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Facebook kauft WhatsApp.

Heute, liebe Freunde, ist eine gute Gelegenheit, sich von dieser dauerkommunizierenwollenden Landplage WhatsApp zu trennen. Der letzte ausschlaggebende Grund für alle, die sich noch nicht dazu durchringen konnten, ist eingetreten: Zuckerberg kaufte just dieses WhatsApp.

Ich bekenne zweierlei freimütig: Zum einen: Ich war NIE auf Facebook aktiv (desgleichen nehme ich auch für myspace und die ganzen VZs in Anspruch), weil mir sofort klar war, dass es sich hier nicht um Kommunikation sondern um reine Selbstdarstellung dreht. Dazu ist mir nicht nur meine Lebenszeit zu schade, nein, sollten mich die narzistischen Anteile meiner Person allzusehr jucken, sublimiere ich das fröhlich hier im Blog oder in anderen Projekten. WhatsApp hatte ich tatsächlich mal auf einem Testtelefon in Gebrauch, 2009 oder 2010 muss das gewesen sein, als die Software ganz frisch war. Schnell stellte sich heraus, was für ein datenleckendes Loch man sich damit ins Telefon reißt. Diese Erkenntnis hat vorgehalten. Ein guter Freund, der derzeit in Südafrika weilt, hat mich gebeten, WhatsApp zu installieren – der Roamingkosten wegen. Ich habe ihm diesen Wunsch ausgeschlagen – es gibt auch E-Mail.

Immer wieder stand WhatsApp wegen unzureichender Verschlüsselung etc. in der Kritik, nichts desto trotz wurde damit nicht am eigentlichen Problem gerührt – den Daten, die bei der regulären Nutzung der Software anfallen. Was ich nun schreibe hört sich auf der einen Seite vereinfachend und auf der anderen Seite arrogant an (beides will ich nicht), aber auf die Gefahr hin, dass ich missverstanden werde, muss ich es sagen: Allein der Umstand, dass sich ein Stück Software anschickt, Namen und Rufnummern meines geräteinternen (!) Telefonbuchs zum Ausfindigmachen neuer Kontakte irgendwohin zu übertragen, müsste jeden Nutzer bis ins Mark erschüttern! Wie stumpf sind wir geworden, um uns das nicht nur gefallen zu lassen sondern das auch noch convenient zu finden?!

Es ist mit diesen automatisierten Abgleichen immer das selbe Elend: Selbst wenn ich meine Kontaktdaten, Telefonnummer und Mailadresse im Besonderen, sauberhalte – irgendein Honk wird sie schon vollautomatisch an Zuckerberg, Google, NSA und Konsorten überspielen.

Für Zuckerberg selbst ist der WhatsApp-Deal ein großer Wurf – just, da sich der lock in bei Facebook ganz allmählich aufzulösen beginnt, kauft er einen Laden, der ihm Mobilkompetenz, neue Nutzer und frische Daten liefert – Spiel, Spaß und Spannung. Bei WhatsApp läuft die Monetarisierung nun nicht über Werbung sondern über die Groschen, die die Software kostet (und wenn die Facebook-Leute schlau sind, belassen sie es auch dabei), das bedeutet aber nicht automatisch, dass die eingehobenen (und leicht mit den über Facebook schon vorhandenen verknüpfbaren) Daten nicht doch für Werbung oder sonst welche Zwecke verwendet bzw. verkauft werden. Wie groß und vollständig der Datenberg, der allein im Zuckerberg-Imperium angefallen ist und weiter anfällt, ausfällt, lässt sich kaum ermessen. Und auch nicht, welche Macht damit verbunden ist.

Leute, weg von Facebook und WhatsApp. Das hat keinen Taug.

Wochenrückblick KW31/2013

Wie immer (öfter) einige Notizen über Bemerkenswertes der vergangenen Woche:

