Die Plattenspielerchassis mit dem rd. 28 cm durchmessenden Teller sind prinzipiell brauchbar, sie sind nicht high-endig, für den Einstieg oder als seltener genutzter Bestandteil einer Kompaktanlage aber vertretbar. Das kleinere Laufwerk schneidet hier nach meiner Erfahrung leider deutlich schlechter ab. Man kann mit ihm Platten hören, die Tonqualität ist aber mangelhaft.

Ein paar Worte zum System und Nadel, der Qualität und Technik: Tonabnehmersysteme aus „Keramik“, auch „Kristalltonabnehmer“ waren bis in die 1970er Jahre Standard, auch bei den deutschen Herstellern. Im Ostblock konnten sie sich bis zum Fall des Eisernen Vorhangs halten. Sie sind nicht wirklich aus Glaskeramik, sondern piezoelektrische Wandler mit einem Keramikstreifen pro Kanal, der dafür sorgt, dass die kristallinen Barimuzirkonatstruturen durch die Auslenkung der Nadel und die dadurch entstehende minimale Reibung entsprechende elektrische Ladungen erzeugen, die dann – natürlich deutlich verstärkt – den Ton wiedergeben. Die Worte „Kristalltonabnehmer“ und „Keramiktonabnehmer“ werden synonym verwendet. Der Kristall/Keramiktonabnehmer hat einige technische Nachteile, aber auch zwei Vorteile: Zum einen sind solche Systeme sehr robust, unterliegen kaum Alterungserscheinungen und sind obedrein erstaunlich günstig herstellbar. Zum anderen liefern sie recht hohe Ausgangsspannungen, können unmittelbar an den Verstärker angeschlossen werden und benötigen in der Regel keinen eigenen Phonozweig bzw. Phonovorverstärker. Damit sind sie für unser Billiglaufwerk erste Wahl, denn so bedarf es weniger aufwendiger Verstärker- und Entzerrerschaltungen noch teurer magnetischer Systeme. Die technischen Nachteile sollen aber auch nicht verschwiegen werden: Solche Systeme haben oft eine akzeptable Basswiedergabe, sind aber im Bereich der höheren und hohen Frequenzen schwach auf der Brust. Freilich gibt es unter den Keramiksystemen auch hochwertige Tonabnehmer aus den späten 1960er, 70er- und frühen 80er Jahren, deren Frequenzspektrum sehr gut und hinreichend weit ist, „ehrliche“ Datenblätter gehen bei unserem Abnehmer P-188 von einem Frequenzspektrum von 80 – 10.000 Hz aus. Zum Vergleich: Das „weiße“ Einsteiger-Standardsystem von Audio Technica, das AT 3600, gibt hier ein Frequenzspektrum von 20 – 20.000 Hz an – ein deutlicher Unterschied! Der zweite technische Nachteil keramischer Abnehmer ist, dass sie mit einem relativ hohen Auflagegewicht von wenigstens 4 bis 5 Gramm, manchmal aber sogar 6 Gramm oder mehr  „gefahren“werden müssen. Das hohe Auflagegewicht wird benötigt, um auch bei leisen Passagen durch die Auslenkung der Nadel genug Spannung durch das piezoelektronische Element zu erzeugen. Das mag jetzt ziemlich schrecklich klingen – das ist es aber nicht! Der folgende Absatz fasst es kompakt zusammen – wenn ihr euch was aus diesem Post merken möchtet, dann bitte den nächsten Satz, der ist wichtig:

Ein höheres Auflagegewicht macht Platten nicht kaputt und trägt auch nicht spürbar zu einem deutlich höheren Verschleiß bei, wenn die Nadel in Ordnung ist – viel, viel schlimmer für die Platte ist, wenn die Nadel aufgrund eines zu gering gewählten Auflagegewichts in der Rille nach links und rechts zu trudeln beginnt – das beschädigt die Platte wirklich! Sechs Gramm Auflagegewicht mögen theoretisch einen höheren Verschleiß begründen, stellen in der Praxis aber kein Problem dar, solange die Nadel in Ordnung ist.

Durch das deutlich höhere Auflagegewicht des keramischen Systems verschleißt, auch das ist ein technischer Nachteil, die Nadel schneller. Bei einem magnetischen System mit etwa 1,5 g bis 2 g Auflagegewicht hält eine Nadel, reinigt man sie vorsichtig und regelmäßig, 800 bis 1000 Spielstunden. Die unterschiedlichen Datenblätter unseres P-188 gehen von 300 Stunden Lebensdauer aus, ich würde diesen Wert aus praktischer Erfahrung eher bei 100 bis 150 Stunden sehen. Bedenkt man, dass die Nadeleinschübe des P-188 zwischen einem und maximal zwei Euro pro Stück kosten (!), kann man sich einen häufigeren Nadelwechsel auch leisten (der Verschleiß des Abspielens einer Plattenseite kostet rechnerisch etwas weniger als einen halben Cent).
Die Nadel selbst besteht bei diesen Systemen aus Rubin. Rubin klingt sehr edel – aber es handelt sich bei diesen beschliffenen Rubinsplittern recht schlicht um synthetischen Korund, der durch Aluminiumoxidschmelze gewonnen wird und seine rötliche Farbe durch Zugabe von etwas Chrom erhält. Dieser Korundsplitter wird auf ein feines Aluminiumröhrchen geklebt („getipt“ oder „gebondet“). Rubin und Saphir sind erst mal gar keine schlechten Materialien („Saphir“ ist auch Korund, nur eben ohne die rote Färbung, die technisch kleinen Vorteil bringt), nur echte Diamantsplitter sind härter.

