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Revolutionsbier.

Allzu viel ist über das Verhältnis von Marx zum Bier nicht überliefert, außer, dass Marx in mancher Phase seines Lebens dem fröhlichen Zutrinken wohl nicht in völliger Ablehnung gegenübergestanden sein muss.
Gesehen in der Schankwirtschaft Schanzenbräu, Nürnberg.

Boogies BBQ – back in business

Weit über die Grenzen Nürnbergs hinaus bekannt – in der Stadt eine Institution: Allen, die „Boogies BBQ“ in der Nimrodstraße vermisst haben, sei die frohe Kunde gebracht: Es gab erst kürzlich das Re-Opening – quasi um die Ecke!

Nach langer Zeit mal wieder ein Beitrag im „Wirtshaus-Explorer“, einfach, weil ich glaube, dass sich die Neuigkeit bislang nicht überall herumgesprochen hat: Das „Memphis-style“-Smokehouse Boogies BBQ, das vor geraumer Zeit seine Räumlichkeiten in der Nimrodstraße schließen musste, hat in neuer Location wieder geöffnet – in der Eschenstraße 25, die Zufahrt ist über die Vogelweiherstraße.

Auch wenn es vor dem Restaurant noch ein wenig nach Baustelle aussieht, drinnen ist alles fein und chic, der Laden ist doch etwas kleiner, als die in der Nimrodstraße unterhaltene Halle und deshalb rentiert es sich, vorab telefonisch zu reservieren (zumindest, wenn man zu den Stoßzeiten kommen möchte).

Das Interieur ist, wie wir es kennen: Ur-amerikanisch. Mitunter tönt aus den Lautsprechern schöner alter Delta-Blues, dazu wird langsam gesmoktes Pulled Pork, die berühmten Spareribs oder auch Burnt Ends gereicht, an unterschiedlichen Tagen gibt’s jeweils ein Special, der Smokehouse Burger ist längst kein Geheimtipp mehr.

Mehr muss man eigentlich nicht wissen. Freilich ist das „Boogies“ eine Art Imbiss, die Qualität der Speisen übertrifft die eines Imbisses aber bei Weitem – und betrachtet man Zeit und Aufwand, der zu betreiben ist, um das Fleisch langsam im Smoker zuzubereiten (etwa 24 Stunden), so ist auch der höhere Preis absolut gerechtfertigt. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass Boogies den Neustart geschafft hat – und das in quasi direkter Nachbarschaft zum alten Laden.

Blast from the past: 13 Jahre Webcam

Heute feiert die „Webcam Nürnberg-Schoppershof“ hier im Blog ihren dreizehnten Geburtstag. Zeit, ein wenig auf das Thema Webcam zurückzublicken…

Webcams – das war doch irgendwie ein Ding der späten 90er und frühen 2000er. Damals war es gang und gäbe, seinen Website-Besuchern ein wenig von der Umgegend über eine Webcam zu zeigen. Und ja, auch mich faszinierten diese sich von Zeit zu Zeit aktualisierenden Bilder aus den Webcams der Welt. Erinnert ihr Euch? Noch vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren gab es kaum einen Radiosender, über dessen Webseite sich nicht auch dem Moderator im Studio, den man bislang nur hören konnte, via Webcam bei seiner Arbeit zuzusehen. Und so war es ein regelrechter „Sport“, gut gemachtte Seiten mit möglichst spannenden Webcams ausfindig zu machen.

Heute ist die Webcam vom Aussterben bedroht. Auch wenn das omnipräsente Streaming z.B. über Twitch ja im Kern nichts anderes ist – die klassische Webcam, die in Intervallen ein mehr oder weniger scharfes Standbild sendet, wird immer seltener und ist ein Auslaufmodell. Dabei hängen im weltweiten Netz immer mehr von Provatleuten installierte hochauflösende Überwachungskameras – „smart home“-Anwendungen machen es möglich. Doch um solche Kameras soll es hier nicht gehen. Heute widmen wir uns dem Klassiker – der guten alten Webcam, die ihre Bilder in die Öffentlichkeit sendet.

Als erste Webcam wurde die „Trojan Room Coffee Pot Camera“ bekannt, die Anfang der 1990er Jahre im Gang vor einem Rechenzentrum der englischen Camebridge-University installiert wurde und ein 128×128 Pixel kleines Graustufenbild zuerst ins Intranet der Uni, dann ins WWW sendete. Freilich war diese Kamera nur eine Spielerei, allerdings eine mit einem gewissen Sinn, konnten doch die Universitätsmitarbeiter den Füllstand einer Kaffeekanne einer Kaffeemaschine erkennen und so entscheiden, ob sich ein Weg aus einem entlegeneren Gebäudeteil lohnt, um eine Tasse Kaffe zu holen. Interessant auch der Aufwand, der zum Betrieb dieser ersten Webcam getrieben werden musste: Es war nicht nur eine Videokamera, die auf die Kaffeemaschine gerichtet wurde, sondern auch ein Rechner mit einer Framegrabber-Karte, der das Bild digitalisierte, vonnöten – und ein Server, der das Bild verteilte.

Knappe zehn Jahre später habe ich übrigens eine ähnlich aufwändige Installation einer Webcam gesehen: Im Studio des heute nicht mehr existenten Senders „Webradio Nürnberg“ schwebte auf einem schweren Stativ als Webcam eine professionelle TV-Kamera über den Köpfen der Moderatoren, deren PAL-Bild dann von einer Videokarte digitalisiert und dann in VGA-Auflösung ins Netz gestellt wurde. Die ersten IP-Kameras mit Netzwerkanschluss hatten eine dann doch nicht hinreichende Auflösung und vor allem eine recht geringe Lichtausbeute.

Wer also in den frühen Jahren des Internets mit einem guten Webcambild überzeugen wollte, musste schon etliche Anstrengungen übernehmen, um an sein Ziel zu gelangen. Erst Mitte der 2000er waren für (zumindest etwas) kleinere Geldbeträge Webcams auf dem Markt, die sich nicht nur per USB an einen Computer anschließen ließen, sondern auch per Ethernet oder gar WLAN ein Bild ins Internet übertrugen oder auf einem Server ablegten.

Der große Boom dieser Kameras ist freilich vorbei. Nichts desto trotz gibt es sie noch, die Webcams. Welche Kameras gegenwärtig in Nürnberg noch ein Bild senden, habe ich im Sommer dieses Jahres einmal zusammengefasst.

Auch dieses Blog hat eine Webcam, primär freilich, weil ich seinerzeit mit so einem Gerät spielen wollte, letztlich habe ich für die Wettercam aber auch gutes Feedback erhalten und so ist sie über all die Jahre geblieben.

Schon 2010 habe ich diese Kamera gekauft, ein Modell des seit 1986 in Tainwa ansässigen Herstellers Edimax, das sich bereits sei 2008 auf dem Markt befand und schon damals technisch als „basic“ einzustufen war. Die einfache Kamera dürfte, so ganz genau weiß ich das gar nicht mehr, um die 50,- Euro gekostet haben. Sie hatte im Wesentlichen zwei Vorzüge: Durch das Fehlen eines Mikrofons kann niemand Geräusche aus dem Innenraum, in dem sie aufgestellt ist, abgreifen, zudem lädt sie zuverlässig in einem frei definierbaren Intervall ein Standbild auf den Server. Sehr bewusst habe ich mich damals für das einzige Modell ohne WiFi entschieden, verknüpft mit der Überlegung, dass eine kabelgebundene Lösung grundsätzlich stabiler laufen könnte. Dass dieses recht einfache Gerät dreizehn Jahre lang funktionieren wird, damit habe ich allerdings nicht gerechnet. Immer mal wieder habe ich mir zudem überlegt, eine Kamera mit höherer Auflösung anzuschaffen, aber so lange das Teil stabil läuft – wieso austauschen?