  • Sehr dankbar bin ich ja über die Abkühlung zum Wochenanfang, die nach einem ungemütlich schwülheißen Wochenende mehr als willkommen ist. Der Plan ist gefasst: Im nächsten Frühjahr wird das Heim mit einer ordentlichen Klimaanlage aufgerüstet. So geht das ja nicht weiter.
  • Schily ist Sozialdemokrat? Davon merkt man nix mehr. Nun ist es aber so, dass man das Shily-Interview nicht ohne entsprechden Kontexte betrachten sollte. Wolfgang Lieb* hat den Spiegel gelesen und macht sich seine Gedanken.
  • Ähm, diese Notizen sind ja immer ein wenig durcheinander, daher erlaube ich mir mal, die Folgende etwas deutlicher hervorzuheben: LESEBEFEHL! Der Schweizer Ökonom Vontobel rechnet mal vor, warum wir einen Mindestlohn von EUR 18,50 brauchen. „Der im Vergleich zu den geforderten 8.50 Euro überraschend hohe Mindestlohn kommt dadurch zustande, dass wir auch den Mindestlöhnern die Fortpflanzung erlauben, dass wir sie an der Finanzierung der öffentlichen Ausgaben beteiligen und dass wir mit marktkonformen Arbeitspensen rechnen“. VONTOBEL, WORD!1!!11! (Am Rande: Was Vontobel da auf den Mindestlohn herunterbricht, ist absolut nichts Neues. Schon Karl Marx wusste, dass der Arbeiter so viel verdienen muss, dass er seine Arbeitskraft reproduzieren kann. Weil der Arbeiter wie jedes Lebewesen irgendwann stirbt, gehört auch Fortpflanzung zur Reprodunktion der Arbeitskraft. Ist schon immer wieder toll, zu sehen, wie heutige Ökonomen – ohne es zu sagen oder zu wollen – die Marxschen Thesen Bestätigen. Am Rande: Vontobel schreibt regelmäßig für die wirtschaftsliberale Weltwoche und Blätter des mindestens konservativen Blick).
  • Weitere böse Sozialisten gefällig? Benjamin Blümchen ist zum Beispiel so einer (bitte den gesamten Beitrag hören, nich nur lesen… ich habe sehr gelacht). Der Link ist auch geil. Universität Passau. BWAHAHAHAHA!!!!
  • Das leidige Problem mit dem Aufseßplatz, dort habe sich eine Trinkerszene etabliert. Tausend Dinge fallen mir dazu ein, einige will ich hier schlaglichtartig nennen: Der Absturz vom Aufßseßplatz und dem Gebiet Wölckernstr. ist seit Ende der 90er zu beobachten. Ein wirklich gutes Pflaster war dieser Teil der Südstadt ja noch nie – aber die Sandler waren immer anderweitig verräumt: Am Bahnhof oder im Lokal des Kaufhofs. Jetzt gibt es diesen Kaufhof und die Sandlerwirtschaft nicht mehr, jetzt treffen sich halt die harten Säufer davor. Was ebenfalls nicht wundert: Wer viel säuft, muss irgendwann auch mal schiffen, nutzt ja nix. Darüber zu diskutieren ist müßig, berührt das Problem nicht. Dort nun Platzverweise auszusprechen bringt gar nichts, dann wird halt am Kopernikusplatz weitergesoffen – eine Verlagerung des Problems ist kein Lösung. Die ist so klassisch wie schwierig: Aufsuchende Sozialarbeit, engmaschige medizinische Betreuung, mögliicherweise auch psychologische Rehabilitationsmaßnahmen, wenn möglich Entzüge. Der beschriebene „Trade-down-Effekt“ gilt ja quasi für zwei Drittel der Südstasdt. Callshops neben Spielotheken neben Wettbüros neben Handyvertickern neben türkischen Juwelieren neben als Imbissbuden getarnten Spilotheken neben Callshops neben Spilotheken neben Wettbüros… Wo soll angesetzt werden? Am neuen Südstadt-Carré? Das ist Unfug, bis das fertig ist, haben schon zu viele Säufer auf dem Aufseßplatz geballert. Dann ist es zu spät. Machen wir uns bitte nix vor: Ein neues Kaufhaus ersetzt weder Stadtentwicklung noch Sozialarbeit.
  • Was ist der wesentliche Unterschied zwischen dem sog. „stationären Einzelhandel“ und den Onlineversendern? Der Onlinehändler hatz i.d.R. kein Ladengeschäft, spart Personal, kann flexibler disponieren und spart somit Geld. Diesen Vorteil kann er in die Preisgestaltung einfließen lassen – in der Regel wird das getan und der Einzelhandel geht unter. Stück für Stück. Es gint aber nich einen Unterschied: Im Onlineshop kann der Kunde die Ware nicht prüfen. Daher hat der Gesetzgeber das 14-tägige Rückgaberecht eingeführt. Ich sehe das als einen kleinen Nachteilsausgleich gegenüber dem Einzelhandel. Letzterer muss Ladenlokal und Personal einpreisenen, ersterer die Retouren. Wenn ein Unternehmen zu einemn Konzern wird und dieser Konzern vom Marktführer zum Quasi-Monopolisten, dann wird der Konzern nicht selten auch dreckig. Das passiert nun auch mit Amazon. Die günstigsten sind die lange nicht mehr und auch der Service ist oft anderenorts genauso gut, nun aber umgeht Amazon quasi die gesetlichen Vorgaben und kündigt Kunden, bei denen das Retourenaufkommen dem Konzern nicht gefällt, das Kundenkonto. Das wäre dann kein Problem, wenn Amazon nur Materielles verkaufen würde. Bücher auf totem Baum, Musik auf silbrig glänzenden Plastikscheiben, Kaffeemaschinen, Hauspatschen oder Werkzeuge kann ich überall anders auch kaufen. Wenn ich aber z.B. einen Kindle habe, bin ich gearscht. Selbst wenn ich bisher erworbene Bücher Texte auf dem Kindle noch lesen kann – zukünftig kann ich das Gerät nicht mehr (legal) befüllen. Das Ganze ist ein Lehrstück über Monopolisten und digital rights management. Und dass beides so fies zusammentrifft ist mit Sicherheit kein Zufall.
  • Microsofts Cloud-Dingsi darf nicht mehr SkyDrive heißen. Auch irgendwie lächerlich.
  • Das war es dann mit dem Parkhotel. Solche Bilder machen wenig Freude. Au revoir.
  • Frau Wöhrl und die facebook-Kommentare.
  • Google baut mit seiner Neuakquisition Motorola ein Handy, das IMMER lauscht. Herzlichen Glückwunsch. Nicht.
  • Ich bin immer noch platt wegen des Motorola X. Wie kackdreist!
  • Oh. Wir haben gedopt.
  • Am Mittwoch ging es mit den Smmerbaustellen der VAG los, schon gibt es den ersten Stunk. Und mit was? Mit Recht. In Schoppershof stellt sich das so dar: Die Überbrückung einer Haltestelle mit einem Ersatzbus kostet den ÖPNV-Nutzer regelmäßig über 20 Minuten.
  • Was mal gesagt werden muss: Metadaten sind auch Daten. Das ist nicht weniger schlimm. Der BND ist bei dieser Ammi-Spionagescheiße auch verdammt dick im Geschäft. Nur zu Info.
  • Terrorgefahr? BWAHAHAHAHAHAHA!!!! (Aber es ist schon fast eine Beleidigung, für wie dummm die Ammis den Rest der Welt halten. Die Ammis! Verstehste?)

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*Warum ich hier auf die Wiki linke – nur damit nicht in Vergessenheit gerät, dass Lieb auch SPDler ist.