P-188-Tonnadel, "die rote Pest aus China"

Wie gut oder schlecht sind nun diese Tonnadeln, die inklusive des roten Kunststoffeinschubs nur ein bis zwei Euro kosten? Ich habe mal so einen neuen Nadeleinschub unter mein zugegebenermaßen nicht so übertrieben hochwertiges Mikroskop gelegt und siehe da:

Die Nadel selbst ist absolut okay, der Kegel des Nadelschliffs könnte einen feinen Hauch symmetrischer sein, in der Praxis und beim verwendeten Kristallabnehmer wird das klanglich aber keine Rolle spielen. Was mir weniger gut gefällt, ist, dass der Durchschuss auf dem Aluminiumnadelträger nicht optimal entgratet ist, das sollte bei der Eintauchtiefe in die Rille aber ebenfalls kein Problem darstellen.

Auch die Draufsicht auf den Nadelträger zeigt, dass der Rubin sauber zentriert ist – hier sind keine Probleme zu erwarten. Die Tonnadel und das hohe Auflagegewicht beim Abspielen sind nicht wirklich optimal, aber bei normalem Gebrauch und normaler Pflege steht nicht zu erwarten, dass man die Schallplatten damit beschädigt. Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Wir sehen unter dem Mikroskop den billigst bei Amazon Deutschland zu erstehenden Nadeleinschub für das P-188, neun neue Nadelträger kosten 8,99 Euro, die Nadel ist unbespielt.

Für diesen Bericht habe ich mir beim großen „A“ also einen dieser Kofferplattenspieler kommen lassen – der Hersteller nennt sich „Voksun“ und das Gerät selbst scheint generisch, es gibt solche und ähnliche Plattenspieler von vielen unterschiedlichen Herstellern.

"Voksun"-Billigplattenspieler mit einer Schellackplatte, abgespielt bei 78 RPM

Die Features, welche dieses mit knappen 43 Euro recht günstige Koffergerät mitbringt, sind erst einmal beeindruckend: AUX-In, Line Out per Cinch, Bluetooth-Wiedergabe, drei Geschwindigkeiten, Kopfhörerausgang und Stereolautsprecher – das liest sich zunächst prima. Die Ernüchterung kommt mit dem ersten Abspielen der Schallplatten. Dünn und schrill tönt der Sound, nicht nur die eingebauten Lautsprecher klingen fraglich, auch der Klang über Kopfhörer kann nicht überzeugen. Das gilt sowohl für Singles, als auch LPs, und auch bei der Wiedergabe alter Schellacks ist der Klang recht dünn. Was mich sehr irritiert, ist der Umstand, dass das Nadelgeräusch (ohne entsprechende elektrische Verstärkung) ebenfalls ungewöhnlich laut und kratzig klingt. Hier merkt man die hohe Auflagekraft, die benötigt wird, um dem System genug Ausgangsspannung für eine möglichst einfache Verstärkung abzutrotzen.
Das ruft nach der Tonarmwaage, ich möchte feststellen, wie hoch die Auflagekraft ist. Mit diesem Unterfangen scheitere ich aber, weil meine Tonarmwaage nur ein Maximalgewicht von 5 Gramm zu wiegen in der Lage ist. Haptisch ist der kleine Kofferplattenspieler durchaus okay, er fühlt sich an, wie ein einfacher Instrumentenkoffer – die Kunstlederbespannung ist ordentlich vernäht, Scharniere und Griff machen einen guten Eindruck, auch die Grundplatte, auf der das Plattenspielerchassis aufgesetzt ist und die Bedienelemente fassen sich gut und solide an. Eigentlich schade, dass bei so einem Materialaufwand der Output nur so mäßig ist. Man merkt beim ersten Hören, dass etwas mit der Entzerrung nicht stimmt, die Verstärkung unter Verzicht auf eine separate Entzerrung des Systems genügt bei modern geschnittenen Platten nicht, auf eine vernünftig angepasste Entzerrerschaltung hat man aber verzichtet.

So ganz kann ich nicht glauben, dass die Qualität des Laufwerks so schlecht ist. Der Gleichlauf passte nicht wirklich, der Sound war völlig unausgeglichen, nasal und kratzig – nein, das würde wohl kein Kunde so akzeptieren und zumindest das größere Laufwerk war auch nicht dergestalt schlecht. Vielleicht hatte ich nur Pech und ein schönes, aber schlecht funktionierendes Montagsgerät erwischt? Ich mache die Probe aufs Exempel und ordere einen weiteren Kofferplattenspieler der Marke „DigitNow!“, Kostenpunkt etwas weniger als 40,- Euro.