Und da steht sie nun auf dem Fensterbrett des Arbeitszimmers neben dem Freifunkrouter, seit Jahr und Tag. Das Gehäuse ist vom Sonnenlicht ordentlich ausgeblichen bzw. vergilbt, aber das macht ja erst mal nichts. Diese Kamera sendet ein Bild in der alten VGA-Auflösung, also mit 640×480 Pixeln, 24 Bit. Das ist heute natürlich reichlich antik, genügt aber dennoch, um zumindest ein Bild mit einem Wettereindruck klar ins Internet zu senden. Dabei ist jedes dieser Bilder im Durchschnitt 23 Kilobyte groß (ein sehr helles Bild ist um die 28 kB groß, ein Bild mit reinen Schwarzwerten etwa 10 kB). Alle 90 Sekunden wird ein Bild an den Server gesendet, also 40 Bilder pro Stunde, 960 Bilder pro Tag. In dreizehn Jahren war die Kamera rechnerisch 4745 Tage online, hiervon können wir realistisch zehn Tage Downtime von Internet, Strom und Server abziehen, so dass 4735 Tage als Berechnungsgrundlage angenommen werden dürfen. Es wurden in den vergangenen dreizehn Jahren also etwa 4545600 Bilder erzeugt. Das wären, allen anderen Traffic nicht mitgerechnet, etwa 104,5 Gigabyte Daten, die für dieses Webcambild an den Server übertragen wurden. Natürlich habe ich diese 100 GB nicht irgendwo auf einer Platte liegen, denn alle 90 Sekunden wird das Bild mit einem neuen überschrieben. Es existiert – und das ist auch gut so – kein Archiv.

Warum feiere ich mit einem Post den dreizehnjährigen Geburtstag eines inzwischen völlig veralteten und eigentlich auch obsoleten Stückchens Technik? Nun, zum einen bin ich ja fasziniert vo der Langlebigkeit dieses Geräts. Seien wir mal ehrlich: Wer hat schon so alte IT-Hardware tagtäglich am Laufen? Igendwie mach ich zudem dieses alte Gefühl, dass das „Web 2.0“ einem seinerzeit vermittelt hat – und dazu gehören freilich auch diese Webcams. Und so darf, solange sie funktioniert, diese Webcam noch ein wenig bleiben, aus nostalischen Gründen.

Im Test: Der „High End“-MP3-Player Phinistec Z6

MP3-Player waren vor zwanzig Jahren mal der absolut heiße Scheiß. Wer auf sich hielt und gewisse Ansprüche an so ein Produkt stellte, leistete sich einen iPod, wer nicht so viel Geld ausgeben wollte, fand eine passende Alternative in der quasi unendlich breiten Produktpalette. In Zeiten des Smartphones und des Musikstreamings scheinen MP3-Player aus der Zeit gefallen, ja überflüssig. Und dennoch gibt es sie – und nicht nur als Billigprodukt für technisch etwas weniger ambitionierte ältere Herrschaften – sondern auch als “High End”-Player für eine anspruchsvolle Kundschaft.

In diesem Segment haben sich die Firmen FiiO und Sony besonders hervorgetan und einige hervorragende sog. “HiRes-Player” auf den Markt gebracht. Deren Vorteile bestehen im Wesentlichen darin, dass sie nicht nur Lossless-Dateien wiedergeben können, sondern durch einen besonders guten Digital-Analog-Wandler die klanglichen Vorteile solcher verlustfreier Audiodateien zur Geltung bringen. Zudem sind diese im höheren Preissegment angesiedelten Produkte in der Regel auch haptisch gut gemacht. Diese Player besetzen damit eine Lücke, denn bei vielen Streamingdiensten kommt der Sound unter die Räder und die in etlichen Handys verbauten Signalprozessoren lassen selbst Lossless-Dateinen oft nur mäßig klingen.

Aber auch diese Nische ist in den letzten zwei Jahren deutlich kleiner geworden – und gute Geräte sind mittlerweile teuer. Gegenwärtig ist nur noch ein High-End-Player von FiiO zum stolzen Preis von 700,- Euro zu haben. Und auch die wenigen Sony-Geräte, die man bekommt, sind reichlich kostspielig. Kein Wunder also, dass sich nun weniger arrivierte Hersteller (chinesischer Provenienz) daran versuchen, diese Marktnische zu bedienen. Und so bin ich dieser Tage auf ein Produkt der mit bis dahin unbekannten Marke “PHINISTEC” gestoßen, das verspricht, hier ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu liefern – der Player hat die Typenbezeichnung “Z6”.

Phinistec Z6 - MP3-Player

Phinistec Z6 – MP3-Player

Auch ich habe mich zum Kauf hinreißen lassen (in Deutschland z.B. via Amazon und Ebay, international über diverse Plattformen und auch die üblichen China-Wholesale-Verdächtigen). Derzeit wird der Phinistec Z6 in zwei Varianten angeboten – mit einem internen Speicher von 32 GB für 49,99 Euro, die Variante mit 96 GB Speicher ist zwischen 70,- und 119,- zu haben. Die Spezifikationen des Players haben für den Kauf den Ausschlag gegeben. Das Gerät wartet mit einigen bemerkenswerten Features auf (zumindest auf dem Papier):

  • Wiedergabe der Formate APE, FLAC, MP3, OGG, AAC, ACELP, WMA und WAV
    1500mAh starker Akku
  • FM-Radio mit der Möglichkeit, vom Radio in WAV und MP3 aufzunehmen
  • USB-C (das ist ein Feature, weil die bei Playern dieser Art sonst üblichen Micro-USB-Buchsen schnell zum Ausleiern neigen)
  • der Player mountet 256GB microSD-Karten
  • ein eingebauter Lautsprecher, Diktierfunktion und ein AUX-Out-Anschluss sowie Bluetooth 5.0 runden das Angebot ab

Das ist eine eierlegende Wollmilchsau! Mehr kann man von so einem Player doch kaum erwarten, oder? Nun, um es kurz zu machen, man kann nicht nur, man muss. Denn trotz dieser langen und klangvollen Featureliste ist der Player vor allem eines: gruselig!

Will man den Rezensionen, die über diesen MP3-Player kursieren, Glauben schenken, dann handelt es sich beim Z6 um ein absolutes High-End-Produkt. Als “Next Level”-Player wird er da angepriesen, man attestiert ihm eine besondere Soundqualität und rühmt seine audiophilen inneren Werte. Um es kurz zu machen: Das ist leider alles Bullshit.

Phinistec Z6 - Seitenansicht

Phinistec Z6 – Seitenansicht

In der angenehm sachlich-schlichten, funktionalen Versandverpackung findet man einen stattlich 180 Gramm schweren, sich erst einmal sehr gut anfühlenden Player vor. Das Gehäuse ist aus Metall, dich mechanischen Funktionstasten ebenso. Vorder- und Rückseite sind aus Glas, die Anschlüsse für Kopfhörer und AUX funkeln gülden. Das Teil ist ein echter Handschmeichler, hier wurde nicht an Material gespart. Diese angenehme Haptik lässt darüber hinwegsehen, dass Glas bei einem Mobilgerät, das auch mal herunterfallen kann, eigentlich ein Werkstoff ist, der sich verbietet. Zudem ist das Gehäuse relativ scharfkantig und, wenn man es sich recht überlegt, auch unnötig schwer.