Wochenrückblick KW30/2013

Und wieder ein kleiner Wochenrückblick…

  • Das Klassik Open-Air soll lt. NN über 75..000 Besucher gehabt haben. Dafür ging es nach meiner Beobachtung total zivil ab – kaum Müll, alle Leute ruhig und freundlich. Es waren verdammt viele da – ja, das hat man gemerkt – aber 75k?! Ich bin immer noch geplättet ob der schieren Zahl.
  • Royalbaby. Mit zwar wurscht. Das witzige Randdetail: Die Presse stand Posten, aber als die Geburt gemeldet wurde, war das Baby schon etliche Stunden auf der Welt. Very British. (Update: Schau hie! Schorsch heißter!)
  • Telefonica (o2) schluckt also E-Plus. Diese Meldung kam für mich jetzt echt überraschend. Das ist in vielerlei Hinsicht spannend: Warum hat das Kartellamt das genehmigt? (Hat es gar nicht, muss noch gefragt werden) Warum hat KPN da mnitgemacht? Was heißt das für die Kunden? Ich oute mich mal: Ich bin u.a. E-Pluskunde seit 2005. In der Stadt ist E-Plus super, auf dem Lamd eher nicht. Das mobile Internet von E-Plus ist langsam. Wo o2-Kunden HSDPA haben, hab ich mit E-Plus oft nur einfaches 3G. Mal sehen, ob sich da was tut. Auch hinsichtlich des Services bin ich gespannt – als E-Plus-Altkunde werde ich noch immer sehr gut betreut, bei o2 fand ich den Service immer etwas semi… Wir werden sehen.
  • „Veganer des Internets: Leute, die nicht auf Facebook sind und das jedem immer und überall erzählen müssen.“ (via Twitter, @GebbiGibson). Ich oute mich als Interetveganer, schaut mal links…
  • Ich frage mich, wie der Gaul da reingekommen ist?! Schwank aus meiner Jugend: Wenn damals im Mäcces an den „Schaltern“ sehr viel los war, bin ich immer zu Fuß durch den Drive-In-Schalter gelatscht. Das fanden die Mitarbeiter jedes Mal sauwitzig und ich wurde immer (!) freundlich bedient. Manchmal haben die aber auch saublöd geguckt….
  • Montags und Donnerstag wiederholt der BR übrigens zur Prime den Monaco Franze. Auch wenn nun die ersten beiden Folgen durch sind – perfekt!!
  • Ich mach ja nur selten (und ungern) Werbung – aber in diesem Falle dann doch: Wer diesen Sommer noch einen einfachen HD-Camcorder mit optischem Zoom braucht: 65 Euronen bei Plus.
  • Nun, das Kultusministerium in BaWü tut Gutes: Lehrer sollen Social Media nicht mehr für dienstliche Zwecke verwenden dürfen. Und wisst ihr was? Meiner bescheidenen Meinung nach ist das, was hier nach vorsintflutlicher Pädagogik klingt, exakt das Richtige! Im Übrigen bin ich der Meinung, dass sich Pädagogen generell mal ihren Umgang mit ScM überlegen sollten und dabei möglichst auch die Perspektive des Kinderschutzes mitdenken. Diese dienstliche Anweisung weist jedenfalls in die richtige Richtung.
  • Eine mehr als interessante Definition von Big Data. Treffend.
  • Also ich finde diese Schmalzdapfer an den Fenstern von Bus und Bahn ja nicht besonders einladend.
  • Nochmal zur o2/E-Plus-Sache: Das Kartellamt war da noch gar nicht drüber. Wetten, dass die irgendwas verkaufen müssen? Da bin ich mal gespannt, was das sein wird. Folgenden Link zum Focus habe ich bekommen – das das den Wettbewerb anheizt, glaube ich kaum. Das ist FDP-Dummgeschwätz. Wenn wir nurmehr drei große Mobilfunker haben, orientiert sich das neue „o2-Plus“ an den deutlich teureren Preisen von Telekom und D2 vodafone. Bislang haben sich o2 und BASE ins Preisbattle gestürzt, nun werden die nutzen, dass Telekom und vodafone sehr teuer sind und gucken, schnell wieder die Fusionskosten reinzuspielen. Telefonieren wird wieder teurer.
  • Mollath bleibt also weiterhin in der Psychiatrie. Das wundert mich wenig. Ich habe – so zynisch den jetzt klingen mag, eine Wette laufen, dass er erst nach der Landtags-, Bundestagswahl und einer gewissen Schamfrist freikommt. Wenn er freikommt, sind die Mikrofone offen und dann bekommt der Justizskandal eine persönliche Stimme. Das ist nicht gut für Merk und CSU, das macht sich vor der Wahl einfach nicht hübsch.
  • Die Facebook-Aktie steigt um 20%. Sind die alle beknackt? Die nächste Blase, bitte.
  • Und auch in Zukunft hören Ammis die Telefonate ihrer eigenen Leute ab. No wonder.
  • Sehr interessant zu sehen, mit welchen Problemen Techniker kämpfen, um Audio über IP zu übertragen… Muss ja alles professionell sein (ich hätte da längst aufgegeben, und versucht, irgendwie herumzuskypen)…
  • Als Nichtanwohner fällt es natürlich leicht, sich für einen Ausbau des Verkehrsknotens am Wegfeld auszusprechen – ich bin mir im Klaren, dass das aus Anwohnerperspektive ganz anders aussieht – aber: Jedes Geld, dass VAG und Stadt in ÖPNV-Infrastruktur stecken, sichert die Anbindung der ländlichen Stadtteile – auch dann, wenn über einzelne Linien Rentabilitätsdebatten geführt werden. Ich komme aus einem Dorf, da gab es immer einen OVF-Bus nach Nürnberg. Mit etwas dünnerem Takt am Wochenende – aber ok. Nun fährt der Bahnbus am Wochenende gar nicht mehr! Null, nada, niente! Da draußen gibt es aber – abgesehen von Bushäuschen – keine ÖPNV-Infrastruktur. In der Regel ist es doch so: Dort, wo einmal investiert wurde, wird der Betrieb so lange wie möglich aufrechterhalten. Der ÖPNV-Knoten Wegfeld ist doch eine langfristige Versicherung auf eine ordentliche Anbindung. Und: Bei 22,-/m² würde ich nun nicht von einem generösen Angebot sprechen, aber wenn ich sehe, wie viel landwirtschaftliche Fläche für nen Zehner per m² über den Tisch geht…
  • stopsurveillance.org – mitzeichnen!
  • Löscher wird bei Siemens rausgeschmissen und – will man dem BR glauben – Nachfolger soll Kaeser werden. Den hätte ich gleich mit rausgeschmissen.
  • Die Stadt Nürnberg muss ziemlich pleite sein. Frühre gab es beim Bardentreffen immer einen oder zwei Acts, der im internationalen Show- und Musikgeschäft wenigstens kurzfristig anerkannte Erfolge feiern konnte. In diesem Jahr (wie im letzten auch): Völlig unbekannte bzw. gar keine Headliner. Gut, wäre bei diesen Temperaturen ja auch rausgeschmissen Geld.
  • A propos Wetter: Der Wetterochs kündigt an, dass diese ekelhafte Hitzewelle durch ein Unweter unterbrochen wird. Wohlan.