Der sieht optisch ein klein wenig anders aus, besonders der Koffer ist kantiger und etwas einfacher gearbeitet, der Plattenspieler hat zudem noch einen USB-Ausgang zum Digitalisieren der Platten am Rechner, aber das fast identische Plattenspieler-Chassis, das sich nur durch marginale Designvariationen vom anderen Laufwerk unterscheidet. Beim ersten Einschalten macht sich schon ein deutlich hörbares 50-Herz-Brummen bemerkbar. Das hatte der Voksun-Spieler nicht (das kann aber auch daran liegen, dass das Voksun-Gerät fälschlicherweise mit einem UK-Netzteil geliefert wurde und ich hilfsweise eines von meinen hochwertigeren geregelten 12-Volt-Netzteilen verwendete, das kann ich beim DigitNow-Gerät nicht reproduzieren, weil das statt mit 12 Volt mit 5 Volt betrieben wird). Sonst aber ist die Kiste genau so enttäuschend wie das Voksun-Gerät. Auch dieser Plattenspieler kann Bluetooth wiedergeben, hat einen Cinch-Ausgang, AUX In und eine Kopfhörerbuchse. Auch dieser Plattenspieler ist außerstande, Schallplatten grundsätzlich fehlerfrei abzutasten.

Dieses Exemplar ist sogar noch schlechter gefertigt, als der erste Testkandidat – die Federaufhängung des Laufwerks wird durch die Montage quasi sabotiert und es wird versucht, sie mittels Schaumstoffstreifen „auszugleichen“. Die Spaltmaße zwischen Koffer und Plattenspielerchassis sind, wie das nun folgende Bild zeigt, unterirdisch:

Man muss kein Techniker sein, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass dieses Gerät ab Werk Müll ist. Auch das Tonabnehmersystem sitzt alles andere als gerade im Headshell, dass hier der Azimut nicht stimmt, sieht man mit bloßem Auge. Dumm nur, dass er sich kaum korrigieren lässt – dass so ein Koffer auch nur irgendeine Qualitätskontrolle erfolgreich passieren konnte, lässt tief blicken. Diesem Umstand trotzend, werden solche Plattenspieler vieltausendfach verkauft – das sollte einem zu denken geben.

Es überrascht sicher niemanden, dass der Klang auch dieses Koffers hinter jeder Erwartung zurückbleibt. Er ist aus meiner Sicht schlechter als der Klang eines Handylautsprechers. Das ist nicht allein den nicht besonders wertigen Lautsprechern und dem primitiven Verstärker des Koffers geschuldet, nein, das Abtastverhalten des Laufwerks ist schlicht ungenügend.

Wenn bei Amazon jemand diese Plattenspieler als gut oder sehr gut bewertet – dann traut diesen Bewertungen bitte nicht. Diese Geräte sind richtig mies – deutlich mieser als die alten BSR-Laufwerke und leider auch deutlich schlechter, als ich es erwartet hätte. Ich denke, dass die guten Bewertungen solcher Spieler dem Umstand geschuldet sind, dass die Rezensenten schlicht keine klanglichen Vergleichsmöglichkeiten haben und angesichts des günstigen Preises und der Funktionsvielfalt dieser Geräte einfach zu überzeugen waren. Man wird damit seine Platten bei normalem Gebrauch wohl nicht wirklich schädigen, aber man tut sich selbst mit einer so schlechten Klangqualität auch keinen Gefallen.

Wie aber kann es sein, dass dieses Chassis derart schlecht klingt? Nun, zuerst einmal sehe ich als Problem die wirklich hohe qualitative Streuung der Laufwerke. Bei zwei Exemplaren eiert eines, das andere ist schlicht schief auf- und auch noch unzureichend in den Koffer eingebaut. Die Herstellung eines Plattenspielers erfordert ein Mindestmaß an Präzision, das bei diesen Plastikteilen schlicht nicht gegeben ist (Präzision, eine saubere Justierung und eine hinreichende Qualitätskontrolle sind einfach Kostenfaktoren). Erschwerend kommt die Kürze des Arms hinzu. Es ist kein Zufall, dass die TOP-Laufwerke der 70er- und 80er-Jahre 12-Zoll-Arme hatten, um dem entgegenzuwirken. Sehr kurze Tonarme gab es schon immer, denken wir nur an die kleinen Chassis, die man früher in den Musiktruhen verbaute. Hier waren die Arme aber eben nicht einfach nur gerade, man kröpfte sie, winkelte sie also vorn ab, um damit den Abtastfehlwinkel zu reduzieren. Darauf hat man beim Design dieses Laufwerks teilweise aber leider verzichtet (mutmaßlich aus Kostengründen, siehe das zweite getestete Gerät von DigitNow) – der Abtastwinkel passt, das lässt sich selbst mit einer einfachen Pappschablone schnell überprüfen, an keiner Stelle der Platte – das ist schon ein bisschen blöd. Auch beim Voksun-Player passt die vorhandene Kröpfung nicht, sie wurde nämlich vom Chassis mit dem langen Arm übernommen (immer noch besser, als ein komplett gerader Arm!). Da fallen dann die anderen Nachteile gar nicht mehr so sehr ins Gewicht. Ich sehe die, der Vollständigkeit halber, im eingeschränkten Frequenzgang und den qualitativen Schwankungen beim Tonabnehmersystem, beim mitresonierenden Plattenteller, der aufgrund seiner Beschaffenheit aus dünnem Hartkunststoff trotz Riemenantrieb über das Kunststoffchassis Motorlaufgeräusche auf Platte und System überträgt und beim durch den einfachen Motor und den leichten Teller bedingten, ungenügenden Gleichlauf. In Summe klingen Platten auf diesem Gerät leider schauderhaft, ihr klangliches Potenzial wird kaum ausgeschöpft. Dass die verbauten Lautsprecher jeder Beschreibung spotten – geschenkt.