Bei ersten Einschalten fällt auf, dass das Display groß und scharf ist, dann aber folgt schon die erste Ernüchterung: Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass wir es mit einem nur wenig logischen und kaum intuitiv bedienbaren Schachtelmenü zu tun haben. Die englische Bedienoberfläche ist okay, die deutsche Sprachvariante enthält teils ziemlich blöde Übersetzungsfehler, man bekommt auf dem Display ein deutsch-englisch-chinesisches Kauderwelsch angezeigt. Die Bedienung geht, sofern man den Menüpunkt, den man anzusteuern beabsichtigt, denn auch findet, flüssig von der Hand.

Phinistec Z6 - Seitenansicht

Phinistec Z6 – Seitenansicht

Die gut gefüllte 256GB-SD-Karte mountet der Player halbwegs schnell. Man kann die Dateien in den jeweiligen Ordnern ansteuern, der bordeigene “Dateibrowser” tut den Job prinzipiell, aber leider nicht ganz fehlerlos: Wurde ein Album in einem Ordner wiedergegeben, folgt nicht der nächste Ordner, sondern der Player stoppt. Das lässt sich auch nicht beheben oder einstellen. Die Dateien werden nicht in der Reihenfolge, in der sie auf der SD-Karte abgelegt sind, wiedergegeben, sondern der Player hat den alten „Dateinamenfehler“ und spielt die Dateien in der Ordnung „1, 11, 2, 21…“ Wenn Player der „early 2000s“ solche Bugs haben, na gut, heutzutage darf das nicht mehr vorkommen. Und damit ist der Z6 eigentlich schon durchgefallen. Doch es kommt, wen will es wundern, noch schlimmer:

OGG Vorbis, FLAC, MP3 und WAV-Dateien klingen allesamt flach, komprimiert, leblos und irgendwie auch dumpf. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich noch nie einen so schlecht klingenden MP3-Player besessen habe. Damit ist das Elend aber nicht zu Ende, im Gegenteil: Selbst bei mäßigen Lautstärken neigt der Player zum Clipping. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Der im krude verschachteln Menü gut versteckte Equalizer schafft hier keine Besserung, im Gegenteil: Der Sound wird noch schlimmer. Alleine wegen des schlechten Tons ist der Player ein Fall für die Mülltonne.
Es ist mir ein Rätsel, wie Rezensenten auf Amazon diesem Gerät einen guten Klang attestieren können. Wer der irrigen Meinung ist, dieser Player klinge gut, der hat entweder sehr niedrige Standards oder sollte sich umgehend bei einem HNO-Arzt vorstellen.

Da fällt dann schon nicht mehr ins Gewicht, dass das eingebaute FM-Radio selbst bei starken Ortssendern einen schlechten Empfang hat. Ist das Display eingeschaltet, dann wird der Empfang noch von zusätzlichen Störgeräuschen unterzogen. Auch wenn die Aufzeichnung der Radiosendungen prinzipiell ganz ordentlich funktionieren würde, nutzt sie halt nichts, wenn der Empfang so gestört ist, dass man mit dem Ergebnis nichts anfangen kann. Warum sich Aufzeichnungen nur auf dem internen Gerätespeicher, nicht aber auf der SD-Karte ablegen lassen, weiß allein der chinesische Hersteller. Der eingebaute Lautsprecher klingt reichlich leise und blechern – hier hatte ich aber auch nichts anderes erwartet. Ärgerlich ist aber, dass Bluetooth mal funktioniert – und mal nicht. Und wenn es funktioniert, dann klingt es fies.

Das traurige Fazit: Dieser Player ist leider ab Werk Elektroschrott. Keine der vielen Funktionen ist ordentlich umgesetzt und man ärgert sich jedes Mal, wenn man diesen Player in die Hand nimmt. Die solide Haptik scheint einzig und allein dem Verkauf zu dienen, denn im edlen Gewand kommt billigste Elektronik daher – die “Brot und Butterfunktionen” sind so schlecht, dass ich dringend raten möchte, vom Kauf dieses Players abzusehen. Wer “HiRes” oder gar “High End” (bei diesem Preis ist das aber freilich nicht zu machen) erwartet, sieht sich bitter enttäuscht, aber selbst für einen “normalen” MP3-Player ist das Teil einfach nicht ausreichend.

Wochenrückblick KW 37 und 38 2023

In den letzten zwei Wochen ist reichlich geschehen, die Landtagswahlen in Bayern und Hessen werfen ihre Schatten voraus – und in Bayern werden das dank Söders Wankelmütigkeit stockdunkle Schatten werden. Nun gut, gehen wir es also mal wieder an…

