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Mohr SV-50 – ein Vollverstärker für 59,- im Test.

Vor einiger Zeit war ich auf der Suche nach einem neuen Verstärker für die Zweit-Stereoanlage, die unseren Essplatz beschallen möge. So etwas lässt sich freilich gebraucht kaufen, da ich mit meinem letzten Gebrauchtkauf aber so meine Probleme hatte, haben wir uns dann doch entschieden, einen neuen Verstärker zu kaufen. Allzu teuer darf er nicht sein, denn es geht hier um die Beschallung des Esszimmers und auch die vorhandenen Boxen (Grundig Audiorama 4000 oder 5000 – so genau weiß ich das nicht) sind zwar für ihr Alter klanglich recht ordentlich, High-Endige Qualität sagt man diesen Kugellautsprechern aber gemeinhin nicht nach. Tuner und CD-Player sind ebenfalls vorhanden – es fehlt ein Verstärker.

Solche Verstärker kann man ab 45,- Euro kaufen, hierbei handelt es sich um voll ausgebaute 5.1-Geräte mit zwei Mikroanschlüssen fürs Karaokesingen und verspiegeltem Display. Bis 120,- Euro reicht der Preis dieser Billig-Surround-Verstärker, 2004 hatte ich bereits so ein Gerät zum Testen auf dem Tisch und es fiel seinerzeit gnadenlos durch – denn es rauschte wie ein Wasserfall und vermochte selbst wirkungsgradstarke Lautsprecher kaum zum Klingen zu bringen. Nun, so etwas soll es unter keinen Umständen mehr werden – aber was dann? Nach einiger Recherche stieß ich auf ein Gerät des Typs „SV-50“ einer mir bis dahin unbekannten Firma: HiFi Mohr – zu einem Preis, der mich stutzig werden ließ: 59,- Euro werden derzeit auf Ebay und Amazon für den Verstärker aufgerufen.

Mohr_SV-50_Front

Ein Verstärker zu diesem Preis – kann das was sein? Mich packte die Neugier und ich rief bei der Fa. Mohr an und hatte gleich den Chef selbst am Rohr. Oliver Mohr ist ein ruhiger und auskunftsfreudiger Zeitgenosse, der das Prinzip des Verstärkers in etwa wie folgt erklärt: Der Verstärker wurde von Mohr HiFi in Deutschland konstruiert und wird in China hergestellt. Man konzentriert sich auf das Wesentliche und lässt alles unnötige weg, verwendet im Gegensatz billigen Konkurrenz aber bessere Bauteile. Während die billigen Verstärker also mit sechs Surroundkanälen daherkommen, bietet der SV-50 zwei – Stereo eben. Mikrofoneingänge sucht man ebenso vergeblich wie Klang-Presets á la „Rock, Pop, Classic, Jazz“ oder eine Loudness-Schaltung. Es gibt keine Fernbedienung, kein Record-Out, kein Pre-Out, keine Farbvarianten…

…der SV-50 ist ein aufs nötige reduzierter Verstärker  – einfach, ehrlich und klar. Die technischen Daten nehmen sich dementsprechend überschaubar aus: Zwei mal 50 Watt Ausgangsleistung für Lautsprecher mit einer Impedanz von 4-8 Ohm, drei Quellen sind via Cinch anschließbar, außerdem gibt es einen frontseitigen 3,5mm-Klinkeneingang. Balanceregler, Bass- und Höhenregler. Und es gibt eine Kopfhörerbuchse. Was will man von einem Verstärker mehr erwarten?

Ich bestelle den Verstärker bei Amazon, Tags darauf ist er geliefert. Im Karton befindet sich neben dem Gerät eine Bedienungsanleitung (englisch), ein Cinchkabel, ein 3,5mm-Klinke-zu-Cinch-Kabel. Der Verstärker ist robust ausgeführt – ein Vollmetallgehäuse mit gebürsteter, schwarz lackierter massiver Front. Die Anschlüsse für das Lautsprecherkabel sind nicht (wie zu erwarten) einfache Klemmen sondern ordentliche Schraubanschlüsse, in die man auch seine Bananas stecken kann. Dieses Detail bezeugt das Mohrsche Konzept: Alles, was nicht zwingend gebraucht wird, wird weggelassen, alles was gebraucht wird, ist so gut wie möglich ausgeführt.

Schnell ist der Verstärker angeschlossen und ein erster Test ist durchgeführt. Das, was ich nun schreibe, möge aber bitte unter folgenden Gesichtspunkten verstanden werden: Wenn ich dem Verstärker einen ordentlichen Klang bescheinige, so darf nicht von einer High-End-Kategorie ausgegangen werden. Die Grundig-Boxen, hergestellt wohl Mitte/Ende der 1970er Jahre sind grundsolide Lautsprecher, die sich klanglich keiner Mode unterordnen. Kugellautsprecher vermitteln auch nicht den Eindruck einer Bühne – wer eine Bewertung nach den klassischen audiophilen Kategorien sucht, der wird eventuell enttäuscht sein. Ein solches Herangehen würde aber einem Verstärker für unter hundert Euro auch keinesfalls gerecht!