Leseempfehlung: „Zehn Gründe, warum ich mit Facebook Schluss mache“.

Wenn ich einen privaten Facebook-Account hätte, so wäre mit PRISM am Freitag der Tropfen gefallen, der das Fass zum überlaufen gebracht hätte. Nun denn, bei Martin Giesler scheint das der Fall gewesen zu sein.

Sein Klagelied auf Facebook umfasst zehn Strophen. Jede einzelne tönt mir aus dem Herzen, jede einzelne verdient Gehör!

Daher lies bitte jetzt „Zehn Gründe, warum ich mit Facebook schluss mache“.

Danke.

Die Schufa und SNs

Das Ding mit der Schufa vor etwa einem Monat fand ich richtig niedlich: Wenn eine Datenkrake auf die Idee kommt, den Bestand einer anderen Datenkrake zu nutzen, geht in Berlin das große Geweine los. Laut Reuters warne also die Bundesregierung die Schufa, doch bitte bitte nicht so böse zu sein und die Daten von Facebook oder andere sozialen Netzwerken zu nutzen. Da wird die Schufa nun aber zittern, liebe Bundesregierung.

Meine erstes Gefühl, als ich die Meldung im Radio hörte, war Häme. Ich predige ja gerne und ausführlich, dass gerade das Innehaben eines Facebook-Profils, dass irgendwie mit der eigenen Person verknüpft werden kann, ein Riesenfehler ist, den man möglichst schnell korrigieren sollte (hier übrigens eine Anleitung, wie man sein Facebook-Profil löscht – TUT DAS BITTE JETZT). Aber nicht allein bei Facebook will die Schufa schnüffeln gehen – auch XING und LinkedIn sollen herhalten, Twitter ebenso.

Mit Facebook, Xing und LinkedIn lässt sich schon etliches anstellen. Ich überlege mir gerade ernsthaft, meinen Xing-Account stillzulegen – nicht nur wegen der Schufa. Und dann wäre da Twitter – was bitte will man da herauslesen?

Ich denke, dass es in einem ersten möglichen Analyseschritt der Auskunfteien gar nicht um hinterlegte Inhalte geht sondern um eine Auswertung, mit wie vielen mehr oder weniger kreditwürdigen Personen ich befreundet bin – denn das mit den Statusdingen könnte ich lässig manipulieren. Aber selbst wenn ich die von mir hinterlegten Infos im Netz nicht selbst Schufa-kompatibel aufhübsche, so sind Informationen im Netz ja doch immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen: Etliche Infos sind sogar falsch oder veraltet, lassen sich aber nicht mehr aus dem Netz tilgen.

Interessanterweise – und darum mache ich mir die Mühe überhaupt – dieses abgehangene Thema nochmal aufzugreifen, gibt es inzwischen Leute, die die Idee mit dem Schufa-Score und den sozialen Netzwerken zumindest reizvoll finden. Deren nicht ganz von der Hand zu weisendes Argument lautet im wesentlichen etwa: Die Schufa und andere Auskunfsteien errechnen den Score-Wert, der die Kreditwürdigkeit repräsentieren soll, aus irgendwelchen statistischen Mitteln. Dazu gehören Geodaten. Hier heißt es: Wer in der XY-Straße wohnt, zahlt seine Rechnungen oder Verpflichtungen mit der Wahrscheinlichkeit von Z%, wer im Alter von V als Friseur arbeitet, der zahlt mit der Wahrscheinlichkeit von U,… und dann wird der Wert von Z, U und möglicherweise andere Werte betrachtet und ggf. auf Plausibilität gecheckt und dann wird aus dem Mittelwert dann ein Score gebildet. Möglicherweise werden auch bestimmte der Person direkt zuordenbare Parameter erhoben – so ist von Interesse, wie viele Konten vorhanden sind, ob der jeweilige Mensch eine Kreditkarte oder mehrere Handyverträge hat… Und aus Grundlage dessen wird dann ebenfalls berechnet. Das aber diese persönlichen Faktoren einen besonderen Einfluss haben, kann ich nicht feststellen. Weil ich meine Bankmenschen gut kenne, kenne ich auch meinen Scorewert und weiß, was für Banken einsehbar über mich bei der Schufa an Daten hinterlegt ist: Überraschend wenig und erschreckend altes Zeug. Mich soll es nicht stören, das gereicht mir mutmaßlich erst einmal nicht zum Nachteil – aber hieran kann ich ermessen, dass mein Scoringwert ein Schätzwert ist.

Das Interessante: Diesen Schätzwert kann ich nicht beeinflussen und er hat in der Regel mit mir auch nix zu tun. Wer in guter Gegend ein möbliertes Zimmer bewohnt, hat – selbst wenn er ein Hallodri ist – im Zweifel einen guten Score. Wer in nicht so guter Nachbarschaft wohnt, ein regelmäßiges Einkommen hat und gut wirtschaftet, kann demnach einen deutlich schlechteren Score haben.