  • Vorletzten Sonntag hat also Weidel ein Sommerinterview bei der ARD abgeben dürfen. So was finde ich ja immer etwas elend, man sollte der faschistischen AfD keine Bühne bieten, nirgends.
  • „Spätestens, als Weidel im ARD-Sommerinterview verlautbarte, in der Niederlage des Nationalsozialismus keinen Grund zur Freude zu sehen, wäre Gelegenheit für Interviewer gewesen, mit ´An dieser Stelle beenden wir das Gespräch, denn Sie haben sich aus demokrat. Minimalkonsens selbst verabschiedet´ klare Kante zu zeigen. Die beständigen Plauschrunden mit Rechtsextremen erhellen nichts und stellen diese nicht – sie helfen in dieser Form nur dabei, braunes Gedankengut immer weiter zu normalisieren“, Nadine Milde via Mastodon
  • R.I.P, Burgi Well.
  • Gerade scheinen bei Jehovas Zeugen wieder Werbewochen zu sein. Nicht nur bei uns klingelten sie am letzten Samstag an der Wohnungstür, auch bei anderen im Viertel, wie ich soeben über Mastodon erfuhr. Früher habe ich mir immer einen Spaß daraus gemacht, mit denen zu diskutieren. Meine These, die ich denen gerne überhelfe, ist: „Dieser Jesus Christus ist doch der erste Sozialist der Welt“. Der hat die Händler aus dem Tempel gedroschen, „Die Letzten werden die Ersten sein“, er saß bei den Kranken, bei den Huren… Wenn das nicht genügt, kann man noch eine Schippe drauflegen: „Aus der Bibel hätte sich Marx bei seinem´Kapital` noch ein paar Scheiben abschneiden können!“, man denke an das Sabbatjahr, den Schuldenerlass, Gottes Gebot eines Ruhetages in der Woche… „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Für mich war in der Vergangenheit deren Reaktion immer sehr interessant, denn diese Thesen stelle ich ja nicht auf, um sie zu ärgern (das wäre reine Selbstzweck), sondern um zu hören, was die äußerst bibelfesten Zeugen dazu zu sagen haben. Und die haben mit diesen Thesen durchaus ein Problem, weil sie nicht nur den Sozialismus ablehnen, sondern jedwede politische Betätigung. Besagte Strategie ist aber nicht als Empfehlung zu verstehen, die Zeugen schnell wieder loszuwerden – der Schuss ginge garantiert nach hinten los. Mittlerweile klingeln die „Zeugen“ aber zu Tages- bzw. Uhrzeiten, zu denen ich gewöhnlich noch zu schlafen pflege und daher musste ich die leider in der letzten Zeit immer rauswerfen.
  • War Jesus ein Sozialist? Es gibt sogar einen Bund religiöser Sozialisten.
  • „Angry“ von den Stones. Nicht der Top-Hit, aber gut hörbar. /via
  • Ich war lange Jahre in der IG Metall. Und obwohl Walter Riester weiland auch zweiter Vorsitzender der IG Metall war, hat es meine Gewerkschaft (bzw. unsere hiesige Verwaltungsstelle) nicht versäumt, vor der Riester-Rente zu warnen. Auch Felix von Leitner wusste seinerzeit, dass die Riester-Rente nichts taugt. Nun stellt sich heraus, dass die Riester-Rente eigentlich nichts anderes ist, als ein Geschenk an die Banken. Btw. kann ich die IG Metall in dieser Hinsicht nicht nur entlasten. Gestern erfuhr ich, dass Beschäftigte mit Metalltarifvertrag ihre vom Arbeitgeber zugestifteten VWL gegenwärtig nur in solche Finanzmarkt- und Rentenprodukte stecken dürfen, nicht aber zum Beispiel in klassische Bausparverträge. Schon krass.
  • CDU und FDP sind, man kann es nicht anders sagen, eine Schande für unser Land.
  • „Man kann sich im Zweifel nicht mehr darauf verlassen, dass Konservative und Liberale die radikale und extreme Rechte von den demokratischen Institutionen fernhalten. Und genau so sterben Demokratien: nicht durch die Revolution der Rechten, sondern auf Einladung der Moderaten.“ Marcel Lewandowsky
  • Was mich dieser Tage sakrisch geärgert hat: Die IG Metall hatte als eine der zentralen Forderungen für die Tarifrunde Stahl die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Eine gute, eine gerechte Forderung, da die Arbeiter in den letzten dreißig Jahren von den durch Automatisierung und Digitalisierung eklatanten Gewinnsprüngen nichts bekommen haben – viel mehr noch: Viele Jahre hindurch mussten sie trotz moderater Tariferhöhungen Reallohnverluste hinnehmen. Die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich wäre hier eine nicht nur längst überfällige, sondern notwendige und moderne Beteiligung der Beschäftigung an den Gewinnen ihrer Arbeitsleistung. Allerdings verabschiedet sich die IG Metall peu à peu von ihrer Forderung. Nicht sofort, denn dafür war man zu laut, hatte das Maul zu weit aufgerissen und für diese Forderung zu große Zustimmung in der Arbeiterschaft erhalten. Nun also ist dieser wichtige Punkt auf 2024 verschoben – und wir wissen, was passieren wird: Man verschiebt und verschiebt und verschiebt…, fordert erst mal eine etwas ominöse Arbeitszeitverkürzung –  irgendwann ist die Forderung so nebulös, dass sie unter den Verhandlungstisch fällt. Und mal wieder startete man als Tiger und landete als Bettvorleger.
  • Die CDU ist zu dumm, ein Loch in den Schnee zu pissen ein vernünftiges Werbevideo drehen zu lassen. Schon der Relaunch des Parteilogos ist aus gestalterischer Sicht ein Fiasko, beim dazugehörigen Werbevideo hat man zur Illustration anstelle des Berliner Reichstagsgebäudes einfach den georgischen Präsidentenpalast genommen – ist auch egal, den Stammwählern der CDU dürfte das kaum auffallen, weil… ach, wissenschon.
  • In Thüringen droht der nächste Tabubruch: Nach der Grundsteuer könnte die CDU auch das Vergaberecht mit Hilfe der rechtsextremen AfD ändern“
  • Nach Treffen mit Aiwanger: Schuster hält Kritik aufrecht – Schuster ist einer der wenigen, der in der Causa Aiwanger bisher nicht umgefallen ist. Derweil erreichen die FW in den Umfragen zur bayerischen Landtagswahl bis zu 17 Prozent.
  • Ich empfinde es ja als Segen, nicht auf Insta, Tiktok und Co. unterwegs zu sein, weil dieses Internet die Menschen nicht zwingend klüger macht, wie die neueste Trend-„Challenge“ zeigt.
  • Und noch eine Meldung aus den Untiefen des Netzes, die mich nur sehr am Rande berührt, allerdings recht trefflich demonstriert, wie kaputt das hier alles ist: Amazon Prime habe ich längst nicht mehr, aus gutem Grund. Gelang es dem Versender früher immer noch recht zuverlässig, die bestellten Waren im Nachtsprung, spätestens aber nach maximal 48 Stunden zu liefer-n, ist man von diesem guten Servicelevel selbst mit der teuren Prime-„Versandflatrate“ inzwischen weit entfernt. Weil es sich, betrachtet man den Versand isoliert, kaum mehr lohnt, Prime zu abonnieren, hat Amazon sein Angebot um Medienstreaming aufgebohrt – mit, wie ich finde, zweifelhafter Qualität. Nun wird diese zweifelhafte Qualität noch zweifelhafter, denn wer zukünftig den wohlgemerkt kostenpflichtigen Dienst werbefrei nutzen will, muss zu den ohnehin schon bestehenden Abonnementgebühren noch einen zusätzlichen Aufschlag zahlen. Nun, das Konsumvieh wird auch das wieder klaglos mitmachen. Die Leute wählen ja auch Söder, Aiwanger und AfD. Ich habe da mittlerweile halt auch kein Mitleid mehr.
  • Am Dienstag, den 26. September kommt ab 18.30 Uhr Gregor Gysi nach Nürnberg auf den Sebalder Platz. Gysi ist unumstritten nicht nur rhetorisch, sondern auch analytisch der schärfste und wohl auch vernünftigste lebende deutsche Politiker. Den sollte man auf jeden Fall gesehen haben. Auch mehrfach. Gysi lohnt immer.

Vor 50 Jahren: Militärrputsch in Chile gegen Menschlichkeit und Demokratie

Heute vor 50 Jahren putschte mit massiver Hilfe der CIA und unter Beteiligung des BND die chilenische Militärjunta unter dem Diktator Augusto Pinochet gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Allende.

Vieltausendfache Morde, zehntausendfache Folter zeigten der Weltöffentlichkeit die ungeschminkte, hässliche Fratze des kapitalistischen US-Imperialismus und lehren uns bis heute, welches bittere Elend der Kapitalismus mit sich zu tragen vermag. All dies ist die Folge der blutigen, libertärkapitalistische Diktatur Pinochets, der nie demokratisch in ein Amt gewählt war.

Chile ist ein Lehrstück dessen, wohin der Neoliberalismus und Rechtslibertarismus in letzter Konsequenz führen muss. Die Verbrechen der USA sind bis heute weitestgehend ungesühnt.

Es ist an uns, die Erinnerung an den Putsch und seine Folgen wachzuhalten. Kerem Schamberger hat hierzu drei interessante Hörfunksendungen bzw. Podcasts aufgetan: Santiago 1973 – Chronik eines Putsches (MDR), Dok 5: Pinochets deutsche Paten (WDR) und eine „Lange Nacht“ des Deutschlandfunks: Revolution und Widerstand der chilenischen Kultur.

Wir werden die Opfer nicht vergessen!

Wochenrückblick KW 36 2023.

Back to business. Diese Woche war mal wieder ausreichend viel los für einen Einzelwochenrückblick, gewohnt subjektiv und launisch. Nachdem das Wetter in den letzten Wochen ja gnädig war und es mit unter 20 °C angenehm kühl war (alles unter 20 °C ist ja unserer Tage gut), ist nun wieder Hitze und Schwüle zurück. Wie ätzend. Die nächste Woche verspricht besser zu werden.