Der ein- oder andere Zeitgenosse mag nun einwerfen, dass es dennoch eine sinnstiftende Verwendung für diese Billiglaufwerke geben könnte. Da sie heute alle auch über eine Geschwindigkeit von 78 Umdrehungen pro Minute verfügen, böte sich doch das Abspielen von Schellackplatten an. Diese sind nicht tangential geschnitten, aufgrund der Rillenbreite fällt der Fehlwinkel nicht so übertrieben ins Gewicht, ihr Frequenzgang ist ohnehin eingeschränkt und sie bedürfen auch keiner separaten Entzerrung. Wäre das nicht was für unsere Kofferplattenspieler?

Diese Überlegung liegt gar nicht so fern, ich habe es gerne auf einen Versuch ankommen lassen – mit Erfolg, aber eben nur mit mäßigem Erfolg. Prinzipiell passt die Abtastung der Schellackplatte, hier sind ja weit größere Toleranzen technisch deutlich unproblematischer. Es funktioniert auch, Gleichlaufschwierigkeiten treten bei dieser hohen Umdrehungszahl ebenfalls in den Hintergrund – aber auch bei Schellacks ist der Sound recht dünn, denn die Nadel ist hierfür einfach zu fein und zu wenig verrundet (dieses Problem hat das Billigchassis übrigens nicht alleine – denn es gibt auch andere Laufwerke, bei denen inzwischen wieder die 78er Geschwindigkeit vorhanden ist, die eingesetzte Mikrorillennadel aber für das Abspielen der Schellackplatten nicht sinnvoll einsetzbar ist). Man müsste bei all diesen Plattenspielern den Nadeleinschub durch einen für Schellacks geeigneten ersetzen. Plattenspieler in den 1950er, 60er und 70er Jahren lösten dieses Problem mitunter durch eine Wendenadel, die man mit einem Fähnchen auf einer Achse unterhalb des Abnehmers drehen konnte. Interessanterweise gibt es für unsere Billigchassis sogar ein passendes Keramiksystem mit Wendenadel, das für etwas mehr als 5 Euro (zzgl. etwa zwei Euro Versand) aus China bezogen werden kann (Screenshot des Angebots, Alternativangebot). Sollte diese Angebote vergriffen sein, bekommt man das System auch über Soundmaster und CMK. Der Umbau ließe sich also prinzipiell leicht bewerkstelligen. Selbst habe ich das allerdings noch nicht gemacht. Mir scheint es aufgrund der oben genannten Defizite auch nicht geboten, die kleinen Koffer, auch wenn sie chic sind, umzubauen, sondern den Umbau nur bei Geräten mit dem großen Chassis vorzunehmen. Auch für diesen Anwendungsfall ist zumindest das kleinere chinesische Billigchassis also leider nicht wirklich zu empfehlen, da auch die Schellack-Wiedergabe ohne Umbau des Abnehmers einfach zu kompromissbehaftet ist.

Mein Kurzfazit: Nein, eine echte Plattenfräse ist dieses Laufwerk nicht, mittlerweile ist die Qualität der Chassis aber so gesunken bzw. die kleine Variante auch mit konstruktiven Mängeln behaftet, sodass ich prinzipiell nicht zuraten möchte. Die klangliche Bewertung erfolgt nicht etwa aus der Warte des High-End-Snobismus, sondern liegt der Erfahrung als jahrzehntelanger Plattenhörer zugrunde.

Wirtshaus-Explorer: Das blaue Haus, Nürnberg

Seit mindestens 25 Jahren, wahrscheinlich aber schon länger, ist das „Blaue Haus“ im Süden Nürnbergs eine Institution. Das Wirtshaus verfügt nicht nur über eine überaus große Gaststube, im Sommer kann man auch im Biergarten inmitten des Nuerbanums ein kühles Bier trinken (leider nicht allzu schattig). Das Küchenteam ist international, dennoch steht im blauen Haus die fränkisch-bürgerliche Küche klar im Mittelpunkt der Speisekarte.Blaues Haus, Nürnberg

Mittags bietet man im blauen Haus eine recht bunte Karte mit internationalen, aber auch einigen fränkischen Gerichten. Die Mittagskundschaft dürfte sich mehrheitlich aus den Leuten rekrutieren, die im oder in unmittelbarer Nähe des Nuerbanums, jenes „Business-Parks“, der um die Jahrtausendwende auf dem ehemaligen Areal der TeKaDe/Philips östlich der Allersberger Straße entstand, arbeiten. Diese Gäste finden in der großen Gaststube bequem Platz.Blaues Haus, Nürnberg - Gaststube

Die Abendkarte ist fest in der Hand fränkischer Spezialitäten und auch am Wochenende stehen Schnitzel, Cordon bleu, Schäufele und Schweinebraten im Rampenlicht, denn samstags und sonntags sind diese Gerichte alle einen Euro billiger. Auch in den Abendstunden muss man nicht zwingend einen Tisch reservieren, in aller Regel findet man im großzügig dimensionierten Wirtshaus einen Platz.