Nun fragt man sich an dieser Stelle freilich: Tue ich der Schufa und deren ausgeklügelter Mathematik nicht unrecht – unterstelle ich doch zwischen den Zeilen eine zweifelhafte Aussagekraft des Scores? Für meine Person kann ich mit Sicherheit sagen: Der Score ist Schrott und wer für meinen Scorewert Geld ausgibt, ist ein ausgemachter Idiot. Ich habe mit datenschutzsensiblen Menschen, die eine Selbstauskunft eingeholt haben, schon öfter gesprochen. Gerade die, die gut auf Ihre Daten achtgeben und sich mit der Wohnungssuche ein wenig Mühe machten, hätten an Hand ihres Scores Schulden für einen ganzen Stadtteil machen können – bei einem Leben in recht einfachen Verhältnissen (siehe auch).

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass Scorewerte der Auskunfteien – nicht nur der Schufa – in aller Regel über Kreditwürdigkeit nichts aussagen. Wer einen guten Scorewert hat, der freue sich, wer unverschuldet einen schlechten hat, kann nix dagegen tun. Das ist recht bitter. Und nun kommt das interessante vorgenannte Argument ins Spiel: Befürworter sagen, dass es seitens der Schufa gar keine schlechte Idee ist, Daten aus sozialen Netzwerken für den Score mitheranzuziehen, denn – ich karikiere ein wenig – das wäre das erste Mal, dass der Score etwas mit lebenden Menschen zu tun hätte. Ob die „Bemessungsgrundlage“ einwandfrei ist, steht auf einem anderen Blatt – aber hier würde tatsächlich nicht ein Durchschnittswert einer Personengruppe, der ich zugeschlagen werde zur Bildung des Scores herangezogen sondern mehr oder weniger realistische Verhältnisse – im besten Wortsinn.

Ich mache mir diese Argumentation dennoch nicht zu Eigen, denn ich vertraue den Auskunfteien nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in der Lage sind, über Daten, die ich in sozialen Netzwerken preisgebe, auch nur ein halbwegs realistisches Bild über meine Bildung, mein Einkommen, meine Lebensverhältnisse zu zeichnen. Mit wem ich mich in sozialen Netzwerken verbandle muss auch nichts mit meinem realen Freundes- oder Bekanntenkreis zu tun haben, denn viele verbinden sich mit Menschen, die sie von Angesicht zu Angesicht noch nie gesehen haben. Vielleicht, weil man ein gemeinsames Hobby hat oder ähnliche Musik hört? Das Gegenüber kann Offenbarungseide geleistet haben, in der Privatinsolvenz stecken, kann Millionär sein mit eigenem Haus und eigenem Jet – es interessiert für viele Arten der „Online-Beziehung“ schlicht nicht. Es darf bezweifelt werden, dass allein dieses Missverhältnis von Auskunfteien sinnvoll in entsprechenden Algorithmen sinnvoll abgebildet werden kann.

Nichts desto trotz wird es versucht – Daten, welcher Art auch immer, wecken eben Begehrlichkeiten. Und weil man bei der Schufa möglicherweise schon weiß, dass das mit eigenen Ressourcen nichts wird, hat man gleich mal das wirtschaftsfreundliches Hasse-Plattner-Institut vor den Karren gespannt. Und das hat den umstrittenen Vertrag erst aus öffentlichen Ruck gekündigt.

Es gibt aber noch ein wesentlicheres Argument, dass gegen unsere Post-Privacy-Spacken steht: Das flächendeckende Abschnüffeln von in SNs hinterlegten Daten ist ein echt massiver Eingriff in die Intimsphäre. Ich könnte jetzt freilich die alte Leier anstimmen und sagen, dass diejenigen, die ihre Daten den SNs bereitwilligst in den Hals schütten, selber schuld seien und es nicht anders verdient hätten – aber das will ich gar nicht. Egal, wo solche Daten anfallen, unterliegen sie einem bestimmten Schutz, der sich einmal anständig formuliert und dann auch durchgesetzt gehört. Ich selbst würde gerade Auskunfteien per Gesetz etliche Riegel vorschieben.

Die Lehre, die es aber nun zu ziehen gilt, geht halt mal wieder in eine Richtung, in der der erhobene pädagogische Zeigefinger implizit immer zugegen ist: Leute, passt auf Eure Daten auf. Das es unter dieser Bundesregierung keinen anständigen Datenschutz von Seiten der Politik und des Gesetzgebers geben wird, ist eh klar – da muss man sich selbst zu helfen wissen. Derzeit würde ich gerade Facebook und Google+ als besonders gefährlich einstufen wollen. Mein Rat ist altbekannt: Wer es irgendwie vermeiden kann, der sollte sich nicht dort herumtreiben.

Aus dem Inneren von Google+

Es hat ja so kommen müssen, aber auf dem Schirm hatte ich es nicht und nun ist es – quasi aus dem Nichts – da: Google+. Dabei gab es doch schon deutliche Zeichen: Der schwarze Balken in Google, der „+1“-Button oder gar das immer wieder als Gerücht existierende „Google Games“ – und nun ist es also da: Google+,  eine Melange aus twitter, Facebook und Skype.

Natürlich war ich gespannt. Und dann bin ich mal einen Invite schnorren gegangen. Und dann hab ich was Schlimmes getan, nämlich mir eine Googlemail-Adresse geklickt. Und dann – war ich drin. Und ich war überrascht. Sehr positiv sogar.

Google ist etwas gelungen, was Facebook trotz enormer Geldmittel bis heute nicht geschafft hat: Google+ integriert die Erfolgskonzepte von twitter, Facebook und Skype schnell, technisch ausgereift und für jeden intuitiv verstehbar in ein eine Plattform und schafft damit nicht nur ein Quantensprung im Bereich des sozialen Networkings sondern auch ein reales wirtschaftliches Bedrohungszenarios für den derzeitigen Platzhirschen. Und weist mindestens ein neues Feature auf: Circles.