  • Ihr habt es gelesen, die Sache mit Aiwanger und Söder hat mich durchaus beschäftigt. Auch Friedrich Merz hat am gestrigen Montag auf dem Gillamoos-Volksfest ein mehr als miserables Bild abgegeben. Obschon gerade durchaus erfolgreich die Stimmen der, well, sagen wir mal „sehr bodenständigen Tölpel“ eingesammelt werden, befindet sich der deutsche Konservativismus in der schwersten Krise der Nachkriegszeit. Intellektuell liegt er am Boden.
  • Der Södersche Fehlgriff beschäftigt nun nicht nur die nationale, sondern auch die internationale Presse. Das ist nicht verwunderlich. Söder ist ohnehin der Ministerpräsident der vertanen Chancen. Man wage nur einmal, sich vorzustellen, Söder wäre ausnahmsweise mal nicht umgefallen, sondern hätte Aiwanger mit der Begründung, dass hier im Umgang mit seinen Verfehlungen als junger Erwachsener mehrere rote Linien überschritten worden sind und man Antisemiten im Amt nicht dulden könne, entlassen – es wäre eine Sternstunde des deutschen Konservativismus geworden. So endet Söder mal wieder als opportunistischer Bettvorleger – und niemand wundert sich, in Bayern ist man ja Kummer gewohnt. Ich will noch ein anderes Beispiel anführen, bei dem klar wird, was für ein uninspirierter Wackelideologe dieser Söder ist: Bayern ist ein agrarisch geprägter Flächenstaat. Und Bayern steht vor dem Problem, viel Energie aus anderen Bundesländern zu benötigen, weil man es schlicht versäumt hat, in die „Erneuerbaren“ zu investieren. Die Konsequenz ist, dass wir eine Stromtrasse gigantischen Ausmaßes benötigen, die in den Orten und Städten, durch die sie verlaufen soll, freilich erbittert bekämpft wird. Was wäre denn, wenn Bayern nun gerade in der Landwirtschaft Photovoltaik fördern würde? Jeder Bauer könnte mit seinem Stall-, Scheunen- und Maschinenhallendach zur Energiewende beitragen und recht risikolos zusätzliche Einnahmen generieren. Würde man dann die Förderung an genossenschaftliche oder gemeinwirtschaftliche Konzepte koppeln, hätten wir binnen weniger Jahre ein großes Netz von unabhängigen Energiepartnern in Bürgerhand – und gleichzeitig den ländlichen Raum erheblich gestärkt. Hier wäre die kleinteilige, ländliche Wirtschaft sogar mal ein Standortvorteil. All dies ließe sich mit politischem Willen bewerkstelligen. Aber nein, der Herrgott hat die Bayern ja mit dem Zauderer Söder gestraft und wir sind dank der CSU mal wieder abgehängt.
  • Nicht nur die CSU ist am Ende ihrer Handlungsfähigkeit angelangt, sondern auch die CDU. Wenn die intellektuelle Speerspitze der Union Friedrich Merz sein soll, dann sieht es finster aus. Der deutsche Konservativismus liefert keine Lösungen mehr. Er ist außerstande, Krisen zu managen. Der deutsche Konservativismus liegt am Boden. Noch gelingt es der Union aufgrund der Überalterung der Gesellschaft, ihre Position zu behaupten – und leider wird dieses Land darunter noch sehr zu leiden haben, aber die Zeit spielt gegen den Konservativismus.
  • Das Thema mit der Störerhaftung beschäftigt mich ja schon seit Anbeginn dieses Blogs – und freilich auch darüber hinaus. Etliche kurze Posts habe ich dazu in der Vergangenheit verfasst. Mit der 2017er TMG-Novelle hoffte man ja, dass das Thema nun ein für alle Mal vom Tisch sei – und das war es auch. Und jetzt kommt es, dank unfähiger Politiker, durch die Hintertür wieder, und zwar über eine Umsetzung des EU-Digital Service Actes in nationales Recht. Dessen Ziel ist eigentlich die Regulierung größerer Onlineplattformen, im Referentenentwurf findet sich nur eben die relevante Störerhaftung nicht wieder. Wer hat es versaut? Natürlich FDP-Mann Wissing. Dieser Wissing ist ja so eine Art Anti-Midas: Alles was der anfasst, wird zu Scheiße. Quod erat demonstrandum – man darf FDP-Leute nichts machen lassen, da kommt ausnahmslos Murks bei rum.
  • Als @michi0911.bsky.social bin ich inzwischen seit gut zwei Wochen auch bei Bluesky unterwegs. Neben Twitter X und Mastodon bespiele ich gerade also noch eine dritte Plattform. Das ist ein wenig aufwendig, allerdings auch lehrreich. Vielleicht gelingt es mir in nächster Zeit, mal ein Resümee zu verfassen. Am verbindlichsten und freundlichsten ist es meinem Gespür nach gerade im Fediverse. Nun, wir werden sehen, wie sich das alles entwickelt.
  • Zum Thema Bluesky nur kurz: Die Strategie, neue soziale Netzwerke durch eine Art „künstliche Verknappung“ interessant zu machen, ist relativ alt. Erinnert ihr Euch noch an Google Plus zu Beginn der Zehnerjahre? Da konnte man auch nur über einen Invite-Code rein. Wir wissen, wo das geendet ist: Google Plus ist nie aus dem Knick gekommen. Bei Bluesky scheint es mir relativ ähnlich zu sein: Man ist auch heute noch extrem geizig mit Invite-Codes, obwohl es eigentlich schon gelungen ist, alle bei Twitter X etablierten Großaccounts anzulocken. Innerhalb zweier Wochen habe ich nur einen einzigen Invite-Code von Bluesky erhalten. Das scheint mir zu wenig. Man sollte jedem neuen Nutzer ermöglichen, binnen ein, zwei Wochen, vier, fünf enge Mutuals mitzunehmen. Ich beobachte, und das geht inzwischen rasend schnell, dass das Interesse an Bluesky-Invites wieder rückläufig zu sein scheint. Ich weiß nicht, ob sich der Twitter-Konkurrent gerade mit dieser Strategie der Überverknappung einen Gefallen tut.
  • Ein sehr interessantes Messergebnis möchte ich Euch nicht vorenthalten: Ich betreibe privat mehrere Freifunk-Accesspoints, allesamt kleine Router vom Typ TP-Link TL-WR841 in unterschiedlichen Revisionen. Das sind relativ sparsame Geräte, die ihrer Zeit für ein Taschengeld zu bekommen waren und vielen Interessierten den Freifunk-Einstieg ermöglichten. Diese Geräte werden von der fränkischen Freifunk-Community noch unterstützt, auch wenn sie outdated sind (dazu aber gleich mehr). Ich habe mich immer wieder mal gefragt, wie viel Strom so ein Router eigentlich verbraucht, schlussendlich läuft er Tag um Tag, Jahr um Jahr. Im Juli ist mir dann eine dieser smarten Steckdosenadapter in die Hand gefallen, mit der sich nicht nur der Schaltzustand per App steuern, sondern auch der Stromverbrauch messen lässt (und zwar hinreichend genau, wie ich feststellen durfte). Und da das Teil gerade keiner anderen Verwendung zugedacht war, habe ich halt einen Monat lang messen lassen – mit folgendem überraschendem Ergebnis: Der Freifunk-Knoten, der regelmäßig Traffic von vier bis fünf Nutzern hat, verbraucht pro Monat 1,014 kWh. Das finde ich angenehm wenig. Insgesamt empfiehlt sich dieser kleine Router also als besonders energiesparsam. Und nun komme ich zum Haken:
  • Der TL-WR841 ist nicht mehr supportet, weil einfach die Leistungsfähigkeit der Hardware limitiert ist. In manchen Fällen ist das ein Ärgernis, auch erzeugt er deswegen reichlich Overhead, in vielen Nutzungsszenarien fällt das aber nicht weiter ins Gewicht, weil er immer noch in der Lage ist, eine Handvoll Clients mit hinreichend schnellem Netz zu versorgen. Fürs Webklicken, Mails und einfaches HD-Videostreaming reicht der Durchsatz gewöhnlich. Es gibt eben – zumindest in der fränkischen Community – keine Alternative, die erstens so billig ist, zweitens so einfach zu flashen ist (ohne Jailbreak und Co.) und drittens so stromsparend bei so guter Coverage arbeitet. Hardware, die diesen drei Punkten gerecht wird, macht Freifunk niederschwellig. Seitdem nur noch relativ potente (und damit per se schon teurere) Hardware supportet wird, sind leider bereits viele Freifunk-Knoten entweder ganz verschwunden oder verwaist. Mit der einfachen und billigen Hardware ist es gelungen, viele Initiativen, Kulturläden, soziokulturelle Zentren, Bürgerbüros und Co., die einfach kein Budget für die Einrichtung eines Hotspots haben, anzubinden. Wenn so ein Router 15,- Euro kostet, dann schenke ich denen einfach einen und mach mir keine großen Gedanken, wenn allerdings ein Router 60,- oder 100,- kostet, überlege ich mir sehr genau, wo ich auf eigene Kosten einen Freifunk-Knoten installieren möchte. Und dann ist da noch der technische Aspekt: Die kleinen Dinger waren ganz einfach einzurichten und leicht upzudaten. Und sie laufen bis heute stabil. Das heißt, ich muss da nicht oft vorbei und manuell neu starten, damit die funktionieren. Meine deutlich teureren Archer C60 sind mir einmal in der Woche abgeschmiert, die habe ich inzwischen komplett aus meinen Installationen herausgenommen und am Wertstoffhof entsorgt. Meine persönliche Meinung: Die Communitys brauchen wieder eine Basis-Hardware, die nicht mehr als 20,- Euro kostet, die sich leicht von jedermann flashen und einrichten lässt und die, das wird immer wichtiger, stromsparend zu betreiben sind. Ich selbst weiß nicht, welche Geräte hierfür infrage kommen, aber bislang scheint mir am WR841 kein Weg vorbeizuführen.
  • Was bei der Söder-Aiwangerschen Bauerntheateraufführung ein wenig unter die Räder der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung geraten ist: In Bayern sitzen gerade 27 Klimaschützer in Präventivhaft, weil die Bayerische Staatsregierung die Hosen gestrichen voll hat, dass diese die Internationale Automobilausstellung in München stören könnten. Alleine das ist schon eine Kapitulation des Rechtsstaats. Nun kritisiert auch Amnesty Söder und Konsorten: „Menschen über Wochen einzusperren, um sie davon abzuhalten, an Protesten teilzunehmen, ist weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen noch mit den Menschenrechten vereinbar“.
  • Das Katapult-Magazin braucht unsere Hilfe.
  • Vorratsdatenspeicherung, pt. 27453864 (gefühlt). Ist (und bleibt) illegal. Punktum. Hat sich allem Anschein nach aber bislang nicht zu Frau Faeser durchgestochen. Gut, dass die überhaupt noch was merkt, darauf dürfen wir wohl vergeblich hoffen.
  • Und auch der Vorstand der SPD zeigt sich mal wieder von der völlig merkbefreiten Seite.
  • Longterminismus, süffig erklärt und demontiert. Danke, taz.
  • Wagenknecht will wohl ihre eigene Partei gründen, das verkündet sie via Bildzeitung. Du gute Güte. Zuerst einmal will sie aber die Landtagswahlen in Hessen und Bayer abwarten. Warum? Dann möchte sie dazu aus der Linken austreten. Soll sie, das kann nur gut für die Linke sein. Was ich mich frage: So eine neue Partei zum Erfolg zu führen kostet Geld – woher hat sie das?
  • Was kommt nach der Shrinkflation? Die Skimpflation. Dieses Wirtschaftssystem ist wirklich das Beste, das man für Geld kaufen kann.
  • Vielleicht habt ihr ja schon Eure Wahlunterlagen für die bayerische Landtagswahl im Briefkasten. Wie das läuft und wie man die Briefwahl online beantragt, erfahrt ihr hier.