Bei unserem Besuch bestellten wir ein Schnitzel mit Pommes und ein Schäufele. Das Schnitzel war groß, hatte eine knusprige Panade und war handwerklich ordentlich gemacht, lediglich etwas Salz fehlte dem Gericht; die Beilagenportion Pommes war üppig.

Blaues Haus, Nürnberg - Schäufele mit Kloß

Auch das Schäufele konnte überzeugen, für den Wochenendpreis von 13,90 Euro bekommt man eine schöne Portion mit guter Soße und vernünftiger Kruste serviert, dazu ein Kniedla (das aber vorgefertigt bzw. vorgerollt und geschmacklich nur durchschnittlich war). Zu diesen Gerichten gibt es – das sei der Vollständigkeit halber erwähnt – keinen Beilagensalat, der muss extra bestellt werden.

Im blauen Haus serviert man vom Fass das Pilsener der Duisburger König-Brauerei – und das auch noch im hierzulande nicht nur unüblichen, sondern zu Recht verpönten Schankmaß 0,4l. Wer ein Weizen trinken möchte, hat mehr Glück, die Flasche Gutmann kommt nicht nur auf den gewohnten halben Liter, sondern auch auf noch verhältnismäßig günstige 4,50 Euro – und das dunkle Gutmann-Weizen ist ein Hochgenuss!

Fast schon Kultstatus genießt das Relief mit den speisenden Tieren Afrikas, das es wohl ähnlich lange gibt wie das Wirtshaus.

Mein kurzes Fazit: Im blauen Haus, mittlerweile schon fast eine Traditionsgaststätte, lässt sich zu immer noch zivilen Preisen vernünftig speisen. Parkplätze gibt es reichlich im Nuerbanum, der kleine Biergarten lädt im Sommer zum Verweilen ein, Weißbiertrinker kommen voll auf ihre Kosten.

Das blaue Haus, Allersberger Str. 185, 90461 Nürnberg. Telefon 47 20 830.

Monatsrückblick April 2025

Na, hat man euch auch „in den April“ geschickt? Nun, mich zwar nicht direkt, wenn man sich aber die allgemeine Weltlage ansieht, dann kann man sich schon ein bisschen verarscht vorkommen.

Der April war ein recht arbeitsreicher Monat für mich, daher ist dieser Monatsüberblick etwas kürzer, als gewohnt. Was nicht bedeuten soll, dass es nichts zu berichten, nichts festzuhalten gäbe…

Vorweg sei aber erwähnt, dass unser erstes mittelfränkisches „Mastodon meets Blueskyer“-Treffen im Fürther „Tannenbaum“ ein voller Erfolg war. Insgesamt 18 Mastronauten und Blueskyer trafen sich, um bei guten Gesprächen ein paar Seidla und Schoppen einzuweisen, die Location stellte sich als gut geeignet heraus. Weil bereits erste Anfragen kamen, wann man eine solche Zusammenkunft denn wiederhole – meine Idee ist, dass wir uns alle wieder Mitte Oktober in großer Runde treffen. Zwischenzeitlich wollen wir, der Tradition folgend, die „kleinen Runden“, die ja gelegentlich immer recht spontan im „Cheers im Pfeifndurla“ zusammengegangen sind, nicht aus den Augen verlieren, Mitte, Ende Mai könnte so ein Treffen, bei gutem Wetter freilich auch im Freien, stattfinden. Vielleicht weise ich auf dieser Seite auch darauf hin, wenn es so weit ist, aber wer Interesse hat, der möge bitte die Accounts von Karlimann, Mike, Diogenes, mir und einigen anderen aktiv trötenden Mittelfranken ein wenig im Augenwinkel behalten.

Wirtshaus-Explorer: Pho Bat 16, Nürnberg

Habe ich schon einmal geschrieben, dass ich doch erstaunt bin, wie viele Restaurants der Gattung „panasiatische Fusionsküche“ die Innere und Äußere Laufer Gasse aufzunehmen in der Lage ist? Ich meine, mich zu erinnern, ja, weiland in meinem Wirtshaus-Explorer-Bericht über das Moc Quang. Nun, wen wollte es wundernehmen, hat sich unweit des Rathenauplatzes in der Location, in der sich früher die „mischbar“, danach das vietnamesische Café „An Vat“ befand, ein weiterer asiatischer Gastronomiebetrieb angesiedelt, der vietnamesische Imbiss Pho Bat 16. Kurz nach der Neueröffnung trieb es uns dorthin – und wir waren, das darf an dieser Stelle schon verraten werden, recht angetan.

Pho Bat 16, Nürnberg

Völlig umgebaut, mit ansprechender Atmosphäre, hell und freundlich präsentiert sich der Innenraum des neuen vietnamesischen Imbisses. Bestellt wird an der Theke, die Speisekarte entnimmt man den großen TV-Geräten über dem Tresen.
Dabei wird schnell klar: Hier gibt es nicht nur Pho, sondern zahlreiche andere vietnamesische und asiatische Gerichte.

Pho Bat 16, Nürnberg
Nein, die traditionelle vietnamesische Pho-Suppe, eine Art Nationalgericht, haben wir nicht probiert  – das wird aber in nächster Zeit nachgeholt. Am Tage unseres Besuchs im Pho Bat 16 stand uns der Sinn nach handfesterem und so orderten wir als Vorspeise zuerst gebratenes Hühnchen, kunstvoll mit rot gefärbten Nudeln umschlungen, mit gehackten Nüssen überstreut und mit einer leichten, süß-sauren Soße gereicht. Ein netter Appetizer, den man sich prima teilen kann.