Circles erlaubt eine intuitive Zuordnung von anderen Nutzern in Nutzerkreise – so kann man – ohne dass das Gegenüber dies präzise einsehen kann – zwischen Freunden, Bekannten, Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen und gar dem Chef differenzieren und bestimmte Inhalte mit bestimmten Nutzergruppen exklusiv teilen. Über Listen wäre das in Facebook zwar theoretisch auch möglich, aber in Facebook tut das niemand – weil es schwierig konfigurierbar ist, oft nicht verstanden wird und vom hands-on-feeling einfach nur nervt. Circles könnte ein echtes Highlight und der USP von Google+ werden: Jeder kapiert auf Anhieb, wie das funktioniert, der Chef oder der Recruiter bleibt schön draußen und Vertrauliches bleibt vertraulich.

Das nächste Feature: Hangout. Das ist ein Videochat für bis zu 10 Personen. Im SN integriert – und macht damit Skype überflüssig. Einen Textchat gibts natürlich auch, Bilder lassen sich teilen und ein konfiguriertes Sparks schlägt einem News zu seinen Interessen vor – diese News lassen sich by click teilen – mit wem man sie eben teilen möchte.

Nun ist es so, dass Google nicht nur die coolen Sachen der sozialen Software implementiert hat, die ätzenden Sachen haben sie gleich weggelassen: Nervende facebook – Anfragen gehören der Vergangenheit an (jeder kann mir folgen, aber ich entscheide, ob und was der Folger zu Gesicht bekommt, wenn ich sie oder ihn zu entsprechenden Circles zuordne oder das sein lasse). Auch ein permanent klingelndes Skype , in dem Missichicky23 permanent mit mir chatten will, ist passé – wenn ich mich in Hangouts einklinke, kann ich „angerufen“ werden, wenn nicht, dann nicht. Sehr chic, das.

Und noch ein wesentlicher Unterschied zu Facebook besteht: Google+ skaliert. Facebook ist nervend langsam. Google+ sieht gut aus, Facebook sieht alt und langweilig aus. Google+ geht intuitiv, Facebook ist ein Moloch mehr oder weniger sinnvoller Einstellungen, die konfiguriert werden wollen, weil die default-Settings ein Datenschutzdesaster sind. Kurz und gut: Google+ hat Facebook in puncto smoothness und coolness aus dem Stand deklassiert. Setzen, Zuckerberg, sechs.

Zuerst einmal muss man folgendes sagen: Google+ macht derzeit noch Spaß. Das invitation only-System hilft, dass zuerst einmal tendenziell eher netzaffine Leute dort sind – und damit macht das „folgen“ Spaß, man hat eigentlich keinen Dünnsinn im Stream. Anders ausgedrückt: Es ist nett, nicht von Greti und Pleti umgeben zu sein. Das sich das ändern wird, ist auch irgendwie klar. Aber jetzt ist es halt noch nett dort.

Und weil man – wie auf Twitter – interessanten Leuten einfach nur folgen kann, halte ich es für möglich, dass das auch so bleibt. Derzeit – noch wenige Nutzer sind aktiv – fragt man sich aber manchmal schon, was man dort eigentlich verloren hat. Twitter ist also derzeit noch nicht obsolet geworden.

Warum aber überhaupt Google+, wenn doch Facebook angebliche 700 Millionen Nutzer hat? Weil viele dieser Nutzer mit Facebook nicht zufrieden sind. Facebook wird als, um es mit Holger Klein zu sagen, übergriffig erlebt, ständig greifen Änderungen zu Ungunsten des Datenschutzes der Nutzer, die dann von diesen manuell wieder geoutoptet werden müssen. Facebook ist langsam – und wenig intuitiv. Das wohl wichtigste: Facebook ist unsympathisch. Man will Facebook seine Daten nicht anvertrauen, man geht das als „faulen“ Kompromiss nur ein. Und: Ich kenne in der Tat niemanden, der den möglichen Gründer, Mark Zuckerberg sympathisch findet – im Gegenteil: Wenn Menschen frei sprechen können und das Gespräch auf Zuckerberg kommt, entlädt sich oft ein Schwall Antipathie. Dafür, dass er hässlich ist, kann er nichts, so hört man, aber sein arrogantes öffentliches Auftreten ekelt viele. Zuckerberg selbst dürfte das größte Hemmnis Facebooks sein. Und nun kommt Google. Von Datenskandalen halbwegs frei (man sehe von Streetview mal ab) launcht man einen innovativen Dienst nach dem anderen – wer seine Mails nicht selbst hosten kann (was übrigens schlau ist), findet kaum was Besseres als Googlemail. Google ist alles, was Facebook nicht ist: Innovativ, sexy, performant und unaufdringlich.

Über all dem Hype darf man aber eines nicht vergessen: Google ist Google und damit eine der großen Datensammler. Nur dass ein Produkt conivienient ist, bedeutet noch lange nicht, dass es aus datenschutzkritischer Perspektive auch passt. Und bei Google+ liegt zumindest der Verdacht nahe, dass es hier in Zukunft noch zu Schwierigkeiten kommen kann. Google kennt mit der Nutzung von Google+ nämlich nicht nur die Suchgewohnheiten der Nutzer und dank Analytics auch die Surfgewohnheiten, sondern kann sich nun auch ein gutes Bild über die Beziehungen der Nutzer untereinander, deren Intensität und deren Qualität machen. Das Warnen hiervor kommt bei den euphorischen Betrachtungen Google+ oft zu kurz. Die Zeit wird zeigen, wie sich das entwickelt – ohne ein Grummeln im Bauch benutze ich Google+ allerdings nicht.

Facebook-Gewinnspiele

Der folgende Artikel wurde am 11. Juni auf www.smm-blog.de veröffentlicht.

Wer bei Facebook Gewinnspiele veranstaltet, ideell oder monetär wertvolle Preise auslobt, der muss gut aufpassen: Zwei Beispiele aus der Praxis zeigen, wie solche Gewinnspiele zum einen zu manipulieren sind und zum anderen in einem handfesten PR-Desaster enden können, wenn die User nicht so abstimmen, wie man sich das wünscht.