„…es ist mir nicht erinnerlich…!“

Seit einigen Jahren ist es ein gut eingespieltes Ritual: Wann immer durch Recherchen schwere Verfehlungen eines Politikers aufgedeckt werden, die in einiger zeitlicher Distanz passierten, sagt der Politiker, er könne sich daran nicht mehr erinnern, es sei ihm nicht mehr erinnerlich.

Solche „Erinnerungslücken“ sind vor allem zweierlei: Erstens eine bequeme Strategie, die notwendige Erklärung zu verwässern, um einem nötigen Rücktritt zu entgehen und zweitens natürlich ausnahmslos eine dreiste Lüge. Natürlich weiß jeder, dass die Erinnerungslücke eine glatte Lüge ist – aber beweisen kann man das eben nicht. Scholz ist damit durchgekommen, Aiwanger kommt gerade damit durch und letztlich sind vor diesen beiden auch große und kleine Lichter mit der vorgeschobenen „Erinnerungslücke“ recht gut gefahren.

Die Sache hat aber einen Haken: Wir, das Volk, aber auch die Medien lassen den Politikern diese Erinnerungslücken-Lüge jedes Mal aufs Neue durchgehen. Dabei ist doch glasklar: Wer sich bei eklatanten Vorwürfen (die ja im Leben gewöhnlich durchaus eine große Bedeutung haben) urplötzlich an nichts mehr erinnern können will, also auch nicht daran, ob der Vorwurf wahr oder falsch ist, ist grundsätzlich für eine politische Führungsposition absolut und ausnahmslos ungeeignet.* Alleine eine Erinnerungslücke des oben geschilderten Ausmaßes muss einen zwingenden und sofortigen Rücktritt zur Folge haben, denn wer derartige Erinnerungslücken hat, ist nun einmal prinzipiell außerstande, in erforderlichen Maße Verantwortung zu übernehmen und politische Entscheidungen mit der ihr innewohnenden Tragweite zu treffen.

Wir benötigen für die folgende Formel dringendst einen gesamtgesellschaftlichen Konsens: Erinnerungslücke = Rücktritt. Dieser Konsens muss hergestellt werden und er darf auch grundsätzlich nicht verhandelbar sein.

Alles andere ist Bullshit. Alles andere ist Einknicken vor der Lüge.

*Und nun komme ich zur freilich nötigen Fußnote. Nein, diese absolut getroffene Aussage ist nicht abelistisch, nicht im Mindesten. Jeder von Erinnerungslücken geplagte Mensch, aus welchen psychischen und physischen Gründen sie auch immer entstanden sein mögen, kann und wird selbstredend einen Platz finden, an dem er sich mit Wirkmächtigkeit für Gesellschaft und Gemeinwohl engagieren kann. Sollte jemand allerdings unter so ausgeprägten Amnesien leiden, dass ihm selbst einschneidende Lebensereignisse, eigene kriminelle Handlungen oder schwere moralische oder politische Verfehlungen nicht mehr erinnerlich sind, so ist die Ausübung eines politischen (Spitzen)Amtes nicht das geeignete Betätigungsfeld.

Ein paar Worte zum Aiwanger-Söder-Skandal

Wir leben in verrückten Zeiten. Zeiten, die so verrückt sind, dass man es kaum in Worte fassen kann. Ich will es dennoch versuchen, schon alleine, um hier einmal festzuhalten, wie weit fortgeschritten inzwischen die politische Unkultur ist.