Pho Bat 16, Nürnberg

Sehr lecker auch die gebratenen Frühlingsrollen auf einem Nest aus Glasnudeln mit Gemüse – frisch und gar nicht so schwer ist dieses frittierte Gericht auch im Sommer sehr attraktiv.

Pho Bat 16, Nürnberg

Das rote Thai-Curry mit Udon-Nudeln und knusprig gebratener Ente ist nicht nur schmackhaft, es ist deutlich reichhaltiger, als das Foto den Anschein vermittelt. Die Nudeln, zart und lecker, sind auf knackigem Gemüse gebettet, die rote Kokos-Currysoße umspielt den Gaumen mit einer subtilen Schärfe. Dieser Klassiker der asiatischen Fusionsküche, den ich gerne und regelmäßig bestelle, ist sehr solide gemacht.

Pho Bat 16, Nürnberg

Gerne hätten wir noch einen kleinen Nachtisch versucht – aber dank der großzügigen Portionen waren wir so gut gesättigt, dass sich das nicht mehr anbot. Die Neugier wäre aber dagewesen. Das werden wir beim nächsten Mal nachholen – und ein nächstes Mal wird es sicher geben.

Man sitzt gut und bequem im geräumigen Gastraum des Imbisses, im Sommer gibt es auch einige Sonnenplätze auf dem Gehweg vor dem Pho Bat 16. Dieses Restaurant bringt nun keine ungekannten Spezialitäten nach Nürnberg, aber man isst gut und solide und zu einem angemessenen Preis in ruhiger und gepflegter Atmosphäre. Die Zahl 16 im Namen des Restaurants kommt übrigens von den sechzehn Stunden, die die Pho-Suppe, die man hier anbietet, mindestens köchelt.

Pho Bat 16, Äußerer Laufer Platz 15, 90403 Nürnberg, Telefon: 50 49 09 78

Wirtshaus-Explorer: Seoulicious Nürnberg

Nun bin ich wahrlich kein ausgewiesener Kenner der koreanischen Küche und kann freilich auch nicht beurteilen, wie echtes Streetfood in Seoul schmeckt. Aber ich probiere gerne Neues und so sind wir schnell auf den (nun nicht mehr ganz) neu eröffneten kleinen Imbiss „Seoulicious“ in der Krebsgasse (zwischen Karolinenstraße, Brunnen- und Breiter Gasse) aufmerksam geworden. Das Fazit in aller Kürze vorab: Es ist wirklich mal etwas anderes, gut und für einen Imbiss relativ teuer.

Seoulicious, Nürnberg. Von außen.

Das kleine Restaurant inmitten der Fußgängerzone mag von außen recht unscheinbar wirken und lädt mit den Barhockern und Hochtischen auch im Inneren nicht wirklich zum längeren Verweilen ein, es ist eben ein Imbiss, wer aber das Glück hat, bei sommerlichen Temperaturen einen der wenigen Außentische zu ergattern, sitzt ganz gemütlich.

Seoulicious, Nürnberg. Innenansicht.

Nüchtern-modern präsentiert sich der Innenraum. Am Counter um die Ecke gibt man seine Bestellung auf, erhält eine Wartenummer und kann dann sein Essen in Empfang nehmen, wenn die eigene Nummer am Display zu lesen ist. Einen Service am Tisch sucht man vergebens. Die kleine Speisekarte kann man auf der Webseite abrufen, man wird per QR-Code auf sie hingewiesen, die Bezahlung ist ausschließlich elektronisch möglich.

Seoulicious, Nürnberg.

Bibimbap Bulgogi (11,90 Euro) ist im Prinzip das, was wir als „koranische Bowl“ kennen, ein entsprechender Foodtruck hat da in der Region Maßstäbe gesetzt und beflügelt vom Erfolg sogar mal ein stationäres Restaurant betrieben. Die Reisbowl enthält reichlich Gemüse, etwas äußerst würzig mariniertes Fleisch, Sesam und ein schön wachsiges Spiegelei – sehr schmackhaft.

Seoulicious, Nürnberg. Glasnudeln aus Süßkartoffeln mit Gemüse und Sesam.

Ich probierte Japchae (10,90 Euro), Nudeln aus Süßkartoffeln, die mit einer süß-sauren Sojasoße, etwas Gemüse und reichlich Sesam serviert wurden. Mir hat es gut geschmeckt, die Nudeln, die den Glasnudeln ein wenig ähnlich waren, hatten einen schönen Biss und einen für mich neuen, exotisch-ungekannten Geschmack. Freilich durfte bei unserem Menü auch ein Teller mit frittiertem Hühnchen nicht fehlen:

Seoulicious, Nürnberg.

Unsere Wahl fiel auf das nur leicht scharfe „KFC Yangyum“ (12,90 Euro), frittiertem Hühnerfleisch mit einer leicht süß-scharfen, dichten Soße und ebenfalls reichlich Sesam, das hervorragend gemundet hat. Über die Bezeichnung „KFC“ bin ich etwas gestolpert, denn meine Assoziation zu „KFC“ ist freilich eine große amerikanische Fastfoodkette, die Abkürzung steht aber für Korean Fried Chicken (die Ähnlichkeit ist aber sicher nicht ganz ungewollt).