Sechs sächsische Lokalradiostationen brachen gestern Vormittag ein Gewinnspiel mit dem Namen „Wetterkinder“ ab – ein im Grunde genommen schönes und harmloses Spiel, bei dem Kita-Eltern gebeten wurden, ein schönes Wetterbild der Kita ihrer Kids auf Facebook zu posten. Die Fans hätten abstimmen dürfen, welches das schönste Wetterbild sei und der Kita mit dem Gewinnerbild hätte von den Radiosendern ein Sommerfest ausgerichtet bekommen. Eine schöne Idee: Gute PR für die Sender, gute PR für die Kitas und ein „Pusteblumenfest“ für die Kinder.

Warum aber der Abbruch? Facebook lädt zu Manipulationen von Gewinnspielen förmlich ein: Der Mediendienst Flurfunk Dresden erklärt, wieso:

Konkret geht die Manipulation also so: Man kopiere einfach den Link zum ausgesuchten Bild mehrfach ins eigene Profil (und lösche diese Einträge schnell wieder, damit es nicht auffällt), um innerhalb kürzester Zeit Stimmen zu generieren. Jeder kopierte Link werde von Facebook gezählt. (Quelle)

Die Lokalradios werden das „Pusteblumenfest“ wohl auf konventionelle Weise verlosen müssen, dann gibt es einen Gewinner und der PR-GAU lässt sich so allem Anschein nach noch ganz gut vermeiden. Voll reingeschlittert ins PR-Desaster ist indes der Konzern Henkel AG und Co. KGaA mit seiner Spülmittelmarke Pril. Hier hatte man zu einem Designwettbewerb für Spülmittelflaschen aufgerufen, die User sollten Flaschenetiketten selbst kreieren und das Gewinnerdesign soll dann tatsächlich in die Läden kommen.

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Kein Sync mit Nazis oder: Schwachsinn in der Facebook-Debatte.

Ich weiß ja nicht warum, aber wenn man bestimmte Themen anfasst, kann man sich sicher sein, leidigen Nazi-Spam zu bekommen. Einen besonders dummdreisten will ich Euch an dieser Stelle nicht vorenthalten.

Aber zuerst zur Vorgeschichte: Was ich gestern über die Anachronismen im Umgang mit persönlicher Kommunikation – also mit dem Umgang mit nicht mehr ganz taufrischer ITK-Technik auf der einen Seite und der Reduktion des eigenen Kommunikationsverhaltens auf ein sinnvolles Maß auf der anderen Seite geschrieben habe, meine ich durchaus ernst. Ich bin mir vollends darüber bewusst, dass ich nicht diktieren kann, wie ich gerne kommunizieren würde – es sei denn, ich hätte die Absicht, mich sukzessive zu isolieren – aber ich wollte schon ein wenig den Stachel ins Fleisch bohren und zeigen, dass die „natives“ von den „visitors“ durchaus lernen können. Alles in einem gerüttelt Maß, versteht sich.

Scheinbar ist es mir aber gelungen, mich so missverständlich auszudrücken, dass ein Nazi-Verschwörungstheoretiker sich gestern bemüßigt fühlte, Nonsens zu posten.

Klar – in aller Regel lösche ich solche Kommentare kommentarlos – der hier ist aber so widerlich und so dumm – dabei aber gefährlich reizwoll formuliert, sich als intelligent tarnend, dass ich Euch zumindest Auszüge daraus zumuten möchte – selbstverständlich nicht unkommentiert.

Gestern also schrieb „asdf“ über den Host bluewin.ch (ich nehme mal an, hier hatte wer Thor o. ä. im Einsatz):

Hitler und Gaddafi hatten recht: das amerikanische Zins-Judentum hat schon längst die Weltherrschaft angetreten und scheint sogar (via Facebook und Mark Zuckerberg) die Aufstände in Nordafrika zu synchronisieren bzw. zu organisieren.

Aaarg! Dass sich dieser gedankliche Sondermüll nicht abstellen lässt!! Es ist grausam. Wenn ich spekulieren sollte, woher Menschen solchen Unsinn aufschnappen, dann würde ich ja spontan auf Jan Udo Holey aka. van Helsing tippen. Zu sagen bleibt zweierlei: Erstes gibt es kein amerikanisches Zins-Judentum – das ist nicht nur antisemitischer Bullshit sondern auch sachlich schlichtweg falsch. Damit bricht aber die Verschwörungstheorie schon zusammen. Pech für asdf. Wenn man es sich genauer betrachtet: Zuckerberg mag ja einem jüdischen Elternhaus entstammen, aber weder ein Zahnarzt noch eine Psychologin haben das Geld auf dem Stack, das nun Richtung Facebook fließt, weder er noch seine Eltern konnten Gelder einbringen, die zur rein technischen Realisierung der Verschwörung vonnöten gewesen wären. Zuckerberg hatte meines Erachtens mit dieser Facebook-Sache noch nicht einmal den richtigen Riecher sondern einfach nur unverschämtes Glück. Das hat er aber schnell erkannt und festgehalten. Peter Thiel, der Zuckerberg 2004 die ersten 500k US-Dollar gab, ist kein Jude, er ist Republikaner und unterstützt massiv die fundichristliche Tea-Party-Bewegung.

Das ist allgemein bekannt. Nur scheinbar wissen das dumme Nazis nicht. Der Link zwischen Hitler und Gaddafi ist so extrem schwachsinnig – dazu nun wirklich kein Kommentar.

Und so wundert es nicht, dass auf diesen Schwachsinn gleich der nächste Schwachsinn folgt:

Wie schon Hitler wusste: das grösste Kunstwerk ist ja nicht ein Gemälde, sondern die Synchronisation von 50 Mio Leuten (bei Facebook sogar 500 Mio).