Hubert Aiwanger hat mit hoher Wahrscheinlichkeit als Sekundarstüfler ein wirklich widerliches, antisemitisches und nach heutigem Verständnis auch volksverhetzendes Flugblatt verfasst, anlässlich eines Besuches im Konzentrationslager Judenwitze gerissen und im Klassenzimmer den Hitlergruß gezeigt. Vielfach bezeugt durch seine ehemaligen Mitschüler und vielfach bezeugt durch seine Lehrer. Er hat seine Kunstlehrerin mit Säure bespritzt und war auch sonst ein wohl eher widerwärtiger Zeitgenosse. Das alles passierte in einem Lebensalter, in dem man gewöhnlich reif genug ist, zu erkennen, dass solche Taten nicht nur falsch sind, sondern auch Konsequenzen haben.

Nun ist also herausgekommen, wes Geistes Kind dieser Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Freistaates Bayern, ist. Ich muss es an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Die vielen „markig-rechten“ Sprüche, die Aiwanger vor dem Skandal auf Twitter „X“ von sich gegeben hat, lassen in mir nicht die Hoffnung reifen, dass sich dieser Mann geändert haben könnte – nein, für mich persönlich bleibt Aiwanger der üble Antisemit, als der er sich zu erkennen geben musste.

Von Aiwanger halte ich persönlich nichts. Schon vor dem Skandal schien er mir weder als besonders integer noch als besonders klug. Ein einfacher Mann, ein Landwirt, ein Schlitzohr vielleicht (selbstredend ohne die halb positive, schon fast anerkennende Konnotation, die das Wort „Schlitzohr“ in Bayern hat). Er stand und steht einer Partei vor, die lediglich in ländlichen Gebieten in den Gemeinde- und Kreisräten einen gewissen Erfolg verbuchen kann, einer Partei, die sich einem diffusen Rechtskonservativismus verschrieben hat, wie er auf dem flachen Lande immer noch persistiert. Diese „Freien Wähler“ sind damit der CSU nicht unähnlich. Sie haben es, das halte ich für ein bemerkenswertes Detail, durch ihre kommunale Kleinarbeit geschafft, sich neben der CSU zu behaupten. Gerade Aiwanger, der erst 2002 zur Partei stieß, und nach den üblichen Stationen Vorsitzender seiner Partei in Land und Bund wurde, etablierte die FW als eine Partei, die rechts der CSU steht, vielleicht sogar nahe an der AfD, das möge nun jeder für sich entscheiden. Gerade vor der Folie des gesellschaftlichen Rechtsrucks der Zehnerjahre, besonders ab dem Jahr 2018, gelang ihm damit ein Lückenschluss, der der CSU nicht gefallen dürfte, gegen den sie sich aber auch nicht adäquat wehren konnte. Die Freien Wähler hatten mit der Wahl des niederbayerischen „Hillbillys“ Aiwangers als Galionsfigur erst einmal sogar Glück: Mit erstaunlich gutem Ergebnis zogen die Freien Wähler in den bayerischen Landtag ein. Ministerpräsident Söder konnte das Recht sein. Die sehr konservativen, ansonsten aber reichlich profillosen Kommunalpolitiker taten der CSU nicht weiter weh und erwiesen sich als loyaler Koalitionspartner. Auf die FDP in Bayern kann und konnte Söder nicht bauen. 2018 zog sie extrem knapp mit 5,1 Prozent gerade so in den Landtag ein, in diesem Jahr wird sie diesen Einzug mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr schaffen, was ausschließlich ein Personalproblem ist.

Söder, durch und durch Populist, steht sechs Wochen vor der Landtagswahl vor einem enormen Problem: Als unbeliebtester Ministerpräsident des Landes ist er weit davon entfernt, mit der CSU die zum Alleinregieren nötige Mehrheit zu stellen (was seinen Vorgängern in der Vergangenheit recht regelmäßig gelang). Klar wäre eine Koalition mit den in Bayern überraschend erfolgreichen Grünen durchaus möglich, allerdings für Söder nicht opportun.  Er stand den Grünen schon einmal deutlich näher, doch eine mögliche Koalition mit den im Bund recht unbeliebten Grünen scheint Söder den Bayern für nicht vermittelbar zu halten. Die FDP fällt als Koalitionspartner aus. Und mit der AfD will Söder nicht koalieren. Diesen Dammbruch überlässt er für die Zukunft lieber seinen Unionskollegen im Osten.

Es bleibt Söder also nur eine Option – die Freien Wähler. Und diesen Freien Wählern klebt gerade Scheiße am Schuh. Das Problem lässt sich einfach fassen: Die Freien Wähler haben ohne Aiwanger kein Gesicht. Das wäre dann kein Problem, wenn sie ein Profil hätten – sie haben aber keines. Kaum jemand kann präzise sagen, wofür diese FW eigentlich stehen. Man weiß allgemein, dass sie weiter rechts stehen als die CSU und man weiß, dass sie nicht die AfD sind. Und man kennt Aiwanger. Und vielleicht gerade so Herrn Professor Piazolo, der aber einfach nicht volkstümlich genug ist, um Aiwanger politisch beerben zu können. Gegenwärtig lässt sich die Sache auf eine einfache Formel zuspitzen: Die Freien Wähler sind Aiwanger und Aiwanger ist die Freien Wähler. Und Aiwanger klebt gerade Scheiße am Schuh – den Freien Wählern klebt Scheiße am Schuh. Unangenehm für Söder, der sich nun in einer Zwickmühle befindet – zur denkbar ungünstigsten Zeit: Am 8. Oktober wählt Bayern den nächsten Landtag.

Nun ist Söder sicher kein Mann, dem man so etwas wie „Standing“ oder gar Rückgrat attestieren könnte. Söder ist ein Opportunist – und er tut, was er als Opportunist tun muss: Er hält um jeden Preis, der nicht seine eigene Macht gefährdet, an seinem zukünftigen Koalitionspartner fest. Damit fügt der gegenwärtig taumelnden politischen Kultur einen unfassbar schweren Schaden zu – Aiwanger kann dieses Festhalten Söders an ihm als Erfolg verbuchen und damit – ohne ein Wort darüber verlieren zu müssen – als strahlender Sieger demonstrieren, dass antisemitische Hetze unbestraft bleibt und kein Hinderungsgrund für die politische Karriere ist. Es ist einfach unfasslich. Söder hat damit nicht weniger getan als eine der Grundfesten unserer Demokratie, dem Entgegentreten und dem Kampf gegen Antisemitismus, seinem bayerischen Koalitionsproblem zu opfern. Das ist in höchstem Maße verachtenswert. Söder hat hier einen großen Beitrag zur Legitimation des Rechsextremismus geleistet und damit eine schwerwiegende Schuld auf sich geladen – eine Schuld, die unverzeihlich ist und bleibt – und für die er wohl nie zur Rechenschaft gezogen werden wird. Daran wird auch das Manöver mit einem 25-Fragen-Katalog nichts ändern können (das war übrigens von Anfang an lächerlich – man hätte diese Fragen selbstverständlich bei einer Anhörung im Landtag stellen können; darauf hat man meines Erachtens bewusst verzichtet, wohlweislich, dass Aiwanger aus dem Stegreif nichts zu seiner Verteidigung zu sagen gehabt hätte, und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weiter in den Skandal hineingeritten hätte – und das galt es zu verhindern).