Um einen Aufpreis von 4,50 Euro kann man aus jedem der angebotenen Hauptgerichte ein „Menü“ machen, dann erhält man eine kleine Cola (oder einen anderen Softdrink) und eine Beilage. Wir wählten das Kimchi, das uns allerdings weniger überzeugte.

Mein Fazit: Das Seoulicious überrascht mit wirklich interessanten kleinen Gerichten, die Bowl hart sehr gut geschmeckt und auch das frittierte Hühnchen verdient eine lobende Erwähnung. Die Atmosphäre ist imbisstypisch nüchtern, es gibt nur wenige Sitzplätze und zudem keinen Service am Platz. Das würde mich bei einem Imbiss prinzipiell auch nicht stören, die Preise sind aber so gar nicht „imbiss-like“, sondern gemahnen eher an ein klassisches Restaurant. Dennoch: Wer einmal einen Geschmack fernab dessen, was die „üblichen Verdächtigen“ in der Fußgängerzone so anbieten, sucht, ist im Seoulicious schon ganz richtig. Es werden keine Reservierungen entgegengenommen.

Seoulicious, Krebsgasse 2, 90402 Nürnberg, keine Telefonnummer, seoulicious.nbg@gmail.com

Monatsrückblick März 2025

Der März startet, zumindest politisch, irr und wirr. Der Februar brachte uns den Kanzler der Schande Merz, Donald Trump dreht völlig frei. Da muss man ganz kurz innehalten und sich noch einmal ins Gedächtnis rufen, was vorgefallen ist: Der Angriff von Trump und Vance auf Wolodymyr Selenskyj hat das Band, das Europa mit den Vereinigten Staaten umschlungen, manchmal gefesselt, manchmal vor dem Absturz bewahrt hat, zerschnitten. Nicht nur Deutschland, nein, Europa ist über Nacht der Bündnispartner abhandengekommen – und allem Anschein nach für viele Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte. Scholz, der Kanzler der Schande Merz und Macron gucken verdutzt und fallen in eine Art Schockstarre. Wir stehen nun, das müssen wir uns eingestehen, ziemlich nackt und nicht verteidigungsfähig da. Und das alles mit einem zukünftigen Kanzler, dem selbst unter den eigenen Leuten das Vertrauen und der Rückhalt wie Sand durch die Finger rinnen. Ich halte ja nicht viel bis extrem wenig von zu Guttenberg, in einer Sache muss ich ihm allerdings recht geben: Man wusste lange vor der US-Wahl, dass eine erneute Wahl Trumps zum Präsidenten eine Option ist, die man nicht nur in Betracht ziehen, sondern auf die man sich vorbereiten kann und muss. Das ist aber nicht passiert; man hat auf Amerika gestarrt, wie das Kaninchen auf die Schlange und nun muss man dabei zusehen, wie Trump in Windeseile gemeinsame Sache mit Putin macht. Jetzt muss europäisch reagiert werden. Aber wer soll reagieren? Der Kanzler der Schande und Berufsanfänger Merz, der, wie sich gerade herausstellt, weder von Tuten noch Blasen eine Ahnung hat und sich gerade mit seinem „Sondervermögen“ bis auf die Knochen blamiert? Macron, der innenpolitisch so schwach ist, dass er keinerlei substanziellen Rückhalt genießt? Es ist ein Elend.

Persönlich hatte ich die Gelegenheit, Tocotronic mal live zu sehen – es war ein fulminanter Abend, ganz großartig!

An dieser Stelle möchte ich Eure Aufmerksamkeit auch noch einmal auf das von Karl und mir organisierte Treffen der mittelfränkischen Mastodon- und Bluesky-Nutzer am 8. April in Fürth lenken. Alle Infos dazu findet Ihr im Einladungs-Post.

Was sonst noch so los war…

fefes Blog ist 20! Herzlichen Glückwunsch!

Bereits zum 10. Geburtstag habe ich Fefes Blog, dem wohl wichtigsten Watchblog der Republik, gratuliert, nun, zum 20. Geburtstag, darf an dieser Stelle freilich auch der Glückwunsch und meine tief empfundene Respektsbekundung (in aller Kürze) nicht fehlen.

Man muss, so habe ich weiland sinngemäß geschrieben, mit Fefe ja nicht übereinstimmen, aber das Lesen seines Blogs ist mehr als nur Teil der täglichen Informationsbeaufschlagung, es ist die fortwährende Übung in Medien- und Verstehenskompetenz und es ist, wie bereits ausgeführt, oft auch eine philosophische Fingerübung anhand tagespolitischer Ereignisse. Seine lakonisch bis zynischen Einwürfe widerspiegeln einen teils rustikalen, teils aber auch außergewöhnlich feinsinnigen Humor, der sich erst mit der Zeit der Lektüre entfaltet. Sein Blick auf unser vom Kapitalismus dominiertes Weltgeschehen ist nüchtern und ungeschminkt.