Was jeder Mensch weiß, scheinbar aber unser Nazi nicht: Die Synchronisation von 50 Millionen „Leuten“ (allein dem Duktus nach dürfte sich unser Nazi-Spammer wohl im süddeutschen Raum bewegen – wer spricht sonst von „Leuten“) führte dazu, dass ein Gutteil Europas in Schutt und Asche lag. Diese „Synchronisation“ ist nichts wofür Bewunderung gezollt werden darf – diese „Synchronisation“ ist das größte Verbrechen der Menschheit. Nicht weniger. In diesem Kontext von einem „Kunstwerk“ zu sprechen ist nur widerlich.

Facebook „synchronisiert“ in erster Linie mal niemanden, dazu ist Facebook schlichtweg nicht in der Lage. Ob die Aufstände in Ägypten oder Tunesien historisch richtig als „Facebook-Aufstände“ bewertet werden dürfen , ist für mich indes höchst fraglich. Mubarak seterschwörungsthete neben kabelgebundenen IP-Netzen auch weite Teile der Mobilfunkkommunikation temporär aus – die Kommunikation klappte dennoch. Daher steht auch zu bezweifeln, dass expressis verbis Facebook das auslösende Element war. Ich will auf eine Erfahrung hinaus, die Mitglieder des Berliner Chaos Computer Clubs in ihrer monatlichen Sendung Chaosradio vom 24. Februar 2011 beschrieben: Hier ging es um Gateways für die abgeschaltete IP-Kommunikation und wie diese mit etwas outdateter Technik aus dem Ausland in Ägypten bereitgestellt werden könnte. Augenfällig hier: Auch ein Speech/SMS to twitter-Gateway, Amateurfunkstationen, Faxdienste… waren in diesen Tagen wertvoll wie IP-Kommunikation, die man via 28.8/56k-Modem bereitstellte. Facebook hat zweifelsohne eine wichtige Rolle gespielt – dies liegt aber nach meinem Kenntnisstand nicht an der spezifischen Beschaffenheit sondern der Verfügbarkeit.

Und unser Nazi-Sprallo schreibt weiterhin:

Wann gibt es mal einen Aufstand bei den Facebook-Mitgliedern?
Wann rotten sich nicht mal 5 Mio davon zusammen (z.B. via Facebook) und beschliessen, heute um 12.00 Uhr (GMT) ihren Facebook-Account zu löschen?

Oh, Du Depp. Ich soll also via Facebook organisieren, aus Facebook auszutreten? Nun, das klappt genau einmal. Dann kann ich via Facebook nichts mehr organisieren, weil ich kein Facebook mehr habe. Dann hat Facebook also 1% seiner Mitglieder verloren und der Rest bekommt davon nichts mit (gesetzt den Falles, dass Facebook 500 Mio. aktive Mitglieder hat, woran ich ebenfalls zweifle). Nee, Nazi-Dumpfbacke, so funktioniert das mit Social Media nicht, denn so sägt man sich nur den sprichwörtlichen Ast ab, auf dem man gerade sitzt. Wer eine Austrittswelle organisieren will, muss sich erstens einen Verbreitungsweg suchen, der Wellenbewegungen zulässt (Facebook zum Beispiel) und zweitens den „leavern“ auch eine gangbare Alternative anbieten – denn sonst wollen die Leute nicht weg. Die von mir gestern beschriebenen Anachronismen sind gangbare Alternativen – aber eins sind sie definitiv nicht: Kampagnenfähig. Ich will auch keine Kampagne – Du, spammender Nazisprallo, willst eine. Dann sieh mal zu, wie Du das hinbekommst – so jedenfalls wird das nix. „Wellen“ im Netz sind ja nichts anderes als zyklisch ablaufende Prozesse mit einer vorhandenen, aber sich stetig reduzierenden Schubkraft, deren Peaks sich deutlich über ein existierendes Grundrauschen erheben. Um diese Wellen in Gang zu bekommen, bedarf es einer ersten Anschubkraft. Die allein bringt niemand auf, daher bedarf es vielen Gleichgesinnten, die ein unterstützenswertes Ziel voranbringen. Damit sie das tun, müssen sie erst einmal überzeigt werden und sich dann „in Bewegung“ setzen. Aus der Summe dieses Schwarms ergibt sich die benötigte Schubkraft. Es steht gottlob nicht zu erwarten, dass dieser Schwarm so dämlich ist, auf das Geseiere von Nazi-Verschwörungstheoretikern hereinzufallen. Deshalb wird auch nichts aus dem rechtsradikelen Facebook-Quit zur Stichzeit.

Aber eben: heute wird alles zensiert und Mutige gibt es eh schon längst nicht mehr. DSK wird übrigens dank bester Anwaltschaft in New York sowieso frei kommen.

Dummes Nazi-Geseiere zu zensieren ist in der Tat keine Option, denn dann würde ja niemand mitbekommen, wie hohl ihr Faschos eigentlich seid. Aber diesen Dumpfsprech unkommentiert durchzulassen, ist auch nicht. Daher, lieber Fascho der Du dich hier „asdf“ schimpfst: You made my day und ich widme deiner Scheiße ein ganzes Post. Du hast das Exempel Deiner eigenen Dummheit hier öffentlich selbst statuiert. Na, Fascho, bist Du jetzt stolz?

P.S.: Was hat Dein Sermon denn bitte mit Strauss-Kahn zu tun? Bekloppter…

P.P.S.: Disclaimer: Der in den Zitierfeldern abgebildete Kommentar ist hier vollständig wiedergegeben. Der Kommentar wurde zum Artikel „Anachronismen für ein freieres Leben“ vom 15. Mai 2011 unter der IP: 81.62.251.230 , 230-251.62-81.cust.bluewin.ch uam 15. Mai 2011 um 23:47:57 Uhr abgegeben. Derr Autor distanziert sich von allen in den Kommentarfeldern getätigten Äußerungen, die hier nur zu dokumentarischem Zwecke dargestellt wurde.

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