Der erste Eindruck fällt positiv aus: Es ist weder Rauschen noch Brummen zu hören, der Verstärker hält im Leerlauf still. Das unterscheidet ihn schon mal angenehm von seiner mit Features überfrachteten Konkurrenz im unteren Preissegment. Der Klang ist gut, die  Bässe nicht abgrundtief aber deutlich, die Höhen klar, nicht schneidend, deutlich präsent. Einen Hauch zu dezent die Mitten, diese hätten etwas mehr Präsenz vertragen. Der Verstärker färbt kaum, könnte bei den Mitten aber ein wenig mehr vertragen und in den Höhen etwas neutraler abgestimmt sein. Das ist aber wirklich Jaulen auf hohem Niveau, zumal die Audioramas nun auch nicht Meister der Neutralität sind. Ich wundere mich selbst, das zu schreiben – aber ich muss festhalten: Man kann mit einem Invest von 59,- Euro recht ordentlich Musik hören!

Mohr_SV-50_rear

Ein wenig aus der Praxis: Der Verstärker hat für die Audioramas ausreichend Leistung. Wenn man die Werte dieser betrachtet (4 Ohm, 50 Watt Musikleistung, 45 – 26000 Hz), so ist klar , dass dieser Verstärker auch aktuelle Bookshelf-Boxen der 50-Watt-Klasse (8 Ohm) stressfrei befeuern dürfte. Ich hatte ja Sorge ob der Leistung eines modernen Verstärkers an den 4-Ohm-Boxen, aber bei mittlerer Lautstärke wird der SV-50 nicht mal handwarm. Leistungsreserven nach oben sind also da. Die Bedienung des Verstärkers ist einfach und selbsterklärend. Auch wenn die Knöpfe und Schalter aus Kunststoff sind – alles rastet präzise und lässt sich ohne merkliches Spiel bewegen. Zwei Features sollen aber nicht unangesprochen bleiben: Die frontseitige 3,5mm-Buchse ist echt angenehm. Mit einem passenden Kabel ist der MP3-Player oder das Handy schnell mit dem Verstärker verbunden – das ist einfach praktisch! In dieser Preisklasse auch nicht üblich ist der Kopfhörerausgang – den zu loben mir allerdings schwer fällt. Trotz der vergoldeten 6,3mm-Buchse und deren präziser Rastung kommt hier gerade für hochohmigere Kopfhörer einfach zu wenig Leistung raus. Die große Buchse lässt den Schluss zu, dass hier gute HiFi-Kophörer Anschluss finden – nun – der Anschluss funktioniert, aber man sollte schon wissen, dass hier ein 32-Ohm-Hörer ganz gut aufgehoben ist, der K701 mit seinen 2X60 Ohm ist schon rein leistungsmäßig hoffnungslos unterfordert. Auch hier wieder ein Switch durch die Klassen – aber wenn man bedenkt, dass Superlux für einen geringen zweistelligen Betrag schon mit 150-Ohm-Hörern aufwartet („high preassure level“ als geschlossener Kopfhörer – z.B. sowas), dann muss diese Bemerkung schon erlaubt sein.

Fazit: Der Mohr SV-50 ist ein  pfiffig designedter und solide gebauter einfacher Verstärker, der am Preis gemessen klanglich Seinesgleichen sucht. Die Leistung stimmt, die Haptik ist einwandfrei. Mit einem 250-Euro-Verstärker von Yamaha kann er es nun nicht ganz aufnehmen, mit seinen Konkurrenten bis 120,- auf jeden Fall. Die Konzentration auf das Wesentliche ist gelungen. Der Verstärker ist für die Zweitanlage in Küche, Essecke, Schlafzimmer oder im Kinder/Jugendzimmer prima und er kommt gut mit älteren 4-Ohm-Boxen klar, wenn die Leistung halbwegs harmoniert. Wer sehr viel mit Kopfhörern arbeitet, wird nur bedingt zufrieden gestellt. Auch ein Kopfhörerverstärker lässt sich nicht sinnvoll anschlieߟen. Ich halte den Mohr SV-50 im unteren Preissegment für den Geheimtipp. Eine Alternative auf dem Neugerätemarkt ist höchstens der X4-Tech A-1000, der aber selten für unter 100,- zu bekommen ist. Mehr Leistung und Klang für das Geld kann nur ein gutes Gebrauchtgerät bieten –  mit den bekannten Risiken. Wer mit seiner Anlage Aufnahmen machen will, kann mit dem SV-50 wenig anfangen, da ein Rec-Out-Zweig fehlt.