Nicht nur bei seinen Posts, sondern auch das seit zwanzig Jahren unveränderte Design betreffend, gelingt es von Leitner, sich auf das Nötige zu beschränken und einen heute quasi schon ungekannt erfrischenden Purismus zu pflegen. 2015 schrieb ich dazu: „fefes Blog ist hinsichtlich von Funktionalität und Design im Internet das, was Hirche oder Rams für Braun waren. Bei fefes Blog ruhen sich die Augen aus, nicht der Geist“; das hat freilich auch heute noch in selbem Maße Gültigkeit.

Interessanterweise sind die vielen lautstarken „Kritiker“ (diese Kritik war in den frühen und mittleren Zehnerjahren recht en vogue) des vermeintlichen „Fefismus“ heute alle stumm – vielleicht, weil kaum einer im Diskurs so lange durchhalten konnte, vielleicht aber auch, weil sie in einer stillen Stunde zur Kenntnis nehmen mussten, wie viele der von Leitnerschen Thesen schon heute Realität wurden und dass da am anderen Ende dieses Internets eben kein wirrer Verschwörungsmystiker sitzt, sondern ein Typ mit klarem Verstand, der unideologisch das präsentiert, was es zu präsentieren gilt.

Mancher von uns ist mit fefe erwachsen geworden, fefes Blog ist bis heute beileibe nicht der schlechteste Ort in diesem Internet. Dafür mein aufrichtiger Dank.

Möge fefe auch in den nächsten zwanzig Jahren (besser noch länger) Stachel in unserem Fleische sein.

Wirtshaus-Explorer: Çeşme Restaurant Nürnberg

Der heutige Wirtshaus-Explorer wird ein wenig kürzer und kompakter als gewohnt, einfach, weil es neben dem wohl wichtigsten Statement „Goud is gween!“ gar nicht viel zu schreiben gibt.

Die Gostenhofer Hauptstraße, die südlich auf den Plärrer einmündet, ist ein eigenes kleines Universum – hier reihen sich türkische Supermärkte, Restaurants, Bäcker und Imbisse an Juweliere und Brautmodegeschäfte. Die Straße hat einen ganz eigenen Flair und ist in Nürnberg in dieser Form sicher eine Besonderheit. Unweit der Einmündung zum Plärrer liegt das verhältnismäßig große und modern eingerichtete Restaurant çeşme. Çeşme bedeutet laut Pons-Wörtbuch so viel wie „Brunnen“ oder „Fontäne“, Ceşme ist aber auch eine knapp 50.000 Einwohner zählende Stadt an der Ägäis.

çeşme Restaurant Nürnberg

Eine Besonderheit des çeşme ist sicher der Holzkohlegrill, auf dem Fleisch und Gemüse zubereitet werden. So erhalten die Gerichte einen ganz einzigartigen, leicht rauchigen Geschmack, den man in dieser Form in Nürnberg so sicher nicht oft wiederfindet. Beeindruckt hat mich auch der im Hause hergestellte Ayran, der leicht und frisch schmeckt und hervorragend zu den Speisen passt. Alkohol wird im çeşme nicht ausgeschenkt.

Unsere kulinarische Reise begannen wir an diesem Abend mit einer Vorspeisenplatte, zum Käse und dem scharfen Dip gab es einen fein mit Knoblauch unterzogenen Joghurt und eine Art Kartoffelsalat, zudem (nicht im Bild) aßen wir Gözleme mit Spinatfüllung – wunderbar saftig! Dazu wurde ein fluffiges und dennoch außen knusprig gegrilltes Fladenbrot serviert. Zu diesem Arrangement gehörte auch eine große Schale würzigen Reises. Dem ging aber ein Gruß des Hauses voran, den ich leider nicht fotografiert habe: Ein Obstteller mit liebevoll präsentierten Apfelschnitzen, Orangen, Weintrauben und Datteln wurde zur Begrüßung der Gäste an den Tisch gebracht.

Vorspeisenplatte

Als Hauptspeisen bestellten wir die Grillplatte und einen Auberginen-Kebap.

Die Grillplatte war sehr großzügig mit zwei wunderbar zarten Kammkoteletts, eine Lammfleischspieß, Hähnchen und einem Hackfleischspieß bestückt, dazu gehören verschiedene Soßen, etwas Zaziki nach türkischer Art und gegrillte Peperoni und Paprika (20,90 Euro).

Grillplatte

Patlican Kebapi, zwei würzige Kebapspieße mit gegrillten Auberginenstücken, Reis und diversen Mezze, konnte ebenfalls geschmacklich überzeugen (17,90 Euro). Zu den Hauptgerichten reicht man jeweils eine kleine Schüssel bunten, säulich-frisch angerichteten Salats.

Auberginen-Kebap

Die Bewirtung war in äußerstem Maße gastfreundlich, schnell und verbindlich – wir waren bestens umsorgt und sehr zufrieden. Zum Abschluss des Abends reichte man uns nicht nur würzigen Çay, sondern spendierte aufs Haus auch drei üppige Portionen Pistazien-Baklava, herrlich intensiv und fein mit einer Art Sirup gesüßt.

Wir verlebten im çeşme einen wunderbar entspannten und kulinarisch ausgezeichneten Abend. Das Restaurant ist groß, um nicht zu sagen weitläufig und eine Reservierung scheint nicht immer vonnöten – dennoch kann sie sicher nicht schaden.

çeşme Restaurant, Gostenhofer Hauptstraße 29, 90443 Nürnberg, Telefon 28 99 33.

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