Vor zehn Jahren wäre so ein weitreichender Skandal nicht denkbar gewesen. Vor zehn Jahren wäre Aiwanger sofort zurückgetreten, um seinem sicheren Rausschmiss vorzugreifen. Das muss er heute aber nicht mehr. Dreieinhalbtausend trunkene Landtölpel bejohlten jüngst im Bierzelt diesen Aiwanger, mit „Hubert! Hubert“-Rufen, der bis auf diese reichlich unglaubwürdige Geschichte mit der vermeintlichen Urheberschaft des Hetzpamphletes durch seinen Bruder Helmut nichts zu seiner Entlastung beitragen konnte – oder wollte. Der Ungeist ist wieder salonfährig. Dass Aiwanger nicht zurücktritt, ist nur folgerichtig. Olaf Scholz, tief verstrickt in den Cum Ex-Skandal, den Wirecard-Skandal und den G20-Skandal, ist auch nicht zurückgetreten. Der von der Maskenaffäre gebeutelte Spahn ist ebenfalls nicht zurückgetreten, er verbreitet inzwischen in zunehmendem Maße seinen Unsinn. Auch Scheuer, der wegen seines PKW-Maut-Skandals völlig untragbar geworden ist, ist nicht zurückgetreten. Aiwanger ist ja quasi eingeladen, nicht zurückzutreten – wieso sollte er auch?

Während wegen einer Lappalie, der Automobilmesse in München, gegenwärtig 27 Klimaschützer in Präventivhaft genommen wurden (ein Vorgang, der jeden vernunftbegabten und herzensgebildeten Menschen an der Rechtsstaatlichkeit solcher Aktionen zweifeln lassen muss), werden wir einen neuen Vizeministerpräsidenten mit dem schweren Makel, sich vom Verdacht, ein Antisemit zu sein, nie ernsthaft befreien zu können, erdulden müssen – wegen eines Ministerpräsidenten, der schlicht zu feige war, das zu tun, was er hätte unternehmen müssen: Aiwanger zu entlassen.

Der deutsche Konservatismus, das lehrt uns dieser Skandal, ist an seiner Wurzel verfault. Es ist nichts weiter als ein Elend.

Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann

Es mag manche von Euch verwundern, aber mit dem „Œuvre“ von Eduard Zimmermann und seiner Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ bin ich auf eine erschreckend enge, vielleicht gar seltsame Weise vertraut. Mitte der 2010er-Jahre gab es nämlich auf YouTube alle Folgen (bis auf eine Einzige, die als verschollen gilt) dieser Sendung zu sehen. Ein User namens „Aktenzeichen Laibachs Hodenwohl“ (no shit!!) lud die Episoden in astreiner Original-MAZ-Qualität hoch (ich frage mich, woher er die hatte, denn in den ausgehenden 60ern hatte kaum jemand ein Videogerät und die Qualität der Folgen war um Welten besser als alles, was selbst ein teurer semiprofessioneller Recorder in den 70er-Jahren aufzuzeichnen vermochte). Und ich habe sie alle mindestens einmal gesehen, viele sogar mehrfach. Leider wurden zwischenzeitlich auf Betreiben des ZDF alle Folgen von YouTube gelöscht.

Screenshot, Eduard Zimmermann in seiner Sendung „Aktenzeichen XY“ vom 8. April 1988

Dieses XY-Bingewatching fiel in die Zeit meiner Journalistenausbildung und war in vielerlei Hinsicht sehr lehrreich. Klar ist, dass das weltweit wohl erste True-Crime-Fernsehformat in seiner Machart und insbesondere durch die vielfältigen Kommentare Eduard Zimmermanns zweifelsohne die Erlebens- und Erkenntniswelten des bürgerlich-reaktionären Milieus bediente. Zimmermann, dessen Biografie vorsichtig ausgedrückt viele Fragen aufwirft, zog zeitlebens viel berechtigte Kritik auf sich, der er sich regelmäßig in moralisierendem Tonfall erwehrte. Bemerkenswert ist auch, dass er als einer der Wenigen sehr früh seine eigene TV-Produktionsfirma gründete und somit beträchtlich verdiente. Enge Kooperationen zwischen Produktionsfirmen und öffentlich-rechtlichem Fernsehen gab es schon in der Frühzeit des Mediums im Unterhaltungsbereich, im journalistischen Bereich allerdings handelte es sich um ein Novität.

Zugestehen muss man Zimmermann, dass er es auf kluge Weise verstand, die Sorgen und Ängste des (Klein-)Bürgertums aufzugreifen und zu bedienen, leider auch hin und wieder mit deutlich moralisierendem Impetus (andere nennen das „pädagogisieren“, hier habe ich persönlich aber ein grundständig anderes Verständnis von Pädagogik). Er hat sich allerdings anlässlich der Gravitas der in der Sendung vorgestellten Kriminalfälle nur äußerst selten zu ausfallenden Wertungen hinreißen lassen, mit einer Ausnahme: Hatten Kriminalfälle eine politische Motivation und waren diese Motive in linken Ansichten zu suchen, kam ihm diese Souveränität recht regelmäßig abhanden. Rechts motivierte Straftaten fanden unter der Ägide Zimmermanns in seiner Sendung keinen Raum. Sonst bemühte sich Zimmermann zumeist recht erfolgreich, Seriosität auszustrahlen und um einen gemäßigten Duktus und rang um die notwendige emotionale Distanz.

Die Beschäftigung mit Zimmermanns „XY“ ist durchaus lohnend, ist sie doch in mehrerlei Hinsicht ein Spiegelbild der konservativen bundesrepublikanischen Fernsehgeschichte. An „XY“ lassen sich nicht nur die Themen der Zeit gründlich studieren, auch die fernsehtechnischen Möglichkeiten und frühe Formen der Interaktion mit den Zuschauern machen diese Folgen zu einem reizvollen zeitgeschichtlichen Dokument. Die zur Zeit der jeweiligen Folge tagesaktuellen Bezüge wirken immer mehr oder weniger deutlich in die Sendung hinein – und sind auch heute noch gut herauszulesen. Besonders spannend ist aber, dass die Sendereihe seit 1967 besteht und damit ein in seiner Gesamtheit sehr vollständiges Bild der vorgenannten Aspekte abbildet.

Und nun gibt es zu diesem Thema einen sehr geschickt montierten und unglaublich süffigen abendfüllenden Dokumentarfilm mit dem Titel „Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann„, der Film ist in der Mediathek des ZDF abrufbar und wird heute Abend um 23 Uhr im zweiten Programm ausgestrahlt. Das ist insofern beachtlich, als diese Dokumentation nur wenig nostalgische Gefühle aufkommen lässt und weder Zimmermann noch dem ZDF wirklich zur Ehre gereichen kann. Den Film verstehe ich als essayistische Montage mit interessanten politischen und gesellschaftlichen Gegenperspektiven, stellt kluge Fragen, deren Antworten durch einmontierte zeitgenössische Fernsehbilder implizit beantwortet werden. In seiner erwartbar überaus präzise beobachteten Kritik stößt sich Stefan Niggemeier gerade an dieser Herangehensweise – es ist überaus spannend, wie sehr Zimmermann mehr als fünfundzwanzig Jahre nach seinem Abschied vom Bildschirm und dreizehn Jahre nach seinem Tod noch immer polarisiert.

Es fällt nicht schwer, in unseren Tagen die Reaktionen auf diesen spannenden Dokumentarfilm vorauszusagen: XY- und Zimmermann-Fans werden sich sicher „triggern“ lassen, das reaktionäre Lager wird der Doku vorwerfen, tendenziös zu sein. Das mag im weitesten Sinne vielleicht sogar zutreffen, allerdings will es kaum verwundern. Zimmermann, der zeitlebens tendenziös war, provoziert durch seine Arbeit eine solche Reaktion geradezu.

„Diese Sendung ist kein Spiel“ – eine interessante und sehenswerte Dokumentation, die ich uneingeschränkt empfehlen möchte.

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