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Sennheiser HD 595 angetestet

Gestern hatte ich die Gelegenheit, den HD 595 für eine gewisse Zeit und vor Zeugen mit unterschiedlichen Musikmaterial zu testen. Michael hat ihn mir mitgebracht, weil er sich kaum vorstellen konnte, dass ich vom HD 465 so enttäuscht war. Nun kann man den 595 (kostet etwa 130 Euro) mit dem 465 (kostet knapp 50 Euro) nicht wirklich vergleichen, auch waren beide Kopfhörer noch nicht eingespielt und auch die Impedanz ist unterschiedlich, aber ich will trotzdem mal meine Eindrücke nach dem Test beschreiben, auch zur Ehrenrettung der Fa. Sennheiser (die sich nichts desto trotz für den HD 465 kräftig schämen sollte!!).

Klanglich ist der 595 überraschend linear, er kann es hier mit seinen Konkurrenten von AKG und Sony in dieser Preisklasse locker aufnehmen. Abbildung und Transparenz sind sehr gut, trotzdem ist der Kopfhörer nicht zu analytisch.

Seine Musikalität schöpfte er bei der Pianosection von Milky Lasers Kitchen voll aus – aber eben nur bei der Pianosection. Der Song Kitchen ist für ein erstes Antesten in meinen Augen Ohren deshalb gut geeignet, weil hier, jeweils kompositorisch gut getrennt, Jazz und Pop in vollem Dynamikumfang zu hören ist und nicht zuviel Synthie die Beurteilbarkeit einschränkt. Danach hörte ich etwas unkomprimiertes Material vom iPod. Zuletzt führten wir uns von Platte eine interpretatorisch wie technisch äußerst gelungene Aufnahme der Carmina Burana zu Gemüte.

Nun komme ich zu dem Schluss, dass sie der Kopfhörer im Besonderen für Hörer von Jazz und Klassik eignet. Er klingt transparent und sauber, die Mitten sind ausgewogen, die Höhen transparent (eine Idee zu spitz, aber wirklich nur eine Idee – man kann es fast vernachlässigen). Die räumliche Abbildung ist, wenn die Aufnahme das hergibt – optimal. Instrumente sind bei unkomprimiertem oder komplett analog produziertem und wiedergegebenem Material problemlos ortbar, eine Disziplin, in der der Sennheiser auch teurere Hörer schlägt. Der Klang ist luftig und musikalisch, ich war richtig begeistert.

Im Bassbereich schwächelt der Kopfhörer: Hier könnten die Bässe etwas direkter, knackiger und schneller klingen, der Bass will sich nicht so recht in das sonst sehr harmonische Klangbild integrieren. Und bei sehr tiefen/lauten Bässen neigt der Hörer sehr schnell und unvermittelt zu Verzerrungen – das ist ärgerlich. Kids, die mit zum Anschlag aufgedrehtem Lautstärkeregler damit Techno hören wollen, haben damit keinen Spaß (und manchmal will ich Techno hören – mit Lautstärkeregler gaaanz rechts). Das macht der 595 nicht mit.

Zum Tragekomfort: Die Ohren (auch größere) sind frei, stoßen nirgends an und der Kopfhörer sitzt hervorragend. Er ist wirklich bequem zu tragen, nicht allzuschwer und macht einen dennoch robusten Eindruck. Es ist einer der Kopfhörer, die sich wirklich lange und bequem tragen lassen, was insbesondere den Ohrpolstern aus Velours geschuldet ist. Diese sind sehr aufwändig und hochwertig verarbeitet. Ich lege als Brillenträger auf die Ohrpolster, deren Material und Weichheit großen wert. Mit den Brillenbügeln gibt es überhaupt keine Probleme, auch drückt sonst nichts – das ist wirklich die Ausnahme und für mein Empfinden optimal konstruiert.

Für den stationären Gebrauch ist der Kopfhörer ein echt feines Teil. Für den mobilen Gebrauch ist er zum einen zu schade und zum anderen auch sehr ungeeignet. Konstruktionsbedingt vermag der Kopfhörer das „Abfallgeräusch“ so gut wie gar nicht zu dämpfen (was aus akustischen Gesichtspunkten ein Vorteil sein mag – für den, der den Kopfhörer aufhat). Alle im Raum anwesenden Personen können bei mittlerer Lautstärke „mithören“. Im Großraumbüro oder in der Trambahn will man das nicht. Zudem hat der Kopfhörer „nur“ einen 6,3 mm – Klinkenanschluss und kann am iPod z.B. nur mit Adapter betrieben werden (womit dann aber Stecker und Adapter zu groß, zu wuchtig werden – das ist im mobilen Einsatz nicht sinnvoll).

Fazit: Ein sehr anständiger Kopfhörer, der sein Geld wert ist und streckenweise sogar zu begeistern vermag. Er wäre, würde er im Bassbereich verzerrungsfrei und mit mehr Agilität spielen, ein echter Preisbrecher. Wer mit den Schwächen im Bassbereich leben kann, findet in ihm eine durchaus überlegenswerte Alternative – und wer im Budgetrahmen von 130 Euro einen Kopfhörer sucht, sollte ihn gehört haben. (Bildnachweis: Sennheiser Brandzone)

2 Kommentare

  • Michael

    btw.
    ich probier derzeit ihn mit so n kleinen progrämmli am einlaufen „burn-in“
    bin mal gespannt ob man sowas wirklich merken kann 🙂

  • admin

    Bei Lautsprecherboxen merkst Du sowas. Einspielen lockert kleine Partikel im Luftspalt zw. Magnet und Spule an Membran. Auch Gummisicken bei Lautsprechern wollen bewegt werden, bevor sie die nötige Flexinilität aufweisen.
    Bei Kopfhörern kann ich das nicht zu 100% nachvollzirehen, aber das technische Prinzip dahinter ist ähnlich.
    Es gibt CDs mit weißem Rauschen, die eignen sich gut, die einfachste Variante ist, am Tuner einen unbelegten Kanal zu suchen (FM) und das Rauschen dann ein paar Tage bei mittlerer Lautstärke über den LS laufen zu lassen.
    Hast Du einen Link?

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